Grundschullehramt oder Erzieherausbildung?

  • Hi!


    Ich stehe im Moment vor einer schwierigen Entscheidung. Ursprünglich hatte ich vor Grundschullehramt zu studieren. Das wurde mir klar, nachdem ich für eine längere Zeit an einer Grundschule gearbeitet habe. Die Arbeit mit Kindern liegt mir einfach und kann mir eigentlich kein anderes berufliches Umfeld vorstellen, wo ich mich gleichermaßen wohlfühle. Dort war ich auch in der OGS und das lässt nun meine Entscheidung anzweifeln. Grund dafür ist, dass mir das "Drumherum" in der Schule mehr Spaß macht als das Unterrichten. Bei den Lehrern hatte ich das Gefühl, dass die für das Soziale keine Lust oder besser gesagt keine Zeit und Nerven dafür haben. Liege ich mit meiner Vermutung richtig oder ist es lehrerabhängig?


    Macht eine Erzieherausbildung überhaupt Sinn, wenn man hauptsächlich in OGS bzw. mit Schulkindern arbeiten möchte? Also nicht in KiGas/Krippen etc.?


    LG

  • Natürlich ist es im OGS Bereich anders, denn da gibt es keinen Lehrplan und keine Kompetenzerwartungen.
    Bedenke bei deiner Entscheidung aber, dass die Erzieher in der OGS fast ausschließlich Teilzeitstellen haben (höchstens die Leitung hat annähernd VZ, aber das sind in der Regel “studierte“ Leute) und die Bezahlung generell mies ist. Aus diesem Grund arbeiten oft auch nicht allzu viele ausgebildete Erzieher in der OGS, denn die können in KiTas u.ä. bessere Jobs haben. Eine Erzieherausbildung macht aber natürlich auch Sinn, wenn du mit Schulkindern oder Jugendlichen arbeiten möchtest, z.B. im Heimbereich, Wohngruppen o.ä.

  • Hallo,
    wenn Du gerne mit Grundschulkindern arbeiten möchtest, aber lieber das "Drumherum" - wie Du so treffend schreibst - dann wäre Erzieher sicher ein toller Beruf für Dich. Früher wurde man dann Horterzieher/in, die Horte gehen hier aber z.Zt. stark zurück zugunsten der OGS.


    Mein Sohn war auf einem tollen Hort, wo speziell eine Erzieherin wirklich fantastische Arbeit geleistet hat, und man hat jederzeit gemerkt, dass das eben "ihr Ding" ist.


    Der ganz große Haken an diesem Beruf ist, dass es fast keine vollen Stellen gibt. Einige wenige Mitarbeiter übernehmen auch Aufgaben am Vormittag, aber sehr viele arbeiten Halbtags. Du musst für Dich prüfen, ob Du von einem halben Erziehergehalt leben kannst und willst.

  • Mara: Also ich habe vom Erzieherberuf nicht DIE Ahnung, aber ich bin mir SICHER, dass auch die so was wie Förderziele haben für die Kinder.

    Natürlich fördern Erzieher auch Kinder. Ich hab auch nichts gegenteiliges behauptet.

  • Ich würde mir auf jeden Fall die jeweiligen Verdienstmöglichkeiten ansehen. Als Erzieher ist man de facto verurteilt, bestenfalls "ein wenig was hinzuzuverdienen". Bei Vollzeit.

  • Bei den Lehrern hatte ich das Gefühl, dass die für das Soziale keine Lust oder besser gesagt keine Zeit und Nerven dafür haben. Liege ich mit meiner Vermutung richtig oder ist es lehrerabhängig?

    Neben dem Unterrichten muss man in der Grundschule auch sozial tätig werden. Ein gutes Klassenklima ist fürs Lernen wichtig. Allerdings kann man sich nicht so drauf konzentrieren wie es jetzt ein Erzieher am Nachmittag macht. Das ist schon anders. Bei uns an der Schule ist die Betreuung am Nachmittag nur ein Halbtagesjob oder ein 400 Euro Job und so weit ich weiß machen das alle neben der Familie bei uns. Ich glaube nicht, dass man alleine davon gut leben kann. Am besten erkundigst du dich, was so der Verdienst ist. Wer an den Grundschulen auch noch intensiv sozial mit den Kindern arbeitet, sind Sozialpädagogen. Erzieher und Sozialpädagogen arbeiten auch in Horten.

