Abschaffen der Schulpflicht

  • Viele der von dir genannten Dinge sind durchaus mit den Grundprinzipien von Schule vereinbar, was aber wiederum mit dem Engagement der Lehrer und den zur Verfügung gestellten Ressourcen zusammenhängt.

    Erzähl was Neues.



    Du konzentrierst dich jetzt auf Inhalte und Schulprofile, aber Teilziele der Sprengelpflicht sind neben dem Grundprinzip "kurze Beine, kurze Wege" natürlich auch die Vermeidung von "armen Schulen" und "reichen Schulen", wie es Ansätze bereits in Teilen Berlins und Hamburgs gibt.

    Mhm, genau, die Wohnviertel natürlich überhaupt nicht mache Einkommen gestaffelt sind.



    ...Wenn also Naina mit fast 18 keine Ahnung von all diesen Dingen hat, hätte sie ja mal ihre Eltern, ihre Lehrer oder auch zuständige Institute hiernach fragen können, statt zu erwarten, dass ihr andere Menschen dieses Wissen auf dem Silbertablett servieren. Es gibt Bücher, es gibt das Internet - sie hatte ihre Zeit aber für andere Dinge genutzt, weswegen sie meiner Meinung nach nicht in der Position ist, sich zu beschweren.

    Sie hat sich zu dem rausgehauenen Tweet an anderer Stelle geäußert: http://www.zeit.de/gesellschaf…ablabla-schule-diskussion


    Ich verstehe ehrlich gesagt deine abgebrühte Schnodderigkeit nicht. Fehlt dir schon vor Arbeitsbeginn jegliche Vorstellungskraft? Was macht dir Angst daran, dir mal 5 min. lang vorzustellen, es gäbe noch ein Fach, wie Wirtschaftskunde oder online-Recherche? Was ist falsch daran, sich zu überlegen, warum man nach 13 Jahren Schule noch nie was von Versicherungen gehört hat? Natürlich kann man Versicherungen vergleichen. Man kann auch Gedichte lesen. Man kann sich ALLES, was man in der Schule lernt, woanders aneignen.
    Das ist ja auch der Punkt: welchen Zweck hat Schule. Ihr Zweck besteht nicht allein darin, einen Schulabschluss zu generieren. Sie hat den Selbstzweck von Bildung und der geht immer mehr flöten. Kein Respekt mehr durch die Gesellschaft ist ein Problem davon: wenn ich was wissen will, frage ich nicht den Lehrer.


    Die Befähigung, mir selbst was anzueignen, hab ich sicher nicht aus der Schule. Und ich war gern in der Schule. So zum Leute treffen. Aber Fragen nach der Unterrichtsstunde wurden immer mit „keine Zeit“ beantwortet. Da läuft was schief.

  • Wir sollten bei dem Thema nicht vergessen, dass Schüler keine Studenten sind.
    Klar liest und hört sich das immer gut an.... freies Lernen, selbstorganisiert etc.... aber welche Schüler haben die Disziplin und Ausdauer (nahezu) ohne Strukturen zu lernen und sich auch mal mit Dingen zu befasen, die nicht ins eigene Hobby- passen?


    Ich denke da eher, die gute Mischung machts. Am Anfang und bei jüngeren Schüler viel Struktur und später, je älter unf reifer sie werden, weniger Struktur und mehr Freiheiten.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Frage zwischendurch: wäre es nicht auch schön, wenn man den Schülern durch viel mehr (zu ermöglichende) Unterrichtsgänge ins Freie die Lust am lernen schmackhafter macht? Als Schüler fand ich es immer blöd über Pflanzen und Tiere zu sprechen während draußen eben jenes vor sich hin lebte

