Soll jeder Lehrer das verdienen was er verdient?

  • mein Pädagogik-Prof war einer der angesehensten Berufspädagogen im Süddeutschen Raum und wohl auch deutschlandweit, hatte aber nach eigener Aussage null Erfahrung als Lehrer.


    In anderen Worten - er hatte von Tuten und Blasen keine Ahnung. Ich finde es immer schön, wenn pseudowissenschaftliche Akademiker so ehrlich sind.

  • Oh ich glaube den hatte ich auch....und für die nicht Berufsschullehramtler war es noch viel lustiger, denn davon hätte er noch viel weniger Ahnung. Aber hey, er konnte damit angeben ständig mit den Politikern unterwegs zu sein.
    Wirklich etwas über Pädagogik hab ich dann erst im Ref gelernt...meine Kollegen waren mir ein ganzes Stück voraus...

  • In anderen Worten - er hatte von Tuten und Blasen keine Ahnung. Ich finde es immer schön, wenn pseudowissenschaftliche Akademiker so ehrlich sind.

    Redet ihr von Hilbert Meyer - dem Pädagogik-Papst? Vita
    Ref + ein paar Monate ... ;)
    Man munkelt, dass die Seminararbeiten der Studenten für die Entstehung der Bücher zentrale Bedeutung hatten... was für den Ideenreichtum der Lehramtsstudenten spricht.


    Nun... Erfahrung aus der Praxis ist ja schon vorhanden. Abiturienten haben (mindestens) 12 Jahre Erfahrung aus der Schulpraxis.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • DePaelzerBu spricht vom süddeutschen Raum, kann also nicht Hilbert Meyer meinen (dieser lehrt in Oldenburg). Wenn man Meyers Lebenslauf anschaut, ist es schon ein wenig mehr als ein paar Monate. Und wann soll denn sonst jemand mit der Promotion anfangen, diese fertigstellen, als wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeiten, habilitieren und schließlich als Professor arbeiten? Mit 40 Jahren fängt damit auch keiner mehr an .....
    Ich denke, da gibt es auch einen gro0en Unterschied zu der vorherigen Diskussion bezüglich Berufsschulehrer und Hochschullehrenden.

    Einmal editiert, zuletzt von Nordseekrabbe76 ()

  • Es gibt auch Hochschullehrer, die weiterhin teilbeschäftigt an der Schule sind, weil sie zwar das akademische Arbeitsmilieu schätzen, aber dann doch weiterhin die Verbindung zur Arbeit "an der Basis" und mit den Kindern halten wollen. In der Regel ist es aber schon so, dass die Allermeisten sich früher komplett für Schule oder Uni entscheiden. Wie aussagekräftig die Weisheiten eines Didaktik- oder Pädagogikdozenten sind, der selbst gerade mal ein paar Tage unterrichtete - das muss jeder für sich selbst entscheiden...

  • ....das sagt der Student, der selber noch keine Ahnung hat :–(
    Nur so am Rande, welcher Hochschulprofessor arbeitet gleichzeitig noch regulär in der Schule? Ich kenne keinen.

  • @Nordseekrabbe: Können wir jetzt mal über das "Du bist aber noch kein fertiger Lehrer, dudidu!"-Niveau hinwegkommen? Es ist albern und bringt nichts. Ich schrieb bewusst nicht "Hochschulprofessor", sondern "Hochschullehrer" (also primär diejenigen ohne Professorentitel) und ja, ich habe bzw. hatte durchaus den einen oder anderen Dozenten, der noch an der Schule arbeitet.

  • Wenn man Meyers Lebenslauf anschaut, ist es schon ein wenig mehr als ein paar Monate.

    Meyer war inklusive Referendariat vom August 1964 bis zum März 1967 Lehrer. Am 31. 3. 1967, exakt einen Monat nach seiner Verbeamtung, wurde er aus dem Schuldienst und aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Zwei Jahre und sieben Monate insgesamt. :)


    Von da an kennt er die Schule nur noch aus zweiter Hand, was ihn aber niemals daran gehindert hat, sich selbst als in Ehren ergrauter Volksschullehrer mit reichem Erfahrungsschatz zu inszenieren.

  • Professor Spannagel von der PH Heidelberg(?) Super Typ, hält tolle Vorlesungen!

    Wobei die Vorlesungen von Spannagel eigentlich Besprechungen seiner Vorlesungen sind - denn die Vorlesungen stehen für die Studenten (und den Rest der Welt) vorab online.
    Bemerkenswert auch das Mathe-MOOG


    Die Seiten anzuschauen ist für jeden Mathelehrer ein lohnenswerter, anregender und amüsanter Zeitvertreib.

