Psychiatrieaufenthalt verhindert Lehrerstelle?

    • Offizieller Beitrag

    Man sollte hier dringend beachten, dass bei den meisten psychiatrischen Erkrankungen in der Regel keine Heilung erreicht werden kann, was dann eben - je nach Erkrankung und Schwere - doch zum Ausschluss von der Verbeamtung führt.

    Begutachtet wird die (voraussichtliche) Arbeitsfähigkeit bis weit in die Zukunft. Bei psychischen Erkrankungen gibt es - außer bei äußerst wenigen schweren, meist andauernden wahnhaften Fällen - keine zuverlässige Aussage bis weit in die Zukunft. Daher führt eine aklute oder "nicht ausgeheilte" Erkrankung zu einer vorläufigen "Heilungsbewährung" - das ist nunmal der beamtenrechtliche Begriff. Auch wenn viele (nicht alle, auch nicht die meisten) psychischen Erkranungen oft lang andauern, einige chronisch sind, gilt beamtenrechtlich als "geheilt", wer voraussichtlich dauerfhaft arbeitfähig ist oder beim wem das Gegenteil nicht als erwiesen oder gut belegt hoch wahrscheinlich gilt.
    Und selbst wenn man wegen eines akuten Zustands einer Krankheit nicht verbeamtet wird, ist dies kein dauerhafter Ausschluss, man kann die Aufnahme in den Beamtenstatus beantragen und nicht erneut untersuchen lassen.


    Heilung im medizischischen Sinne ist was anderes. Wobei auch da deine Aussage nicht stimmt: viele psychische Erkrankungen treten episodenhaft auf und bei vielen Menschen nur ein/zwei Mal im Leben. Die meisten sind bis zur "funktionellen Heilung" - und die interessiert den Arbeitgeber - therapierbar. Kurz: der Arbeitsgeber beurteilt Arbeitsfähigkeit und nicht tatsächliche Heilung.


    Es arbeiten viele chronisch kranke Menschen im Beamtendienst. Es gibt viele, die mit einem Schwerbehindertenstatus als Beamte arbeiten - auch wegen psychischer Erkranungen - und das ist auch gut so, die arbeiten im Schnitt nicht besser/schlechter als andere, nur eben mit Nachteilsausgleich.

  • Wir könnten das F-Kapitel im ICD-10 durchgehen, da ist wenig heilbares (außer den organisch und medikamentös (+ andere Substanzen) verursachten Erkrankungen) dabei. Wie gesagt: Mit Behandlung bekommt man häufig Beschwerdefreiheit hin. Wenn du jetzt auf so was wie depressive Episoden hinaus willst, damit kommst du auch nicht weit: Weit über die Hälfte der Menschen die einmal eine depressive Episode durchgemacht haben, bekommen im weiteren Verlauf eine weitere psychiatrische Diagnose (häufig Angststörungen, die klassische Bipolarität ist dagegen tatsächlich eher selten) und damit ist das Kriterium aus dem von dir zitierten Urteil erfüllt.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Und du offensichtlich nicht, dass auch nach dem Urteil des BVG psychiatrische Diagnosen immer noch in der Regel dazu führen, dass der Bewerber nicht verbeamtet, sondern angestellt wird, eben weil sie chronisch sind, weil sie zu massiv erhöhten Ausfallzeiten führen und weil psychiatrische Diagnosen die Nr. 1 bei vorzeitiger Dienstunfähigkeit sind. Mal aus der Sicht des Dienstgebers: Wenn er selbst in diesem Fall verbeamten müsste, dann könnte er sich die Gesundheitsprüfung direkt sparen.

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    • Offizieller Beitrag

    Das ist schlicht falsch: sie führen mittlerweile in der Regel genau nicht mehr zum dauerhaften Ausschluss, vor allem nicht wenn eine abgeschlossene Psychotherapie bescheinigt werden kann. Und zwar, weil die Prognose "nicht arbeitsfähig" so weit in die Zukunft gestellt werden müsste, wie du es eben bei diesen Erkrankungen nicht tun kannst. Und, wie ich bereits mehrfach erwähnte, arbeitsfähig und geheilt sind zwei vershiedene paar Schuhe, nur ersteres ist für den Arbeitgeber interessant. Da die Beweislast der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit hier jetzt bei Dienstherrn liegt, wird in der Regel verbeamtet oder die Verbeamtung höchstens temporär verschoben - das nennt sich Heilungsbewährung. Auch der aufgrund einer Heilungsbewährung angestellte Lehrer hat jederzeit das Recht seine Verbeamtung zu beantragen, auch mehrfach, bei erfolgter Therapie / Besserung.


