Anzeigepflicht bei Dienstvergehen?

  • Hallo zusammen,


    eine Frage zum Dienstrecht: Wenn ich einen Kollegen bei einem Dienstvergehen beobachte, bin ich verpflichtet das meinem Dienstherrn anzuzeigen? Das Dienstrecht (BW) gibt mir da nicht wirklich Aufschluss darüber. Mir wäre es am liebsten, wenn ich einfach so tun könnte, als hätte ich weder was gehört noch gesehen. Zumal ich mit dem betroffenen Kollegen auch befreundet bin. Mit ihm darüber gesprochen habe ich. Leider ist er uneinsichtig.


    Nun habe ich Angst, dass die ganze Sache irgendwie rauskommen könnte und ich mit "dran" bin, weil ich sozusagen Mitwisserin war... Unsere Schule ist in einer Kleinstadt, da besteht immer die Gefahr, dass sowas aufgedeckt wird.


    Weiß jemand Bescheid?


    Danke,
    Mrs Pace

  • "Dienstvergehen" ist ein weites Feld, pauschal lässt sich kaum beantworten.
    Ein Dienstvergehen kann es schon sein, wenn ein Kollege die Vertretungsstunde, die er eigentlich halten soll, vorsätzlich ignoriert und einfach nach Hause geht. Da sehe ich keine Informationspflicht. Ein Dienstvergehen ist es auch, wenn ein Kollege ein sexuelles Verhältnis mit einer 15 jährigen Schülerin hat. Wenn man das weiß, würde ich die Pflicht zur Informationsweitergabe auf jeden Fall sehen. Letztlich ist eine Informationspflicht im Beamtengesetz nur in recht allgemeiner Form verankert, wo genau die beginnt oder endet, ist meines Wissens nicht scharf definiert, sondern leitet sich eher aus der Treuepflicht ab - entscheidend ist, ob eine Informationsweitergabe zum Abwenden von weiterem Schaden notwendig ist. Wenn der strafrechliche Bereich berührt ist, dürfte das der Fall sein.


    Grüße,
    Moebius


  • Rein hypothetische Frage: Wie wäre es, wenn die Schülerin volljährig wäre?

    Dann kann es ein Dienstvergehen sein, wenn der Lehrer die Schülerin auch unterrichtet. So lange es sich um ein einvernehmliches Verhältnis zwischen zwei Erwachsenen handelt dürfte eine strafrechtliche Relevanz aber nicht gegeben sein. Da würde ich persönlich nicht unbedingt davon ausgehen, dass du verpflichtet bist, dies weiter zu geben.
    Das der Kollege dennoch - gelinde gesagt - unklug handelt, steht auf einem anderen Blatt, aber das sollt nicht dein Problem sein.

    • Offizieller Beitrag

    Ich sehe das anders.
    Dürfte auch rechtlich stark Auslegungssache bzw Analyseergebnisfrage des Einzelfalls sein.
    Je nachdem ob es gut ausgeht oder ein Schaden entsteht (Eltern klagen, Schülerin klagt nach Trennung oder Streit oder blöder Prüfung (hat's ja alles schon gegeben) oder irgendwas wird von irgendwem in sozialen Medien veröffentlicht und Schule erleidet Rufschaden).
    Es hängt dann jeweils am Juristen, der das Disziplinarverfahren einleitet und wie konsequent die Schritte dann gegangen werden, ob und welche Art des Verfahrens eingeleitet wird und ob die ganze Kette "wer hat von was gewusst" zurück verfolgt wird.
    Hab ich schon so oder so erlebt.


    Mal davon ab: ich würde sowas auch ganz persönlich nicht decken wollen und mag die Haltung "geht mich nix an" grundsätzlich nicht. Aber das wurde hier ja nicht gefragt.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    • Offizieller Beitrag

    Es gibt Dienstvergehen in Verbindung mit Strafbarkeit - da bist Du als Beamte verpflichtet, dies zu melden.
    Bei Vergehen ohne konkrete Strafbarkeit (Vergessen von Aufsichten etc.) musst Du nicht aktiv werden.


    Wenn ein Kollege aber ein Verhältnis zu einer Schülerin hat, liegt ggf. ein sexueller Missbrauch vor, der strafbar ist. Im Übrigen haben Dienstherren auch schon unabhängig von einer Strafe Kollegen aus dem Dienst entlassen, wenn diese sexuelle Beziehungen zu SchülerInnen unterhalten haben, weil das Vertrauensverhältnis als unwiderruflich zerstört erachtet wurde.

  • Was hast du denn jeweils zu verlieren? Wenn du es meldest, ist die Freundschaft wahrscheinlich dahin. Wenn du es nicht meldest und es rauskommt (da es sich wohl um eine kleine Stadt handelt, wie du schreibst, wird es wohl irgendwann bekannt werden), würde möglicherweise dein Ruf (und damit das Vertrauen in dich) leiden, weil du denjenigen gedeckt hast. Dass du den Kollegen angesprochen hast, ist gut. Dass er sich uneinsichtig gezeigt hat, ist sein Problem.
    Wie wäre es, wenn du die Sache eurem Personalrat schilderst? Dann hast du es weitergegeben, bist aber ansonsten aus der Sache raus. Sollte der betreffende Kollege dem PR angehören, besprich es mit einem anderen PR-Mitglied.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Schüler-Lehrer-Beziehung geduldet wird, selbst wenn die Schülerin bereits volljährig ist...

