Möglichkeiten, wenn der Dienstweg nichts bringt?

    • Offizieller Beitrag

    Möglichkeiten, Arbeitsschutzmaßnahmen zu erzwingen:


    1. Arbeitsschutz ist in allen PVGs ausgewiesenes Recht der Mitbestimmung bei Personalräten. Damit haben alle PRen Initiativrecht. heißt:
    a) beantragen, dass der SL eine Gefährdungsanalyse nach dem Arbeitsschutzgesetz vornimmt (Sicherheitsexperten des Betriebztlichen Dienstes müssen eingeladen werden), oder dass er Gefährdung X oder Y abstellt, oder so lange den Raum sperrt, oder... was auch immer sein muss. https://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/__5.html
    b) SL hat 4 bis 6 (je nach BL) WochenZeit, den Antrag zu bescheiden
    c) Wenn er ihn ablehnend bescheidet, kann der PR ein Stufenverfahren einleiten
    d) was bei fehlenden Arbeitsschutzmaßnahmen IMMER zu Gunsten des PR ausgeht. Immer.


    2. Alle Beschäftigten können bei Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzen immer auch ohne Dienstweg den Beschwerdeweg gehen, Vorschläge machen und individuelle Gefährdung anzeigen:

    Empfehlung: jeder betroffene Beschäftigte der Dienststelle geht diesen Weg, bei Nichtantwort nochmal mit Fristsetzung verschicken, dann im Wochenrhytmus schicken. Hilft üblicherweise.
    Es gibt eine Mitteilungspflicht:

    Zitat von Arbeitsschutzgesetz

    Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des
    Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit(Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG)
    § 16 Besondere Unterstützungspflichten


    (1) Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.
    (2) Die Beschäftigten haben gemeinsam mit dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit den Arbeitgeber darin zu unterstützen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten und seine Pflichten entsprechend den behördlichen Auflagen zu erfüllen. Unbeschadet ihrer Pflicht nach Absatz 1 sollen die Beschäftigten von ihnen festgestellte Gefahren für Sicherheit und Gesundheit und Mängel an den Schutzsystemen auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten nach § 22 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch mitteilen.

    die kann man ruhig mal erst nehmen. Kann einem keiner was. Bei Nichtreaktion: Untätigkeitsanzeige/Untätigkeitsklage


    3. Sowogl die Personalversammlung als auch die Gesamtkonferenz können zu diesem Thema Resolutionen oder in fast allen BL als GeKo Presseerklärungen verfassen. Das sollte man dann auch tun. Und der SL vertritt die Schule zwar in der Öffentlichkeit, aber nicht bedingungslos oder willkürlich, oft ist das an das Konferenzrecht gebunden: zB Hessen:

    Zitat

    Die Schulleiterin oder der Schulleiter vertritt die Schule gegenüberder Öffentlichkeit; sieoder er ist dabei an die Beschlüsse der Schulkonferenz und der Gesamtkonferenz gebunden, die diese im Rahmen ihrer Zuständigkeit fassen. Wenn Angelegenheiten des Schulträgersberührt werden, erfolgt die Vertretung im Einvernehmen mit diesem. Die Schulleiterin oderder Schulleiter kann der Presse Auskünfte über Angelegenheiten der Schule erteilen; Satz 2 gilt entsprechend. Bei Angelegenheiten von übergeordneter Bedeutung hat sie oder er zuvor Rücksprache mit der Schulaufsichtsbehördezu halten. Die Schul- und die Gesamtkonferenz können in Angelegenheiten, für die ihre Zuständigkeit gegeben ist, Presseerklärungen abgeben.


    4. Hier sollte man auch mal regelmäßig reingucken, sehr hilfreich: https://www.arbeitsschutzgesetz.org/arbstaettv/

  • Danke für die zahlreichen Rückmeldungen. Kam ja doch viel verwertbares, vor allem Meikes Gesetzestexte werd ich mal etwas intensiver studieren und sehen, was man (=ich und ein paar Kollegen, die meisten kümmert's wie üblich einen feuchten Dr...) machen kann.


    Gruß,
    DpB

  • @ Meike:
    Ich habe mit einigem aus deinem Beitrag 21 Probleme.


    1. Du schreibst:
    "2. Alle Beschäftigten können bei Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzen immer auch ohne Dienstweg den Beschwerdeweg gehen, Vorschläge machen und individuelle Gefährdung anzeigen:" Dann zitierst du aus dem Arbeitsschutzgesetz, welches auf auf das Bundesbeamtengesetz verweist, in dem ausdrücklich "Dienstweg" (eben §125) steht. In unserem (RLP) Landesbeamtengesetz steht auch "Dienstweg". Ich weiß nicht wie du auf "Alle Beschäftigten können ..." kommst. Ich glaube, den Beamten ist dieser Weg versperrt. I


    2. Du verlinkst auf den Artikel zur Untätigkeitsklage bei Wikipedia.
    Dieser beginnt mit "Die Untätigkeitsklage ist in Deutschland eine besondere Form der Verpflichtungsklage. Sie existiert nur in den drei verwaltungsrechtlichen Verfahrensordnungen. Sie eröffnet den Gang zum Gericht, wenn die Verwaltung über einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes oder einen Widerspruch bzw. Einspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat."
    Für den Antrag auf den Erlass eines Verwaltungsakts müsste aber erst mal eine Amtshandlung beantragt werden. Mit der von dir zuvor geforderten Mitteilung nach §16 ist aber meines Erachtens kein Antrag gestellt, aus dem sich eine Untätigkeitsklage ableiten lässt.