    Aber ich lasse mich jetzt hier nicht auf eine ja/nein Diskussion um der Rechthaberei willen ein, die dir ja bekanntermaßen Spaß macht. Ich arbeite halt seit Jahren in dem Bereich, wo es um genau sowas geht, und kenne die Praxis gut. Im Netz lassen sich sicher Indizien für beide Seiten finden, und es kennt auch bestimmt jeder jemanden, der... wie immer, es sei dem geneigten Leser selbst anheim gestellt, wem er/sie jetzt Glauben schenkt. Wen es betrifft oder wer grad einige Euro locker hat, kann hier nachlesen: https://www.thieme-connect.de/DOI/DOI?10.1055/s-0035-1550022


    Außerdem gibt es kurze Artikel zur Änderung in der rechtssprechung/Praxis hier https://www.ptb.uni-hannover.de/300.html

  • Rund ein Drittel der Bevölkerung hat Depressionen, Ängste und co. Kann mir kaum vorstellen, dass die Verteilung unter Lehrern anders aussieht. Trotzdem sind nunmal die meisten Beamte. Zudem kann ich als Angestellte sagen: auch damit hat man eine sichere, ordentlich bezahlte Stelle. Der Thread heißt ja "...verhindert Lehrerstelle" und die Sorge kann man der TE ganz sicher nehmen: ich bin bei Vertragsunterzeichnung im öD nicht nach Vorerkrankungen, Rauchgewohnheiten oder Gewicht gefragt worden...

  • Dir macht es auch bekanntermaßen Spaß unglaubwürdige Quellen zu zitieren. Die GEW (was die neueren Urteile angeht) und ein...Mitarbeiter der Stadt München (die qualifizierteste Stelle für juristischen Rat...halt warte...ist gar keine juristische Zeitschrift)...


    Falls mal jemand vorhaben sollte sich tatsächlich juristisch sinnvoll zu informieren:


    Bayerischer Rechts- und Verwaltungsreport
    BVerwG 2 VR 2.17 (materielle Beweislast liegt beim Bewerber - hier geht es exakt um eine psychische Störung)
    Wer will kann sich hier auch einige Urteile anschauen, die auf BVerwG 2 C 16.12 Bezug nehmen.


    Und wenn man sich psychologisch sinnvoll informieren möchte, dafür gibt sogar Google ganz brauchbare Infos her: Google Scholar
    Auch das von Krabappel angeführte Drittel ist maßlos übertrieben, die WHO geht weltweit von ungefähr 5-10% Akutfällen aus (für alle psychiatrischen Erkrankungen), wenn man es aufs ganze Leben hochrechnet irgendwas mit einem Viertel wenn ich es noch richtig im Kopf habe.

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    • Offizieller Beitrag

    Mal abgesehen davon, dass ich die GEW nicht zitiert habe, sondern das BVerwG langweile ich mich hier. Provokationsversuche zu peinlich schlecht. Bin raus.

  • meike: Ich hab auch das BVerwG zitiert, das seine Entscheidung im letzten Jahr nochmal ausgeschärft hat, ist der zweite Link drei Postings hier drüber.
    @Krabappel: Das hier sollte es als Kurzzusammenfassung auch tun: Wikipedia (en), die zitieren den World Health Report der WHO mit den o.g. Zahlen auch.

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  • Eine psychiatrische Erkrankung bedeutet ja nicht gleich viele Fehlzeiten.
    Ich habe wirklich viel durch und viel an mir arbeiten müssen. Das war keine schöne Zeit. Aber die einzige Fehlzeit, die ich in 10 Jahren Beruf deshalb hatte war mein stationärer Aufenthalt in den Sommerferien!


    Außderm bringt das auch viele Chancen mit, da ich in vielen Bereichen manchmal Schüler viel besser verstehen kann als andere Lehrkräfte. Ebenso kann ich ihnen von meinen erlenten Dingen auch ab und zu mal was an die Hand geben.

  • Außderm bringt das auch viele Chancen mit, da ich in vielen Bereichen manchmal Schüler viel besser verstehen kann als andere Lehrkräfte. Ebenso kann ich ihnen von meinen erlenten Dingen auch ab und zu mal was an die Hand geben.

    Nur leider wird das deinen (potentiellen) Dientherren nicht interessieren.

  • So, der letzte Beitrag über meinem hat mich nun endgültig dazu gebracht, mal die Funktion "blockieren" auszutesten. Und schon ist dieses Forum wieder soooo viel angenehmer zu lesen.
    ...


    Oh, danke für den Tipp. Ich hatte gar nicht zu fragen gewagt, ob das hier auch geht.


    Ich schau gleich mal genauer und mache mir auch die Welt, wie sie mir gefällt. :)


    Wo findet man die Blockierfunktion? Wer hilft (gerne als PN). Das ist ernst gemeint !!!

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  • ...
    Außerdem wollte ich noch mal darauf hinweisen, dass eine Depression jeden treffen kann, da niemand vor Schicksalsschlägen sicher ist. Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass man dann grundsätzlich nicht mehr leistungsfähig ist, sondern betrifft eben nur die Zeit in der man krank ist. Ob nun der Körper oder der Geist krank ist, spielt m.E. keine Rolle, da beides gleich schlimm sein kann, weshalb man die Psyche nicht vernachlässigen sollte, nur damit man anderen nicht "zur Last fällt". Ich denke, dass jeder Verständnis für einen Ausfall aufgrund einer Depression haben wird, der selbst schon einmal eine hatte. Das tut aber auch derzeit bei ihr noch nichts zur Sache, da ihr Ref vermutlich noch ein Jahr hin sein wird und bis dahin wahrscheinlich schon wieder alles anders aussieht und es ihr wieder besser geht.
    ...


