Integrationskinder im Gymnasium - weitere Fremdsprachen sinnvoll?

  • Hallo,
    wir sind Integrationsschule für MigrantInnen und es sieht bei uns momentan so aus, dass MigrantInnen bereits nach ca. drei Monaten in die Regelklassen eingegliedert werden. Sie haben dann ca. 12 Stunden DaZ-Unterricht und nehmen sonst am Regelunterricht teil. Das bis dahin erreichte Sprachniveau ist je nach Kind sehr unterschiedlich.
    Ich unterrichte das Fach Französisch und da die Kinder ja am Regelunterricht teilnehmen sollen, muss ich nun Kinder, die z.T. eine Fluchtgeschichte haben und die ihre Kräfte dringend auf das Deutschlernen konzentrieren müssten, in Französisch unterrichten. Das Argument ist, dass den Kindern die Möglichkeit gegeben werden soll, am Gymnasium zu bleiben. Natürlich soll dieser Weg offen bleiben, aber als Fremdsprachenlehrerin ist es mir absolut unverständlich, wie Kinder in dieser Situation in der Lage sein sollen, Deutsch, teilweise auch Englisch und überdies noch Französisch lernen bzw. nachholzuholen (teilweise werden sie einfach mit in das zweite oder dritte Lernjahr gesetzt). Natürlich ist diese Erfahrung für die meisten absolut frustrierend, von einigen arabischen Kindern mit französischen Vorkenntnissen abgesehen. Für die anderen verhindert dieses Vorgehen m.E. geradezu, dass die Kinder eine faire Chance auf eine gymnasiale Einstufung nach zwei Jahren erhalten. Deutsche Eltern würden - zu Recht! - Sturm laufen, wenn man ihren Kindern Ähnliches abverlangte... Ist das so überhaupt legal? Wie läuft das an Euren Schulen?

  • Hallo,
    gibt es bei euch nicht die Möglichkeit, dass diese Kinder später an einer Herkunftssprachenprüfung teilnehmen können? Bei uns müssen sie dadurch nicht zwangsläufig eine weitere Sprache lernen. Das gilt zumindest für die älteren SuS. Nur die Kinder, die in eine 5. oder 6. Klasse eingegliedert werden, müssen weitere Fremdsprachen lernen.
    Wir handhaben das so, dass die, die an einer HSP teilnehmen, im Fremdsprachenunterricht zusätzliche Aufgaben für DaZ bearbeiten.

  • Ich bin da nicht ganz sicher, werde mich mal erkundigen. Im Moment habe ich unter anderem das Problem, dass ein polnischstämmiger Schüler der sechsten Klasse, der erst einige Wochen nach Schuljahresbeginn in den Französischkurs kam (Anfängerkurs, d.h. er hat den Beginn verpasst), nun gleichzeitig Deutsch, Englisch und Französisch lernen soll. Wenn ich mich recht erinnere, wurde gesagt, eine HSP sei nicht möglich. Der Junge ist vollständig überfordert und blockt total ab. So habe ich ihn mehrfach gebeten, sein Wörterbuch mitzubringen, damit er die deutschen Aufgabenstellungen erschließen kann, das hat er dann immer vergessen. Er versucht auch immer wieder , Französisch zu "vergessen" und stattdessen in den DAZ-Raum zu gehen. Offen gestanden kann ich ihm das nicht verübeln.
    Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Schulleitung das Problem in Richtung der DAZ-KollegInnen verschiebt und selbst nicht so genau Bescheid weiß...

  • Ich verstehe dein Problem, meinen DaZ-Kids geht es ähnlich. Sie sind überfordert und stehen unter großem Druck, da sie mit ihren Mitschülern mithalten möchten. Diejenigen, die nur die Mittlere Reife machen wollen, lassen sich ihre Muttersprache als HSP anerkennen, die am Gymnasium lernen noch Englisch dazu (und haben auch Anspruch auf Englischförderung, zumindest in RLP) und machen die HSP jedes Jahr. Sowas muss möglich sein. An manchen Schulen haben die SuS statt der Fremdsprache dann frei (sogar in der Mittelstufe), an anderen Schulen müssen sie am Unterricht teilnehmen, werden allerdings nicht benotet.
    Die zusätzliche Englischförderung ist bei uns nicht möglich, wenn die Schüler noch in der 5. oder 6. Klasse sind. Aber sie können dennoch eine Fremdsprache durch die Muttersprache anerkennen lassen. Erkundige dich nochmal, ob deine SL das nicht vielleicht verwechselt hat.