    3. Ein Problem sehe ich darin, dass der Arbeitgeber (Land) einer Beschwerde Abhilfe schaffen soll, für die er nicht zuständig ist. Die Schule ist ja von der Kommune zu unterhalten. Der Arbeitgeber stellt uns ja (unmittelbar) überhaupt keine Mittel bereit. Vielmehr hat er sich mit den Kommunen dahingehend geeinigt, dass diese dies tun. Irgendwie fehlt mir da ein "Verbindungsstück", wenn ich gegen meinen Arbeitgeber vorgehen soll, der aber keinen Einfluss auf meinen Arbeitsort-Bereitsteller hat.


    Mich erinnert das an den Fall der Klage gegen ein schulischen Schließsystem (Klage gegen Schließanlage in Schule). Der PR der Schule kann mit dem mit der Kommune keine Dienstvereinbarung über die Nutzung der Daten (einer Schließanlage) abschließen. Maßnahmen zur Überwachung der Arbeitszeit (Wann betritt Lehrkraft XY den Klassenraum) sind zwar zustimmungspflichtig, die Erfassung erfolgt aber nicht durch den Arbeitgeber (sondern die Kommune).
    Der Arbeitnehmer (Kläger Keßler) hatte hier keine Möglichkeit, gegen die Kommune zu klagen.
    (Mittlerweile ist das (Urteil in 2ter Instanz) geklärt, das Urteil basiert aber auf einer nach Klageerhebung geänderten Dienstanweisung des Schulministeriums NRW.)


    Zumindest im Einzelfall war hier der Klageweg gegen den "Schuldigen" (Kommune als "Datenerfasser") durch den Kläger (Lehrer Keßler als derjenige, dessen erfasste Daten zur Arbeitszeitüberwachung hätten genutzt werden können) _nicht_ möglich. Vielleicht ist eine Klage gegen der Arbeitgeber auch nicht möglich, wenn dieser gar nicht für die räumlichen Arbeitsbedingungen zuständig ist.


    Gruß
    Nitram

    • Offizieller Beitrag

    Die Praxis der inneren und äußeren Schulverwaltung war halt vom Gesetzgeber nicht vorgesehen, als diese Gesetze geschrieben wurden.
    Der Dienstweg gilt natürlich für die normale Mängelmeldung, erstmal, ist in diesem Fall ja auch mehrfach geschehen, allerdings nur bis zu dem Punkt, wo keine Abhilfe geschaffen wird, dann gilt das hier im Arbeitsschutzgesetz Genannte, also die direkte Meldung an die Behörde, die sanktionsfrei möglich sein muss. Das ist in der Praxis gut erprobt.
    Gut, das Wort immer hat vielleicht Verwirrung gestiftet: nicht immer, sondern immer, wenn nix passiert, also wie hier im Fall.


    Übrigens vergaß ich auch noch die Arbeitsschutzausschüsse, die es an jedem Schulamt gibt, die vierteljählich tagen, und bei denen man als Schule in direkten Kontakt treten kann mit Stadt, Amt für Bau, betriebsärztlichem Service, Dezernent und Gesamtpersonalrat - auch eine ganz wichtige Möglichkeit.
    https://www.gesetze-im-internet.de/asig/__11.html
    Fragt euren GPR. Der kann dafür sorgen, dass ihr dazu eingeladen oder euer Anliegen da thematisiert wird. In einigen Landkreisen hierzulande haben GPRen durchgesetzt, dass grundsätzlich nicht nur SLen, sondern auch (oder nur!) PRen von betroffenen Schulen eingeladen werden. Da hat man die Ansprechpartner direkt vor sich. Hilft oft.


    Zur Untätigkeitsklage: ja, da muss vorher ein Antrag gestellt und nicht bearbeitet wirden sein, das ist klar. Das tut man (am besten der PR) ja aber, wenn man dazu auffordert, einen Missstand abzustellen. Gibt es durchaus auch immer wieder und ist gar nicht so komplex wie es klingt. Dabei klagt man natürlich nicht den Missstand selbst ein, bzw dessen Abänderung, sondern das Tätigwerden einer nicht reagierenden Behörde. Und es kann zum Beispiel - gabs schon - darin enden, dass das Schulamt den Betriebsärztlichen Dienst in eine Schule schickt, in der der SL nicht reagiert, und mit dem Bericht der Stadt/Kommune Druck macht, das Gefährdungspotential abzustellen.