    Das finden eben auch nur intrinsisch motivierte Schüler wirklich toll. Wir haben ja hier die schöne Situation, dass es keine zentralen Prüfungen gibt und sich damit auch kaum einer so wirklich streng an irgendeinen Lehrplan hält. In manchen Fächern ist es wirklich krass, da macht im Prinzip jeder, was ihm in den Sinn kommt. Ich weiss noch nicht mal, was drin steht, im Lehrplan ;) Also haben wir tatsächlich Zeit und auch die Mittel Exkursionen, Wahlfachwochen, Projektunterricht und weiss der Geier noch was alles anzubieten. Aber es ist, wie es eben immer so ist: wer keine Lust hat, hat keine Lust und hat auch keine Lust auf Exkursionen & Co. Ich sage meinen Schülern immer ich kann sie nicht motivieren, die Motivation die müssen sie schon selber mitbringen. Ich kann es ihnen aber sehr wohl verleiden oder ich wähle halt "interessante" Themen aus und hoffe, dass die Motivierten auch motiviert bleiben. Klappt meistens auch.



    Die Befähigung, mir selbst was anzueignen, hab ich sicher nicht aus der Schule.

    Das ist schade, geht mir aber leider genau so. Ich hoffe aber, dass das bei unseren Schülern hier anders ist. Zumindest sollte es nach zwei Semestern Projektunterricht und der Maturaarbeit so sein. Aber auch da gilt wieder: Manche haben einfach keine Lust und dann werden sie hinterher behaupten, man hätte ihnen nichts an der Schule beigebracht, zumindest nicht Selbständigkeit. Stimmt aber nun mal nachweislich nicht sondern liegt an mangelnder Selbstreflexion.

    Einmal editiert, zuletzt von Wollsocken80 ()

  • @Krabappel Ich bin fast 38 und habe keine Ahnung von Steuern. Weil es mich aber auch einen Sch*** interessiert. In dem Punkt bin ich schon bei @Lehramtsstudent - möge Naiana sich doch einfach selbst einlesen, wenn sie zum ersten mal eine Steuererklärung ausfüllen muss. Oder sie macht es wie ich: verdient nen Haufen Geld und denkt sich "ist mir doch Wurscht, ob ich am Ende 500 CHF mehr oder weniger zahlen muss, Hauptsache das blöde Formular ist ausgefüllt". Von einem Gymnasiasten kann man so viel Selbständigkeit am Ende schon erwarten. Unsere Berufsschüler lernen sowas tatsächlich im sogenannten "Allgemeinbildenden Unterricht", die gucken sich da mal einen Arbeitsvertrag an und worauf man da so achten muss.

  • @Krabappel
    Wenn man statt eines anderen Unterrichts den Sportkurs macht, den Laborkurs belegt (woher kommen diese Stunden?) oder über alles Mögliche debattiert, ist das nicht der verpflichtende Unterricht. Ist es als freiwillige AG im Nachmittagsunterricht, passt es, aber ansonsten geht es über das hinaus, was der Staat an Grundabdeckung von Unterricht und Betreuung anbietet. Das kann man nämlich alles auch woanders haben und denen muss die Schule nicht die Mitglieder abgraben: Sportverein, Bildungsinstitute, Jugendorganisationen von Parteien, Jugendfeuerwehr usw.


    Was die Unterrichtsmethodik betrifft, hat dieses Projektartige recht schnell eine Grenze. An unserer Schule gibt es eine Klasse, die in manchem fächerübergreifend und in Projekten arbeitet. Das bedeutet einige Absprachen zwischen den Fachlehrern und vor allem einen Haufen zusätzlicher Arbeit. Die Kolleginnen, die das derzeit machen, werden sicherlich keine positive Bilanz ziehen und man merkt, wie ihnen diese Belastung zu schaffen macht. Dazu kommt, dass sie alle drei nicht in der Inklusion eingesetzt sind; eine von ihnen wurde sogar deswegen aus der Inklusion rausgenommen. Da wirst du wieder schäumen "Typisch, jetzt ist die Inklusion mal wieder schuld.", aber so ist es einfach. Diese ganze Inklusionskiste lässt uns hausintern wenig Spielraum vom Einsatz und Stundenplanbau des Personals, den man für so etwas aber benötigt.

  • . Aber Fragen nach der Unterrichtsstunde wurden immer mit „keine Zeit“ beantwortet. Da läuft was schief.

