Ein Plädoyer für guten Unterricht...

  • Ich finde es gut, dass sie die Namen geschwärzt hat und ich würde auch nicht gerne irgendwo mit Echtnamen zitiert werden, ohne dass ich davon weiß. Wenn solche Zitate dann noch aus dem Zusammenhang gerissen werden, kommt oft etwas Verqueres dabei raus.


    Wenn man diese Gruppe bei facebook verfolgt, bekommt man einerseits gute Anregungen, andererseits gibt es für mich auch Grenzen. Wenn Leute über 1000 € ausgeben, um ihr Klassenzimmer einzurichten, aus eigener Tasche wohlbemerkt und das posten, sieht das zwar schön aus, aber das würde ich z.B. nicht bezahlen wollen.
    Andererseits weiß ich, dass Referendare in Bayern eine Note für ihr Klassenzimmer bekommen. Kein Wunder, dass da investiert wird, was geht.


    Was ich auch sehr übertrieben finde sind Geschenke der Lehrerin an die Kinder zur Einschulung, zu Weihnachten und das Basteln von zeitintensiven Weihnachtsgeschenken für Familienmitglieder in der Schule.
    Diese Dinge kann man bei facebook zeigen, guten Unterricht nicht. Aber ist hier vllt. die falsche Stelle dafür...

  • @Caro 07: In der Gruppe wird für jeden Buchstaben und Laut ein Highlight gesammelt. Das sind 26 Buchstaben, dazu St, Sp, Sch, ä,ö,ü, ei, eu, au, äu,ng, nk....d.h. ich habe ungefähr ein Highlight pro Schulwoche, wenn ich das so mache.
    Deshalb gibt es bei mir ab und zu so eine besondere Einführung, aber nicht immer.

  • ...
    Andererseits weiß ich, dass Referendare in Bayern eine Note für ihr Klassenzimmer bekommen. Kein Wunder, dass da investiert wird, was geht.

    Hihi, na das meinte ich. Solange die Benotung suggeriert „schöner, hübscher, mehr = 1“ solange fühlen sich Junglehrer dadurch gestresst.


    Mutig wäre doch mal eine Lehrprobe, in der das R eingeführt wird und die Schüler schreiben dann von 45 min. 30 min. R/r auf Linien...

    Ich bin zwar auch gegen unsinniges, ablenkendes Aufhübschen und weit hergeholte Verbindungen zu einem Thema, aber Frau Stiehler erweckt den Eindruck, dass sie zurück zu dem ganz Einfachen, Monotonen und Langweiligen will.

    Ich denke sie mahnt eher an, dass man sich genau überlegen soll, warum man was macht. Also brauchen Kinder das Nachspuren eines Buchstaben im Sand wirklich, um ihn leichter auf Papier zu bringen?


    Unterricht macht ja auch nicht unbedingt mehr Spaß, nur weil die Kinder viel machen. Wörter mit dem neuen Buchstaben schreiben kann genauso befriedigend sein und effektiver in Bezug zum Schriftsprachherwerb als der Schneemann, den man genausogut in der Pause bauen kann (wenn man die Kooperation fördern möchte- oder sich einfach bewegen will...)

  • Was sie hier schreibt, stelle ich aber auch zunehmend fest, wenn die Kinder nach der Grundschule zu uns kommen:


    Ich kürze mal etwas:



    Welche sichtbaren Folgen hat der Wahn vom Zaubermaterial im Unterricht?

    • Arbeitsblätter anstelle von Heften: Die Folgen davon wiederum sind

      • psychomotorische Mängel, schlechte Handschrift durch eine viel zu geringe Schreib- und damit Trainingsmenge
      • Gewöhnung der Schüler an schlampiges Arbeiten und mangelnde Fähigkeit zur Arbeitseinteilung
      • [...]
      • Verkümmerte Heftführung, wo noch vorhanden: Es wird in Hefte geschrieben, aber die Eltern werden mit den absurdesten Lineaturwünschen gequält, weil die Kinder nicht mehr in der Lage sind, Abstände einzuhalten. In diese Hefte werden dann meist sowieso wieder Arbeitsblätter eingeklebt. Wird etwas geschrieben, sind die Schüler nicht in der Lage, einen Seitenkopf ordentlich zu gestalten (Datum rechts oben, eine Zeile frei, Überschrift mittig in Schreibschrift, zwei Zeilen frei etc.). Sie können das Geschriebene kaum systematisch platzieren (z.B. in Rechenheften immer vier Kästchen waagerecht zwischen zwei Aufgaben freilassen). Bei Übungsaufsätzen, die zweizeilig geschrieben werden sollen, um mehr Platz für Korrekturen zu lassen, markieren teils die Lehrkräfte persönlich jede zweite Zeile mit einem Bleistift-x, damit die Schüler wenigstens halbwegs daran denken, diese markierten Zeilen freizulassen. Und warum kam das so? Weil das Schreiben in Hefte ein didaktisch durchdachtes Tafelbild voraussetzt, und dieses wiederum eine klare Vorstellung von der angestrebten didaktischen Struktur auf Seiten der Lehrerinnen, oder weil es Schreibanlässe wie zum Beispiel ein Diktat voraussetzt, das selbst in sinnvollen Formen kaum noch verwendet wird.
      • [...]


    Das ist doch auch so! (Link siehe Eingangsbeitrag)

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Und auch das kann ich nur unterstützen.