  • Vielen Dank für den guten Rat! Ich verlange normalerweise nicht wenig von meinen SchülerInnen, bin aber nicht in der Schule, um Kinder sinnlos zu quälen, verd...!

    • Offizieller Beitrag

    Hat eure Schule in der Oberstufe eine "Neuanfänger-Fremdsprache"? Ich sag's mal so... wenn bei mir in der 8 ein solcher Schüler ankommen würde, würde ich ihn zum Deutschlernen verdonnern und Französisch mehr oder weniger ignorieren. Das müsste einfach möglich sein. Das Fach wird er so oder so am Ende der 9 abwählen...
    Wenn er Abi machen will UND tatsächlich eine 2. Fremdsprache bräuchte (sprich: die Herkunftspracheprüfung aus welchem Grund auch immer nicht funktionieren würde), kann er immer noch Italienisch oder Spanisch lernen. Wenn er bis dahin in ruhigen Verhältnissen ist.

  • Wenn die weitere Fremdsprache derart überfordert, warum wird es dann nicht erst mit der Realschule versucht? Auf der Realschule ist eine 2. Fremdsprache nur optional und das Niveau allgemein etwas gedrosselter, was u.U. den Schülerbedürfnissen eher entgegenkommt.


    Zumindest in Bezug auf den polnischstämmigen Jungen kann man sich fragen: Was haben sich die Eltern dabei gedacht? Ziehen mal eben mitten im Schuljahr nach Deutschland, haben wahrscheinlich vorab nur wenig Deutsch gelernt und der Junge muss sich alleine mit dem neuen Schulsystem zurechtfinden... Aber das Gymnasium muss natürlich sein, das hat man mal so gehört :autsch: . Unverantwortlich, ein solches Verhalten!

  • Tatsächlich sind wir die Integrationsschule im Schulbezirk und nehmen erst einmal alle SchülerInnen auf, die Zuteilung zu anderen Schulformen erfolgt dann später. Ein Problem ist auch, dass die Kinder dann häufig keinen anderen Platz bekommen... Ich werde den Rat, die zweite Fremdsprache in die Oberstufe zu legen einfach mal an die Schulleitung weitergeben. Vielleicht stoße ich ja auf Einsicht. :aufgepasst:

  • Zumindest in Bezug auf den polnischstämmigen Jungen kann man sich fragen: Was haben sich die Eltern dabei gedacht? Ziehen mal eben mitten im Schuljahr nach Deutschland, haben wahrscheinlich vorab nur wenig Deutsch gelernt und der Junge muss sich alleine mit dem neuen Schulsystem zurechtfinden... Aber das Gymnasium muss natürlich sein, das hat man mal so gehört :autsch: . Unverantwortlich, ein solches Verhalten!

    Sowas kenne ich leider nur zu gut! Mit zwei Familien, die mehrere Kinder in meinem DaZ-Kurs haben, gibt es da enorme Probleme. Die Eltern und auch die Schüler sehen das Gymnasium und Abitur als einzige Möglichkeit an; Alternativen (die ja in Deutschland absolut keine Schande sind) kommen für sie überhaupt nicht infrage. Die SuS sind der Meinung, sie würden das schaffen, auch wenn die Noten (in fast allen Fächern) mangelhaft und ungenügend sind. Es ist wirklich frustrierend, sie sind extrem beratungsresistent und wir haben mittlerweile aufgegeben, ihnen ihre Chancen zu erläutern. Sie hatten bereits mehrere Gespräche mit der Schulleitung und der Stufenleitung, aber sie bleiben stur. Sogar um Plätze an der Berufsschule hatte sich die SL für die Oberstufenschüler gekümmert, doch die wollten sie nicht annehmen.
    Extra für sie angebotene Förderkurse lehnten sie ab, da sie lieber frei haben wollten (die Kurse hätten sogar in Freistunden gelegen). Am Ende des Schuljahres werden sie sehen, was ihnen ihre Sturheit gebracht hat.
    Viele Migranten kommen mit unrealistischen Vorstellungen in die Schule. Sie wollen nicht viel tun, aber alles erreichen. Natürlich ist das Gymnasium schwer, selbst für viele Deutsche, das muss ihnen einfach klar werden.