    Das kenne ich ganz anders. Und es kommt mir auch komisch vor. Welcher von uns Lehrern ist denn nicht begeistert, wenn da mal Schüler nach der Stunde (oder allein schon mal während des Unterrichts) kommen und tatsächlich mal
    interessierte Fragen stellen. Ja ich habe solche Schüler, ganz wenige. Und ich freue mich immer riesig, wenn da mal Fragen kommen. So kenne ich das auch von anderen Kollegen, wer geht nicht gern auf Schüler ein, die interessiert daherkommen und mehr wissen wollen? Habe das auch in meiner eigenen Schulzeit nie erlebt, dass man bei echtem Interesse egal in welchem Fach von einem Lehrer abgebügelt wird. Auch nicht, wenn man nach der Stunde kommt und darum bittet nochmal was erklärt zu bekommen. Ja es geht nicht immer direkt im Anschluss an die Stunde (Aufsicht usw.), aber bislang hat noch jeder Lehrer etwas gesagt wie "morgen in der großen Pause, komm mal zum Lehrerzimmer". Oder "nächste Woche vor dem Unterricht können wir das gerne nochmal anschauen". Wenn Schüler wirklich Fragen haben und um Hilfe oder Zusatzinfos bitten, sind fast alle Lehrer für Schüler da.
    Das Problem ist ein ganz anderes:
    Selbst auf dem Gymnasium gibt es nur einen verschwindend geringen Anteil wirklich interessierter und intrinsisch motivierter, neugieriger Schüler. Der Großteil absolviert den Unterricht als Pflichtprogramm und tiefergehende Fragen hat da niemand. Da wird nicht hinterfragt, nicht tiefergehend gefragt.
    Manchmal würde ich mir wünschen, dass man jeden der schon ab der Mittelstufe nicht motiviert und interessiert ist für mehrere Monate an eine Kasse setzt oder gelbe Säcke in die Müllautos werfen lässt. In der Pubertät ist mit Konzentration in der Phase eh nicht viel, warum nicht erstmal malochen lassen? Ich glaube erst wenn man diese Erfahrung macht, wird ein Großteil der Schüler überhaupt zu schätzen wissen, welche Möglichkeit ein Schulbesuch und die Beschäftigung mit Unterrichtsstoff ermöglicht. Dann kommen die danach eventuell viel motivierter zurück an die Schule und sind dankbar sich mit Schulinhalten beschäftigen zu dürfen! Mein Betriebspraktikum in der Mittelstufe hat mich auf jeden Fall deutlich aufgezeigt, was ich nicht will und wie ich Schule als Chance auch sehen kann.
    In Deutschland sind Kinder viel zu verwöhnt und zu geschützt (ja, Kinder sind viel zu geschützt). Da wird Schule als lästig empfunden und nicht als geniale Chance. Und wir tragen denen auch noch den Arsch hinterher und versuchen möglichst motivierenden Unterricht zu machen, biedern uns an und müssen uns vor Eltern rechtfertigen, wenn die Klassenfahrt nicht spektakuläre Freizeitaktivitäten enthält.


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    Manchmal würde ich mir wünschen, dass man jeden der schon ab der Mittelstufe nicht motiviert und interessiert ist für mehrere Monate an eine Kasse setzt oder gelbe Säcke in die Müllautos werfen lässt. In der Pubertät ist mit Konzentration in der Phase eh nicht viel, warum nicht erstmal malochen lassen? Ich glaube erst wenn man diese Erfahrung macht, wird ein Großteil der Schüler überhaupt zu schätzen wissen, welche Möglichkeit ein Schulbesuch und die Beschäftigung mit Unterrichtsstoff ermöglicht. Dann kommen die danach eventuell viel motivierter zurück an die Schule und sind dankbar sich mit Schulinhalten beschäftigen zu dürfen! ...

    Warum nicht? Wenn der eine oder die andere lieber mal ne Zeitlang Säcke schleppt: los geht's. Ich glaube nicht an desinteressierte Kinder, das hab ich ja schon öfter gesagt. Kinder lernen begeistert und ohne es zu merken von selbst, wenn man sie lässt. Bis etwa zum 7. Lebensjahr und dann wieder ab 18. Da sollte sich "die Schule" schon mal die Frage gefallen lassen, woran das liegen könnte.


