Schwindende Lesekompetenz und Wohneigentum

  • Ich kenne ganz famose, an vielem interessierte Jugendliche. Wenn sie keinen Imker kennen, dann mags halt einfach auch mal daran liegen, dass es kaum noch welche gibt. Geht mit ihnen Honig machen! Ach nee, das kann hier ja och bloß keiner.

    Schulimkerei - ist am Gymnasium meiner Tochter eine der beliebtesten AGs...

    Chemie ist ein sehr wortgewaltiges Fach. Vielen fällt es wirklich wahnsinning schwer, sich präzise auszudrücken und dann bleibt natürlich bei jeder Prüfung mindestens die Hälfte der Punkte liegen, weil einfach die Sprache schlecht ist. Ich bin aber noch zu wenig lange dabei, als dass ich da irgendeinen Trend beobachten könnte. Ich mag mich nur daran erinnern, dass ich auch an der Uni vor 10 Jahren oder so, schon viele Diplom- und Doktorarbeiten schlecht geschrieben fand.

    Da kannst du statt "Chemie" fast jedes andere Fach genauso gut einsetzen. Wir leben nunmal in einer Sprachkultur, in der jede Profession ihre eigenen Anforderungen an das Sprach-/Lese-/Schreibvermögen des Einzelnen stellt: Im Jura-Studium lohnt es sich, ordentlich schreiben zu können (man glaubt gar nicht, wie sich Korrektoren von Juraklausuren freuen, wenn sich ein Prüfling geschmeidig ausdrücken kann. Dafür gibts glatt Extra-Punkte, auch wenn die Prüfungsordnung davon nichts weiß), der Arzt tut sich leichter, wenn er mit dem Patienten angemessen kommunizieren kann, und selbst der Handwerker wird davon profitieren, wenn er mit seinesgleichen ebenso gewandt parlieren kann wie mit Frau Professor Meier.


    Allerdings glaube ich auch, dass man ein guter Maurer, Dachdecker oder Leerer sein kann, wenn man in der BS in Deutsch nicht aufgepasst hat. An der FOS - wie von der TE beschrieben - sollte das aber anders sein. Hier muss man aber bedenken, dass die Schüler von Schulformen kommen, wo sie das nicht in dem Maß gelernt haben, wie es dann an der FOS verlangt wird. Meine Erfahrungen in Bayern waren da ganz ähnlich. Da saßen beim ersten Elternsprechtag auch reihenweise die Eltern da und weinten bittere Zähren, weil das Töchterchen ganz plötzlich in Deutsch von der Eins auf die Drei abgerutscht war.


    @TE: Was meiner Erfahrung nach vielen schwächerern Schülern hilft, ist Textanalyse auf basalem Niveau, sprich ihnen erstmal an geeigneten Beispielen zu zeigen, wie Sachtexte aufgebaut sind, an welchen Stellen gemeinhin die relevanten Informationen stehen und wie man sich solche Texte vorerschließt. Schüler kennen meist bis zur Oberstufe nur die Methode "Ich fang links oben an zu lesen und hör rechts unten auf." Damit kommt man aber erst dann weiter, wenn man so geübt ist im Lesen und Verstehen solcher Texte, dass man die eben erwähnten Techniken unbewusst anwendet.



    Viele Grüße
    Fossi

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Da kannst du statt "Chemie" fast jedes andere Fach genauso gut einsetzen.

    Da hast Du recht. Ich korrigiere: wortgewaltige Naturwissenschaft ;) Wenn meine SuS erzählen, was sie in Physik machen, mag man den Eindruck gewinnen, dass es eigentlich nur drum geht, den passenden Buchstaben in der Formelsammlung zu finden.

  • Der Fachausdruck dazu lautet "sprachsensibler Fachunterricht" - wird in der didaktischen Forschung als das nächste große Ding angesehen. Es reicht nicht mehr, im Fachunterricht Fachunterricht zu machen; man muss darüber hinaus einen besonderen Schwerpunkt auf Verständnis und richtige Anwendung der Fachbegriffe legen, da sonst die Schüler aufgrund der superschweren Aufgabenstellungen völlig überfordert wären :daumenrunter: .

  • Da hast Du recht. Ich korrigiere: wortgewaltige Naturwissenschaft ;) Wenn meine SuS erzählen, was sie in Physik machen, mag man den Eindruck gewinnen, dass es eigentlich nur drum geht, den passenden Buchstaben in der Formelsammlung zu finden.