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    Heinrich Böll

  • Weil Pädagogik ja auch nur aus Lehramt besteht und weil alle Lehrer unheimlich Ahnung von Forschung haben... :tot:


    Mal im Ernst: Wenn du an eine Professur haben willst, brauchst du im Durchschnitt irgendwas zwischen 6 und 12 Jahren bis du allein die Voraussetzungen dafür hast, danach beginnt dann (außer du hast wirklich schon in der Dissertation und der anschließenden Habilitation/Juniorprofessur das Haus gerockt) die Ochsentour mit Vertretungsprofessuren, Vorsingen und dem ganzen Scheiß. Rechne mal realistisch nochmal 3-5 Jahre drauf. Also 9-17 Jahre nach deinem Universitätsabschluss hast du deine Professur. Nun hast du zwischendrin irgendwann nochmal das Referendariat gemacht (rechnen wir der Einfachheit halber mit 2 Jahren), also 11-19 Jahre nach dem Universitätsabschluss. Wie lange willst du da denn bitte zwischen drin noch tatsächlich als Lehrer tätig sein, vor allem wenn du davon ausgehst, dass die Reihenfolge ja in fast allen Fällen so sein wird:
    Studium --> Referendariat --> Lehrer --> Promotion --> Postdoc --> Vorsingen --> Professur


    Ach ja und vielleicht möchte man irgendwann auch mal eine Familie haben und die nicht mit ständigen Umzügen beglücken. Leute mit längerer Erfahrung an der Schule hast du früher vor allem im Mittelbau gefunden und findest du heute im 2. Ausbildungsabschnitt...das ist auch ok, im ersten Abschnitt sollst du etwas über Forschung und Theorie lernen, der zweite ist für die Praxis. ;)

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • das ist auch ok, im ersten Abschnitt sollst du etwas über Forschung und Theorie lernen, der zweite ist für die Praxis.

    Klar ist das in erster Linie eine Frage des Systems. Zu meiner Unizeit vor ca. 20 Jahren hat das aber bedeutet, dass die Didaktik im Lehramt Gymnasium eher eine Außenseiterposition eingenommen hat: Im Kontext der Studienordnung, denn ich musste in jedem Fach nur einen (!) Didaktikschein und eine mdl. Prüfung im Staatsexamen machen, wie auch aus Sicht der Studierenden. Die vermittelte Theorie und Forschung, von der du sprichst, war so abstrakt und ohne jeden Bezug zu eigenen Erfahrungen, dass die meisten Studierenden den Sinn einfach nicht darin erkennen konnten. Didaktik war also etwas, was man halt irgendwann mal dazwischen schiebt, was im Rahmen eines Lehramtsstudiums irgendwie auch nicht richtig ist.
    Die "guten" Veranstaltungen (aus Sicht der Studierenden) waren die von Lehrern, die durch Lehraufträge und Teilabordnungen an die Uni gekommen sind. Die haben immer viel aus der Praxis erzählt, haben gezeigt, wo Theorien im Unterrichtsalltag ihre Grenzen haben etc. Das war spannend und interessant. Allerdings, und das sehe ich erst jetzt in der Rückschau, waren diese Seminare eher anekdotisch und wenig durch wissenschaftliche Grundlagen und aktuelle Forschung gedeckt. Das kann auch nicht das Niveau eines akademischen Studiums sein.
    Was also fehlt, wäre eine Verknüpfung: Jemand, der sich tief in die Forschung eingearbeitet hat, und diese dann wissenschaftlich mit der Unterrichtsrealität abgleicht. Wie das funktionieren soll, nachdem das System den Weg vorgibt, den Valerianus beschrieben hat, weiß ich allerdings auch nicht.


    EDIT: Ich kann mich noch erinnern, dass deine Signatur bei Referendar.de früher irgendwas war wie "Derzeit unterrichte ich Studierende darin, wie man richtigen Unterricht hält, ab November lerne ich es dann im Referendariat selbst.". Der ironische Unterton zeigt doch auch irgendwie, dass du hier einen Widerspruch gesehen hast. Sofern nicht ein anderer promovierter Lehrer mit dem Nick "Valerianus" herumläuft.

  • Was also fehlt, wäre eine Verknüpfung: Jemand, der sich tief in die Forschung eingearbeitet hat, und diese dann wissenschaftlich mit der Unterrichtsrealität abgleicht. Wie das funktionieren soll, nachdem das System den Weg vorgibt, den Valerianus beschrieben hat, weiß ich allerdings auch nicht.

    Da musst man sich mal an den Ausbildungen für die "niederen Schularten" Real- und Hauptschule orientieren. Hier sind Didaktik, Methodik und Fachwissenschaft (das "Wie?" und das "Was?") seit Jahren sowohl in der Forschung als auch in der Studienordnung gleichauf...