  • Das ist einfach ein dringendes bildungspolitisches Problem. Deswegen wird auch immer wieder eine Modularisierung des Fremdsprachenerwerbs gefordert. Da muss man einfach Kurse für A1 und A2 in der Fremdsprache eröffnen und nicht die Kinder in die Regelklassen mit reinsetzen.

  • Marie: So läuft es an der Uni, wo es nicht schlimm ist, wenn ein 20-jähriger in einem Kurs mit einem 50-jährigen sitzt. In der Schule identifizieren sich aber Schüler noch sehr stark mit Gleichaltrigen (statt mit Menschen mit gleichen Interessen) und da kommt sich ein 15-jähriger in einer Klasse mit lauter 11-jährigen schlichtweg deplatziert und "dumm" vor. Ein Großteil der Schüler durchläuft die Schulzeit ja ohne Sitzenbleiben, weswegen eine entsprechende Einrichtung von Niveaukursen genau zu dieser unglücklichen Klassenkonstellation führen würde.

  • In der Uni fühlt sich ein 50-jähriger (oder 40-jähriger) zwischen den 20-jährigen auch deplatziert. Die Interessen und die Motivation sind verschieden, erst recht die familiäre Situation. 20-jährige Studenten haben i.d.R. keine eigene Familie zu versorgen, 35-, 40-jährige und älter zumeist schon. Das klingt trivial, bringt im Uni-Alltag aber durchaus Probleme mit sich. z.B. wenn sämtliche Übungs- und Lerngruppen mitten am Nachmittag stattfinden bzw. sich treffen, der Ältere in dieser Zeit aber seine Kinder beaufsichtigen, versorgen, vom Kiga abholen muss, etc.
    Diese alten Studenten, die da manchmal in den Vorlesungen sitzen, werden im Übrigen von den "normalen" jungen Studenten auch sehr argwöhnisch beäugt ("Was will der Alte hier?"). Da fällt schon die merkwürdige Matrikelnummer in den Notenaushängen auf, die aufgrund ihrer vollkommen anderen Anfangsziffer aus dem vorigen Jahrhundert stammen muss... ("Da studiert wohl einer schon seit 40 Semestern?! Was´n das für einer?")


    Ich spreche aus eigener Erfahrung während dem Versuch eines Zweitstudiums.


    Aber das nur mal nebenbei.


    Zu den Schülern: Wir haben Flüchtlingsfälle, die werden z.B. 1 Jahr zurück gestuft. Es ist aber auch hier schon vorgekommen, dass die sich in der Klasse fehl am Platz fühlten, da sie selbst mehr Reife mitbrachten als die Klassenkameraden. Im Alter von 13, 14 Jahren kann 1 Jahr Altersunterschied schon spürbar sein.


  • Zu den Schülern: Wir haben Flüchtlingsfälle, die werden z.B. 1 Jahr zurück gestuft. Es ist aber auch hier schon vorgekommen, dass die sich in der Klasse fehl am Platz fühlten, da sie selbst mehr Reife mitbrachten als die Klassenkameraden. Im Alter von 13, 14 Jahren kann 1 Jahr Altersunterschied schon spürbar sein.

    Da sagst du was. Vor allem, wenn dann auch noch die Kulturen aufeinanderprallen, und Mißverständnisse oft vorprogrammiert sind.
    Wir haben auch Flüchtlingskinder an unserer Schule - sicherlich nicht allzu viele, denn die Anforderungen erfüllen sicherlich die Mehrzahl nicht, aber die, die wir haben, geben sich größtenteils Mühe, mitzukommen. Wie leicht oder schwer das im Einzelfall fällt ist vor allem von den vorhandenen Sprachkenntnissen abhängig. Je nach Herkunftsland können Englich- oder Französischkenntnisse durchaus schon vorhanden sein, die Frage ist dann meist, wie schnell und erfolgreich Deutsch erlernt werden kann. Wenn Lernbereitschaft da ist, ist viel möglich, und genau da ist der jeweilige Ansatzpunkt. Die Kinder (und deren Familien) die begreifen, was möglich ist wenn man entsprechend mitarbeitet und Zeit investiert, sind nicht das "Problem".
    Inwieweit Sprach"alternativen" im Stundenplan hier helfen können - immerhin ist für diese Kiinder ja Deutsch auch eine Fremdsprache, und dementsprechend dann die zweite - ist aber nicht Lehrer- oder Schulsache, das haben andere zu entscheiden. Sinnvoll wäre es vermutlich - allerdings bräuchte es dann auch mehr Lehrkräfte in der Muttersprache (die ja auch unterrichtet werden sollte) - ich kenne hier zB verdammt wenige Arabischlehrer...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • tut mir leid, schrecklich OT, aber "Lehramtsstudeent", möchtest du nicht einfach weiterstudieren? Du pupst hier bei JEDEM Thema mit und aufgrund deiner nicht ernsthaft vorhandenen fachlichen Erfahrung haben diese Aussagen den gleichen Nutzen wie irgendwelche Stammtischdiskussionen.

