Kann ich mich weigern, einen Jungen zu unterrichten?

    Dann schiebe ich dir ein Kilo virtuelle Frustschokolade zu, die macht nicht dick, hilft aber!!


    Als Regelschullehrer hatte ich immer das Gefühl, ich muss dem Kind doch was beibringen, es muss vorankommen!
    Seit ich an der Förderschule bin, habe ich über Jahre hinweg gelernt mich von dem Gedanken lösen. Das bringt nichts. Biete dem Jungen für die nächste Zeit einen Raum (am bestem im Klassenzimmer), wo er sein kann. Das Ziel ist, dass er dich und andere nicht stört. Ich denke, du hast schon so viel in die Wege geleitet, dass klar ist, dass er nicht in einer Regelschule beschult werden kann. So ist es ja auch.
    Fokussiere dich auf die anderen Schüler. Baue Brücken für ihn, falls er jemals andocken will. Solange soll er malen, schlafen, kneten, Lego bauen. Aber keinen verletzen.
    Kurzum, ich würde keine Leistungen mehr von ihm einfordern und das auch kundtun bei der Schulleitung, den Eltern und Sonstigen. Natürlich hat er immer Lernangebote, gerne wechselnde. Wenn er diese nicht will, soll er leise am Platz sitzen, kneten, Zeitungen zereißen, malen, schlafen, bei sich bleiben.

    Habt ihr darüber gesprochen, das Jugendamt einzuschalten? Ein Kind tickt nicht einfach so aus. Das was ihr beschlossen habt, ist sicher sinnvoll, doch wird das alleine an der Ursache nichts ändern, wie ich vermute. Da sollte jemand in die Familie.

    Zitat von Alhimari

    Dann schiebe ich dir ein Kilo virtuelle Frustschokolade zu, die macht nicht dick, hilft aber!!


    Als Regelschullehrer hatte ich immer das Gefühl, ich muss dem Kind doch was beibringen, es muss vorankommen!
    Seit ich an der Förderschule bin, habe ich über Jahre hinweg gelernt mich von dem Gedanken lösen. Das bringt nichts. Biete dem Jungen für die nächste Zeit einen Raum (am bestem im Klassenzimmer), wo er sein kann. Das Ziel ist, dass er dich und andere nicht stört. Ich denke, du hast schon so viel in die Wege geleitet, dass klar ist, dass er nicht in einer Regelschule beschult werden kann. So ist es ja auch.
    Fokussiere dich auf die anderen Schüler. Baue Brücken für ihn, falls er jemals andocken will. Solange soll er malen, schlafen, kneten, Lego bauen. Aber keinen verletzen.
    Kurzum, ich würde keine Leistungen mehr von ihm einfordern und das auch kundtun bei der Schulleitung, den Eltern und Sonstigen. Natürlich hat er immer Lernangebote, gerne wechselnde. Wenn er diese nicht will, soll er leise am Platz sitzen, kneten, Zeitungen zereißen, malen, schlafen, bei sich bleiben.

    Dabei sollte man den Zeitpunkt nicht verpassen, an dem man wieder Leistung fordert ("in dieser Stunde machst du bitte am Anfang bei XYZ mit"). Hatte das auch mal und am Ende ist das Kind dann wieder ausgerastet, weil es gemerkt hat, dass die anderen ihn abgehängt haben.

    Zitat von frkoletta

    Habt ihr darüber gesprochen, das Jugendamt einzuschalten? Ein Kind tickt nicht einfach so aus. Das was ihr beschlossen habt, ist sicher sinnvoll, doch wird das alleine an der Ursache nichts ändern, wie ich vermute. Da sollte jemand in die Familie.

    ist es sich inzwischen.
    Hab die Dame sich schon kennengelernt.


    Und was das Leistung fordern angeht: jeden Tag sage ich ihm, dass jetzt Arbeitszeit ist, mache ihm Angebote, aber will er alles nicht. Zitat: ist doch alles scheiße (oder dergleichen Ausdrücke)

    Wenn das Leben einfach wäre, wäre es ja langweilig!
    Oder nicht?

    @frkoletta, du hast recht, wenn du an eine zeitnahe reguläre Beschulung glaubst.
    Das glaube ich aber nicht. Ich denke, das Kind braucht eine Auszeit in der KJP und danach muss man langsam schauen, was machbar sein wird. Dabei schätze ich den Zeitraum der besonderen Beschulung - nach KJP - auf mindestens 2 Jahre ein. Aus dieser Perspektive habe ich geschrieben.
    Zauberwürfel, falls du da genauso viel Hoffnung hast wie Frkoletta, dann ist ihr Hinweis wirklich wichtig! Denn sonst wird er bei kleinen Anforderungen wirklich noch schwieriger.

