Gezielte Förderung eines stotternden Kindes innerhalb einer Grundschulklasse - Wer kann helfen?

  • Zur Geschichte:
    Stotterndes Kind, war über 2 Jahre in der Logopädie, die vom Sprechen her keine Erfolge gebracht hat, vom Selbstvertrauen schon. Jetzt wurde die Logopädie aus krankenkassenrechtlichen Gründen ausgesetzt. Letztes Jahr war ich im regelmäßigem Gespräch mit der Therapeutin und informiert, nach welchen Techniken sie arbeitet (lang gezogene Silben oder rhythmisches Sprechen) und habe das auf den Unterricht, so weit es ging, übertragen.
    Schulisch hat der Schüler einen Notenschutz bei allen mündlichen Leistungen.


    Zu beobachten:
    kann kein r sprechen, atmet falsch beim Sprechen, verkrampft sich und bekommt deswegen die Wörter nur mühsam heraus.


    Jetzt habe ich aber ganz interessante Feststellung gemacht. Der Schüler hat mir alleine vorgelesen. Ich fing ganz langsam mit ihm an und sagte ihm, wo er atmen sollte und meinte, das r wäre erstmal egal. Nach 4-5 mal mit Temposteigerung konnte der Schüler den Abschnitt mit fast richtiger Atmung flüssig lesen.


    Nun habe ich mir überlegt, ob ich vielleicht in dieser Richtung mit dem Schüler arbeiten sollte: Ihm kleine Lesestücke aufgeben, Atemzeichen hinein, ein paar r Übungen und vielleicht einmal 1-2 Sätze auswendig lernen lassen. Vielleicht wirkt sich das mit der Zeit auf eine flüssige Sprechweise aus.


    Meine Frage: Wer hat Erfahrungen mit Stotteren, die ähnliche Probleme hatten und könnte ich evtl. so vorgehen? (Ich weiß, dass ich auch rhythmische Klatschübungen machen könnte, das kriegt er so oder so hin.)

  • Danke für deine Antwort.

    Darf ich fragen, warum die Logopädie von der Krankenkasse nicht mehr bezahlt wird?

    Das weiß ich nicht (mehr), den Grund hat mir die Therapeutin vor längerer Zeit genannt. Das hatte irgendetwas mit der Dauer zu tun.


    Nachtrag zu deinem Link:
    Kann das sein, dass dieser schon etwas älter ist? Einige weiterführende Links gehen nicht mehr und wenn man auf die aktuelle Seite der Schulberatung auf einem anderen Weg kommt, kann man diese Seite nicht mehr aufrufen.

  • klingt mal wieder nach so einem Paragraphenscheiss a la "kein Erfolg in Zeitraum X, wird nicht weiter gezahlt" - im Pauschalisieren sind Krankenkassen leider "Experten".


    Weißt du denn, ob das Problem mit dem "r" ein körperliches ist (also zB eine Fehlbildung)? Die anderen Laute gelingen ansonten...? Es ist btw auch ein Fortschritt, mehrSelbstvertrauen bei so einem Kind aufzubauen, konnte das der Kasse nicht vermittelt werden?

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
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  • Weißt du denn, ob das Problem mit dem "r" ein körperliches ist (also zB eine Fehlbildung)?

    Das weiß ich nicht bestimmt, es fällt auch rein optisch nichts auf. Ich weiß aber, dass die Therapeutin daran gearbeitet hat, die Mundmuskulatur zu trainieren. Das Kind ist aber im Augenblick auf Anraten der Logopädin relativ neu in Ergotherapie. Vielleicht ist das auch der Grund, dass Logo im Augenblick ausgesetzt wird.
    Das Kind war von Anfang an in seiner Sprachentwicklung verzögert und hat es bisher nie geschafft ohne Hindernisse etwas längere Sätze flüssig zu sprechen.
    Die Mutter selbst ist keine so aktive Mutter, man muss ihr immer ein bisschen sagen, was sie tun soll.
    Du bringst mich auf die Idee, sie einmal zu fragen, was der Zahnarzt zum Kiefer sagt. (Wobei ich denke, dass die Logopädin das alles gemacht hat und veranlasst hat, was notwendig ist; diesen Eindruck hatten ich in Gesprächen mit ihr gewonnen.)

  • Es ist in der logopädischen und sprachheiltherapeutischen/sprachheilpädagogischen Praxis nicht ungewöhnlich, dass Therapiepausen (behandlungsfreie Intervalle) eingelegt werden, im Anschluss kann durch einen Arzt oder eine Ärztin eine neue Verordnung ausgestellt werden. Mit jeder Verordnung (Erstverordnung, Folgeverordnung) können bis zu zehn Sitzungen verschrieben werden, die Gesamtverordnungsmenge des Regelfalls umfasst laut Heilmittelverordnung bis zu 50 Einheiten.


