http://www.spiegel.de/lebenund…r-schueler-a-1195679.html
Es reicht wohl, ein bisschen über das Tablet zu wischen. Wie das Foto zum Artikel deutlich zeigt.
http://www.spiegel.de/lebenund…r-schueler-a-1195679.html
Es reicht wohl, ein bisschen über das Tablet zu wischen. Wie das Foto zum Artikel deutlich zeigt.
Du hast den Artikel nicht gelesen, oder? Er schreibt nämlich auch, dass die Schüler stattdessen mehr Kompetenzen lernen sollen. Wie man diese Kompetenzen vernünftig vermittelt und wie die Verteilung von Wissen und Kompetenzen sein soll, darüber kann man streiten. Aber du kannst ja mal einen Schüler zwei Wochen nach der Klausur nach Fachinhalten fragen - da wird bei den meisten nicht mehr besonders viel kommen. Das bisherige Konzept scheint also eher nicht das Beste zu sein.
Das gilt nicht nur für Schüler. Wie viel von den Vorlesungen deiner Uni beherrscht du denn noch?
Doch habe ich. Kompetenzen vs. Wissen. Wir werden sehen, wer erfolgreicher sein wird.
Woran wirst du/werden wir das sehen?
An der Gesellschaft, die in Zukunft voll kompetent von Nichts eine Ahnung hat?
Wie erkenne ich eine Gesellschaft ohne Ahnung? Entwicklung von moderner Industrienation auf den Stand einer Agrarrepublik aus dem 18 Jahrhundert?
ZitatDas gilt nicht nur für Schüler. Wie viel von den Vorlesungen deiner Uni beherrscht du denn noch?
Oder wie viel weiß man noch von den Themen, in die man sich als Junglehrer für eine mündliche Prüfung im Abi mal reingefuchst hat, oder über das Buch, das man vor 3 Jahren mal gelesen hat, oder was Onkel Erich bei der Politdiskussion bei Ommas goldener Hochzeit vor 5 Jahren genau gesagt hat?
Mann, alle tun so, als wäre die Schule der Ort, wo Menschen das fotografische Gedächtnis implantiert wird, in das jeder einzelne Unterrichtsinhalt so eingefräst würde, wie beim normalen Menschen ein traumatisches Erlebnis.
Ich weiß ganz viel nicht mehr von dem, was ich irgendwann mal gehört, gelesen oder erfahren habe. Und wenn, dann nur nebulös. Da war mal was. So what? Ich hab aber gelernt, schnell, organisiert und hoch präzise zu arbeiten, Texte schnell zu erfassen, usw - und kann mir aufgrund diverser angeeigneter Skills alles Vergessene in kürzester Zeit wieder draufschaffen. Die Dinge, die ich aus'm FF weiß, sind genau die, die ich täglich oder mindestens wöchentlich wieder brauche. Den zweiten Abschnitt des Erlasses zum Arbeitsschutz oder das vierte Kapitel des dritten Teils des Tarifvertrags, das ich nur zwei Mal im Jahr nachschlagen muss, weiß ich auch jetzt nicht mehr.
Und das halt ich für normal. Das Geheule, dass man keine Unterrichtsinhalte aus Bio in der sechsten mehr auswendig weiß, halte ich für so grenzbehämmert, dass ich immer schreien könnte, wenn ich es als Argument höre.
"Reinhardt: (...) Was muss ich konkret tun, um wirksamen Unterricht in meinem Fach anzubieten?"
"SPIEGEL ONLINE: Und diese Antworten können Sie jetzt liefern?"
"Reinhardt: Zumindest teilweise. Dafür haben wir Experten aus Schulen und Hochschulen befragt, (...) Uns interessierte, wie viel fachwissenschaftliches und wie viel fachdidaktisches Wissen die Lehrkräfte jeweils brauchen."
Na supi. Alles wie gehabt – Deutschland, das Land der weltfremden Elfenbeinturmpädagogik.
Ich hab aber gelernt, schnell, organisiert und hoch präzise zu arbeiten, Texte schnell zu erfassen, usw - und kann mir aufgrund diverser angeeigneter Skills alles Vergessene in kürzester Zeit wieder draufschaffen.
