Physik- an Gymnasien

  • Hallo,


    Ich würde an deiner Stelle nicht sofort die "gender" Erklärung glauben.
    Bei einer Recherche zur Abdeckung des Faches Physik an Gymnasien in NRW
    (ca 25 Schulen, 2017, online check der Kollegien) habe ich festgestellt, dass
    die Gymnasien alle sehr gut mit Physiklehrern (Kombinationen Ma/Ph; Che/Ph; Ph/Bio)
    abgedeckt sind. Darunter sind auch zu 25% Frauen. Regional kann es vorkommen, dass
    zeitgleich zwei Physiklehrer in Pension gehen und dann nicht sofort im gleichen Jahr
    eine Neubesetzung erfolgreich ist. Oder eine Lehrerin geht in Elternzeit.
    Der große "Physiklehrermangel" gehört - auf alle Fälle fürs Gymnasium, der Vergangenheit an.
    In Niedersachsen stehen einige hundert Seiteneinsteiger mit Diplom-/MSc-Physik auf der Warteliste.


    Du solltest versuchen über eine Vertretungsstelle an eine Verbindung zu einer Schule zu kommen.
    Eine Garantie für eine feste Stelle kannst du nicht erwarten.


  • Der große "Physiklehrermangel" gehört - auf alle Fälle fürs Gymnasium, der Vergangenheit an.
    In Niedersachsen stehen einige hundert Seiteneinsteiger mit Diplom-/MSc-Physik auf der Warteliste.

    Das heißt jedoch nicht, dass ein studierter Physiklehrer, der gegenüber jedem Seiteneinsteiger den Vortritt hat, nicht sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätte. Sonst bräuchte man diese Seiteneinsteiger als Notnagel nicht... Es gibt praktisch kein Kollegium, das auf eine zusätzliche Physiklehrkraft verzichten würde - im Gegenteil.

  • Richtig. Neue Physiklehrer, die wirklich auf Lehramt studiert haben, gibt's am Gymnasium nicht so oft. Oft sind es Quereinsteiger, für die das Lehramt so eine Art "letzte Chance" ist. Keine gute Entwicklung...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Die DPG hat dazu eine Statistik auf ihrer Seite. stammt aus dem Jahr 2010.
    https://www.dpg-physik.de/vero…n/quereinsteiger_2010.pdf


    Wenn hier schon Statements abgegeben werden, die Zahlen und Fakten verallgemeinern,
    "so aus dem Bauch heraus" könntet ihr ja auch Zahlen liefern.


    Dass ausgebildete Physiklehrkräfte sehr gute Chancen haben, habe ich nicht verneint.
    Und die Kollegen aus dem Seiteneinstieg, die jetzt in Gymnasien sind, haben auch feste Stellen.
    Nur: das bedeutet nicht, dass dies immer so weiter in der Zukunft zu erwarten ist.
    Siehe auch Stellungnahmen der GDCP, die sich im übrigen vehemnt gegen die Seiteneinsteiger gewehrt hat.

  • Eigene Beobachtungen bei uns über Jahre: Oft ist es die Uni-Karriere, die letzten Endes ins Nichts geführt hat, worauf die Betreffenden dann plötzlich "entdecken", dass sie viel lieber mit Schülern als mit Studenten arbeiten, oder es eine Nicht-Adäquate Beschäftigung in der "freien" Wirtschaft (d.h. zu schlecht bezahlt), welche die Betreffenden fühlen lässt, dass sie eigentlich zum Lehrer berufen sind...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Bei uns in Thüringen (also in Jena, dem einzigen Ausbildungsstandort) werden immer so fünf, sechs pro Semester fertig - mehr spuckt das Bundesland nicht aus. Wie sieht es in anderen Bundesländern aus?

