Vom Quereinsteiger bis zur Vertretungs-Mama: Lehrermangel in Sachsen

  • Wie kommt es auf einmal zum eklatanten Lehrermangel überall? Hat der Staat jahrelang geschlafen oder haben sich Lehrer in Massen entschieden, "plötzlich" aus dem Schuldienst zu scheiden (Mutterschaft, Krankheit, Rente, berufliche Umorientierung)? So oder so: Ich finde es gefährlich, wenn man jetzt wie wild auf Seitensteiger, Personen mit THV-Vertrag (oder wie das heißt) und co. setzen würde. Das kann am Ende nur in einer Verschlechterung der Arbeit führen, da es durchaus seine Gründe hat, warum eine Person diesen langen Weg gehen muss, ehe sie sich irgendwann Lehrer schimpfen darf. Meine Kommilitonen und ich werden natürlich von der Situation profitieren, aber ich empfinde diese Herangehensweise als absolut falsch, da unprofessionell und unverschämt gegenüber klassisch ausgebildeten Lehrern und Schülern, die einen gescheiten Unterricht verdienen.


    Es wäre wahrscheinlich falsch, jetzt die Studentenzahlen zu erhöhen, da der Schweinezyklus dann von seiner negativen Seite in ~ 7 Jahren zuschlägt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Entwicklungen absolut nicht absehbar gewesen seien.

  • Wie kommt es auf einmal zum eklatanten Lehrermangel überall? Hat der Staat jahrelang geschlafen oder haben sich Lehrer in Massen entschieden, "plötzlich" aus dem Schuldienst zu scheiden (Mutterschaft, Krankheit, Rente, berufliche Umorientierung)?

    Ja hat er und das hat man ihm schon vor Jahren prophezeit, dass dies so sein wird, dass es zum Lehrermangel kommt. Wollte nie jemand hören.


    Wobei mich auch nichts mehr wundert, wenn immer erst in den Sommerferien wirklich auffällt (oder kurz vorher), dass die aktuellen Schulplätze ja gar nicht reichen. Denn die Kinder sind ja nun nicht überraschend da, sondern schon seit 5-6 Jahren!

  • Dass Sachsen immer mehr ins Rödeln kommt wegen Lehrermangels ist nicht neu. Seiteneinsteiger werden wild an die Schularten mit dem größten Bedarf verteilt. Dass Eltern den Unterricht abdecken und der SL freut sich noch drüber ist aber schon... öm... speziell:


    http://www.sz-online.de/nachri…schon-eltern-3764114.html

    Was ist daran so speziell? Ich kenne es aus Berlin und Brandenburg nicht anders.

  • ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Entwicklungen absolut nicht absehbar gewesen seien.

    Natürlich sind gewissen Entwicklungen absehbar, insbesondere die, dass die geburtenstarken Jahrgänge immer stärker in Pension gehen und alleine daher ein steigender Bedarf an Neueinstellungen entsteht. Aber man rechnet sich die Situation schön (sinkende Geburtenraten, was aber seit mehreren Jahren NICHT mehr der Fall ist, sowie ignorieren der starken Migrationsströme, die man als "temporären" Effekt betrachtet).


    Und warum sollten vorausschauend eingestellt werden? Herrscht Lehrermangel startet man notfalls eine Kampagne, dass die "faulen Säcke" ruhig eine oder zwei Stunden pro Woche mehr arbeiten könnten. Das funktioniert doch seit Jahrzehnten so. Und herrscht Lehrerüberschuss, kann man mit Verweis auf die starke Konkurrenz unter den Einsteigern weiter die Arbeitsbedinungen verschlechtern. Auch das funktioniert seit Jahrzehnten so. Und die vielen Seiten-/Quereinsteiger und "Hilfslehrer" aktuell können wunderbar für ein "Lehrer kann jeder" genutzt werden, was Druck auf die Besoldungen ausüben wird. Kurz: Die Länder profitieren von der Situation so wie sie ist. Insbesondere finanziell.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Ich finde es speziell, dass Eltern die Vertretung übernehmen und die Behörde zusieht mit der Bemerkung: och versichert sind sie aber nicht. Wenn das in Berlin üblich ist, dann ist es noch lange nicht normal ;)


    Sachsen verbeamtet nicht, viele arbeiten in Sachsen-Anhalt. Ist schon n büschn hausgemacht das Problem. Und Dresden ist eigentlich sehr beliebt, im Gegensatz zu vielen gottverlassenen Naziecken im Vogtland oder Erzgebirge.

  • Mikael: Wer hat denn gesagt, dass die Geburtenraten sinken? Das war noch in den 90ern der Fall, seit den 00ern sind sie zumindest stabil, in den letzten paar Jahren leicht steigend. Es werden aber immer noch zu wenige Kinder geboren - pro Familie ein halbes Kind zu wenig - die Sterberaten liegen deutlich über den Geburtenraten, insbesondere in ländlichen Gegenden.
    Aber natürlich, der 2. Absatz stimmt schon. Es hängt stark von der Grundeinstellung ab und wenn man Lehrer von Grund auf als "faule Säcke" bezeichnet, ist es unwahrscheinlicher, dass man bereit ist, in Schulen zu investieren, als wenn man sie als essentiellen Einfluss auf die Bildung junger Menschen und dadurch die nächste Generation, die maßgebend für die Entwicklungen im Land zuständig sein wird, betrachtet.