    Zitat von Zauberwürfel


    heute war es wieder extrem schlimm
    er macht in den letzten tagen gar nix mehr. liegt nur aufm tisch. brabbelt was vor sich her. beleidigt. ignoriert. provoziert. ruft 10 minuten ohne pause meinen namen während ich den anderen kindern das kunst vorhaben erkläre, schmeißt seine mappe durch die gegend, fegt meine hefte (die ich ihm schenken würde) vom tisch......... ich weiß gar nicht, was ich noch alles erzählen soll.......
    ich komme mir aktuell vor, dass ich total unfähig oder bescheuert bin, dass ich nicht an ihn rankomme und ihm "herr werde".... mein "SL" redet dann ab mit ihm, wenn ich ihn zu ihm "abschiebe" und dann hört es sich so an, als sei alles gut für meinen "SL".


    ach menno...... ich kann gar nicht so viel frustschokolade essen, wie ich verdient hätte.

    Du musst aktuell nicht "an ihn rankommen". Weg von diesem Gedanken. Er sucht sowieso permanent deinen Kontakt. Und: beim SL ist plötzlich alles supi? Bei all seiner Gestörtheit hat er einen Weg gefunden, dich und alle um ihn in Atem zu halten. Er verarscht dich. Er weiß (unbewusst auf eine Art natürlich, er ist ein kleines Kind), wie er die Welt manipuliert. Das fühlt sich für ihn schlecht an, aber er kann nicht anders, bis du ihm einen Rahmen gibst, an dem er sich spüren kann.


    Die Lösung, ihn in eine andere Klasse zu verfrachten ist m.E. richtig. Und dort v.a. nicht beachten bzw. lediglich mit irgendeiner langweiligen Aufgabe in die Ecke verbannen. Kein (!) Kind will aus der Gruppe ausgeschlossen sein und wenn du ihm signalisierst, dass DU bei diesem Verhalten kein Interesse an seinem Getue hast, wird es ihm ganz sicher bald zu doof in den anderen Klassen.


    Es ist ein Privileg, wieder zu dir kommen zu dürfen. Die Frage dann: bist du wieder bereit, dich wie ein Zweitklässler an deinen Platz zu setzen? Ja? dann, komm rein. Wenn du hier weiter deine Show abziehst, kannst du direkt wieder in der 1a/4b sitzen und zwar den Rest der Woche.


    Tschacka, du machst das, schlimmer kanns ja dann zumindest nicht mehr kommen :P

    Zitat von Zauberwürfel

    ...
    verstärkersysteme funktionieren ja nicht, siehe ampelplan (der junge käme -laut psychiater- nicht damit klar, dass sein verhalten bewertet wird....), auch ein stempelsystem (anfang der woche angefangen, hat drei tage geklappt) hat er dann vor meinen augen zerrissen, weil ich nicht schnell genug war mit stempeln.....

    Edit: versuche, nicht alles persönlich zu nehmen. Verhaltensgestörte Kinder zerreißen ihre Verstärkerpläne. Wut eben. Kein Selbstvertrauen. Dann kleben sie sie nach dem Unterricht halt wieder zusammen, so what?


    Was ich meine, ist: du hast dir so einen Schüler nicht gewünscht. Aber er sitzt nun da. Sein Verhalten ist das eines Erziehungshilfekindes. In Rahmen einer EH-Schule nicht außergewöhnlich. Die Kinder der EH-Schule werden oft physisch oder/und psychisch misshandelt. Oder die Eltern haben psychische Erkrankungen. Das muss aber das JA klären. Du kannst weiterhin nur Ruhe bewahren: das geht hier, das geht nicht. Wer sich soundso verhält sitzt in Klasse xy.

    Eben las ich schon wieder einen Artikel* zum Thema Lehrermangel, dieses Mal ein besonders gravierender Fall einer Grundschule, an der die Eltern der Schüler selbst Unterricht machen weil es sonst keiner tut - und muss hier wieder lesen wie sich eine Kollegen hier so an einem Schüler abarbeiten muss, dass man sich Sorgen um ihre Gesundheit machen muss.


    Zauberwürfel: Bist Du Dir sicher, dass Du nicht krank bist und Dich krankschreiben lassen solltest?
    Wie soll das weiter gehen? Dass Du in dieser Situation allein gelassen wirst ist nicht in Ordnung. Lass Dich nicht kaputt machen!




