zunehmende Gewalt durch Schüler

  • Messer haben in der Schule nix zu suchen.


    Übrigens genauso wie Quarzhandschuhe etc...


    Komischerweise lese ich hier in Hamburg selten von letzteren Vorfällen. Habe aber an der Grundschule ebenfalls schon zwei Mal einen Vorfall mit einem Messer gehabt. ("Den stech ich ab")

  • Hmm... Meine Grossen schneiden mit dem Messer Kuchen oder schälen nen Apfel. Grundchüler scheinen eine sehr gefährliche Spezies zu sein!

  • Ihr könnt euch aber auch verzetteln...


    Das Problem sind doch nicht die Messer an sich, sondern die Idioten, die sie ganz bewusst dazu mitschleppen, um andere damit zu bedrohen oder zu verletzen. Wenns um die "Anwesenheit gefährlicher Gegenstände" ginge, dürfte ich zB in Kunst so einiges nicht mehr veranstalten (ich sag nur Linolmesser...), oder strenggenommen dürften dann meine AG-Mädels nicht mehr in die Schule,die könnten nämlich mittlerweile auch ohne Waffe schlimmstenfalls töten...
    nur...
    die tun das eben nicht.
    Klar können wir den Leuten nur vor den Kopf gucken.
    Aber bei einigen "sieht" man schon, wenn dahinter nichts (oder zumindest nichts sinnvolles) los ist.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Ja meine Kleinen machen das auch. Wir haben sogar nen Apfeldienst, weil wir jede Woche Äpfel gespendet kriegen. Aber soll das das Niveau hier bleiben? Um solche Fälle geht es nicht. :ohh:


    In unseren Schulregeln steht klar, dass man keine Waffen mitbringen darf. Das heißt aber nicht, dass wir nicht bestimmte Dinge benutzen oder diese (oder auch harmlose Gegenstände) für Gewalt genutzt werden können.

  • Oh Mann... Das ist doch klar, dass es um Messer in Kombination mit Gewaltbereitschaft geht. Genau deshalb ist ja auch ein Satz wie "Messer haben an der Schule nichts zu suchen" reichlich absurd.

  • Kann man ernsthaft meinen Beitrag mit dem Kuchen missverstehen? ;)


    Im Grunde genommen geht es hier eben gar nicht um Messer oder sonstige Gegenstände, die man als Waffe gebrauchen könnte. Die Frage ist, woher kommt die Gewaltbereitschaft?


  • Die Frage ist, woher kommt die Gewaltbereitschaft?

    ...aus Frust über die eigene Dummheit/Unfähigkeit und sich nicht damit abfinden zu wollen, eben "nichts" zu sein?

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Oder allgemeiner: mangelndes Selbstwertgefühl.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Also scheint doch ein Konsens zu bestehen, dass die Gewalt(bereitschaft) im Lauf der Jahre an den Schulen zugenommen hat, wenn man auf die Ausgangsfrage zurückkommt.
    Nur geht jeder anders damit um. Den einen erschreckt es, den anderen nicht.
    Dass man da immer dranbleiben muss, steht für mich außer Frage und sieht man z.B. durch das Vorhandensein von Sozialarbeitern (bei uns zumindest) an den Schulen.

  • Also scheint doch ein Konsens zu bestehen, dass die Gewalt(bereitschaft) im Lauf der Jahre an den Schulen zugenommen hat, wenn man auf die Ausgangsfrage zurückkommt.

    Also nein, aus dem Konsens möchte ich persönlich mich ausklammern. Ich möchte an der Stelle aber mal ein paar meiner eigenen interkulturellen Erfahrungen zum Thema "Aggressivität" schildern, die für die Statistik natürlich ebenso irrelevant sind, wie jede andere Einzelerfahrung:


    Gerade vor zwei Tagen sass ich im Tram aus der Basler Innenstadt in Richtung nach Hause, mir schräg gegenüber vier Jugendliche bzw. junge Erwachsene aus Deutschland, die unentwegt versuchten andere Leute im Tram zu provozieren (was ihnen nicht geglückt ist) und obendrein einen riesen Lärm veranstalteten. Ich bin entnervt zwei Haltestellen früher ausgestiegen als ich eigentlich wollte, mein einziger Gedanke bis dahin war: "Mann ... ihr sitzt im falschen Tram, nach Weil geht's mit dem 8er. Verpisst euch doch nach Deutschland." Dem Aussehen und auch der Sprache nach hatte übrigens keiner der vier Migrationshintergrund, es waren einfach deutsche Jugendliche.