    Diese "Interpretation" des Fachs Physik durch Lernende ist aber auch nicht neu ;)

  • Wenn es einige tröstet:


    Im Hinblick auf das Lesen/Schreiben unterrichte ich fast genauso wie vor 12 Jahren (immer noch an der gleichen Schule), na ja, nun nicht ganz, es hat sich schon einiges verändert.
    Seitdem bin ich kontinuierlich damit beschäftigt, meine ABs am Rechner (zu Lese-/Schreibaufgaben, aber auch Mathe, etc) anzupassen,
    das Niveau zu senken.
    Das AB in seiner ersten Ursprungsform, das damals von allen problemlos bearbeitet werden konnte, ist jetzt nur als qualitative Differenzierung
    für 10 % meiner Schüler geeignet.

  • Der Fachausdruck dazu lautet "sprachsensibler Fachunterricht" - wird in der didaktischen Forschung als das nächste große Ding angesehen.

    Oh krass ... "das nächste grosse Ding" ... da liege ich ja voll im Trend mit meinem Unterricht. Ich bestehe immer und die ganze Zeit schon auf korrekte und einigermassen gewandte Sprache. ;)



    Diese "Interpretation" des Fachs Physik durch Lernende ist aber auch nicht neu

    Hehe, da hast Du recht. Nur ist mir bisher auch nur ein einziger Physik-Kollege untergekommen, der sich die Mühe macht, in Prüfungen auch mal wirklich gar nicht rechnen zu lassen. Ich mag mich an eine sehr schöne Aufgabe zum hydrostatischen Druck erinnern, mit einer Abbildung von zig verschiedenen U-Rohren, die mit zwei Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte gefüllt waren. Die SuS mussten dann für jede Abbildung argumentieren, warum sie nun falsch und warum genau eine davon richtig ist.

  • Im Hinblick auf das Lesen/Schreiben unterrichte ich fast genauso wie vor 12 Jahren (immer noch an der gleichen Schule), na ja, nun nicht ganz, es hat sich schon einiges verändert.
    Seitdem bin ich kontinuierlich damit beschäftigt, meine ABs am Rechner (zu Lese-/Schreibaufgaben, aber auch Mathe, etc) anzupassen,
    das Niveau zu senken.
    Das AB in seiner ersten Ursprungsform, das damals von allen problemlos bearbeitet werden konnte, ist jetzt nur als qualitative Differenzierung
    für 10 % meiner Schüler geeignet.

    Was mich irritiert: 12 Jahre sind ja nun keine wahnsinnig lange Zeit (wie es z.B. 40 oder 50 Jahre wären). Wenn man davon ausgeht (und ich denke: man kann es), dass viele Kollegen von Dir sich vor 12 Jahren schon so geäußert hätten wie Du jetzt, und 12 Jahre vorher genauso, dann müsste ja das GS-Niveau vor 24 oder 36 Jahren ungefähr da angesiedelt gewesen sein, wo heute das Gymnasium ist.


    Nun habe ich ja das zweifelhafte Vergnügen, auch Grundschüler aus ganz Deutschland unterrichten zu dürfen, und ich habe daher einen ganz guten Vergleich: a) zwischen den Bundesländern, wo zumindest anhand der Bücher kein wesentlicher Unterschied festzustellen ist (in die Lehrpläne habe ich mich aber noch nicht vertieft), und b) zwischen aktuellen GS-Lehrwerken und solchen von anno tobak, wo es deutliche Unterschiede gibt, aber anders als vielleicht vermutet - die heutigen Bücher erscheinen mir nämlich wesentlich anspruchsvoller. Beispiel Mathe: Von Wahrscheinlichkeiten und Zufallsexperimenten habe ich (Grundschule 80 bis 84) am Gymnasium erstmals gehört, mittlerweile scheint das Stoff der 4. Klasse zu sein. In einem 2.-Klass-Mathebuch fand ich kürzlich den Begriff "Ungleichungen" als Kapitelüberschrift. Auch davon habe ich vor dem Gymnasium nichts gewusst (und danach zu wenig, aber das gehört hier nicht hin). Aber vielleicht liegt genau hier auch der Hund begraben - dass die Kinder mit Ungleichungen traktiert werden, bevor sie den Begriff halbwegs verstehen.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Der Fachausdruck dazu lautet "sprachsensibler Fachunterricht" - wird in der didaktischen Forschung als das nächste große Ding angesehen.

    Da eröffnen sich doch gleich neue Karriereperspektiven in den Kultusministerien und an den Universitäten: Man braucht schließlich Leute, die den Lehrern erklären, was sie bisher alles falsch gemacht haben und wie man es in Zukunft besser macht.


