Ich entspreche nicht der gängigen Lehrerpersönlichkeit...

  • Meine Kurse habe ich alle mit Leichtigkeit und sehr guten Noten bestanden, jetzt steht irgendwann noch das Examen an und mich quälen seit der Geburt meiner Tochter immer wieder die selben Fragen, nämlich ob ich das Studium überhaupt abschließen soll,

    Meiner Ansicht nach muss man hier zwei Dinge trennen: 1. Den Abschluss des Studiums; 2. wie es danach weitergehen soll. Zum 2. Punkt wurde schon einiges gesagt, ich möchte aber beim ersten bleiben. Von aussen gesehen gibt es keinen Grund, dein Studium nicht abzuschliessen - auch falls du keine Lehrerin werden solltest. Ganz nüchtern betrachtet bescheinigt dir der Studienabschluss eine akademische Qualifikation, in deinem Fall sowohl pädagogisch, als auch fachwissenschaftlich. Gerade weil dir das Studium offenbar so leicht gefallen ist und das Examen fast schon vor der Tür steht, würde ich mir an deiner Stelle das Papier auf jeden Fall abholen. Egal, in welche Richtung es später geht - mit einem Studienabschluss in der Tasche ist die Ausgangslage in jedem Fall besser als mit einem abgebrochenen Studium.

  • Stimme Philio absolut zu: den Abschluss solltest du auf jeden Fall machen, damit du eine Basis hast! (und es wäre doch auch schade um die Arbeit und Lebenszeit, die du in diesen Weg bereits investiert hast...) Ob du danach wirklich Lehrerin werden solltest, finde ich von außen schwer zu beurteilen. Ich gehöre auch zu den Menschen, die von Haus aus eher introvertiert sind und die nicht gerne im Mittelpunkt stehen. Ich merke das auch immer noch vor Gruppen, die ich nicht kenne, wobei bei mir die Altersgruppe eine große Rolle spielt. Eine unbekannte 1.Klasse macht mich deutlich weniger nervös als eine 6., wobei auch das langsam besser wird. Meistens sind es nur noch die ersten Minuten und wenn es dann erstmal läuft, kann ich mich mittlerweile sogar wohl dabei fühlen. Auch blöd sind für mich immer erste Elternabende, wenn ich noch niemanden kenne. Das wird dann aber auch von mal zu Mal besser, einfach, weil mir die Eltern dann vertraut sind. Was mir da sehr hilft, ist dazu zu stehen.
    Wo das ganze gar kein Problem darstellt, ist mit meiner eigenen Klasse (und Klassen die ich regelmäßig unterrichte). Zu denen habe ich eine Beziehung und auch in frontalen Phasen habe ich nicht das Gefühl etwas "vorzuführen", sondern auch da bin ich mit den Kindern im Austausch. Für mich ist entscheidend, dass ich trotz meine Hemmungen in Gruppen, grundsätzlich sehr interessiert an Menschen bin und wirklich Spaß am Umgang mit Kindern habe.
    Was für deine Entscheidung also wichtige Fragen wären: hast du grundsätzlich Interesse an Menschen? Fühlst du dich denn in 1:1 Situationen wohl mit anderen und tauschst dich da gerne aus? Fühlst du dich grundsätzlich mit der Altersgruppe wohl, mit der du es zu tun hast? (und wenn nicht: gäbe es Alternativen?). Wenn dem so ist und ich deinen Spaß am Inhalte vermitteln und am Planen dazunehme, sähe ich da schon eine gut Chance, dass es das richtige für dich ist.
    Ein ganz wichtiger Punkt ist aber, seine eigene Wesensart nicht als Mangel zu begreifen. Introvertiert zu sein, macht es einem vielleicht manchmal schwieriger im Leben, weil man immer wieder "über seinen Schatten springen muss", aber es ist eben auch eine Stärke. Sich zurücknehmen zu können, hilft z.B. sehr dabei den Schülern mehr Raum zu geben, gut zuzuhören und genau zu beobachten. Ich empfinde "ruhigere" Menschen häufig auch als angenehm überlegt und einfühlsam. Alles keine schlechte Voraussetzungen für Lehrer, finde ich.
    Ob der Lehrerberuf der richtige für dich ist, kannst aber letzlich nur du selbst beantworten. Ich wünsche dir dabei viel Glück!

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Ich habe bei meinen Hospitationen zum Beispiel immer den Eindruck gehabt, dass die Lehrer sich wohl dabei fühlen ... ich hingegen würde mich am liebsten irgendwie davor drücken

    Viele können das auch ganz hervorragend spielen. Ich habe immer die Leute zutiefst verabscheut, die auch im Ref immer so locker, flockig getan haben, dass ihnen alles mega leicht fiele und sie gar nicht verstehen können, warum andere gestresst sind. Oft hat sich eben dann herausgestellt, dass bei denen auch nicht alles so glatt lief. Leider sind die Wenigsten ehrlich und präsentieren (auch im Kollegium) am liebsten nur ihre Schokoladenseiten. Im Ref wirst du automatisch ins kalte Wasser geworfen, da bleibt dir dann nichts anderes übrig, als vor die Klasse stehen zu müssen. Man gewöhnt sich wie selbstverständlich daran - zumindest ist es mir so gegangen. Kopf hoch!

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