    Langfristig leistet schlechte Didaktik der Medikalisierung Vorschub, also der zunehmenden Einordnung von Kindern als „gestört“ oder krank. Denn wenn Lehrkräfte denken, sie hätten effektiv unterrichtet, aber zugleich bemerken, dass die Kinder am Ende weniger können als Schüler vor 40 Jahren, dann bleibt als Erklärung, es müsse wohl an den Kindern liegen. Ein Irrtum, wenn der schlechtere Unterricht (und in der Folge verschlechtertes häusliches Üben) eine Ursache von Lernrückständen ist. Auch so, nicht nur durch mehr diagnostische Möglichkeiten, kann man sich nämlich den Anstieg der Menge angeblich therapiebedürftiger Schüler erklären.


    Ist es nicht so? Immer mehr Kinder mit irgendwelchen Arten von "Störungen". :(

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Das sind echt ernst gemeinte Vorschläge? Nee, oder?
    Ich wäre als Kind total enttäuscht gewesen. Da freut man sich, endlich schreiben zu lernen- und stattdessen wird gespielt und gematscht.

  • Ich hab den Artikel nicht als eine Wahl zwischen Extremen verstanden.
    Aber er drückt -sicher provokant und überspitzt - aus, was ich als ein riesiges Problem bei nicht wenigen Lehrer/innen sehe und auch in der Lehrerausbildung insbesondere bei Ref's kennengelernt habe.
    Ich suche keine Schuldigen und will niemanden anprangern. Außerdem weiß ich, dass es zusätzlich zu dem, was da auf Blogs, Insta-Accounts und in FB-Gruppen gezeigt wird, viel mehr passiert.
    Nur ... moniere ich seit vielen Jahren folgendes
    Da erscheinen Fehler, richtig falscher Mist in Material, weil auf Layout mehr Wert gelegt wird als auf die Sachanalyse und die Wissensvermittlung. Dieses Material wird aufgrund des Aussehens dann auch noch von vielen Kolleg/innen unbesehen übernommen.
    Der Inhalt tritt in manchem Material hinter dem Layout in den Hintergrund, der Rahmen lenkt eher ab als das er unterstützt.
    Die Aufmachung einer Übung kostet mitunter das dreifache an Arbeitszeit durch Nebensächlichkeiten, die mit dem Inhalt nullkommanix zu tun haben. Effektiv ist anders.
    Die Arbeitsblätterflut, die Hefter füllen, ist tatsächlich etwas, was zum Teil in einigen Klassenzimmern inflationär betrieben wird. Mal abgesehen von den Ressourcenfressern ist es doch tatsächlich oft ein Lückenfüllen.


    Was ich mich frage, ist, da ich doch eigentlich davon ausgehe, dass die Blogger und Poster doch vermutlich ihr Bestes posten, um Likes zu bekommen, was wird dann also nicht gezeigt (wird das dann besser sein als das veröffentlichte?)


    Ich hab es selbst erlebt, dass Ref aufgrund des fleißigen Bastelns eine 1,3 für einen UB erhielt, obwohl sie ihre Planung zeitlich und von den Lernzielen her nicht eingehalten hatte. Da ist man dann als Ausbildungslehrer, der Veto einlegt, noch böse, wenn man das anmerkt. Gut, dass der Hauptseminarleiter es ähnlich sah. Schade war nur, dass diese Fachseminarleiterin den Ref es immer so vermittelt hat. Ich stieß dann in der Ausbildung auf Granit, bis zur Prüfung, wo eben der HSL das gleiche argumentierte. Da war es dann zu spät. Ich gräme mich heut noch darüber. Bunte Vorführstunden waren schon immer usus im Ref, auch bei uns, aber es musste zu den Inhalten und Zielen passen. Liegen die Prioritäten anders? Woran liegt das? Wer tickt da wo falsch?


    Ich hab tatsächlich zum Teil den Eindruck, dass einige Lehrer nicht unterrichten können, kein Gespräch, keine Anleitung, keine Erklärung klar geben können. Meine beiden Söhne erzählen immer wieder von Lehrern, die erklären und können und Lehrern, bei denen sie nichts lernen und die auch keine Hilfe beim Selbstlernen sind.


    Ich finde sehr gut, wenn meike schreibt, dass sie sowohl das als auch das kann. Daran sieht man, worauf es ankommt. Der Lehrer muss die Fäden in der Hand halten, die Methode, das Material, das Vorgehen aufgrund des Inhalts, der Kompetenzen und der Lerngruppe sowie der personellen und materiellen Möglichkeiten auswählen und kindorientiert umsetzen. Ich wünschte, dass mehr/alle Lehrer/innen das von sich sagen könnten und es auch stimmte.


    Wer ist Schuld? Keine Ahnung? Kann man Vorwürfe machen? Darum geht es nicht. Es geht um Aufmerksamkeit für diese Dinge. Ist das alles neu? Nein, ich hoffe eigentlich, dass es nach wie vor in der Ausbildung gelehrt wird, wirklich gelehrt und geübt, dass es ganz viel Priorität hat. Aber da ich zum Teil in meiner Umgebung und im Netz eben anderes beobachte, tut Auffrischung gut. Immer wieder. In der Hoffnung "Steter Tropfen höhlt den Stein".

  • Ich möchte noch etwas hinzufügen. Ich halte angeleitetes Arbeiten und Frontalunterricht für geeignet bei bestimmten Themen (und Lerngruppen) genauso wie eher selbstgesteuertes Lernen bei anderen Themen. Was ich allerdings für als wenig zielführend in den meisten Fällen erlebt hab, ist dieses “sich selbst erarbeiten”. Das gelingt nur den wenigen Schülern, die TROTZ eines Lehrers lernen können und wollen. Ich hab ein Montessori-Diplom und da spielte (entgegen anders lautender Behauptungen) die Darbietung und Anleitung durch den Lehrer eine zentrale Rolle. Ich weiß gar nicht, woher dieser zum Teil so verschobene Blick auf freie Arbeit kommt.
    Insofern bin ich auch da bei Meike mit dem Wort “Mischung”.

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