    Die Behandlung von Störungen des Redeflusses wie dem Stottern (ebenso wie die phonetisch-phonologische Therapie bzgl. /r/) gehört in die Hände von Fachkräften. Auch wenn die geschilderte Strategie den Schüler beim flüssigeren Vorlesen unterstützt, gebe ich zu bedenken, dass das Ziel die Verbesserung bzw. Normalisierung des Redeflusses in der Spontansprache sein sollte und die Therapie von Störungen des Redeflusses recht komplex ist (unter anderem Aufbau von Kommunikationsstrategien, Koordinierung von Atmungs- und Sprechablauf, Regulierung der Phonationsatmung, Abbau der Begleitsymptomatik).


    Sollte tatsächlich die Krankenkasse ablehnen, weiterhin für die Langzeitbehandlung aufzukommen, würde ich den Eltern empfehlen, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen.
    Unterrichtsimmanente Sprachförderung durch eine Lehrkraft der Regelschule kann eine gezielte und intensive Sprachtherapie nicht ersetzen.

  • Je nach Ausprägung der Primär- und Sekundärsymptomatik sowie der damit einhergehenden schulisch-akademischen und sozial-kommunikativen Einschränkungen kann bei Stottern auch der mobile Dienst der zuständigen Sprachheilschule/Förderschule Sprache hinzugezogen werden. Zumal wenn noch phonetische und/oder phonologische Auffälligkeiten wie der Rhotazismus vorliegen. Wie alt ist das Kind denn?

  • Es ist nett, dass ihr euch um die Beratungsmöglichkeiten Gedanken macht. Professionelle Beratung ist nicht mein Problem, die ganze Maschinerie in Richtung Schulberatung kenne ich, auf den MSD kann ich jederzeit beratend zurückgreifen, auch hatte ich schon Kontakt mit einem entsprechenden Verband. Wobei ich sagen muss, dass nur die Logopädie mir wirklich praktische Tipps gegeben hat, die jetzt wegfallen. Die anderen Beratungen gingen eher in Richtung Selbstbewusstsein fördern oder Notenschutz, was er inzwischen hat.
    Die Lösung heißt langfristig wirklich Logopädie. Ich würde zudem gerne der Mutter einen spezialisierten Sprachtherapeuten vorschlagen um neue Impulse zu setzen, doch die Leute, die von den Verbänden/Interessensgruppen empfohlen werden, sind rar und aufgrund besonderer Umstände muss der Therapeut vor Ort sein.


    Meine Frage bezog sich eher nach den Erfahrungen mit einer solchen Vorgehensweise. Ich sehe meine Arbeit nur unterstützend, will aber in meinem Rahmen möglichst gezielt unterstützen und ich hatte mit dem Lesen ein AHA- Erlebnis. So gut hat er noch nie gelesen mit dieser Methode, das war im letzten Schuljahr viel mühsamer mit Silben markieren, Atemzeichen eintragen, rhythmisch sprechen oder lang gezogen sprechen. Das Sprechen hingegen hat sich nicht geändert. Alter des Kindes: 10.

  • Ich kenne mich mit Sprechstörungen nicht aus, aber Annelie offensichtlich und sie schrieb:

    ...
    Die Behandlung von Störungen des Redeflusses wie dem Stottern (ebenso wie die phonetisch-phonologische Therapie bzgl. /r/) gehört in die Hände von Fachkräften. Auch wenn die geschilderte Strategie den Schüler beim flüssigeren Vorlesen unterstützt, gebe ich zu bedenken, dass das Ziel die Verbesserung bzw. Normalisierung des Redeflusses in der Spontansprache sein sollte und die Therapie von Störungen des Redeflusses recht komplex ist...

    Der mehrfache Hinweis auf das Hinzuziehen von Fachkräften war vermutlich so gemeint, dass es kontraproduktiv sein kann, selbst herumzuprobieren.


    Wenn das Kind in der Klasse sein darf, wie es ist und wenn ihm die Übezeit mit dir gut tut, spricht sicher nichts dagegen. Schwierig wird es wohl, wenn du hoffst, dass der Redefluss sich irgendwie von allein auch ändern wird und er das nicht tut. Enttäuschung/Ungeduld sollte dann bei dir keine aufkommen.


    Im Unterricht kann es übrigens auch helfen, zu zweit lesen zu lassen. Oder andere die Hausaufgabe vorlesen zu lassen. Rausnehmen von Stress in erster Linie, also du tust schon alles, was dem Kind gut tut :)

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