Lehrerinnen mit islamischen Kopftuch - Skandal oder Meinungsfreiheit?

  • Und so betrachtet besteht dann schon ein Unterschied zwischen dem Tragen eines Kopftuchs und dem Tragen einer schlichten Kreuz-Kette, oder?


    Aber ich bin generell auch eher dafür, religiöse Symbole komplett aus dem Unterricht rauszuhalten.


    P.S.: meine Antwort bezieht sich auf Kodis Beitrag ;)

  • Das Herkunftsland scheint auch eine Rolle zu spielen - die Kopftuchträgerinnen sind meist türkischer Herkunft, bei anderen Herkunftsländern (Tunesien, Albanien, Ägypten, Libanon, Jordanien...) ist das auch eher selten der Fall.
    Ach ja... Grundlage: Meine Beobachtungen aus dem Ruhrpott, mitten in NRW. Migrantenanteil: ziemlich hoch.

    Naja, da wir ja über 50% der Migranten aus der Türkei oder Arabischen Ländern haben, ist das bei uns eindeutig anders.
    Anteil von nicht Mitgranten an der Schule bei vielleicht 10% ;)


    Ich kann ja meine Kollegen bitten mir bei den Sprachstandserhebungen zu markieren, welche Mütter ohne Kopftuch kommen. Ich hatte bisher erst eine dabei bei den neuen Schulanfängern.

  • Ich bin dagegen. Und das aus zwei Gründen.


    Wir in Deutschland kämpfen für etwas, wogegen andere Frauen kämpfen. Frauen die gerne ihren Hidjab ablegen würden, aber nicht können.


    https://www.independent.co.uk/…their-wives-a7160146.html


    Wer einmal Gespräche mit progressiven Muslimen führt, hört des Öfteren, dass das Kopftuch nichts mit dem Selbstbewusstsein von Frauen zu tun hat, sondern ein klares Signal der Abgrenzung zur westlichen Gesellschaft darstellt. Seit einigen Jahren nimmt der Trend zu, dass auch schon junge Mädchen verschleiert werden und der Druck auf liberale Muslime nimmt zu. Ich kenne einige muslimische Familien, die seit den 80ern in Bayern leben, die sehr aufgeschlossen und tolerant sind. Diese Familien mussten sich schon öfter Fragen gefallen lassen, warum ihre Töchter so liberal aufwachsen und kein Kopftuch tragen.


    Mit dieser Diskussion schaden wir den liberalen Muslimen und da ist es ganz egal, dass das Kopftuch hin und wieder auch als pubertäre Protest-Bedeckung getragen wird, um die Eltern zu schocken.


    Der zweite Grund ist ein persönlicher.


    Ich möchte nicht, dass meine Kinder von einer Frau mit Kopftuch unterrichtet werden, ebenso wenig würde ich meine Kinder auf eine katholische Schule schicken. Religion ist Privatsache. Aber ich habe als Bayer kein Problem mit dem Kreuz.

    Einmal editiert, zuletzt von anjawill ()

  • Grad hatte ich es mit meinem Mann über dieses schwierige Thema, und wir haben beide irgendwann gesagt, dass wir es komisch fänden, wenn die Lehrerin unserer Kinder ein Kopftuch tragen würde.
    Es steht für Fremdes, es wird assoziiert mit Unterdrückung der Frau. So jemanden als Vorbild und enge Bezugsperson - ich kenne schon meine Tochter, die würde dann auch eins tragen wollen ;-). Und noch viel mehr, wenn die Lehrerin UND einige Mädchen der Klasse ein Kopftuch tragen.


    Privat kann jeder machen, was er will, und ich maße mir auch kein Urteil an über Familien, in denen Kopftuch getragen wird. Die Gründe mögen vielfältig sein. Ich würde mich da nicht einmischen.
    Aber als Lehrerin ist es halt nochmal etwas anderes.

  • Ich kann deine Aussagen nur nochmals dick unterstreichen!!!

  • Ich bin in offiziellen Positionen gegen das Tragen solcher Symbole.


    Dabei ist auch relativ egal, was der Träger selbst damit assoziiert oder ausdrücken will.
    Entscheidend ist wofür es in der Mehrheitsgesellschaft steht.


    Da ist das Koptuch eben nicht neutral besetzt, sondern steht für eine religiös-konservative Weltsicht, die oft auch im Widerspruch zu unseren Grundwerten und Gesetzen ausgelebt wird.
    Ich seh da auch keinen qualitativen Unterschied zwischen einer Kopftuch-Nonne, einer Kopftuch-Muslima oder Kopftuch-Babuschka.

