Kaiserreich Grundschule

  • Liebe Geschichtsleute, ich muss meinen Schülern was über Bismarck und den alten Kaiser Wilhelm (der mit dem Bart, Bart, Bart) erzählen und hab wenig blassen Schimmer.


    Da das im Gegensatz zum Mittelalter kein Grundschulthema ist, finde ich dazu nichts Förderschulkompatibles. Bis auf Schulmuseum "Kinder im Kaiserreich" fällt mir nichts ein. Das Geschichtsheft bietet dazu eine Doppelseite mit Lückentext: Irgendwo hört die Runterbrecherei auch mal auf...


    Wo soll ich anfangen? wäre für Ideen/Kopiervorlagen... dankbar!

  • Mir ist (noch) nicht so ganz klar, was das Ziel der Stunde sein soll ... (und als Nicht-Grundschullehrer, kann ich nicht so gut abschätzen, welche Ziele da überhaupt möglich sind).


    Soll Bismarck in Verbindung gebracht werden mit:


    - Sozialgesetzgebung, die bis heute Auswirkungen hat?
    - der deutschen Einigung und der Schaffung eines Kaiserreichs mit "Blut und Eisen"?
    - deutschem Militarismus (mit dem man das Wilhelminische Kaiserreich oft in Verbindung setzt)?
    - dem Kampf gegen die Kath. Kirche (einschließlich staatlicher Schulaufsicht und Zivilehe)?


    Oder ist das alles schon zu inhaltslastig?

  • Im Sachunterricht gibt es das Thema Früher und Heute, da müsste man mal in verschiedenen Büchern nachschauen ob da evtl. etwas Passendes dabei ist.
    Diese Werkstatt hatte ich mal ausgeliehen. Evtl. über Antiquariat beziehbar:
    https://www.amazon.de/So-war-1900-Eine-Fr%C3%BCher-Heute-Werkstatt/dp/3860728555/ref=sr_1_11?ie=UTF8&qid=1522314795&sr=8-11&keywords=fr%C3%BCher+und+heute+grundschule&tag=lf-21 [Anzeige]

    Ich bin Grundschullehrer, ich muss nicht die Welt retten!!!

  • Mir ist (noch) nicht so ganz klar, was das Ziel der Stunde sein soll ... (und als Nicht-Grundschullehrer, kann ich nicht so gut abschätzen, welche Ziele da überhaupt möglich sind).
    ...

    4 Ustd. "Einblick gewinnen in die Großmachtpolitik des deutschen Kaiserreichs" Bismarck/ Wilhelm II


    Schüler etwa 15 J., Lernninveau etwa Klasse 2-3


    Eigene Ahnung: null.


    Danke @Pet, genau sowas hilft mir! :top:

  • Das finde ich jetzt ganz schön anspruchsvoll für die Grundschule.


    Da geht es also um Bismarcks Bündnispolitik ...?


    Im Kern wäre das für mich die Frage, wie die Situation in Europa zu der Zeit ausschaut, wer mit wem einen Konflikt hat, welche Ausgangssituation sich für das Dt. Reich stellt (Feindschaft mit Frankreich, aber Präventivkrieg, den Bismarck durchaus in Erwägung zog, wegen möglichen Eingreifen Englands und Russlands nicht möglich ... Notwendigkeit einen Krieg an zwei Fronten zu vermeiden) ... und wie man es schafft, viele Länder zu Bündnissen zu bewegen und was diese Bündnisse dann jeweils "bringen".
    Dabei grundsätzlicher Unterschied zwischen Defensivbündnis (gilt nur, wenn man bzw. der Partner angegriffen wird => kann friedenssichernd sein) und einem Bündnis, das auch greift, wenn man selbst der Aggressor ist.


    Später dann kann es auch um die Kolonien gehen ...


    Geht das in die richtige Richtung? Dann schau ich mal, ob ich dazu altersgemäß was habe ...

  • ...
    Geht das in die richtige Richtung? Dann schau ich mal, ob ich dazu altersgemäß was habe ...