    Ich behaupte nicht, dass irgendwer uninteressanten Unterricht machen würde. Ich halte aber die Art und Weise des frontalen Klassenzinnobers für nicht mehr zeitgemäß. Eine Ausbildung ist praxisbezogen und selbst an der Uni lernt man vorwiegend in Seminaren oder in der Bibliothek und kaum in Hörsälen.


    Komisch, dass so viele Kollegen glauben, Praxisbezug, Forscherdrang und Handlung müsse in AGs oder Vereine ausgelagert werden. Wir wollen doch alle, dass die Kinder etwas lernen (im Sinne von begreifen und behalten).


    Ich habe übrigens nicht von "kostengünstig" gesprochen. Aber wenn ich höre, dass die Schweizer frei Schnauze unterrichten, in Kleingruppen mit Laborassistenz werkeln und was dergleichen noch möglich Ist, dann wundere ich mich mal wieder über unsere reiche Industrienation, die vielleicht bald keine mehr sein wird.

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    Was die Unterrichtsmethodik betrifft, hat dieses Projektartige recht schnell eine Grenze. An unserer Schule gibt es eine Klasse, die in manchem fächerübergreifend und in Projekten arbeitet. Das bedeutet einige Absprachen zwischen den Fachlehrern und vor allem einen Haufen zusätzlicher Arbeit. Die Kolleginnen, die das derzeit machen, werden sicherlich keine positive Bilanz ziehen und man merkt, wie ihnen diese Belastung zu schaffen macht. Dazu kommt, dass sie alle drei nicht in der Inklusion eingesetzt sind; eine von ihnen wurde sogar deswegen aus der Inklusion rausgenommen. Da wirst du wieder schäumen "Typisch, jetzt ist die Inklusion mal wieder schuld.",

    das kann ich gar nicht sagen, weil das keinen Sinn ergibt :gruebel:

  • @Krabappel Aus entwicklungspsychologischer Sicht ist doch Deine Frage einfach zu beantworten: Im Jugendlichenalter entwickeln sich spezifische Interessen. Die meisten Jugendlichen interessieren sich eben *nicht* mehr für alles und das ist völlig normal. Es gibt eine handvoll die sich ein bisschen oberflächlich für alles interessieren. Die Mehrheit der Jugendlichen und auch Erwachsenen kann aber Dinge benennen die sie wirklich überhaupt nicht interessieren. Ich interessiere mich z B nullkommagarnicht für Wirtschaft. Vollkommen egal wer mir da wie motivierend drüber erzählt, es geht mir meilenweit am Allerwertesten vorbei.


    Ich zitiere an der Stelle mal aus dem Feedback einer Schülerin: "Ich interessiere mich einfach nicht für Chemie. Aber Sie machen es wenigsten so, dass man es aushalten kann."

  • Selbst auf dem Gymnasium gibt es nur einen verschwindend geringen Anteil wirklich interessierter und intrinsisch motivierter, neugieriger Schüler. Der Großteil absolviert den Unterricht als Pflichtprogramm und tiefergehende Fragen hat da niemand. Da wird nicht hinterfragt, nicht tiefergehend gefragt.

    Sag mal ehrlich: Wie oft hast du selbst einen Deutsch-/Geschichts- oder Erdkundelehrer nach der Stunde nach tiefergehenden Informationen gefragt? Dein Frust an der tumben Schülerschaft scheint mir daher zu kommen, dass du erwartest, alle Schüler müssten deine Begeisterung für Naturwissenschaften teilen. Ich persönlich habe tatsächlich in meinen Sprachfächern schon als Schüler immer mal wieder nach genaueren Infos etc. gefragt. In den Naturwissenschaften kam das je nach Fach deutlich seltner bis gar nicht vor.

    selbst an der Uni lernt man vorwiegend in Seminaren oder in der Bibliothek und kaum in Hörsälen.