  • Jetzt bin ich ganz verwirrt.
    Ich dachte immer Betriebsrat (der Betriebsräte in den Arbeitsschutzausschuss entsenden kann) und ein Personalrat seine unterschiedliche Institutionen, und Betriebsräte kämen in nur an Schulen in privater Trägerschaft vor und Betriebs- und Personalräte hätten keineswegs gleiche Rechte und Pflichten.


    Tatsächlich gibt es aber die Arbeitsschutzausschüsse mindestens in Hessen (Arbeits- und Gesundheitsschutz, GEW Hessen, Seite 20) und in Baden-Württemberg (Arbeitsschutzausschuss Schulamt Freiburg). Bei uns (ich meine DePaelzerBu sei in Rheinland-Pfalz beschäftigt, aber das seh ich gerade nirgends ...) kenne ich einen solchen Ausschuss nicht - was aber nicht bedeutet, das es ihn nicht gibt. Hat jemand (für RLP) eine Quelle dazu?

    • Offizieller Beitrag

    Die müsste es bundesweit geben, da Grundlage ein Bundesgesetz ist. Ich kenne ASA aus vielen BL und kann das Gremium nur empfehlen.


    Gekannt habe ich ihn aber auch nicht, bevor ich in der PRarbeit sehr aktiv war. Weise hier in der Gegend bei jeder Gelegenheit drauf hin....


    Für RLP finde ich allerdings auch nix, was mich sehr wundert... es wird zwar mal einer hier https://www.gew-rlp.de/schulle…ts-und-gesundheitsschutz/ erwähnt, scheint aber eher ein Konzeptionsgremium zu sein? So ist das aber nicht gedacht, sondern als konkretes Gefahrenbeseitigungsgremium. Hm. Am besten Bezirkspersonalrat fragen.

  • Habt Ihr Tarifbeschäftigte LuL, die von dieser Gesundheitsgefährdung ebenfalls betroffen sind? Die dürfen sich auch mit einer Beschwerde direkt an den für sie zuständigen Unfallversicherungsträger (in NRW wäre die die Unfallkasse NRW).
    Die UK ist nicht nur eine Versicherung sonder hat auch hoheitliche Befugnisse. Sie kann beispielsweise bestimmte Bereiche bis zur Mängelbeseitigung behördlicherseits schliessen. In der Regel kommen so Schließungen mit Siegel und so auch schnell bei den Eltern und von da an die Presse. Und dann geht meist alles ganz schnell.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

    • Offizieller Beitrag

    Jetzt bin ich ganz verwirrt.
    Ich dachte immer Betriebsrat (der Betriebsräte in den Arbeitsschutzausschuss entsenden kann) und ein Personalrat seine unterschiedliche Institutionen, und Betriebsräte kämen in nur an Schulen in privater Trägerschaft vor und Betriebs- und Personalräte hätten keineswegs gleiche Rechte und Pflichten.

    Ist theoretisch auch richtig. Der Grund, warum Gesetzestexte nicht immer eine Erklärung für irgendetwas beinhalten (und das ist auch der Grund, warum es für das 90seitige HPVG zum Beispiel über 8000 Seiten Kommentar gibt) ist, dass die meisten dieser Gesetze zu einer Zeit geschrieben wurden, wo es noch ganz einfache Strukturen gab: Ein Betrieb, ein Chef, X Beschäftigte. Eine Behörde, ein Chef von der Behörde, einige Dienststellen, die zu der Behörde gehören. Fäddich.
    Innere und äußere Schulverwaltung, selbstständige Schulen, Einstellungsmöglichkeiten jenseits des Schulamtes, Vertragsarten jenseits der Planstelle oder unbefristeten BAT, äußere Schulverwaltung nochmal aufegeteilt in Kommune / Stadt und bei PPP zum Beispiel Großbetriebe, die für Wartung zuständig sind, Ausstattung, die an extrenen Betreiberfimen hängt, usw, Zuweisungen, die noch nicht vollständig juristisch hinterlegt worden sind (Sozialindex, 104%, usw), das ist alles damals nicht mitgedacht worden. Manchmal gibt es dazu klarstellende Erlasse, manchmal muss das indirekt aus den Gesetzen abgeleitet werden oder es muss qua Übertragung/Analogisierung und Behördenbeschluss einfach so gehalten werden - wie zB. bei den Arbeitsschutzausschüssen in Hessen, die sind 2009 qua Erlass hinterlegt worden, vorher waren sie "analoge Praxis".


    Weshalb der Spruch "Ein Blick ins Gesetz spart manche Diskussion" auch nur bedingt stimmt: der Blick ins Gesetz gibt ne Grundrichtung vor, die Interpretation und die praktische Umsetzung desselben ist noch mal ein eigenes Fußballfeld.
    Und was ganz bestimmt gilt, ist die Gleichung: 3 Juristen haben garantiert 19 Meinungen zu 1 Gesetzestext ... ;)


    Vielleicht hilft ja auch die Unfallverhütungsvorschrift Rheinland Pfalz zur Sachverhaltsklärung etwas weiter oder diese Ansprechpartner in Mainz.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

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