  • @Meerschwein: Der Erzieherberuf ist finanziell schon erheblich aufgewertet worden durch den SuE (die werden ja nicht mehr nach 'Normal' TvöD oder TVL bezahlt wie die tarifbeschäftigten Lehrer)


    In die 'Gehaltsdimensionen' von verbeamteten Grundschullehrern kommst du natürlich nie (tarifbeschäftigte Grundschullehrer nach TVL 11 sind aber nicht so weit weg): Du landest Vollzeit mit einiger Berufserfahrung aber bei über 2000€ netto (ledig) .


    http://oeffentlicher-dienst.in…ue/entgeltordnung-s8.html (Leiter werden nach S 10 bezahlt - in der Endstufe ledig, ohne Kinder bei 2300€).


    Ein Kompromiß wäre sicherlich Sozialarbeit/Sozialpädagogik zu studieren - an einer FH, die einen Schwerpunkt anbietet mit Arbeit mit Kindern.

  • Macht eine Erzieherausbildung überhaupt Sinn, wenn man hauptsächlich in OGS bzw. mit Schulkindern arbeiten möchte? Also nicht in KiGas/Krippen etc.?


    LG

    Ich persönlich würde sagen, dass es in dem Fall weniger sinnvoll ist... In den meisten OGS arbeiten doch -je nach Größe- nur ganz wenig ausgebildete Erzieher, vor allem nicht Vollzeit. Und viele, die gar nicht ausgebildet sind als "richtige" Erzieher, sondern nur einzelne "Kurse" anbieten.

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • Hallo Herme,


    eventuell erweiterst du deinen Blick noch um die Sonderpädagogik? Ich arbeite "in der Inklusion" und unterrichte kaum alleine, zuletzt bei voller Stelle nur 4 Stunden. In den restlichen Stunden war ich als Differenzierungskraft mit im Unterricht. Dabei hat es sich angeboten, das gesamte Drumherum mit abzudecken. Der Schwerpunkt ist in meinem Fall ein wenig vom reinen Unterrichten weg verschoben. Nichtsdestotrotz bin ich Lehrerin und unterrichte auch gerne :)
    Während meinem Referat an der Förderschule für Erziehungshilfe habe ich noch viel mehr "drumherum" gemacht, als jetzt. Mit unserem Klientel musste Unterricht erst wieder geübt werden und das soziale Miteinander stand ganz oben auf der Tagesordnung.

    Schöne Grüße,
    dzeneriffa



    Am Ende wird alles gut! Wenn´s noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende =)

  • DIe finanzielle Situation ist mir auch bewusst und ein Hauptgrund, warum ich noch am überlegen bin. Sehe ich richtig, dass man selbst ohne Verbeamtung mehr verdient als ein studierter Sozialarbeiter mit Vollzeitstelle? Als OGS Mitarbeiter kann man anscheinend nicht davon leben, wenn man Alleinverdiener ist oder gibt es da vielleicht so ein "Zwischending"?


    An die GrundschullehrerInnen hier: Wie sieht denn die Umsetzung des Erziehungsauftrags im Berufsalltag aus? Hat man dafür überhaupt Zeit, um individuell zu fördern?


    Eigentlich ist die Grundschule mein Ziel fürs Lehramt, weil ich hier gute Erfahrungen gemacht habe. Könnte man aber theoretisch als Förderlehrer arbeiten? Gibt es dafür Weiterbildungen/Umschulungen etc.?


  • Könnte man aber theoretisch als Förderlehrer arbeiten? Gibt es dafür Weiterbildungen/Umschulungen etc.?

    Das sind unterschiedliche Lehrämter und entsprechend unterschiedliche Studiengänge mit jeweils individuellen Schwerpunkten.

  • Eigentlich ist die Grundschule mein Ziel fürs Lehramt, weil ich hier gute Erfahrungen gemacht habe. Könnte man aber theoretisch als Förderlehrer arbeiten? Gibt es dafür Weiterbildungen/Umschulungen etc.?