    Ist das wirklich so anders als Frontalunterricht? Seminare zu meine Zeit sahen zumindest so aus, dass der Prof in der ersten Stunde einen Einführungsvortrag gehalten hat, ab dann haben in allen Seminarsitzungen Referatsgruppen ihre Vorträge gehalten. Evtl. im Anschluss mit ein bisschen Diskussion. Da sieht mein Unterricht deutlich moderner aus, obwohl ich auch sehr zu frontal neige.

  • Die Befähigung, mir selbst was anzueignen, hab ich sicher nicht aus der Schule. Und ich war gern in der Schule. So zum Leute treffen. Aber Fragen nach der Unterrichtsstunde wurden immer mit „keine Zeit“ beantwortet. Da läuft was schief.


    Hallo Krabappel,


    ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was mir die Schule nun genau gebracht hat an Fähigkeiten. Früher dachte ich lange, dass es fast nichts war, heute denke ich (auch deshalb, weil ich diverse Studien dazu inzwischen gelesen habe), dass man meistens einfach vergisst, was man wann und wo von wem gelernt hat und dann irgendwie denkt, dass man sich alles wohl selbst beigebracht hat. Das dürfte dem Selbstkonzept gefallen, ist aber ziemlich sicher ein (naiver) Fehlschluss. :P


    Inzwischen glaube ich sowieso, dass in der Schule ziemlich viel ziemlich richtig läuft und wenn es mal nicht so ist, dann liegt das doch oft gar nicht an "der Schule", sondern an einigen verpeilten Individuen. Z.B. Schulleitungen ohne Führungskompetenz, die Kollegien spalten, oder Schulen in strukturschwachen Gegenden, wo die ca. 20-30%, die die Lehrperson beeinflussen kann, einfach nicht ausreichen, um gegen Umfeld/Elternhaus/sozialen Background etc. anzustinken.


    P.S.: Nach der Unterrichtsstunde hat die Lehrkraft in der Regel einfach "keine Zeit", denn es ist ja eben "nach" der Stunde. ;)


    der Buntflieger

  • ...
    P.S.: Nach der Unterrichtsstunde hat die Lehrkraft in der Regel einfach "keine Zeit", denn es ist ja eben "nach" der Stunde. ;)

    Versuche mal, dir einen anderen Unterricht vorzustellen, als den, in dem es nach 45 min. klingelt. Revolutionär, ich weiß, aber einen Versuch wert :top:

  • Versuche mal, dir einen anderen Unterricht vorzustellen, als den, in dem es nach 45 min. klingelt. Revolutionär, ich weiß, aber einen Versuch wert :top:


    Hallo Krabappel,


    und was ändert das daran, dass auch Schülerfragen nach 90 oder 120 etc. Minuten außerhalb der zeitlichen Planung für Schülerfragen liegen, die über organisatorische und dringliche anderweitige Probleme hinaus gehen?


    Aber klar, wenn man Lehrpersonen künftig eine Stunde extra für Querfragen oder thematisch anderweitig orientierte Fragestellungen gewährt, wäre ich der Letzte, der was dagegen hätte.


    Momentan sieht es einfach so aus, dass Lehrpersonen nach dem Unterricht schon von organisatorischen etc. Fragen eingenommen sind und gar keine realistische Möglichkeit besteht, quasi einen Sonderunterricht für besonders Interessierte zwischen Tür und Angel anzubieten.


    Vielleicht reden wir auch nur einmal mehr aneinander vorbei... ;)


    der Buntflieger

  • Sag mal ehrlich: Wie oft hast du selbst einen Deutsch-/Geschichts- oder Erdkundelehrer nach der Stunde nach tiefergehenden Informationen gefragt? Dein Frust an der tumben Schülerschaft scheint mir daher zu kommen, dass du erwartest, alle Schüler müssten deine Begeisterung für Naturwissenschaften teilen. Ich persönlich habe tatsächlich in meinen Sprachfächern schon als Schüler immer mal wieder nach genaueren Infos etc. gefragt. In den Naturwissenschaften kam das je nach Fach deutlich seltner bis gar nicht vor.