    Zum Glück sieht das Bundesverfassungsgericht das anders. Da ist es nämlich sehr wohl entscheidend was die Trägerin damit assoziiert. Die Behauptung Kopftuchträgerinnen würden im Widerspruch zum GG stehen, muss natürlich im jeden einzelnen Fall bewiesen werden.

    Grad hatte ich es mit meinem Mann über dieses schwierige Thema, und wir haben beide irgendwann gesagt, dass wir es komisch fänden, wenn die Lehrerin unserer Kinder ein Kopftuch tragen würde.
    Es steht für Fremdes, es wird assoziiert mit Unterdrückung der Frau. So jemanden als Vorbild und enge Bezugsperson - ich kenne schon meine Tochter, die würde dann auch eins tragen wollen ;-). Und noch viel mehr, wenn die Lehrerin UND einige Mädchen der Klasse ein Kopftuch tragen.


    Privat kann jeder machen, was er will, und ich maße mir auch kein Urteil an über Familien, in denen Kopftuch getragen wird. Die Gründe mögen vielfältig sein. Ich würde mich da nicht einmischen.
    Aber als Lehrerin ist es halt nochmal etwas anderes.


    Auch eine Person mit Kopftuch kann Vorbild für Ihr Kind sein ;) Am Ende des Tages kommt es nicht darauf an was jemand an hat sondern welche Werte vermittelt werden. Wir erinnern uns alle an schlechte Lehrer auch ganz ohne Kopftuch.

  • Zum Glück sieht das Bundesverfassungsgericht das anders. Da ist es nämlich sehr wohl entscheidend was die Trägerin damit assoziiert. Die Behauptung Kopftuchträgerinnen würden im Widerspruch zum GG stehen, muss natürlich im jeden einzelnen Fall bewiesen werden.

    Wie soll das denn gehen? Wie gesagt, Berlin hat es ganz einfach gemacht und eine AV erlassen, wonach keines der Symbole für irgendjemanden erlaubt ist, der als staatlicher Angestellter/Beamter in der Schule tätig ist.

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin da mit terre de femmes:



    Kreuz und Kopftuch sind aus dem Grund nicht vergleichbar.

  • ...und der Druck auf liberale Muslime nimmt zu. ...

    Und deswegen befürwortest du ein Verbot? weil Familie Müller Druck auf Familie Schmidt ausübt?



    ...
    Ich möchte nicht, dass meine Kinder von einer Frau mit Kopftuch unterrichtet werden, ebenso wenig würde ich meine Kinder auf eine katholische Schule schicken. Religion ist Privatsache. Aber ich habe als Bayer kein Problem mit dem Kreuz.

    Jetzt verstehe ich gar nix mehr. Entweder es ist wurscht, was der Lehrer trägt, oder das ist es nicht. "Kopftuch stört" weil: fühlt sich irgendwie nebulös ungewohnt an. "Kreuz stört nicht" weil: kennt man ja so aus Kindertagen?


    Ich würde weder eine Petition dafür noch dagegen unterschreiben, ich weiß darüber nicht genug und es ist mir auch nicht wichtig. Allerdings finde ich es immer günstig, zumindest zu versuchen, aus seinem Kleinstadtwohlfühldings mal probehalber auszusteigen.


    Traditionen fühlen sich immer nur für den richtig an, für den es Traditionen sind ;)

  • Auch eine Person mit Kopftuch kann Vorbild für Ihr Kind sein ;) Am Ende des Tages kommt es nicht darauf an was jemand an hat sondern welche Werte vermittelt werden. Wir erinnern uns alle an schlechte Lehrer auch ganz ohne Kopftuch.


    Verdreh mir bitte nicht das Wort im Mund, ich denke es kam durchaus rüber, was gemeint war.
    Nachahmungstrieb bei jungen, beeinflussbaren Schülerinnen, die ihre geliebte Lehrerin natürlich in jeder Hinsicht toll finden.


    Dass Frauen mit Kopftuch selbstverständlich gute Lehrer sein können, bezweifle ich nicht, nur die wären es auch ohne Kopftuch.

  • Das passt gerade gut:

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  • Verdreh mir bitte nicht das Wort im Mund, ich denke es kam durchaus rüber, was gemeint war.
    Nachahmungstrieb bei jungen, beeinflussbaren Schülerinnen, die ihre geliebte Lehrerin natürlich in jeder Hinsicht toll finden.