  • muss ich nun Kinder, die z.T. eine Fluchtgeschichte haben und die ihre Kräfte dringend auf das Deutschlernen konzentrieren müssten, in Französisch unterrichten.

    Meiner Erfahrung mit Flüchtlingskursen nach, haben viele Lerner, die aus dem nahen Osten, der Levante, geflohen sind, Französischkenntnise. Bei mir betrifft das allerdings Erwachsene. Wie sieht das bei dir aus?

  • tut mir leid, schrecklich OT, aber "Lehramtsstudeent", möchtest du nicht einfach weiterstudieren? Du pupst hier bei JEDEM Thema mit und aufgrund deiner nicht ernsthaft vorhandenen fachlichen Erfahrung haben diese Aussagen den gleichen Nutzen wie irgendwelche Stammtischdiskussionen.

    8) Mich hat das Geschreibsel von diesem Vollpfosten schon von Anfang an genervt. Tipp: User ignorieren. Du gehst einfach auf sein Profil und drückst oben rechts auf die Schranke. Schon wird man von diesem Geschwafel verschont.

  • Wie läuft das an Euren Schulen?

    Ähnlich wie bei Dir.


    Eine Situation ist mir besonders im Gedächtnis geblieben:
    Es stand im Kollegium zur Debatte, ob einige geflüchtete Schüler von der Berufsschule in die Sonderberufsschule versetzt werden, da sie zum Teil überhaupt noch nie in einer Schule gewesen sind und dementsprechend sehr große Probleme haben und dass sie den Abschluss schaffen utopisch ist. Dies wurde abgelehnt mit der Begründung, dass dies als negative "Abstufung" empfunden würde. Manche Kollegen sind bereit alles zu unternehmen um einen Abschluss zu ermöglichen, z.B. schriftliche Prüfungen durch (ich behaupte mal "wohlwollende") mündliche zu ersetzen.


    Die Politik möchte, dass bestimmte Abschluss-Quoten erreicht werden und zwar möglichst schnell, denn Beschulung verursacht Kosten.


    Die Selektion verlagert sich von der Schule weg zu den Unis und Firmen.

    • Offizieller Beitrag

    Es kommt auch darauf an, wo die Schüler herkommen. Afrikaner aus den ehemaligen französischen Kolonien können zum Beispiel oft schon etwas bis sehr gut Französisch, da kann es auch ein Vorteil sein. Ebenso haben Schüler aus Spanisch, Portugiesisch oder auch Rumänisch / Moldawisch sprechenden Gebieten oft Vorteile, wenn diese oder auch andere romanische Sprachen angeboten werden.


    Anders sieht es dann wieder aus, wenn die Schüler z.B. nur Arabisch oder afghanische Sprachen sprechen, vielleicht sogar noch alphabetisiert werden müssen. Dann wäre es definitiv eine Überforderung.

  • Na klar, für SchülerInnen, die Französischkenntnisse mitbringen ist die zweite Fremdsprache kein Problem, die sind unseren SchülerInnen häufig zumindest im Mündlichen überlegen. Das Ganze wird bitter, wenn SchülerInnen gezwungen sind, gleichzeitig Deutsch, Englisch und Französisch zu lernen (bzw. das bisher versäumte auch noch nachzuholen). Das ist mit einem Gymnasium als Integrationsschule im Moment tatsächlich die Rechtslage für die 6. Klasse, ich habe mich noch einmal erkundigt, weil ich es selbst kaum glauben konnte. Im Moment laufen die DAZ-KollegInnen noch einmal Sturm, um eine andere Regelung zu erreichen.
    Ich halte Euch auf dem Laufenden.
    LG

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