Exakt! Und genau das ist doch eine Kompetenz und eben kein Wissen. Wer an einer Uni erfolgreich ist, der hat genau diese Kompetenzen gelernt.
Na, dann kann ich mich ja bald als Prof. für Quantenphysik bewerben. Habe ich zwar kein Wissen drüber, habe aber die Kompetenz mir das anzulesen. Wird für die Vorlesungen wohl reichen.
Da ca 99,99999998% der Bevölkerung nicht habilitieren werden (und sei es nur mangels Stellen) erscheint mir der Vergleich ein wenig zu hinken. Erzähl doch mal lieber was vom durchschnittlichen Akademiker oder dem durchschnittlichen ausgebildeten Menschen.
Meine Erfahrung nach haben Lernende eher Probleme wegen mangelnden Wissens, nicht wegen mangelnder Kompetenzen. Mein Lieblingsbeispiel aus der Mathematik: "Bestimmen Sie rechnerisch die Nullstelle der Funktion f". Das "rechnerische Bestimmen", hier die Kompetenz, ist so gut wie nie das eigentliche Problem bei Lernenden, die diese Aufgabe nicht lösen können. Das Problem ist meistens, dass Sie den Fachbegriff "Nullstelle", hier also das Wissen, nicht verstehen (oder falsch verstehen), weil Sie das Lernen von Definitionen für unnötig halten.
Da ca 99,99999998% der Bevölkerung nicht habilitieren werden (und sei es nur mangels Stellen) erscheint mir der Vergleich ein wenig zu hinken. Erzähl doch mal lieber was vom durchschnittlichen Akademiker oder dem durchschnittlichen ausgebildeten Menschen.
Die Schüler haben auch die Möglichkeit über youtube die simpelsten mathematischen oder wirtschaftlichen Zusammenhänge gut erklärt bekommen. Die Medienkompetenz sollten sie dafür haben...
Das wäre aber wohl zuviel Arbeit; dann lieber die Schminkkompetenz vertiefen.
Eine vernünftige Diskussion ohne Hintergrundwissen kann man nicht führen. Und das bekommt man nicht en passant.
Wer keine vertieften Kenntnisse zur Großen Depression hatte, der konnte auch keine fachlich fundierte Diskussion über die Finanzkrise 2008 und Massnahmen der Institutionen führen.
Wer keine fundierten Kenntnisse über Finanzprodukte hat, der wird auch keine vernünftigen Investitionsentscheidungen treffen.
Und Wissen was die Schüler betrifft veraltet nicht in dem Tempo wie immer suggeriert wird.
Die Grundlagen werden in der Schule gesetzt; naturwissenschaftliche Konstanten ändern sich nicht; wirtschaftliche Grundzusammenhänge bleiben gleich. Aber die muss ich wissen und verstehen; nur dann bin kompetent genug um mich mit vertiefter Materie auseinanderzusetzen.
Und meiner Erfahrung nach haben Erwachsene am häufigsten Probleme wegen mangelnder Kompetenzen, weil sich nämlich ihre Arbeit gar nicht überwiegend auf erworbenes Wissen stützt/stützen kann, sondern jedes neue Projekt, jeder neue Arbeitsablauf und jede neue Herausforderung erstmal etwas ist, was sie weder in der Schule noch in der Uni genau so gemacht haben - logisch.
Klar gibt es Basiswissen/Kenntnisse, die man in manchen Berufen haben muss. Der Englischlehrer muss Englisch können. Und Landeskunde. Und noch so'n paar Sachen. Der Mathelehrer Mathe. Aber ich habe Xzig Akademikerfreunde im Bereich Forschung, Planung, Technik, Management, Psychologie und Verwaltung, die kaum was konkret Gelerntes (weder Abi noch Uni) brauchen können, aber alle gelernten Kompetenzen unbedingt: vom schnellen Erfassen über das Problemlösen, Präsentieren, Verfahrensoptimierung, bis hin zum freundlichen Tonfall in harscher Umgebung und zum persuasiven Sprechen/Schreiben.
Es gibt tatsächlich eher weniger als mehr Berufe mit einer 1:1 Anwendung gelernter Inhalte.