    Dass sich die Lehrer bisher immer nur an die alten "Empfehlungen" und Vorgaben gehalten haben, wird dabei natürlich verschwiegen. Immerhin ist der Sündenbock im deutschen Bildungssystem seit Jahrzehnten eindeutig identifiziert und soll es auch bleiben...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Hatte hier nicht jemand geäußert, dass Physik zum Laberfach verkommen würde?
    Die zentralen NRW-Klausuren sind schon lange so, dass vieles beschrieben, erklärt, erläutert und bewertet werden muss. Das geht schlecht mit der Formelsammlung.


    PS: Ich habe von der 5 bis zur Q2 immer bestimmt ein Viertel unter den Arbeiten, die mindestens eine ganze Note schlechter sind, weil die Aufgabenstellung nicht richtig gelesen wurde.

  • Beispiel Mathe: Von Wahrscheinlichkeiten und Zufallsexperimenten habe ich (Grundschule 80 bis 84) am Gymnasium erstmals gehört, mittlerweile scheint das Stoff der 4. Klasse zu sein. In einem 2.-Klass-Mathebuch fand ich kürzlich den Begriff "Ungleichungen" als Kapitelüberschrift. Auch davon habe ich vor dem Gymnasium nichts gewusst (und danach zu wenig, aber das gehört hier nicht hin). Aber vielleicht liegt genau hier auch der Hund begraben - dass die Kinder mit Ungleichungen traktiert werden, bevor sie den Begriff halbwegs verstehen.

    Jo ... das ist mir auch schon aufgefallen. Als es hier zuletzt um den neuen Lehrplan für die Mittelstufe ging, konnten die Lehrpersonen der abnehmenden Schulen Feedback dazu geben. Alle meine Mathe-Kollegen haben genau das sehr scharf kritisiert: bringt denen doch bitte mal vernünftig Dreisatzrechnen bei und überlasst das mit der Stochastik uns am Gymnasium.

  • Beispiel Mathe: Von Wahrscheinlichkeiten und Zufallsexperimenten habe ich (Grundschule 80 bis 84) am Gymnasium erstmals gehört, mittlerweile scheint das Stoff der 4. Klasse zu sein. In einem 2.-Klass-Mathebuch fand ich kürzlich den Begriff "Ungleichungen" als Kapitelüberschrift. Auch davon habe ich vor dem Gymnasium nichts gewusst (und danach zu wenig, aber das gehört hier nicht hin). Aber vielleicht liegt genau hier auch der Hund begraben - dass die Kinder mit Ungleichungen traktiert werden, bevor sie den Begriff halbwegs verstehen.

    Das wundert jetzt mich - ich hatte sowas schon an der GS (in NRW), und wir scheinen in etwa ein Jahrgang zu sein (wir hatten in Mathe damals die Lehrwerke von Westermann, wir waren "die Generation mit den Logimat-Plättchen", also alles incl. Mengenlehre, wenn dir das was sagt). Da gab es schon Stochastik (ohne den Fachbegriff, aber Wahrscheinlichkeitsexperimente, Ergebnisbäume, usw), wie auch Ungleichungen, und das schon früh...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Das wundert jetzt mich - ich hatte sowas schon an der GS (in NRW), und wir scheinen in etwa ein Jahrgang zu sein

    Ich bin ein gutes Stück jünger und ich hatte das in Bayern sicher nicht in der Grundschule.

  • Wir hatten damals „Die Welt der Zahl - Neu“ aber die Plättchen waren nicht in einer Logimat-Dose... Ich erinnere mich, dass diese Aufgaben der Wahrscheinlichkeitsrechnung auch im Buch waren, wir das im Unterricht aber nicht behandelt haben.

  • Jo ... das ist mir auch schon aufgefallen. Als es hier zuletzt um den neuen Lehrplan für die Mittelstufe ging, konnten die Lehrpersonen der abnehmenden Schulen Feedback dazu geben. Alle meine Mathe-Kollegen haben genau das sehr scharf kritisiert: bringt denen doch bitte mal vernünftig Dreisatzrechnen bei und überlasst das mit der Stochastik uns am Gymnasium.


    Ich bin ein gutes Stück jünger und ich hatte das in Bayern sicher nicht in der Grundschule.


    Tja, wieso das so ist - keine Ahnung? Wir haben aber in unserer GS damals wirkich gefühlt "viel" geschafft. Allerdings, Dreisatz usw hatte ich "offiziell" erst auf dem Gymnasium (konnte ich zwar, aber mir hatte vorher noch keiner gesagt "sowas heißt Dreisatz". Das Prinzip war durch diverse Textaufgaben in der GS klar, nur eben der Begriff nicht).