  • Zum Kommentar des selbsternannten "Experten fürs Lehren und Lernen":


    Wie schön zu sehen, dass einige "Experten" nach einem kompletten Lehramtsstudium und Berufserfahrung als Lehrer immer noch Zeit haben gehässig zu sein. Offensichtlich fehlt im Leben demjenigen etwas....


    Wenn sich jemand dafür entscheidet als Seiteneinsteiger an eine Schule zu gehen, dann hat das Gründe, die in der familiären Situation vor Ort, dem Wunsch in seiner Region zu bleiben und dem echten Interesse an Wissensvermittlung zu tun. Nicht zu vergessen, dass viele Seiteneinsteiger promovierte Naturwissenschaftler sind, die viele Jahre in Seminaren und Praktika unterrichtet haben. Die freie Wirtschaft hat definitiv Stellen für promovierte Physiker.


    Um weiter an einer Schule zu bleiben, müssen auch sie sich dann langfristig als Lehrer bewähren.
    Aber echt unfair ist es, sie als gescheitert in anderen Bereichen zu bezeichnen, zumal sich auch Eltern und Schüler solchen diskriminierenden Kommentaren anschließen könnten.

  • Wenn sich jemand dafür entscheidet als Seiteneinsteiger an eine Schule zu gehen, dann hat das Gründe, die in der familiären Situation vor Ort, dem Wunsch in seiner Region zu bleiben und dem echten Interesse an Wissensvermittlung zu tun.

    Oder die mit einer gescheiterten wissenschaftlichen Karriere zu tun haben. Nicht jeder kann Professor werden.


    Nicht zu vergessen, dass viele Seiteneinsteiger promovierte Naturwissenschaftler sind, die viele Jahre in Seminaren und Praktika unterrichtet haben.

    Das Unterrichten in der Unter- und Mittelstufe ist nicht mit der Uni vergleichbar. Studenten haben erkannt, dass sie freiwillig studieren und jederzeit gehen können.


    Um weiter an einer Schule zu bleiben, müssen auch sie sich dann langfristig als Lehrer bewähren.

    In den Mangelfächern wird jeder eingestellt, der nicht bei drei auf dem Baum ist.

  • Umgekehrt! Wer Quereinsteiger an Schulen holt, ohne zu beweisen, dass diese keinen schlechteren Unterricht machen, der müsste konsequenterweise auch Heilpraktiker zur Famulatur an Krankenhäusern zulassen... oder kennst du eine "Statistik", dass Heilpraktiker die schlechteren Ärzte wären?

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • In den Mangelfächern wird jeder eingestellt, der nicht bei drei auf dem Baum ist.

    Was ein Quatsch!


    Um den Spieß mal umzudrehen: Wie viele völlig inkompetente Lehrer (mit Lehramtsstudium) unterrichten immer weiter, da sie schlicht nichts anderes machen können. Da fallen mir auch sofort einige ein..


    Es gibt gute wie schlechte Seiteneinsteiger, genau so wie es gute und schlechte Lehrer gibt.
    Wer ernsthaft glaubt, wegen ein paar (Theorie)Kursen an der Uni kompetenter zu sein kann das ja gerne tun.


    Ich mache bereits seit einem Jahr die OBAS und was ich als jemand, der sich noch in der Ausbildung befindet, gemerkt habe ist, dass Erfahrung das Wichtigste ist. Und die hat ein Referendar genausowenig wie ein Seiteneinsteiger wenn er das erste mal vor einer Klasse steht. Da helfen auch Transaktionsanlysen und 4 Ohren Modelle nicht weiter.

  • Ich habe da ähnliche Beobachtungen gemacht wie Mikael.


    So lange man deswegen niemanden vorverurteilt (im Sinne von: Der ist Quereinsteiger, der kann nichts) kann man das doch beobachten, das ist doch keine Gehässigkeit.


    Wir hatten ebenfalls mehrere Quereinsteiger, die an der Uni und in der freien Wirtschaft nicht Fuß fassen konnten (trotz Doktortitel im naturwissenschaftlichen Bereich) und es dann als Lehrer eben auch nicht geschafft haben.