    Dass Frauen mit Kopftuch selbstverständlich gute Lehrer sein können, bezweifle ich nicht, nur die wären es auch ohne Kopftuch.

    Sorry aber er hat recht. "irgendwie komisch" ist nunmal schlicht und ergreifend unreflektiert.


    Entweder jegliches politische und religiöse Symbol muss verschwinden, dann ist das Punkshirt und Foltersymbol Kreuz auch ein Problem oder eben nicht.

  • Da mich auch die zuständigen Schulaufsichtsbeamten kennen und ich auch regelmäßig mit dem Ministerium zu tun habe, gehe ich davon aus, dass es in Hessen vielleicht nicht gerne gesehen, aber erlaubt ist. Ansonsten, ein antifaschistisches T-Shirt ist ja durchaus staatstragen, der Antifaschismus ist ja zumindest theoretisch eine der Säulen der Bundesrepublik, Punk stellt keine politische Richtung dar, und keltische Symbole findet man bei mir nur als Tattoos an nicht sichtbaren stellen ;) Als Gewerkschaftsmitglied würde ich es da auch auf die Klage ankommen lassen.


    Momentan ist die Gesetzeslage in vielen Bundesländern nicht besonders eindeutig geklärt.
    Im Jahr 2015 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Symbol des Kopftuches allein nicht die Neutralität einer Lehrperson in Frage stellt. Es muss ein handeln stattfinden. Ich verstehe das so, dass z.B. Missionierungsabsichten oder sonstiges Propagieren radikaler Ideologien beobachtbar sein muss, um ein Verbot im Einzelfall auszusprechen.
    Dabei spielt das Schulgesetz des einzelnen Bundeslandes eine tragende Rolle. Dieses kann, nach dem Entscheid des Bundesverfassungsgerichtes, so ausgelegt werden, dass ein Verbot genauso wie eine Erlaubnis gesetzmäßig wäre.


    • In Hessen ist es beispielsweise so, dass 8 Referendarinnen und 5 Lehrerinnen mit Kopftuch tätig sind (Stand 2017).
    • In Bayern ist nur eine Referendarin bekannt, die mit Kopftuch unterrichtet.
    • In Baden-Württemberg ist die Zahl nicht genau feststellbar, allerdings scheinen die ersten Lehrerinnen mit Kopftuch auch dort zu unterrichten.
    • In Berlin gilt nach wie vor ein Kopftuchverbot an schulischen Einrichtungen.


    .... wer es genau nachlesen möchte, kann sich folgendes Dokument anschauen: Deutscher Bundestag 2017, Kopftuch in den einzelnen Bundesländern.pdf

  • Hier auch. Zitier mich bitte richtig. "Irgendwie komisch" hatte ich nicht gesagt, klingt auch sehr larifari. Ich sagte wir fänden es komisch. Dann habe ich das erläutert. Ich denke, wenn man meine Beiträge liest, versteht man, was ich meine.
    Was soll das, mich als unreflektiert hinzustellen und zu schreiben "Sorry, er hat Recht"? Hier hat jeder seine Meinung. Mag sein, dass du ihm zustimmst. Mag sein, dass ich es anders sehe. Warum du mich so angehst, weiß ich nicht.



    Und ja, ich bleibe dabei, dass ich einen Unterschied zwischen der Kreuzkette und einem Kopftuch sehe, Gründe findest du in dem Thread zuhauf, werd ich jetzt nicht mehr aufführen.
    Ebenso schrieb ich bereits, dass ich es generell begrüßen würde, wenn religiöse Symbole aus dem Unterricht verschwinden würden. Trotzdem sehe ich einen ganz eklatanten Unterschied zwischen den Symbolen.

  • Wie schön, dass das Bundesverfassungsgericht schon im Namen des Volkes geurteilt hat:


    http://www.bundesverfassungsge…en/DE/2015/bvg15-014.html


  • Zum Begriff "Neutralität":


    Hier und da wirkt es so, als sei die Neutralität des Beamten ein Nichts, quasi die Abwesenheit von einer Haltung.
    Die Neutralität des Beamten bezieht sich aber auf die Haltung seines Dienstherrn. Der Dienstherr gibt vor, zu welchen Themen sich z.B. Lehrer wie äußern dürfen und wie nicht. Abweichungen die über ein bestimmtes Maß von dieser Haltung abweichen sind nicht mehr "neutral".
    Die "Neutralität" ist also eine (wenn auch einem Wandel unterworfene) bestimmte Haltung. (Die des Dienstherrn.)