    *http://www.news4teachers.de/20…bernehmen-den-unterricht/

    Ich lasse ihn ja gewähren. Habe kaum bis keine Ansprüche an ihn. Aber dennoch sitzt er da und stört mal mehr mal weniger. Und wenn er dann in dem Nebenraum geht (was er inzwischen wie selbstverständlich von alleine tut, weil es seine Entscheidung ist), kommt er immer wieder rein und macht irgendwas, was unseren Unterricht stört.
    Oder wenn er in eine andere Klasse soll, geht er einfach nicht. Was soll ich dann zum? Ihm am Fuß packen und hinschleifen? Da macht er dann genauso Krawall.....


    morse, danke für deine Sorge! Es ist anstrengend, ja. Ich bin wie vom Dementor bei Harry Potter leergesaugt.... im Moment versuche ich es stoisch zu ertragen.... da ich ihn mit diesen Leistungen eh nicht versetzen kann, wäre er nur noch bis zum Sommer in meiner Klasse.....

    Wenn das Leben einfach wäre, wäre es ja langweilig!
    Oder nicht?

    Bis zum Sommer ist noch eine lange Zeit.
    Gibt es niemanden bei euch wie Sozialarbeiter oder Horterzieher o.ä. am Schulort, der ihn schon vor dem Klassenraum abfangen kann? Das hat bei uns auch geholfen, bis dann eine Assistenz kam. Gar nicht mehr erst probieren und dann rausschicken, sondern heute gar nicht mehr rein.
    Ansonsten weiß ich da auch nichts mehr.


    Raus aus der Regelschule, Therapie, das halte ich für den einzigen Weg

    ich habe ihn heute zwei stunden vorm laptop geparkt. er hat nichtmal gemeckert, als ich ihm die lernsoftware zum lehrwerk "untergejubelt" habe.... also insofern war es ein sehr ruhiger tag im vergleich zu gestern und vielen anderen tagen ;)
    mal schauen, wie lange er das mitmacht. ab nächsten mittwoch läuft die kurzbeschulung. bis dann die assistenz wirklich einsetzt.


    mit der mutter habe ich heute telefoniert und ihr gesagt, dass ich ihren sohn so nicht versetzen kann und sie meinte von sich aus, dass sie es gut fände, wenn er nochmal die 1.klasse macht. also habe ich ihr die möglichkeit des freiwilligen rücktritts vorgestellt (und natürlich sehr schön geredet ;) ) und sie schien ganz angetan. natürlich will sie das noch mit ihrem mann durchsprechen und so.
    sie hatte nur bedenken, dass jetzt die assistenz nicht mehr bewilligt wird, wenn er zurück in die 1.klasse gehen sollte. aber davon gehe ich nicht aus.
    ich weiß, dass verlagert das problem nur. leider in die hand einer kollegin. aber vielleicht tut ihm dieser "neustart" gut, er merkt, er kann schon mehr als die anderen und er hat nicht mehr mit mir zu tun, weil ich ja die doofe bin, die doofe die ihm lesen und schreiben beibringen will/muss..... vielleicht ist diese trennung auch von vorteil.


    also kann es sein, dass das ganze gar nicht unbedingt bis zum sommer dauert.....
    und krabappel: nein, diesen sieg (durch eine mögliche krankschreibung) will ich ihm nicht "gönnen"...... versteht ihr, was ich meine? ich will nicht, dass er sich sagen kann, er hat ne lehrerin klein gekriegt.


    cubanita: wir haben keinen sozialarbeiter oder (hort)erzieher. leider. bis es zur therapie kommt, kann es noch bis april dauern......

    Wenn das Leben einfach wäre, wäre es ja langweilig!
    Oder nicht?

    was meinst du damit?
    Doch, ich finde den Austausch hier sehr anregend und er zeigt mir, dass ich nicht alleine bin, dass ich vieles bereits richtig gemacht habe und .... das dritte habe ich vergessen :(
    Es soll nicht so rüberkommen, als ob ich eure antworten nicht wahrnehme oder so. Ich schaffe es nur nicht, so umfangreich auf alle Antworten einzugehen :(

    Wenn das Leben einfach wäre, wäre es ja langweilig!
    Oder nicht?