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  • Der Fachausdruck dazu lautet "sprachsensibler Fachunterricht" - wird in der didaktischen Forschung als das nächste große Ding angesehen.

    Selbst Bayern hat sich diesem Thema angenommen.
    sprachsensibler Unterricht
    Ich selbst kann in diesem Thema nichts Neues entdecken. Man klärt doch so oder so die Begriffe, die Schüler nicht verstehen und bricht den Unterricht herunter. Wo man es bei uns in der Grundschule sieht, ist, dass wir sg. "Wortspeicher" mit Fachbegriffen den Schülern bei Bedarf zur Verfügung stellen und diese z.B. im Klassenzimmer visualisieren.

  • Zur Stochastik/Kombinatorik/Diagramme:
    Die Wahrscheinlichkeit in der Grundschule ist gut machbar und nimmt nicht viel Zeit weg. Die Kinder kapieren es schnell. Es geht letztendlich eher um die Anwendung der Begriffe: sicher, wahrscheinlich, möglich, unwahrscheinlich und unmöglich. Die Aufgaben dazu gefallen mir, denn sie fördern das flexible Denken und ich mache die mit den Schülern lieber als altbackene Textaufgaben. (Wovon ich natürlich auch welche mache.)
    Grenzwertiger finde ich die Kombinatorik. Die finde ich von den Denkanforderungen schon schwierig, wenn man nicht nur 1-2 einfache Aufgabentypen machen und nicht nur "rummalen" lassen möchte.
    Unerlässlich finde ich die Anwendung von Diagrammen - die kann man gut in anderen Fächern - vor allem im Sachunterricht einsetzen.
    Übrigens bilden diese drei Bereiche zusammen oftmals ein Themengebiet in den VerA 3 - Arbeiten schätzungsweise seit ca. 10 Jahren.

  • Wir haben aber in unserer GS damals wirkich gefühlt "viel" geschafft.

    Also ich konnte einfach rechnen nach der Grundschule, das aber wirklich gut. Ich war auch nach dem Gymnasium mit LK Mathe ziemlich gut aufs Nebenfach an der Uni vorbereitet. Da sind andere Leute aus anderen Bundesländern neben mir reihenweise kollabiert.

  • Der Mathe- und Deutschstoff in Klasse 3 und 4 ist quantitativ und qualitativ hier in BaWü anspruchsvoll genug. Allerdings lernt man hier noch das schriftliche Teilen mit zweistelligem Divisor und Rest, was in manchen Bundesländern aus dem Grundschullehrplan genommen wurde. Ich habe in Klasse 4 oft Mühe, mit allem durchzukommen.


    In meinen Anfangsjahren lernte man das Einmaleins teilweise in Klasse 2 und 3. Seit einiger Zeit lernt man alle Einmaleinssätze schon in Klasse 2, weil andere Dinge wie oben erwähnt, dazukamen.


    Manche Dinge (Einmaleins z.B.) müssen aber auch zu Hause geübt und wiederholt werden...

  • Jo ... das ist mir auch schon aufgefallen. Als es hier zuletzt um den neuen Lehrplan für die Mittelstufe ging, konnten die Lehrpersonen der abnehmenden Schulen Feedback dazu geben. Alle meine Mathe-Kollegen haben genau das sehr scharf kritisiert: bringt denen doch bitte mal vernünftig Dreisatzrechnen bei und überlasst das mit der Stochastik uns am Gymnasium.

    Kann ich nur unterschreiben. Viele Probleme, die Lernende in meiner Stufe mit Mathematik haben, kommen aus mangelnder Beherrschung der Grundlagen. Das sind nach meiner Beobachtung meistens eher fehlende "technische" Fertigkeiten als konzeptionelle Probleme - für mich ein Indiz dafür, dass diese Techniken nicht lange und intensiv genug geübt worden sind. Das sind vor allem: Äquivalenzumformungen, Grundrechenarten mit Variablen/Termen, Binomische Formeln, Bruch- und Prozentrechnen, Potenzgesetze.

  • Beispiel Mathe: Von Wahrscheinlichkeiten und Zufallsexperimenten habe ich (Grundschule 80 bis 84) am Gymnasium erstmals gehört, mittlerweile scheint das Stoff der 4. Klasse zu sein. In einem 2.-Klass-Mathebuch fand ich kürzlich den Begriff "Ungleichungen" als Kapitelüberschrift. Auch davon habe ich vor dem Gymnasium nichts gewusst (und danach zu wenig, aber das gehört hier nicht hin). Aber vielleicht liegt genau hier auch der Hund begraben - dass die Kinder mit Ungleichungen traktiert werden, bevor sie den Begriff halbwegs verstehen.

