Schulleitung und Konflikte

  • Aufgrund der Diskussion im anderen Thread... gibt es hier KollegInnen mit Schulleitungserfahrung, denen Konflikte mit Eltern, Kollegen und Vorgesetzten nichts ausmachen?


    Konfliktscheue Chefs können viele neue Probleme hervorrufen. Andererseits ist ja neben Klarheit auch diplomatisches Vorgehen nötig. Könnt ihr von euch behaupten, dass ihr stressfrei und souverän in Konflikte hineingeht? Ist das Vorrausetzung für eine/n guten ChefIn? Oder ist das doch für die meisten Menschen nie eine leichte Aufgabe?

  • Ich würde sagen, man wächst mit seinen Aufgaben.
    Als ich vor 9.5 Jahren in die Schulleitung ging, machten mir viele Konflikte und Situationen deutlich mehr aus als heute.
    Über die Jahre konnte ich viel lernen, an meinen Schwächen arbeiten, die Stärken ausbauen.


    Ich scheue keine Konflikte, versuche aber auch nicht, sie auf Biegen und Brechen zu suchen.


    Früher dachte ich sehr naiv, wenn ich nett zu allen Menschen bin, sind die es auch zu mir.
    ;)


    Ich musste schnell einsehen, dass dem nicht so ist.


    Mittlerweile spreche ich deutliche Worte, wenn diese angebracht sind und kusche weder vor der Schulaufsicht noch dem Schulträger - mein Standing ist ein ganz anderes als zu Beginn meiner Schulleiterarbeit.


    Diplomatie ist nicht unbedingt meine größte Stärke, ich bin eher jemand, der möglichst deutlich, offen und transparent ausspricht, was er denkt.


    Das schadet häufig, hilft aber, morgens glücklich in den Spiegel schauen zu können.


    Konflikte mit Eltern machen mir bei weitem nicht mehr so viel aus, wie noch vor Jahren.
    Konflikte mit Kollegen bergen immer weitaus mehr Eskalationspotential, da das Team schnell involviert sein kann/muss/möchte/will/sollte etc.
    Von daher sind das Probleme, die schwerer wiegen.


    Konflikte mit der Schulaufsicht habe ich derart viele mit unterschiedlichen Menschen erleben müssen, dass manchmal nur ein müdes Lächeln bleibt, alternativ ein Schmunzeln.


    Alles in allem misst man im Laufe der Jahre nicht mehr allem so viel Bedeutung zu wie noch zu Beginn.
    Das ist äußerst entlastend.


    Befreiend fände ich es, wenn man uns einfach mal unsere Arbeit erledigen ließe....
    Einige Konflikte verliefen dann sehr schnell im Sande.


    Herzliche Grüße
    strubbelsuse

  • Bin selbst nicht in der Schulleitung, hatte aber bisher immer Chefs (insg. immerhin schon fünf Stück), die ihren Lehrern den Rücken freigehalten haben. Gut, einer hat dummerweise in seinem ersten Jahr als Schulleiter bei der "Einschulung" der 5. Klassen den Eltern in seiner Rede gesagt, dass seine Tür immer offen steht - auch bei Konflikten. Als dann die ganzen Eltern immer direkt zu ihm sind, ohne vorher mit Fach- oder Klassenlehrer zu sprechen, hat er auch gemerkt, dass er sich damit selbst ins Knie geschossen hat.
    In der Regel haben sich die Schulleiter im Gespräch hinter den Kollegen gestellt, wenn die Eltern aber durch die Tür waren, haben sie dem Kollegen durchaus auch sehr deutlich auf eventuelles Fehlverhalten hingewiesen und klar gesagt, was sie von ihm erwarten. Ich fand das immer gut und richtig in dieser Kombination.


    Ich löse meine Konflikte mit Eltern und Schülern weitesgehend alleine. Dort, wo der Schulleiter nicht außen vor gelassen werden konnte (weil ihn die Eltern mit reingezogen haben, oder weil ich wirklich mal an eine Grenze gekommen bin), hatte ich durchaus das Gefühl, dass das Gesprächsverhalten der Schulleiter ein Gewinn war. Ich glaube, das liegt an drei Faktoren, die dann zusammenkommen:
    1.) Eine neue, unvoreingenommene Perspektive hilft in festgefahrenen Gesprächen fast immer, egal wer diese Perspektive einbringt.
    2.) Qua "Amtsautorität" kann die Anwesenheit des Schulleiter schon deeskalierend wirken, weil Eltern sich ernster genommen fühlen und Schüler weniger aufbegeheren.
    3.) Durch (i.d.R.) größere Berufserfahrung hatten die Schulleiter oftmals auch tatsächlich mehr Beratungskompetenz. (Dieser Faktor wird mit jedem Jahr weniger gewichtig.)

