Mich würde z.B. interessieren: hat schon mal jemand ernsthaft alle Lehrpläne verglichen? oder die Einstellung von LehrerInnen bzgl. Leselernprozessen? Anzahl der Deutschstunden? zumeist verwendete Lehrwerke je Region?... irgendwas Konstruktives, Vergleichbares?
Ich kann jetzt nur von mir aus schreiben, vielleicht ist das ein Ansatz, zu vergleichen: Ich unterrichte gerade eine 4. Klasse. Ich schildere einfach einmal, was vielleicht Unterschiede machen könnte, weiß es aber nicht. Vielleicht ist in anderen Bundesländern vieles ähnlich.
Lesen:
In Bayern schreiben wir sogenannte "Leseproben", das sind anspruchsvolle Arbeiten, bei denen es darum geht, inhaltliche Aufgaben auf den verschiedenen Kompetenzstufen und technische Leseaufgaben zu lösen.
Schon seit Jahren haben wir die Flohkiste Leseförderung, ein Programm, das vom Lehrerverband immer wieder propagiert wird.
Neuerdings werden überall Lautlesetandems publik gemacht. Die Leseförderung ist in den Grundschulen ziemlich bewusst, manche Schulen haben das explizit in ihr Schulprogramm geschrieben.
Das denke ich, ist in anderen Bundesländern ebenso, hoffe ich zumindest einmal: Büchereibesuche, Ganzschriften, Schulbüchereien sind bei uns Standard.
Wir nutzen den bundesweiten Vorlesetag als Aktionstag oder das Angebot der Stiftung Lesen, Lesenächte sind in vielen Schulen selbstverständlich.
Zuhören:
Eine beträchtliche Anzahl von Unterrichtsstunden basieren auf der Zuhörkompetenz. Wenn wir modern unterrichten, setzten sich die Schüler im Ich- du - wir Verfahren mit einem Thema auseinander, zum Schluss wird alles besprochen. Da muss man gut zuhören.
Kooperative Unterrichtsmethoden sind angesagt. Explizit zuhören übe ich z.B. nicht sehr viel, weil ich weiß, dass diese Eigenschaft schon genug im Unterricht trainiert wird.
Rechtschreiben:
Wenn z.B. verfasste Texte überarbeitet werden, dann müssen diese ab Klasse 3 rechtschriftlich überarbeitet werden. Es gab einmal einen kurzen Trend vor ca. 10 Jahren, dass man Falsches auch veröffentlichen kann, inzwischen ist man davon abgekommen. Wir arbeiten schon immer mit einem Grundwortschatz und Rechtschreibstrategien, die sich neuerdings etwas verändert haben und schwerpunktmäßig in Richtung Silben gehen. Dazu wurden bis vor kurzem ziemlich bayernweit nur 2 Arbeitshefte benutzt, allen voran der "Zauberlehrling".
Mathematik:
Das SINUS- Programm wurde jahrelang in den Schulen mit aufwändigen Fortbildungen und Unterrichtsbeispielen der Teilnehmer immer unter anderen Schwerpunkten eingeführt. Inzwischen ist es in den Lehrplan, der trotz Kompetenzorientiertheit ziemlich konkret ist, eingeflossen. Allerdings ist mir der Einstieg in 1/2 noch zu hoch gewesen, denn ich habe immer 1-3 Dyskalkuliefälle ab der 3. Klasse. Wir haben gute Mathebücher, mit denen man arbeiten kann.
Stundenanfang in den Grundschulen:
Die Schüler haben eine Viertelstunde Zeit, in das Klassenzimmer zu kommen. Während der Vorviertelstunde ist der Lehrer im Klassenzimmer und kann das eine oder andere Organisatorische machen bzw. mit dem Schüler über (schulische)Probleme reden. Oft fangen die Schüler, wenn sie kommen mit einer selbstständigen "Morgenarbeit" (z.B. Wochenplan) an, während der Lehrer Zeit hat, individuell auf die Schüler einzugehen.
Unterstützung:
Die Schulberatung ist gut (Schulpsychologen, Beratungslehrer, MSD), die Doppelbesetzung und zusätzliche Förderung wenig ausgeprägt. Wenn eine Schule Glück hat, hat sie einen Förderlehrer an der Schule, der parallel zum Unterricht in Kleingruppen fördert.
Migrationsanteil:
Stadtschulen mit einem sehr hohen Migrationsanteil haben (da hört man immer einmal wieder etwas von Kolleginnen, weiß ich also vom Hörensagen) offensichtlich große Probleme bzgl. des Niveaus.