Ich bin mir nicht sicher, ob du da Fähigkeiten und Kompetenzen vermischt. In meinem Ref hatte ich da auch so meine Schwierigkeiten und selbst heute ist mir nicht immer klar, was Kompetenz und was Fähigkeit ist. Interessant ist dazu ein Blick in die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bildungsstandards_Mathematik
Letzlich ist "rechnen" höchstens ein Teil der Kompetenz 5. Am BK ist der kompetenzorientierte Unterricht in vielen Bereichen schon vorgeschrieben. Im technisch/naturwissenschaftlichen Bereich (exklusiv Mathe) sind Kompetenzen sowieso das A & O. Ich kann meinen Schülern beibringen, wie sie eine Messschaltung für Spannungen aufbauen. Dieses konkrete Wissen werden sie aber vermutlich nie nutzen, da im späteren Beruf wahrscheinlich nicht die gleiche Schaltung noch einmal vorkommen wird. Es ist leicht einzusehen, dass die Schüler dort Kompetenzen zur Entwicklung, zum Aufbau und zum Testen von Schaltungen erwerben müssen. Dazu gehört selbstverständlich auch Fachwissen. Aber das Wissen, war wir in der Schule vermitteln können, ist im Regelfall viel zu unspezifisch für spätere Anwendungen. Selbst Uniwissen ist ja zu großen Teilen zu unspezifisch.
Momentan erarbeite ich vollkommen fachfremd das Wissen für ein LK-Fach an unserer Schule. Es ist zwar auch naturwissenschaftlich, aber weit weg von meinem eigenen Studium. Trotzdem besitze ich Kompetenzen, um mir das Wissen auf diesem Niveau anzueignen - und zwar im laufenden Schulbetrieb. Ich würde mir wünschen, dass unsere Schüler diese Fähigkeit auch besitzen. Dann müssen sie von mir aus auch gar nicht wissen, was eine Nullstelle ist ,weil sie die Fähigkeit besitzen, dieses fehlende Fachwissen nachzuschlagen. (Wenn sie Nullstellen nicht kennen, haben sie das vermutlich auch wenig angewendet)
Eine vernünftige Diskussion ohne Hintergrundwissen kann man nicht führen. Und das bekommt man nicht en passant.
Das bezweifelt auch keiner der hier anwesenden. Die Frage ist halt, woher dieses Wissen stammt. Vermittel ich ausschließlich Wissen in der Schule, dass ein großer Teil der Schüler niemals braucht? Oder vermittel ich bevorzugt die Kompetenz (zusammen mit einem Grundstock an Wissen), mir das Wissen bei Bedarf anzueignen?
Versteh mich nicht falsch. Es gibt Dinge, die für eine Teilnahme an der Gesellschaft unabdingbar sind. Dazu gehört grundlegendes rechnen, schreiben, lesen, ein Grundstock an Allgemeinbildung zur Teilnahme an der Demokratie etc.
Im Idealfall vermittelt man die Kompetenzen AN Wissensinhalten. Weswegen auch ein Schüler, der sich mit angeblich so "weltfremden Texten" wie Goethe und Adorno durchs Abi gequält hat, eben einfach Texte lesen kann. Auch die vom Finanzamt und auch das Memo vom Chef, mit allem, was da so zwischen den Zeilen ist. Und deswegen geht mir auch das Gejammer in Fensehsendungen/Artikeln auf den Keks, wo Leute beklagen, dass wir mit den Schülern keine Sozialversicherungsformulare und Sparverträge durcharbeiten. Und deswegen ist es auch wumpe, ob der nachher noch weiß, was Goethe genau zu Gretchen sagte, als er sie ins Bett kriegen wollte. Hauptsache, er kriegt mit schönen Texten seine eigenen Lebensabschnittspartner ins Bett oder seine Verträge so formuliert/gelesen, dass es nicht nach hinten losgeht und er/sie nicht über'n Tisch gezogen wird.
Bildung ist ja bekanntlich, was übrig bleibt, wenn man alles vergessen hat, was man mal gelernt hat.