    Ich habe hier zuhause eine recht brauchbare Sammlung an Mathebüchern, u.a. mit folgenden Sätzen (für die Sek I):
    - Realschule NRW 50er Jahre
    - Gymnasium NRW 50er Jahre
    - Polytechnische Oberschule (DDR) 80er Jahre
    - Gymnasium Bayern 90er Jahre
    - Gymnasium NRW 90er Jahre
    - Gymnasium NRW aktuell diverse Verlage


    Ja, die Schüler behandeln jetzt einige Themengebiete die früher nicht Schulthema gewesen sind, dafür wurden andere (mathematisch weitaus relevantere) Themengebiete ersatzlos gestrichen. Sich darüber zu unterhalten führt also kaum weiter. Um einen Vergleich ziehen zu können, muss man also ein Themengebiet nehmen, dass damals wie heute behandelt wurde und das vor der "Taschenrechnerzeit" liegt, ansonsten sind die Aufgaben nicht realistisch vergleichbar. Nehmen wir also z.B. Addition und Subtraktion von Brüchen


    Ich hab mir gerade das Buch aus der Polytechnischen Oberschule gegriffen, weil die bei mir weit vorne (neben den Realschulbüchern) stehen, da ich die Aufgabenformate und Merksätze darin sehr gerne mag (über den "imperialistischen Klassenfeind" und die "MG-Nester der NVA" muss man bei den Sachaufgaben hinwegsehen). Als Vergleich den aktuellen Lambacher Schweizer daneben:




    Mathematik 5 (POS 80er Jahre) Lambacher Schweizer 6 (Gymnasium heute)
    1 Problematisierungsaufgabe 1 Problematisierungsaufgabe
    1 Beispiel mit Bildern und vollständiger Rechnung 10 Zeilen Text
    1 Beispiel mit Bildern zur eigenständigen Berechnung je ein Bild (Tortenstücke) zur Addition/Subtraktion von Brüchen
    gleichnamig/ungleichnamig
    Merksatz Addition gleichnamiger Brüche Merksatz Brüche addieren und subtrahieren (alles zusammen)
    1 Beispiel mit Bildern und vollständiger Rechnung Erläuterung: Überschlag von Brüchen
    1 Beispiel mit Bildern zur eigenständigen Berechnung 4 Beispiele (in einem Unterpunkt):




    je ein Beispiel zur
    Addition/Subtraktion von Brüchen
    gleichnamig/ungleichnamig
    Merksatz Subtraktion gleichnamiger Brücher 1 Beispiel Überschlag Brüche subtrahieren
    3 Beispiele aus anderen Kontexten




    (Ungleichungen, Variablen, Geometrie)
    8 Aufgaben Rechenübungen,




    die Hälfte davon am Bild (teilweise Aufgaben erst zu finden)
    12 Aufgaben Rechenübungen 10 Aufgaben Anwendung/Textaufgaben/Fehler finden
    7 Aufgaben Anwendung/Textaufgaben 3 Aufgaben




    Anwendung/Begründung/Textaufgaben
    2 Aufgaben Begründung/Vertiefung 1 Aufgabe Wiederholung Einheiten umrechnen
    danach dasselbe (!) für ungleichnamige




    Brüche
    zwischendurch 2x2 Aufgaben mit Lösungen zum Selbsttest



    Links erkenne ich eine klare mathematische Struktur, die Erläuterungsschritte sind zwar sehr kleinschrittig, aber für Schüler selbständig nachvollziehbar, die Aufgaben mit klarem Fokus auf Einübung der Rechenregel, aber auch mir Sachaufgaben und Begründungsaufgaben (allerdings: sehr viel weniger Text, nur sehr kurze und knappe Formulierungen - mathematisch präzise halt). Rechts erkenne ich in der ersten Seite im Besten Fall eine Wiederholung für die Eltern, der Merksatz ist ok, fasst aber vier verschiedene Aufgabentypen in einen Merksatz zusammen, die Aufgaben haben einen Fokus auf Verständnis des Prinzips, die Anwendung steht eher im Hintergrund. Anwendungs- und Begründungsaufgaben haben extrem viel Fließtext, weil kaum mathematische Probleme, sondern "Alltagsprobleme" der Schüler angesprochen werden sollen (wie Zimmer renovieren, Pizzen exakt in Bruchteile aufteilen, Geld der Schultombola aufteilen oder berechnen wie viel Plätze belegt sind, wenn ein Bus zu 2/7 voll ist - all die Dinge über die Sechstklässler halt so nachdenken, wenn sie nicht an die Schule denken)

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

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