    Öhm eher sowas, wie: „was ist ein Kaiser?“ „wieso war Deutschland damals so groß? da liegen doch heute andere Länder...“ „warum sind da so spitze Dinger auf dem Helm?“ „hatte damals echt jeder so einen witzigen Bart?!“ „gabs als Sie klein waren schon Autos, Frau Krabappel?“


    Da jetzt ne Schnittstelle zum Lehrplan finden ^^

  • Schau doch mal hier:

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  • "Von vielen kleinen Staaten zu einem Großen - Warum?" Wär ja vielleicht auch so eine Möglichkeit? oder "Rente, Sozialleistung und Krankenkasse - Alles Geschichte, alles Gegenwart?" und dann auf die Entwicklungen eingehen.
    Oder aber "Das Leben von Kindern im 19. Jahrhundert und dann ein paar Dinge dazu erzählen: Kinderarbeit, Arbeitsalltag, Wohnungsgröße etc ...da kannst du dann auch haptisch bzw anschaulich arbeiten.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • ...da kannst du dann auch haptisch bzw anschaulich arbeiten.

    nur wie? es gibt ja gerade kein Unterrichtsmaterial für Kinder zu diesen Themen. Bis auf "Kindheit im Kaiserreich" das ist aber schon mal ganz prima...

  • Naja, ich denke bzgl. der Wohnverhältnisse der Arbeiterschaft ist so ein Bild schon anschaulich genug:


    [Blockierte Grafik: https://www.bpb.de/cache/images/9/163039-1x2-galerie_gross.jpg?9A282]


    Bildunterschrift: Wohn- und Schlafraum in der Manteuffelstraße 64 in Berlin, aufgenommen am 27.6.1910: Während die Mutter Knallbonbons fertigt, müssen die beiden Kinder helfen. Raummaße: 4,00m lang, 2,75m breit, 2,60m hoch. (© picture-alliance, ZB)



    Man könnte im Klassenzimmer einen Bereich dieser Größe abstecken, da ein paar Stühle und Tische als Möbel rein und dann noch 4-5 Kinder ...

  • ...wobei die Wohnungen meiner Schüler nicht viel anders aussehen :flieh:


    Ich fürchte, ich müsste selbst Material erstellen, aber bei dem Thema gehen mir echt die Ideen aus. Mit dem ersten Weltkrieg geht's weiter: Originaltexte lesen geht nicht einfach so. Müsste man alles leseanfängergerecht erstellen und dafür selbst mehr Ahnung haben... das Los der ewig fachfremd Unterrichtenden. Für Bio/ Geo/ GK etc gibt's halt kindgerechtes Material...

    Einmal editiert, zuletzt von Krabappel ()

  • Gut, dann also nicht die Wohnverhältnisse, sondern die Arbeitsbedingungen (für Kinder):


    "Die häufigste Ursache der Kinderarbeit war die Armut der Eltern. Die Kinder arbeiteten dann meist als Hilfskräfte, Dienstboten, aber auch wegen ihrer geringen Körpergröße in der Textilindustrie in Kohlegruben, Bergbau und Mienen. Sie bekamen jedoch wenig Lohn. Kinder bekamen weniger als Frauen, die nur zweidrittel des Arbeiterlohnes bekamen. ein 13-jähriger Junge zum Beispiel erhielt einen Tagelohn bei 10-stündiger Arbeit in einer Ziegelfabrik von 85 Pfennig. Dort arbeiteten sie 10-16 Stunden am Tag, da sie zwischen 5-7 Uhr morgens anfingen zu arbeiten bis 12 Uhr mittags, ohne Pause durchschafften, dann eine Stunde Pause hatten um zu essen oder sich auszuruhen, um 13 Uhr wieder anfingen um bis spät in den Abend 20-21 Uhr zu arbeiten. Die viertelstündige Pause vor- und nachmittags fand nur selten statt. Dann in dem Sinne, dass die Kinder ihre Brote essen durften oder ähnliches. Der Grund dafür ist, dass die Kinder immer häufiger auf die Toiletten gingen. Zur besseren Kontrolle hat man eine Art Toiletten in die Arbeitsäle eingebaut. In vielen Fabriken wurde auch Nachts gearbeitet. Das beeinträchtigte die Gesundheit und auch die Bildung, obwohl es Abendschulen gab. Dies bereitete auch der Armee Probleme, die gesunde Rekruten brauchten. Daher traf am 09.03.1839 in Preußen das Gesetz in Kraft das: "Kinderarbeit erst ab 10 Jahren erlaubt war, nicht mehr als 10 Stunden gearbeitet werden darf, an Sonn- und Feiertagen und Nachts überhaupt nicht".
    1853: Wurde das Mindestalter für Kinderarbeit auf 12 Jahre hoch gesetzt.
    1883: Wurde die Kinderarbeit insofern abgeschafft, das das Mindestalter 14 Jahre betrug"
    http://www.sragg.de/geschichte…isierung/Kinderarbeit.htm