    Ich erwarte überhaupt nicht, dass alle Schüler diese Begeisterung teilen. Im Gegenteil, ich finde es absolut legitim einen anderen Schwerpunkt zu haben. Aber: Zum Beispiel erwarte ich, dass ein Profilkurs an seinem Fach tiefergehend interessiert ist. Das war damals bei uns im Leistungskurs so (wobei ich auch da als Schüler das Gefühl hatte mindestens 1/3 meiner Mitschüler ist an der falschen Schulform) und das sehe ich jetzt nur bei wenigen Schülern. Gut, dafür habe ich momentan einen Grundkurs, in dem wirklich ganz tolle Schüler sitzen (die mehr Fragen und Interesse haben als das Profil im Durchschnitt). Solche Schüler gehören auch ans Gymnasium.
    Ich habe aber auch kein Problem damit, wenn das Interesse nicht in Naturwissenschaften liegt. Man redet ja mit den SuS und bekommt schon mit, wenn jemand eben andere Interessensgebiete hat.
    Eine Schülerin bei mir kann mit Chemie gar nichts anfangen, ist aber mega gut in Deutsch und spielt selber Theater. Da merke ich, auch wenn sie in Chemie kein Gas gibt und auch echt Probleme hat, dass es trotzdem eine interessierte, gymnasiale Schülerin ist. Es gibt aber eben auch Schüler am Gymnasium, die interessieren sich für nichts (und sind auch nicht besonders intelligent oder merkbar fleißig). Trotzdem schleppt man sie durchs Abi mit Ach und Krach. Warum? Wer kein Interesse hat und nicht gerade überdurchschnittlich intelligent ist, der sollte das Gymnasium nicht schaffen. Das sollte eine Schule für besonders interessierte und / oder begabte Schüler sein. Abi nicht schaffen ist schon fast eine Kunst.
    Also, ich verlange nicht, dass ein Schüler Interesse an Naturwissenschaften hat. Ich verlange, dass ein Schüler entweder intelligent ist oder zumindest in irgendeinem Bereich sehr interessiert / engagiert. Am besten beides.


    Zur deiner persönlichen Frage: Ja ich habe auch außerhalb der Naturwissenschaften viele Fragen gestellt, in Erdkunde und Geschichte jetzt nicht, aber Philosophie hat mich z.B. sehr interessiert. Auch in Englisch war ich sehr motiviert und begeistert und habe den Lehrer Dinge gefragt (zum Beispiel hat mich das shakespearean english "Hast thou seen thy lover?" und solche Konstrukte interessiert und das wurde aber nicht direkt behandelt).
    Könnte noch unzählige Beispiele nennen. Und ja, es gab auch Fächer die fand ich total uninteressant und das ist auch legitim. Ja, ich ware eine Einserschülerin, aber selbst die durchschnittlichen Schüler sollten zumindest Interesse haben. Und das gab es bei uns im LK durchaus auch. Die haben das gewählt, weil sie intessiert waren und dann viel Fleiß an den Tag gelegt.

  • Ich bin skeptisch, nicht von vornherein ablehnend, aber doch zweifelnd, was die "Daheimbeschulung" anbelangt. Das gibt es ja in einigen Ländern. Aber was sind die Voraussetzungen, dass Eltern das anstelle der Schule machen dürfen? Können Eltern ihren Kindern daheim wirklich das alles bieten, was Schule bieten kann und können sie es gewährleisten und führen sie das so durch, wie es der Staat zumindest seinem Anspruch nach wünscht (Lehrpläne, Erziehungsauftrag)? Mit welchem Argument werden dann noch kleine Schulen geschlossen, die ich viel sympathischer finde als die "Schülerfabriken" mancherorts, wenn ein Elternpaar daheim ja auch genügt? Und was ist bzw. was wird aus Kindern mit NPD-Eltern oder christlichen oder islamischen Fanatikern, die eine Daheimbeschulung durchführen? Stehlen wir uns da nicht klammheimlich aus unserer Verantwortung, wenn wir denen das Feld überlassen?