    Von welchem Bundesland sprechen wir denn? Es gibt, meines Wissens nach BL, in denen es auch die sogenannten Förderlehrer gibt. Das ist dann nochmal etwas anderes, als die Sonderpädagogen.
    Für NRW kann ich dir sagen: Sonderpädagogen (hier auch umgangssprachlich schon mal Förderlehrer genannt) schließen ein eigenständiges Studium ab, machen danach ihr Ref und sind dann grundständige Lehrämter. Wir werden (verbeamtet) mit A13 besoldet, was die meisten Schulleitungen an den Grundschulen leider nicht erhalten. Fair ist das mit Sicherheit nicht, aber Realität. Mit dem LA Sonderpädagogik kannst du an JEDER Schulform arbeiten. Es muss dort nur Bedarf für einen Sonderpädagogen geben. Und den hat aktuell (fast) jede Schule. Das kann aber wieder ganz anders aussehen, wenn du in ein paar Jahren mit allem durch bist.
    An der Uni Siegen gibt es auch einen Studiengang, bei dem man integrierte Förderpädagogik studiert. Angeblich erwirbt man damit beide Lehrämter, da müsstest du dich aber nochmal ganz genau schlau machen!

    Schöne Grüße,
    dzeneriffa



    Am Ende wird alles gut! Wenn´s noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende =)

  • Eine weitere Idee wäre, Lehramt auf Grundschule zu studieren, dann aber an einer privaten Schule wie an einer Montessori- Schule (da braucht man eine spezifische Weiterbildung) oder an einer Waldorfschule zu arbeiten. Der Verdienst ist da nicht ganz so hoch, aber die suchen immer engagierte Lehrer und stehen hinter ihren Konzepten.


    An die GrundschullehrerInnen hier: Wie sieht denn die Umsetzung des Erziehungsauftrags im Berufsalltag aus? Hat man dafür überhaupt Zeit, um individuell zu fördern?

    Geht es dir um individuelle Förderung oder um die soziale Komponente ? Das ist unterschiedlich. Bei der individuellen Förderung kümmerst du dich um die individuellen Schwierigkeiten - im Prinzip Lernschwierigkeiten - der Schüler.


    Sozial: Natürlich muss du als Grundschullehrer viel Erziehliches machen. Wenn etwas im sozialen Gefüge nicht klappt, muss man als Lehrer eingreifen. Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Grundlagen des sozialen Miteinanders muss man schon ansprechen bzw. eintrainieren. Das jeden Tag. Dennoch steht die Stoffvermittlung im Vordergrund.


    Zur individuellen Förderung: Es gibt den Anspruch, dass man im Unterricht differenzierende Aufgaben gibt.
    Versuche einmal an einer Grundschule im Unterricht zu hospitieren, da wird vielleicht einiges klarer.


    In Bayern an den Grundschulen sieht das bei uns so aus:
    Speziell individuell fördern, differenzieren, das machen:
    - Förderlehrer (da gibt es einen extra Studiengang, die verdienen nicht ganz so viel wie ein
    Grundschullehrer, haben auch keine ganze Klasse)
    - Sonderpädagogen (die unterstützen, differenzieren in allen Bereichen, auch in sozialen)


    Sozial unterstützen uns an der Schule anwesende Sozialpädagogen, die einzelne Schüler mit sozialen Schwierigkeiten betreuen oder auch einmal Projekte in den Klassen durchführen.


    Nachmittags arbeiten bei der OGTS unterstützend:
    - hauptsächlich Erzieherinnen im Halbtagsjob
    - Lehramtsstudenten


    Ein Grundschullehrer macht von allem etwas, sein Hauptaugenmerk ist allerdings das Unterrichten. Ich persönlich bin deswegen in der Grundschule, weil man in diesem Lehramt neben der Sonderschule und der Hauptschule als Klassenlehrkraft, die viele Fächer hat, noch am ehesten im sozialen Verbund der Klasse sozusagen sozial tätig sein kann und Unterricht und soziale Dinge gut miteinander verknüpfen kann. Die Voraussetzung allerdings muss sein, dass es einem Spaß macht zu unterrichten und dies die Hauptsache bleibt.