    Wir haben auch tolle Quereinsteiger, aber die Quote derer, die nicht erfolgreich Lehrer werden, ist bei den Quereinsteigern höher als bei den voll ausgebildeten Lehrern - nach meiner (nicht repräsentativen) Beobachtung. Aber natürlich (der Vollständigkeit halber) gibt es auch die nicht-Quereinsteiger, die dann keine guten Lehrer werden.


    Die teilweise vorliegende Denkweise (an der Uni hat´s nicht geklappt, dann werde ich halt Lehrer) ist jedenfalls kritisch zu sehen, Lehrer ist ein in vieler Hinsicht anspruchsvoller Beruf und kein Auffangbecken.


    Was mich allerdings - bei bereits zwei Quereinsteigern - gewundert hat, war, dass dann nicht mal die Fachkompetenz excellent war, dazu fiel mir dann echt nichts mehr ein.

  • Wer Quereinsteiger an Schulen holt, ohne zu beweisen, dass diese keinen schlechteren Unterricht machen,

    Ich kann mich täuschen (obwohl, nee), aber beim OBAS in NRW macht jeder Seiteneinsteiger EXAKT das selbe Ref wie ein Lehramtstudent - er wird nach gleichen Kriterien beurteilt. Damit wäre der Nachweis erbracht.


    Ich komme jetzt auch mal mit meinen nicht-empirischen Beobachtungen: Der durchschnittliche Lehramtstudent lernt an der Uni genauso wenig über den guten Unterricht an Schulen wie der durchschnittliche promovierte Physiker.

  • Das liegt weniger daran, was man gelernt hat.


    Wenn Du den Quereinstieg wählst, weil Du auf einem anderen Gebiet gescheitert bist, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Du auf dem neuen Gebiet auch scheiterst. Das kommt im Detail natürlich auf die Gründe an.


    Wenn Du den Quereinstieg wählst, weil Du eine neue Herausforderung suchst / mehr mit Menschen arbeiten möchtest / Dir dein bisheriger Beruf nicht mehr gefällt, dann glaube ich nicht, dass die Rate derer, die das Lehramt nicht packen, höher ist als bei Leuten, die gleich Lehramt gemacht haben.


    Also, überspitzt: Wenn Du sagst "ich hab´s anderswo nicht gepackt, werd ich halt Lehrer", dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es nicht gut wird. Wenn die Gründe andere sind, dann stimme ich Dir zu, wird es nicht so sehr schaden, bestimmte Inhalte an der Uni nicht gehabt zu haben.

  • Das impliziert ja, dass es bei Lehramtstudenten keine Menschen gibt, die sagen "Ich mache das wegen dem sicheren Job und wegen dem Geld - und weil ich mit Philosophie in der freien Wirtschaft nichts verdienen werde."


    Wir können uns gerne darauf einigen, dass es Menschen gibt, die aus den falschen Motiven Lehrer geworden sind. Einen Unterschied zwischen Seiteneinsteigern (ich beziehe mich hier explizit auf Leute, die das identische Ref machen) und Lehrern erkenne ich dort nicht.

  • Das Motiv "sicherer Job und Geld" ist doch legitim. Deswegen ist man noch lange kein schlechter Lehrer. Ärzte arbeiten für Geld, Piloten arbeiten für Geld, aber bei Lehrern soll das ein "falsches Motiv" sein? Das ist doch Unsinn!


    goeba hat doch das entscheidende Motiv genannt, dass einige Quereinsteiger eben zu keinen guten Lehrern macht. Und das ist nicht das Geld, sondern die Einstellung: "Lehramt geht immer. Auch wenn man sonst nichts auf die Reihe bekommt".


    Und die von goeba beobachteten fachlichen Defizite bei Quereinsteigern existieren tatsächlich, besonders in deren Zweitfächern sind sie manchmal wirklich schlecht.


    Gruß !

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