  • Aufgrund der Diskussion im anderen Thread... gibt es hier KollegInnen mit Schulleitungserfahrung, denen Konflikte mit Eltern, Kollegen und Vorgesetzten nichts ausmachen?


    Konfliktscheue Chefs können viele neue Probleme hervorrufen. Andererseits ist ja neben Klarheit auch diplomatisches Vorgehen nötig. Könnt ihr von euch behaupten, dass ihr stressfrei und souverän in Konflikte hineingeht? Ist das Vorrausetzung für eine/n guten ChefIn? Oder ist das doch für die meisten Menschen nie eine leichte Aufgabe?

    Das ist wohl bei fast allen Punkten ein sowohl als auch. Ich bin jetzt seit acht Jahren in der Schulleitung (als Mitarbeiter, Konrektor und Schulleiter) und würde nicht von mir behaupten, dass mir Konflikte "nichts ausmachen". Aber ich weiß, dass sie dort, wo so viele Menschen auf so engem Raum zusammentreffen wie in einer Schule und wo es so viel um Gefühle und bewerten/bewertet werden geht, unvermeidbar sind. Das Problem ist also nicht das Auftreten von Konflikten (das ist ganz normal), sondern immer nur die Frage, wie man damit umgeht. Von daher würde ich auf jeden Fall sagen, dass eine sehr ausgebildete Kommunikationsprofessionalität und Konfliktlösungskompetenz schon zwingende Voraussetzungen dafür sind, ein(e) gute(r) Schulleiter(-in) zu sein.


    Was viel hilft, ist eine gute Ausbildung. Ich habe neben dem Studium als Referent für Orientierungstage und Konfliktseminare mit Schulklassen und Zivis gejobbt und habe dafür vom Bildungsträger eine sehr gute Ausbildung und inhaltlich tolle Weiterbildungen erhalten. Dabei habe ich für meinen heutigen Job weit mehr gelernt, als im Studium oder dem Referendariat. Außerdem habe ich meinen Schulz von Thun mehrfach gelesen und verinnerlicht; auch die Teilnahme an einer kollegialen Fallberatungsgruppe bringt Sicherheit.


    Es macht halt immer einen großen Unterschied, ob man im Konflikt als Moderator auftritt (z.B. im Konflikt zwischen einer Lehrkraft und Eltern); dann bin ich schon eher stressfrei und souverän, weil die Erfahrung mir sagt, dass ich das mit einer guten Wahrscheinlichkeit so moderieren kann, dass es eine für alle Beteiligten annehmbare Lösung geben wird. Diese Gespräche machen mir persönlich dann schon auch Spaß, weil man am Ende des Tages das Gefühl hat, wirklich etwas bewegt zu haben (anders als bei der 1001. amtlichen Statistik). Anders ist es natürlich, wenn man selbst Teil des Konfliktes ist. Dann ist der Stressfaktor natürlich höher und mitunter kann es dann auch sinnvoll sein, jemanden beizuziehen, der moderierend tätig wird.

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke mal, wichtig ist, dass man Konflikte nicht scheut, aber auch weiß, welche Konflikte wirklich nötig sind. Manchmal stehen da Aufwand und Ertrag auch in keinem Verhältnis.

  • Klare Kante, klare Aussagen, Transparenz.


    Als "Indianer" im Lehrerkollegium, möchte ich einfach nur, dass mir die "Häuptlinge" sagen, was sie wollen und warum sie es wollen.


    Ich bestehe nicht darauf, dass ich meinen Willen bekomme, und ich habe auch keine Probleme damit, Anweisungen umzusetzen, deren Sinnhaftigkeit ich nicht sehe. Es ist mir aber wichtig, dass die "Häuptlinge" meine eventuellen Einwände anhören, durchdenken und mir eine ernsthafte Antwort geben, warum sie nicht berücksichtigt werden.

  • Ich würde von mir behaupten, dass mir derartige Konflikte nichts ausmachen. Was nicht heißt, dass ich emotionslos bin. Aber ich habe eine gesunde Distanz zum Geschehen und nehme selten bis nie Konflikte mit nach Hause. Ich würde behaupten, dass das eine Voraussetzung für gelingende Schulleitung ist.

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