    Es fühlt sich für mich eher wie eine Kapitulation vor den Schwierigkeiten, die es gibt, an, wenn man die Schulpflicht abschaffen will, um es sich selber leichter zu machen, weil man dann gewisse Konflikte nicht mehr hat.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Unser Problem hierzulande ist ja, dass sich am liebsten bestimmte weltanschauliche oder religiöse Gruppen aus dem Unterricht verabschieden würden. Und niemand möchte, dass diese Kinder einen entsprechend geprägten Unterricht erhalten.


    Nicht in den Medien finden sich aber die jungen Leute/Kinder, die echte Probleme mit dem Schulbesuch haben: weil sie chronisch krank sind oder psychisch nicht in der Lage, die Schule zu besuchen. Hier würde ich mir eine Aufweichung der Schulpflicht wünschen, die Bayern machen das schon mit einer Onlineschule für ältere Schüler, die natürlich alle ein entsprechendes Attest brauchen. Der gehaltene Onlineunterricht am Abend ist beeindruckend, für viele ist das aber auch die letzte Möglichkeit, noch einen Schulabschluss zu ergattern.


    Ich kann mir auch gut vorstellen, dass wir vor allem in der Phase der Pubertät andere Versionen von Schulpflicht überlegen: hier wünsche ich mir die Möglichkeit, dass schulunwillige Jugendliche in Dauerpraktika gehen oder ein FSJ machen können, das muss natürlich betreut sein (wird aber an zu wenig Lehrpersonal scheitern.) Der fehlende Unterrichtsteil kann nachgeholt werden, da brauchen die beruflichen Schulen ein paar Stunden mehr für die Hauptfächer, aber in der Regel sind die Jugendlichen in der Ausbildung sehr motiviert, ihre Lücken zu füllen.


    Wir sind eine individualisierte Gesellschaft, insofern brauchen wir voielleicht auch mehr individualisierte Schullaufbahnen. Die Abschlüsse sind ja heute schon kaum miteinander vergleichbar, insofern sehe ich hier eine Chance in Aufnahmetests der AG und der Hochschulen.

  • Ich kann mir auch gut vorstellen, dass wir vor allem in der Phase der Pubertät andere Versionen von Schulpflicht überlegen: hier wünsche ich mir die Möglichkeit, dass schulunwillige Jugendliche in Dauerpraktika gehen oder ein FSJ machen können, das muss natürlich betreut sein (wird aber an zu wenig Lehrpersonal scheitern.) Der fehlende Unterrichtsteil kann nachgeholt werden, da brauchen die beruflichen Schulen ein paar Stunden mehr für die Hauptfächer, aber in der Regel sind die Jugendlichen in der Ausbildung sehr motiviert, ihre Lücken zu füllen.

    Dem kann ich nur beipflichten! Aber, handhaben das die Montessori Schulen, vielleicht war es auch eine andere reformpädagogische Schule, nicht bereits so? Dann wäre es natürlich spannend zu wissen welche Erfahrungen man vor Ort damit gemacht hat.

  • Ich würde mir persönlich wünschen, dass Eltern die mal länger Reisen wollen das einfacher gemacht wird. Ich würde gerne mal ein Sabbat(halb)jahr nehmen und Reisen, ist aber später mit Schulpflichtigen Kindern schwer. Wobei es ja für die Schule eigentlich keinen Unterschied macht ob mein Kind jetzt einen Austausch macht und in Japan, den USA oder Dänemark zur Schule geht oder mit den Eltern reist.


    Ansonsten finde ich die Ideen für schulmüde (nein liebes Handy, keine Schlümpfe!) Pubertiere von stille Mitleserin toll.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

    • Offizieller Beitrag

    Aber es ist doch möglich, längere Zeit zu reisen. Anfang der 90er sind meine Eltern für ein Jahr ausgestiegen und wir sind im Mittelmeer umhergesegelt. Meine Schwester und ich wurden am Hamburger Institut für Lernsysteme (oder so) angemeldet, bekamen einen großen Karton mit Schulmaterial und gut war´s. Heutzutage wird es doch noch einfacher mit Tablets, Facetime und so weiter sein. Familie reist und trotzdem haben die Kinder den Lehrplan erfüllt.

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

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