    @Krabappel: Mit Bezeichnungen wie "gottverlassenen Naziecken" würde ich vorsichtig sein. Bürger aus diesen Regionen könnten an der Formulierung Anstoß nehmen.

    Einmal editiert, zuletzt von Lindbergh ()

  • Krabappel, was nützen Aussagen über angebliche Naziecken????
    Also ich lebe und arbeite in einer der angeblichen Naziecken, meine Kollegen logischerweise auch und keiner von denen ist ein Nazi (oder generell irgendwie aus der neurechten Ecke). Wieso arbeiten wir trotzdem hier?
    Mit deiner Aussage stößtdu einerseits Leute vor den Kopf (wie mich) oder du bedienst nur bereits herrschende Vorurteile. Chapeau.


    An meiner Schule ist der Lehrermangel übrigens bei weitem nicht so eklatant und ich hab sogar noch eine handvoll jüngere Kollegen, obwohl ich selbst noch keine 30 bin. Eine gute Schulleitung soll ja auch viel ausmachen, da kann man dann auch in einer Naziecke leben....


    Damit will ich natürlich nicht sagen, dass es den Lehrermangel nicht gibt und dass ich die verzweifelten Versuche, Leute vor eine Klasse zu kriegen, nicht beschämend finde (und mir denke "Wo soll das noch hinführen"...)...aber ehrlich gesagt beschleicht mich dann auch immer ein wenig Genugtuung, wenn ich lese, dass es in anderen Bundesländern auch an Lehrern mangelt, wenngleich sicher in unterschiedlicher Ausprägung. Als läge es nur an der Verbeamtung und als würde man Lehrer werden wegen dieses Status', auch wenn er für einige verlockend zu sein scheint. Es ist ja nicht so, dass es in Sachsen-Anhalt keinen Lehrermangel gibt, wie du es anscheinend hier darstellen willst, Krabappel.


    @Lehramtsstudent: oh, unsere Beiträge haben sich überschnitten, danke für den letzten Kommentar ;)

  • Tut mir leid, @francenitsirk, wenn du dich angegriffen fühlst. Aber dass es hier strukturschwachse Gegenden gibt, in denen sich viele Rechtsradikale tummeln ist kein Geheimnis. Und dass auf dem Land größerer Lehrermangel herrscht, auch nicht. Gut, ich hätte andere Worte wählen können, da mich Lehramtsstudent aber wörtlich zitiert hat, nutzt eine Textüberarbeitung nun nichts mehr


    Die SBA hat schon Stellen höher eingruppiert, wenn Leute freiwillig in Kleinstädte gezogen sind. Es wurden auch lange Zeit zu wenige Leute in Dresden und Leipzig eingestellt, ein Bekannter (Gymnasiallehramt) ist deswegen gezwungenermaßen zurück ins Erzgebirge.


    Ich finde das traurig. Und ich ärgere mich über das Vorgehen der Schulbehörden, die die Situation verschärfen. Dass du gern für 500 EUR im Monat weniger arbeitest mag sein, viele sehen das aber anders: frag mal an Schulen in Halle oder Weißenfels an, wie viel Prozent der Kollegen pendeln. Aktuell wirbt die SBA sogar Lehrer von freien Schulen ab...

  • In Berlin ist man es gewöhnt, Sachsen hört man in diesem Zusammenhang zum ersten Mal!

    Tja, aber es geht eben nicht nur um Berlin, sondern auch in Brandenburg ist dies schon eine Weile normal! Und auch Sachsen ist mir in dem Zusammenhang schon öfter untergekommen, also evtl. hörst nur du davon zum ersten Mal!


    Ich finde es speziell, dass Eltern die Vertretung übernehmen und die Behörde zusieht mit der Bemerkung: och versichert sind sie aber nicht. Wenn das in Berlin üblich ist, dann ist es noch lange nicht normal ;)


    Sachsen verbeamtet nicht, viele arbeiten in Sachsen-Anhalt. Ist schon n büschn hausgemacht das Problem. Und Dresden ist eigentlich sehr beliebt, im Gegensatz zu vielen gottverlassenen Naziecken im Vogtland oder Erzgebirge.

    Brandenburg verbeamtet, aber wenn niemand da ist, wenn sollen sie dann verbeamten? Sie haben einfach spätestens bei der Vergabe der Referendariatsplätze gepennt.


    Und sowohl in Berlin als auch Brandenburg sind sie versichert, sie werden nämlich sogar dafür bezahlt ;)
    Das ist also das einzige, was ich daran nicht normal finde, dass man da keine Lösung für gefunden hat und Sachsen.

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