  • Ich würde in NRW studieren. Andere Bundesländer kommen für mich später auch in Frage, wenn es dort besser passt.


    Ein Grundschullehrer macht von allem etwas, sein Hauptaugenmerk ist allerdings das Unterrichten. Ich persönlich bin deswegen in der Grundschule, weil man in diesem Lehramt neben der Sonderschule und der Hauptschule als Klassenlehrkraft, die viele Fächer hat, noch am ehesten im sozialen Verbund der Klasse sozusagen sozial tätig sein kann und Unterricht und soziale Dinge gut miteinander verknüpfen kann. Die Voraussetzung allerdings muss sein, dass es einem Spaß macht zu unterrichten und dies die Hauptsache bleibt.

    Ist so eine Klassenlehrertätigkeit in der Form nur an Grundschulen möglich? Das war nämlich auch für mich ein Pro-Argument, da ich gerne eine "eigene" Klasse haben möchte.


    An der Uni Siegen gibt es auch einen Studiengang, bei dem man integrierte Förderpädagogik studiert. Angeblich erwirbt man damit beide Lehrämter, da müsstest du dich aber nochmal ganz genau schlau machen!

    Ich habs mir mal angeschaut. Das ist ein Masterstudiengang. Wo hast du denn mitbekommen, dass man damit beide Lehrämter erwerben kann? Auf deren Seite steht jedenfalls nichts dazu. Ist es denn möglich nach einem Grundschulbachelor auf Sonderpädagogik zu wechseln? Das würde das Ganze interessant machen.

  • Ist so eine Klassenlehrertätigkeit in der Form nur an Grundschulen möglich? Das war nämlich auch für mich ein Pro-Argument, da ich gerne eine "eigene" Klasse haben möchte.

    Das variiert etwas bei den Bundesländern. In Bayern gibt die Klassenlehrkraft in der Grundschule so viel wie möglich an Fächern. An den Hauptschulen (in Bayern Mittelschulen genannt) sind die Klassenlehrer auch noch eine ordentliche Anzahl von Stunden in der Klasse, aber nicht mehr so viel wie an den Grundschulen, zumindest ist das in Bayern so. An den Sonderschulen gilt ebenso das Klassenlehrerprinzip, so weit ich weiß.

  • Ich habs mir mal angeschaut. Das ist ein Masterstudiengang. Wo hast du denn mitbekommen, dass man damit beide Lehrämter erwerben kann? Auf deren Seite steht jedenfalls nichts dazu. Ist es denn möglich nach einem Grundschulbachelor auf Sonderpädagogik zu wechseln? Das würde das Ganze interessant machen.

    Meine Nachbarin hat das studiert und meinte immer, sie hätte am Ende beide Abschlüsse.
    Wenn ich mir das hier anschaue, dann stimmt das auch :
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    Du machst zuerst deinen Master für die Grundschule und kannst/musst danach nur noch 60 LP für das zweite Lehramt anhängen. Du kannst aber auch nach dem ersten Master aufhören und als Regelschullehrer an die Grundschule. Damit würdest du dir die Option Sonderpädagogik offen halten.
    Wenn ich das richtig interpretiere, hättest du dann mit dem zweite Master wiederum die Möglichkeit als regulärer Sonderpädagoge in allen inklusive Systemen zu arbeiten und wärest darin nicht auf die Grundschulen beschränkt.

    Schöne Grüße,
    dzeneriffa



    Am Ende wird alles gut! Wenn´s noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende =)

  • Bei dem Programm scheint es in der Tat möglich zu sein, zwei Lehrämter zu erwerben. Ich wäre aber solchen Programmen vorsichtig. In einigen Regionen Deutschlands besteht Mangel an Grundschul- und Sonderschullehrern. Die Gefahr wäre, dass junge Absolventen zum Gehalt einer Person die Aufgabe von zweien (also eines Grundschul- und eines Sonderpädagogen, vlt. sogar nur für A12) übernehmen (dabei u.U. keiner der Aufgaben umfänglich gerecht werden können) und der Staat wieder eine Fachkraft einsparte.

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