Im Idealfall hat man dann die Struktur des Fachgebiets erfasst, weiß, wie das Wissen zustande kam, kann selbst Fachmethoden anwenden, hat einen Einblick in die Geschichte des Fachgebiets, hat auch mal darüber nachgedacht, welche blinden Flecken die Methodik erzeugt, hat einen Einblick in die gesellschaftliche und berufliche Relevanz, kann sich also orientieren und das Wissen schnell wieder aktivieren. Und hat natürlich dabei Kompetenzen erworben, die es möglich machen, sich auch in andere Fachgebiete schnell und selbstständig einzuarbeiten. Voraussetzung ist aber schon, dass man sich mit einem Gebiet intensiver und immer wieder befasst hat und nicht nur ein bisschen über die Oberfläche gehuscht ist.
Ich finde die Vorstellung, "Kompetenzen" zu lehren genauso absurd wie reine Fachinhalte zu lehren. Wann hätte man denn keine Kompetenzen erworben beim Lernen? Wann hätte man sich denn nicht gestritten über das wichtige Wissen (z.B. Kanondiskussionen in Deutsch), die richtigen Methodenkenntnisse (z.B. Sputnikschock). Unterricht wurde doch immer schon daran gemessen, dass er inhaltlich und methodisch gleichermaßen herausfordernd für die Schüler ist und an ihrem Vorwissen und ihren Interessen anknüpft. Dass man dabei immer wieder über inhaltliche und methodische Ziele nachdenkt, ist doch eigentlich nicht neu. Und in vielen Fächern sind die Kompetenzen schon immer das wesentliche Ziel gewesen, z.B. Mathe, Sprachen, Kunst, Sport, natürlich neben der fachlichen Orientierung. In anderen Fächern finde ich die Faktenfülle tatsächlich ungünstig und hinderlich und wünsche mir eine bessere Balance, z.B. in Geschichte in der Mittelstufe und in Biologie in der Oberstufe.
Ich bin mir nicht sicher, ob du da Fähigkeiten und Kompetenzen vermischt. In meinem Ref hatte ich da auch so meine Schwierigkeiten und selbst heute ist mir nicht immer klar, was Kompetenz und was Fähigkeit ist. Interessant ist dazu ein Blick in die Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz:
Hallo Kall29,
Kompetenzen sind natürlich Fähigkeiten - ganz allgemein verstanden. Im pädagogisch-psychologischen Kontext wird damit spezieller noch die Fähigkeit zur Problemlösung gemeint, die aber nur in Verbindung mit bestimmten Wissensgebieten zum Tragen kommt.
Daher ist es ziemlich unsinnig, Wissenserwerb und Ausbildung von Kompetenzen als Gegensätze zu sehen. Man kann Wissen ohne Kompetenzen erwerben (das wäre wirklich stupides und obendrein kognitiv völlig unbeteiligtes Auswendiglernen), aber umgekehrt nicht grundlegende Fähigkeiten trainieren, ohne dabei zugleich Inhalte in den Blick zu nehmen und dabei zu verinnerlichen.
Ein Problem ist aber, dass man trotzdem die dabei erworbenen Kenntnisse mehrmals wiederholen muss, möchte man sie ein Leben lang präsent haben und auch später davon profitieren. Dieser letzte Schritt kommt in der Schule und auch an der Universität definitiv zu kurz.
der Buntflieger
...
Das gilt nicht nur für Schüler. Wie viel von den Vorlesungen deiner Uni beherrscht du denn noch?
Wobei das auch eine Frage des ineffektiven Lernens sein kann. Wenn man z.B. die Sinnhaftigkeit eines Themas als Student noch nicht durchschaut verknüpft man nicht so gut und vergisst schnell wieder.
Mein Mann hat z.B. großes Geschichtswissen, weil er sich die Inhalte der ganzen Dokus die er sieht sinnvoll verbinden kann und einprägt. Ich weiß Vieles aus der Schule nicht mehr und fange jetzt an, es mir wieder anzueignen, zu "begreifen" und zu merken, weil es mich interessiert.
Deswegen würde der kompetenzorientierte Unterricht m.E. schon funktionieren, wenn sich Kinder nach Interessen Wissensgebiete aneignen dürften. Wenn ich weiß, wo ich nachschlagen muss und mich bewusst reindenke und das Wissen strukturiere und dann präsentiere merke ich mir mehr als durch Bulimielernen. Sowas geht aber nur an freien Schulen. Frontal mit 28 Kids im 45 min.-Takt geht sowas m.E. einfach nicht wirklich.
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