    Darin stimme ich dir zu. Jede Krankheit kann jeden treffen. Punkt. Dazu muss man eigentlich nicht mehr sagen. Wie gesagt wünsche ich jedem Kranken gute Genesung.


    Falls meine Worte oben auch auf dich "hart" klangen, tut es mir leid. Es ging mir nicht um deine Freundin im Besonderen, sondern um die Frage im Allgemeinen, ob psychische Erkrankungen einer Verbeamtung entgegenstehen. Als ich vorsichtig formulierte, dass es wohl tatsächlich so ist bzw. sein kann, gab es ja die moralische Entrüstung seltsamerweise mir gegenüber - als ob ich das so bestimmt hätte. Aber nach allem, was ich bisher dazu gelesen habe, ist es so. Ich habe dann lediglich versucht zu erklären, warum es so ist, also die Sicht der anderen Seite eingenommen.


    Ich könnte jetzt viele Geschichten von "erkrankten Kollegen" erzählen. Ich denke, wenn wir ehrlich sind, kennen wir sie alle. Die, die bei jedem Husten 2 Wochen zu Hause bleiben; die, die sich vor den Zeugnissen erst mal 'ne Woche krankschreiben lassen, um alles in Ruhe fertig zu machen. Die, die - nachdem sie wussten, dass sie nicht übernommen werden - für den Rest ihrer beruflichen Tätigkeit krank machten, um in Ruhe nach einem neuen Job zu suchen ...... Die, die auf eine volle Stelle gehen und schon wissen, dass sie nicht antreten, weil sie schwanger sein werden usw.-usf. (gut für sie - schlecht für uns). Das gehört zur Wahrheit dazu. Und deshalb "schützen" sich auch Arbeitgeber mit all den Maßnahmen, die es da so gibt. Und die Prüfung des Gesundheitszustandes eines Bewerbers gehört dazu. Warum soll ein Arbeitgeber jemanden einstellen, der dann voraussichtlich die Leistung nicht erbringt, für die er bezahlt wird. Das wäre doch unlogisch.


    In Berlin wurde unlängst, wie durch die Medien ging, jemand nicht eingestellt, weil bei seinem polizeilichen Führungszeugnis herauskam, dass er "irgendeinen Eintrag" (ich habe das nicht mehr genau parat, aber es stimmt trotzdem - kann man ja googeln) wegen Schwarzfahrens hatte. (Das fand ich ehrlich gesagt auch ziemlich überzogen.)

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  • Und du offensichtlich nicht, dass auch nach dem Urteil des BVG psychiatrische Diagnosen immer noch in der Regel dazu führen, dass der Bewerber nicht verbeamtet, sondern angestellt wird, eben weil sie chronisch sind, weil sie zu massiv erhöhten Ausfallzeiten führen und weil psychiatrische Diagnosen die Nr. 1 bei vorzeitiger Dienstunfähigkeit sind. Mal aus der Sicht des Dienstgebers: Wenn er selbst in diesem Fall verbeamten müsste, dann könnte er sich die Gesundheitsprüfung direkt sparen.


    @Meerschwein Nele, für dich, die ja aber nun auch mal die Fresse halten wollte (so wie sie es mir empfiehl). :)

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  • Rund ein Drittel der Bevölkerung hat Depressionen, Ängste und co. Kann mir kaum vorstellen, dass die Verteilung unter Lehrern anders aussieht. Trotzdem sind nunmal die meisten Beamte. Zudem kann ich als Angestellte sagen: auch damit hat man eine sichere, ordentlich bezahlte Stelle. Der Thread heißt ja "...verhindert Lehrerstelle" und die Sorge kann man der TE ganz sicher nehmen: ich bin bei Vertragsunterzeichnung im öD nicht nach Vorerkrankungen, Rauchgewohnheiten oder Gewicht gefragt worden...


    Ich war ehrlich gesagt überrascht, wie lax diese "Überprüfung" beim Amtsarzt gewesen war.


    Ich habe praktisch nichts gesagt und nichts zugegeben, was gegen mich gesprochen hätte.


    Allerdings weiß ich nicht, ob die je meine Hausärztin gefragt haben, denn ich musste unterschreiben, dass die das dürfen.

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  • Achso.


    Ja. Jemand war in Teilzeit, weiß, dass sie schwanger wird und geht auf Vollzeit (und weiß schon, dass sie nicht da sein wird). Bekommt dann also volles Gehalt. Schön für sie. Wäre mir auch egal. Gilt aber bei uns an der Schule nicht als "Fehlstelle" (oder wie immer das heißt), sondern ist ganz normal "da". Offiziell also z.B. 100% der Stunden abgedeckt (inklusive Schwangere), aber inoffiziell nicht (aufgrund Schwangerer). Wir können also niemanden dafür einstellen, sondern müssen sie vertreten. Statt Teilzeitstelle => Vollzeitstelle.

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