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Diese Orientierung nach unten findet aber auch nicht immer statt...bei mir an der Uni gab es tatsächlich keinen Unterschied zwischen Gym und Realschullehrer. Und zwischendurch saßen immer noch die Berufsschulkollegen.
    Da waren die Unis, die ohne Gym-LA ausgestattet waren deutlich besser aufgestellt.

  • Hast du, panthasan, in Hessen studiert? Wenn ja, dann ist doch gerade das Mathematiklehramtsstudium sehr schulformspezifisch ausgerichtet mit vielen Lehrveranstaltungen explizit für L1, L2/L5 sowie L3. Einzig die Berufsschullehramtsstudenten belegen in ihrem allgemeinbildenden Fach ein bisschen was von allem, was aber auch daran liegt, dass sie aufgrund ihrer geringen Anzahl zumeist Exotenstatus haben und es sich daher nicht lohnt, explizit für sie eigene Kurse anzubieten (wohlgemerkt im allgemeinbildenden Fach, im berufsbildenden Fach sieht es noch einmal anders aus).

  • @WillG: Ich stimme dir völlig zu, die fehlende Praxiserfahrung vieler Dozenten ist ein deutliches Problem, gerade in den Pädagogik- und Didaktikveranstaltungen. Lösen könnte man das durch mehr Mittelbaustellen für die Lehramtsausbildung, aber da kommt dann das nächste Problem: Die Mittelbaustellen an der Uni sind alle akademischer Rat (A13), ganz selten gibt es mal Oberratsstellen, das ist (zumindest für die Gymnasiallehrer) einfach auch nie eine Aufstiegsoption gewesen, d.h. mit etwas Pech bekommt man da dann die Leute hin, die gemerkt haben, dass sie doch nicht so gern mit Kindern arbeiten. Es ist alles Mist.
    Und ja, so eine Signatur hatte ich da wohl...aber im Nachhinein war es kein zu schlimmer Quatsch den ich damals erzählt hab, weil man sowas wie Testkonstruktion, Dyskalkulie und Wissenschaftsmethodik entweder nicht nur oder kaum in der Schule braucht...aber inzwischen hätte ich deutlich bessere Beispiele...xD


    alias: Ich glaube es geht um die Praxiserfahrung der Lehrenden, nicht direkt um die Praxisanbindung der einzelnen Studiengänge (obwohl sich das wohl bedingt).

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  • @Lehramtsstudent:
    Nein ich war nicht in Hessen. Habe jeden Teil der Ausbildung in nem anderen BL gemacht und bin anschließend in Hessen gelandet.
    Und wie gesagt, ausser einigen Didaktikveranstaltungen die von abgeordneten Lehrern gestaltet wurden (zum Teil auf echt hohem Niveau, allerdings immer auf Gym bezogen) waren die sonstigen Lehramtsveranstaltungen sehr selbst beweihräuchernd und neben der Theorie "unseres"Pädagogikgurus hatte keine andere Platz.

  • Alter Schwede!
    Jetzt hab ich doch tatsächlich eine E-Mail bekommen, in der steht, dass ich für eine Leistungsprämie vorgesehen bin. :ohh:


    Also echt, in meinem alten Job hätte ich die wirklich verdient gehabt. 8) Aber gerade bin ich noch ein Neuling, bin mit meinem Unterricht gar nicht zu 100% zufrieden und wenn mich meine Kollegen nicht so toll unterstützen würden, dann wäre ich voll aufgeschmissen.


    Jetzt hoffe ich einfach mal, dass die viele Kollegen bekommen, sonst fände ich es ziemlich ungerecht.


    Liebe bayerische Kollegen, könnt ihr mich beruhigen und sagen, dass es das oft gibt? Im Kollegium fragen ist ja irgendwie komisch...

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

  • Weil Pädagogik ja auch nur aus Lehramt besteht und weil alle Lehrer unheimlich Ahnung von Forschung haben...

    Die Umkehrung halte ich für viel relevanter: Lehramt besteht eben nicht nur aus Pädagogik, und das scheinen viele "Pädagogik-Professoren" regelmäßig zu vergessen.


    Als Lehrer geht es eben nicht nur darum, die Kinder zu "erziehen" und ein möglichst lernförderliches Klima zu schaffen, sondern man ist in ein Spannungsfeld aus rechtlichen Rahmenbedingungen, chronischer Zeitknappheit, teilweise unrealistischen Lehrplananforderungen, Sündenbock für gesellschaftlichen Fehlentwicklungen, "Helikopter-" und uninteressierten Schülereltern, dauerndes Reformkarussel der Bildungspolitik und mittlerweile auch religiösen Differenzen eingebunden.


    "Pädagogik" ist mittleweile nur noch ein kleiner Teil des Lehrerberufs. DAS sollten unsere Elfenbeinturm-Professoren langsam verstehen und nicht von der "heilen Schulwelt", in der es "nur auf den Lehrer" ankommt, weiterträumen...


    Gruß !

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