    (Für "Meinungsfreiheit" und "Religionsfreiheit" gilt dasselbe. Eine Regierung entscheidet genau darüber, was erlaubt ist und was nicht.)

  • @Kathie "komisch" ist doch aber unreflektiert? ganz sachlich meine ich das. Eine irgendwie nicht näher spezifizierte Sorge, das eigene Kind könne auch ein Kopftuch wollen und das undefinierte Gefühl, das Kopftuch stehe für Fremdes


    Klar hat jeder Sorgen, Ängste und Gefühle bei allem Möglichen. Aber daraus kann man doch keine Maxime ableiten? der TE sagte, wichtig wäre das, was die Lehrerin tut und sagt, nicht was sie trägt. Das wäre halt schon eine allgemein gültige Aussage oder irre ich?

    Einmal editiert, zuletzt von Krabappel ()

  • Klar, kann man das Kopftuch als Symbol der Unterdrückung der Frau sehen. Auch wird das in xy% der kopftuchtragenden Frauen ein wirklicher Zwang sein. Sozialer Druck als Zwang mindestens, wenn nicht sogar mehr. Hochproblematisch, ohne Wenn und Aber.


    Sollte man es deswegen verbieten?


    Nein, denn genau so kann das Kopftuch auch aus freien Stücken getragen werden. Klar, es ist auch da eine Anpassung an religiöse Normen. Aber man kann sich eben auch freiwillig einer Weltanschauung untergeben. Das ist wohl in allen Religionen das Prinzip. Genau so kann es sogar ein Empowerment sein. Ein Statement gegen gewisse westliche Normen und Werte (womit weniger Frauenrechte gemeint sein dürften als viel eher bspw. eine übermäßige Eitelkeit bzw. Reduktion auf das Äußerliche).


    Das Kopftuch zu verbieten, ist wohl recht einleuchtend auch ein Zwang. Es gibt Muslima, die legen ihren Hijab ab, weil sie nicht mehr diskriminiert werden wollen. Das ist genau so problematisch, wie der Zwang zum Tragen. Kulturimperialismus, mansplaining etc. - das ist auf verschiedenen Ebenen gefährlich. Es geht schlicht um die Deutungshoheit.



    Der YT-Kanal Die Frage hat dazu mehrere Videos gedreht. Sehr empfehlenswert. Genau so der Kanal der im folgenden Interviewten, Datteltäter. Das Video aber vor allem auch die beiden Kanäle haben meiner Meinung nach auch sehr viel Potenzial für den Unterricht (Vorurteile abbauen geht über Wissen über und Kontakt zu Minderheiten):

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    Das Thema betrifft einfach so viele Fragen der heutigen pluralen Gesellschaft:
    Es ist ein feministisches Thema und es geht um die Selbstbestimmung der Frau. Dabei gibt es im Feminismus keineswegs nur eine Meinung. Symbolisch kann ein Kopftuch irgendwo ebenso für Unterdrückung und auch Selbstbestimmung stehen. Gleiches Problem gibt es ja beispielsweise auch bei der Prostitution. Die Deutung ist dabei eben nicht eindeutig. Unsere Professorin hat letztens erzählt, dass sich die Feminist*innen in Deutschland gefreut haben und dafür gekämpft haben, dass das Wort Fräulein aus dem Sprachgebrauch verschwindet. Weil es eben eine Reduzierung auf den Status als Ehefrau oder eben nicht vollständige nicht-Ehefrau sein kann. Gleichzeitig haben Feminist*innen in Frankreich für die Erhaltung des Wortes Mademoiselle gekämpft, weil sie damit die Unabhängigkeit von einem Mann betonen wollten. 2011 gab es dann ebenso aus feministischen Kreisen den Widerstand gegen das Wort auch in Frankreich.
    Die Debatte gerät des Weiteren genau zwischen die Konfliktlinie der Vielfalt vs. der Betonung einer christlichen Leitkultur. Es geht um die Frage von Religion in unserer Gesellschaft und Kulturen in unserer Gesellschaft. Damit betrifft es dann auch noch Menschen, die gleich doppelt diskriminiert werden können: muslimische Frauen. Im Kontext der Schule kommt dann eben auch noch die Frage nach der Neutralität dazu und wie diese umgesetzt werden kann und umgesetzt wird.

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