    Ich hoffe jetzt doch mal, dass es bei Euch im Unterricht für die Kinder angenehmer zugeht ;)


    Bzgl. der Währung: 1 Taler = 30 Groschen, 1 Groschen = 12 Pfennige ... Verdienst oben also 7 Groschen am Tag


    Preis für ein Schwarzbrot (um 1850): 42 Pfennig ... also den ganzen Tag arbeiten, um sich davon 2 Brote kaufen zu können (hängt natürlich von der Zeit und der Gegend ab, aber so als Anhaltspunkt).


    Beispiele von Lebenshaltungskosten

    • Um 1850 Wochenkosten eines 5 Personenhaushaltes: 3 ½ Taler
    • Um 1850 mittlere Miete: 20 Groschen, 20 Pfennig
    • Um 1850 3 ½ Pfund Fleisch: 12 Groschen, 3 Pfennig
    • Um 1850 3 Schwarzbrote: 10 Groschen, 6 Pfennig
    • Um 1850 6 Becher Kartoffeln: 11 Groschen
    • Um 1850 1 ½ Pfund Butter: 9 Groschen
    • Um 1850 3/4 Pfund Kaffee: 5 Groschen
    • Um 1850 Drei Pfund Mehl: 3 Groschen 6 Pfennig
    • Um 1850 Heizkosten: 5 Groschen
    • Um 1850 2 Portionen Gemüse: 3 Groschen
    • Um 1850 Fett: 3 Groschen
    • Um 1850 Reis: 1 Groschen, 6 Pfennig
    • Um 1850 Milch: 2 Groschen, 6 Pfennig
    • Um 1850 Bier: 1 Groschen, 6 Pfennig
    • Um 1850 Seife: 2 Groschen
    • Um 1850 Schulgeld: 4 Groschen


    http://wiki-de.genealogy.net/Geld_und_Kaufkraft_ab_1803

  • Krabappel ... ganz im Vertrauen ... ich arbeite (fast) nur mit Material, das ich selber erstellt habe. Ich gebe sofort zu, dass das für das Gymnasium wohl auch einfacher ist, weil man bestimmte Texte "einfach so" verwenden kann. Das eigene Material entspricht halt meiner eigenen Person / meinen Vorstellungen was ich erreichen will und meinen Schülern besser ...

  • :ohh: So den Tagesablauf eines Kindes damals und heute zu vergleichen ist bestimmt auch beeindruckend. Das mit den Toiletten kennen die SuS auch aus dem Unterricht ;)

  • @Krabappel: Was sind denn die Vorgaben aus eurem Curriculum? Ich kann nämlich vollkommen nachvollziehen, dass das Thema schwierig für Förderschüler aufzubereiten ist. Einige Vorschläge der User hier klingen zwar gut, aber da könnten die Schüler entweder an Grenzen ihres Interesses oder ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit kommen. Ich war zwar damals auf dem Gymnasium, aber auch mal 15 Jahre alt und hätte mich wohl gefragt, warum ich jetzt unbedingt über dieses Thema lernen müsse. Vlt. erlaubt das Curriculum ja noch andere Wahlpflichtthemen oder gibt zumindest konkrete Teilthemen vor...
    OT, aber in welchem Teil Sachsens leben die Menschen denn in derartigen Verhältnissen? Das könnte ich mir allerhöchstens noch in den schlimmsten Ecken Duisburgs vorstellen...

    Einmal editiert, zuletzt von Lindbergh ()

  • @Lehramtsstudent - immer noch keine neue Brille? Zu deinem OT - versuchs doch mal zB in Görlitz... wobei auch Chemnitz oder Zwickau sicher solche Beispiele haben... oder so ziemlich überall, wo die Leute von ihrem zu wenigen Geld den zu wenigen Wohnraum nicht zu teuer bezahlen können...



    ...und genau das ist vielleicht ein Punkt. Die "Zustände", und vielleicht was der "eiserne Kanzler" an diesen hat ändern lassen... ob das in diesem Rahmen zu dokumentieren geht?

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Danke noch mal für all eure Ideen und deine Mühe @toter Dichter :)
    Wem noch was Kindgerechtes einfällt zu Kaiser, Kanzler, Kolonialismus: gerne her damit!

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