    Dieses Gefühl beschleicht mich zunehmend häufiger, je länger ich nicht mehr in Deutschland wohne. Ich gehe hin und wieder nach Deutschland einkaufen, nicht wegen der Preise, sondern weil es dort Lebensmittel gibt, die mir schmecken und die ich als Deutsche gewohnt bin, die man in der Schweiz nicht kaufen kann. Letztens fingen beim Kaufland in Brombach zwischen Duschgel und Shampoo plötzlich zwei Deutsche an, sich gegenseitig eine Grosspackung Steaks auf den Kopf zu hauen, weil einer wohl nicht Platz machen wollte. Es macht mich mittlerweile auch völlig nervös, wenn ich an der Kasse stehe und der Kunde hinter mir schon ganz ungeduldig den Einkaufswagen in den Hintern schiebt. Man kann das Eingekaufte hinter der Kasse auch gar nicht schnell genug in die Taschen verstauen, dass nicht einer genervt mit den Augen rollt, warum man da jetzt nicht endlich mal verschwindet. Das habe ich bei der Migros am Dreispitz in Basel noch nie erlebt.


    Noch krasser habe ich das empfunden, als ich 2008 nach 3 Monaten Arbeitsaufenthalt aus Japan zurück nach Deutschland gekommen bin. Ich habe in Heidelberg studiert und war es bis dahin gewohnt, dass am Wochenende die OEG eben hordenweise betrunkene und pöbelnde Jugendliche aus den umliegenden Dörfern ausspuckt, die dann die Untere Strasse unsicher machen. Ich war es auch gewohnt, dass man die Typen einfach ignoriert, wenn man selbst gerade mit der OEG unterwegs ist und fand es geradezu lächerlich, dass am Wochenende abends tatsächlich irgendwann der Sicherheitsdienst mitgefahren ist. Was sollen einem diese Witzfiguren denn schon tun, wenn man sie einfach ignoriert? Also ... in Tokyo, wohlgemerkt der grössten Stadt der Welt, kann man sich nachts in der Yamanote schlafen legen, wenn man den letzten Zug aus der Stadt raus verpasst hat und so lange im Kreis fahren, bis die ersten Pendlerzüge eben wieder fahren. Die Wahrscheinlichkeit, dass einem dabei jemand das Portemonnaie aus der Tasche zieht, geht gegen Null. Es fiel mir die ersten Wochen zurück in der Heimat auch wirklich schwer mich daran zu erinnern, dass ich mein Fahrrad vor dem Supermarkt wieder abschliessen muss. Nein, besser noch an irgendeinen Fahrradständer *an*schliessen. Nota bene: Das ist 10 Jahre her.


    Jetzt bin ich seit 7 Jahren in der Schweiz und unterrichte seit 5 Jahren an diversen schweizer Schulen, davon seit 4 Jahren im schönen Baselland an einem - für schweizerische Verhältnisse - wirklichen "Ghetto-Gymnasium". Bekanntermassen liegt der Ausländernanteil in der Schweiz bei stolzen 25 % und bevor jetzt wieder irgendein Schlaumeier daherkommt mit "das sind ja alles Deutsche und Franzosen!" - nein, sind es in so unmittelbarer Nähe zur Grenze eben nicht. In meinen Klassen sitzt im Schnitt etwa 1 deutscher Jugendlicher neben 4 Kurden, 3 Balkanesen, 2 Tamilern, diversen Südeuropäern und vielleicht noch dem ein oder anderen Pakistani, Vietnamesen, Chinesen, ... Im Schnitt kommen wir wohl auf einen Migrantenanteil von um die 35 %, im Extremfall können auch mal 80 % einer Klasse Migrationshintergrund haben, das hängt sehr stark vom gewählten Schwerpunkftfachprofil ab. Es gibt an unserer Schule keine Gewalt. Wirklich nicht. Keine Schlägereien, keine grösseren Pöbeleien, kein wirkliches Mobbing. Natürlich gibt es Probleme mit einzelnen Schülern, aber nichts was auch nur ansatzweise aus dem Ruder zu laufen droht.


    Wenn ich an meine eigene Schulzeit in der bayrischen Provinz, noch dazu an einem katholischen Gymnasium, zurückdenke, fällt mir folgendes ein: Ich war in einer absoluten Arschloch-Klasse, wir haben gemobbt und gedisst was nur geht. Ich mag mich daran erinnern, dass uns in der 7. Klasse gar mal eine Deutschlehrerin mit Selbstmord gedroht hat. Wir hatten in den 9 Jahren, die ich an dieser Schule zugebracht habe, 3 Selbstmordfälle, mehrere Minderjährige, die schwanger geworden sind, zweimal die Polizei im Haus weil einmal jemand tatsächlich mit einem Messer rumgefuchtelt hat und weil ein paar Jungs Marihuana auf dem Schulhof verkauft haben. In meinem Abi-Jahrgang hatte von 50 SuS nur ein einziges Mädchen Migrationshintergrund.