    Ich verfolge den Thread aufmerksam mit und habe durchaus das Gefühl, dass du dir einiges von den Antworten mitgenommen hast - und auch ein wenig den Rücken gestärkt bekommen hast!

    danke schmeili!
    ja, ich fühle mich durchaus verstanden - das war das dritte, was ich sagen wollte.
    wenn jetzt alle ganz konträr antworten würden, dann würde ich mir schon gedanken machen. zwar komme ich mir so auch etwas unfähig und bescheuert vor, dass es kein anderes thema für mich gibt, aber dadurch, dass ich hier viel zuspruch und auch verständnis und vorschläge bekomme/ bekommen habe, wird mir ja deutlich, dass ich eben nicht alles falsch mache.

    Wenn das Leben einfach wäre, wäre es ja langweilig!
    Oder nicht?

    Zitat von Zauberwürfel

    was meinst du damit?
    ...

    Mein Eindruck ist, dass du sehr k.o. bist (wir kennen uns ja nicht, aber beim Lesen hat man doch irgendwie ein Gefühl für eine Stimmung, ob das nun stimmt, oder nicht...). Und nach 10 Jahren mit geballt auftretenden Verhaltensauffälligen im Unterricht weiß ich zu gut, dass einen so ein Punkt erreichen kann. Von Kollegen weiß ich auch: es gibt das übliche Gejammer und es gibt die "Hilfe-ich-kann-nicht-mehr-Rufe", die keiner so richtig hört oder ernst nimmt. Gerade von sehr taffen und organisierten Lehrern, die sich sonst nie beklagen, bei denen dann jeder überrascht ist, wenn er/sie ein Jahr ausfällt. Der Schritt ins Burnout kommt dann manchmal sehr plötzlich. Morgens Panik haben, in die Schule zu gehen, beispielsweise.


    Wenn du in der Art fragst: "kennt ihr das? ich will einem Zweitklässler nicht den Sieg gönnen, dass ich mich krankschreiben lasse." Dann kann ich auf der einen Seite sagen: ja, ich kenne es, wenn man SchülerInnen einen höheren Stellenwert beimisst, als ihnen zusteht. Ich möchte aber auch rückmelden: gesund und normal ist das nicht. Das Kind ist auch nicht normal, schon klar. Aber was du in sein Verhalten reininterpretierst, ist kontraproduktiv.


    Ich hoffe, du liest es nicht als Vorwurf, sondern als Warnschuss für dich selbst. Vielleicht wirst du den Knaben los, vielleicht aber nicht. Wenn nicht, dann nimm dir eventuell lieber eine Auszeit und komm dann gestärkt wieder, um das Klassenklima wiederherstellen zu können. Pass auf jeden Fall auf, wann der Punkt erreicht ist, an dem du eine Pause brauchst, lass dich nicht von Kollegen und Schulleitung abwimmeln. Du musst das nicht alleine meistern :top:

    das mach ich, keine sorge!
    vielen dank für deine angst um mich!


    ich habe aktuell mehrere freunde im engeren freundeskreis, ebenfalls lehrerinnen, die mal mehr oder weniger stark mit "überarbeitung" bis burnout ausgefallen sind.


    ich setze viel hoffnung in die assistenz.
    das wird ein kampf,ja. aber wenn er dann keine verhaltensänderung zeigt, wird wohl noch deutlicher, dass er eben an einer regelgrundschule nicht beschulbar ist.


    im moment bin ich ganz zuversichtlich, anders als noch donnerstag.....

    Wenn das Leben einfach wäre, wäre es ja langweilig!
    Oder nicht?

    hat von euch schon mal ein Kind mit dem Fetalen Alkoholsyndrom gehabt?
    Da würden einige Symptome auch passen, was ich so beim ersten querlesen entdeckt habe....
    Aber sowas kann man ja der Mutter nicht unterbreiten

    Wenn das Leben einfach wäre, wäre es ja langweilig!
    Oder nicht?

    Zitat von Zauberwürfel

    hat von euch schon mal ein Kind mit dem Fetalen Alkoholsyndrom gehabt?
    Da würden einige Symptome auch passen, was ich so beim ersten querlesen entdeckt habe....
    Aber sowas kann man ja der Mutter nicht unterbreiten

    Kann man nicht? Na so direkt nicht, aber mit entsprechender Fragetechnik plaudern die manchmal von ganz alleine. Kommt auf die Klientel an. Mittelstandseltern werden da eher weniger drüber reden. FAS tritt übrigens immer häufiger auf, so sagt zumindest "meine" Sonderpädagogin, die im FS Lernen hauptsächlich arbeitet.


    Ist aber eigentlich auch egal, denn das Kind kann die Ursache nicht ändern.

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