    Überhaupt mag ich mich erinnern, dass uns als Kinder und Jugendliche furchtbar oft erzählt wurde, dass doch "die Türken" an allem Schuld hätten, was so passiert. Da gab es im Dorf tatsächlich einen Wohnblock mit türkischen Gastarbeiterfamilien und die waren der restlichen Dorfgemeinschaft irgendwie ein Dorn im Auge. Huch ja ... in der Grundschule hat mir mal eins dieser türkischen Mädchen vors Schienbein getreten, ihr Bruder hat die Eingangstür aus Glas zerschlagen. Das gab natürlich ein riesen Geschrei. Türken sind also kulturell bedingt aggressiv, das wurde mir als Kind schon vor über 30 Jahren erzählt. Später fing ich mich dann eben an zu wundern, weil es an meinem Gymnasium ja gar keine Türken gab und da trotzdem alle Nase lang komisches Zeug passierte.


    Und nun sitze ich hier und wundere mich darüber, dass mich zunehmend häufiger unangenehme Gefühle gegenüber meinen eigenen Landsleuten überkommen. Ich denke viel über diese Dinge nach und bin zu folgendem Entschluss gekommen:


    1. Alles ist eine Frage des Bezugspunkts. Ich kann jedem nur empfehlen, das eigene Verhalten und die eigene "Kultur" (was auch immer das sein mag ...) mal eine Weile von aussen zu betrachten. Wenn wir als Lehrer z. B. Überstunden abfeiern, sind wir dazu angehalten, nicht einfach Urlaub zu machen, sondern z. B. auf Sprach- und Bildungsreise zu gehen. Einer meiner Kollegen geht z. B. Anfang nächstes Schuljahr für 6 Wochen nach Japan, eine Kollegin war dieses Schuljahr 6 Wochen in Australien, etc.
    2. Gewaltbereitschaft und Unzufriedenheit hat wenig bis gar nichts mit "Kultur" zu tun und lässt sich meiner Meinung nach weitestgehend auf eine einzige Variable zurückführen: ökonomischer Wohlstand. Jugendliche, die mit einem Hauptschulabschluss keine Lehrstelle mehr finden, sind aus gesellschaftlicher Sicht "wertlos". Es spielt dabei keine Rolle, aus welchem Kulturkreis sie stammen. Wer sich nicht gewinnbringend in die Gesellschaft integrieren kann, der sucht eben anderweitig nach Status. Die Schweiz ist mit ihren 25 % Ausländern so lange das liala Lummerland mit der im Vergleich zu allen angrenzenden Nachbarstaaten quasi gar nicht vorhandenen Kriminalstatistik, wie sie auch eines der reichsten Länder der Welt mit einer Arbeitslosenquote von irgendwas um die 3 % ist. Davon bin ich überzeugt.


    Das ist nur meine persönliche Meinung, nichts weiter.

  • Statistiken helfen den Opfern nicht, da sind sie nur zynisch!

    Die zitierte Statistik im ersten Kommentar der Thread-Erstellerin ist Grundlage für die ganze Diskussion hier. Statistiken sind immer nur dann gut, wenn sie zur eigenen Argumentation passen, gell?

  • Die zitierte Statistik im ersten Kommentar der Thread-Erstellerin ist Grundlage für die ganze Diskussion hier. Statistiken sind immer nur dann gut, wenn sie zur eigenen Argumentation passen, gell?

    Ich bleibe bei der Aussage. Was hilft, sind Maßnahmen die man aus einer Statistik ableitet. Und wenn eine Statistik aussagt, dass alles halb so schlimm ist, dann wird es auch keine Maßnahmen geben.

  • Wollsocken, du schreibst mir aus der Seele.
    Ich bin auch aus Deutschland nach Österreich (Wien) ausgewandert und erlebe ähnliches, bzw. mache mir teilweise ähnliche Gedanken.


    Oft bin ich entsetzt, wenn ich mitbekomme, wie sich die Situation in deutschen Schulen entwickelt. Auch Freunde von mir, die als Lehrer im Ausland (darunter England, Japan, ...) arbeiten, denken ähnlich. Auch was ich hier lese, schockiert mich manchmal
    Ich bin an einer Mittelschule in Wien tätig und die meisten Schüler sind weitestgehend respektvoll und diszipliniert (auch wenn man sie manchmal erinnern muss ;) ), also normales Verhalten, was einer Lehrerperson entgegengebracht werden sollte.


    Was mir weitere Sorgen bereitet, aber auch meine nichtdeutschen Freunde (u.a. durch einige Auslandsaufenthalte stammt mein Freundeskreis aus sehr vielen Ländern):
    Die Abschaffung der Meinungsfreiheit und das Unterdrücken anderer politischer Meinungen nimmt in Deutschland in unseren Augen mittlerweile bedenkliche Züge an. Jedes Abweichen von der Mainstreammeinung wird als rechtes Gedankengut eingeordnet.
    Eine richtige Demokratie verträgt auch ungewünschte Meinungen.

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