    • Offizieller Beitrag

    Leute, bitte!! Der Personalrat ist aber sowas von nicht zuständig!! PRe sind doch bitte nicht die Mülleimer für jedes persönliche Anliegen und kompensieren nicht irgendeine Feigheit sich mit unangenehmen Problemlagen zu beschäftigen - sie sind die örtliche Beschäftigtenvertretung!


    Zuständig ist der Schulleiter.
    Wenn der den Kollegen dann zum Dienstgespräch lädt und Disziplinarmaßnahmen einleitet, kann der Kollege den PR als Beistand mitnehmen bzw. ihn drum bitten, der wiederum kann ablehnen.
    Nachzulesen in den jeweiligen PvGs.


    Echt hier...

  • Der Schulleiter ist hier zuständig. Bitte um ein vertrauliches Gespräch und schildere den Fall. Auch, dass du mit dem Kollegen befreundet bist.
    Wenn die Schülerin/der Schüler volljährig ist, dürfte es rechtlich nicht so problematisch werden. Fakt ist: Der Kollege muss sich denke ich versetzen lassen.
    Denn Unterricht ist immer noch ein "Abhängigkeitsverhältnis" und lässt eine intime Beziehung nicht zu.


    Im Übrigen bist auch du als Beamter dazu verpflichtet alles zu tun, damit dem Beamtentum kein Schaden entsteht. Dazu gehört auch sich zumindest richtig zu informieren, ob und wie du handeln musst, wenn du quasi "Mitwisser" bist.
    Du kannst dich auch unverbindlich beim RP in der Rechtsabteilung beraten lassen, ohne das dir ein Nachteil dadurch entsteht.

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Danke für eure Beiträge.


    Dass eine Straftat vorliegt, glaube ich nicht. Die Schülerin ist Mitte 20.


    Ich werde erst nochmal mit meinem Kollegen reden. Kann es einfach nicht fassen, dass man(n) so dumm sein kann und seine Karriere derart aufs Spiel setzt...


    Ansonsten ist wohl der erste Gang nach den Sommerferien der zur SL. :(

  • Dann herrscht ein Interessenskonflikt, die Noten die er gibt sind durchaus anfechtbar mit der Begründung, dass er ja sicher bessere gibt.


    So könnten zumindest Eltern, Mitschüler und Kollegen das sehen.
    In seinem Interesse: Sprich ihn darauf an und bring ihn dazu selbst das Gespräch mit der SL zu suchen. Dann besteht zumindest die Möglichkeit, dass alle Beteiligten mit nem blauen Auge aus der Sache rauskommen.


    Wenn du das mitbekommen hast, Habens doch andere sicher auch oder?

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Ihre Noten müsste sie wohl selbst anfechten und die Noten der anderen Schüler sind natürlich nicht anfechtbar (kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht), allerdings ist das Verhalten im höchsten Maße unprofessionell (und zwar nur weil der Kollege die Schülerin im Unterricht hat und ihr Noten gibt - alles andere ist nur Moralin, die Schülerin ist erwachsen) und sollte/wird auch definitiv disziplinarrechtliche (aber keine strafrechtlichen) Folgen haben.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.


  • Wenn du das mitbekommen hast, Habens doch andere sicher auch oder?

    Soweit ich weiß bisher nicht. Ich war mit Freunden unterwegs, die nicht Lehrer sind. War auch nicht direkt an unserem Dienstort sondern ca. 20km entfernt. Sie versuchen es natürlich geheim zu halten so gut es geht... Trotzdem. Der Teufel ist ein Eichhörnchen... Ich hab auch schon Schüler und Kollegen von mir an den unmöglichsten Orten getroffen, wo ich es nicht erwartet habe.

  • Und wenn du dem Kollegen sagst, dass entweder er die Sache mit der Schulleitung abklärt oder ansonsten du dich gezwungen siehst, das Gespräch zu suchen? Du hast doch - meines Erachtens zu recht - ein ungutes Gefühl.
    Ich finde es indiskutabel, während der Schulbesuchszeit eine Beziehung mit einer Schülerin zu haben.

  • Und wenn du dem Kollegen sagst, dass entweder er die Sache mit der Schulleitung abklärt oder ansonsten du dich gezwungen siehst, das Gespräch zu suchen? Du hast doch - meines Erachtens zu recht - ein ungutes Gefühl.
    Ich finde es indiskutabel, während der Schulbesuchszeit eine Beziehung mit einer Schülerin zu haben.

    Das werde ich auf jeden Fall machen.


    Ich verstehe auch nicht, wieso er nicht einfach darum bitten will, dass ein anderer Kollege die Klasse übernimmt. Die Schülerin kann leider nicht die Klasse wechseln, weil wir in diesem Berufsfeld einzügig sind.


    Ich rede heute Abend nochmal mit ihm. Vielleicht lässt sich noch was machen bevor die Stundenpläne stehen.

  • Ich war mit Freunden unterwegs, die nicht Lehrer sind. War auch nicht direkt an unserem Dienstort sondern ca. 20km entfernt.

    Wie jetzt.... du siehst einen Kollegen in seiner Freizeit und willst das zum Thema an der Arbeitsstelle machen?!?!
    Mann, Mann, Mann....


    Ich finde es indiskutabel, während der Schulbesuchszeit eine Beziehung mit einer Schülerin zu haben.

    Was ist, wenn sie die Beziehung schon vorher hatten? Die Schülerin wäre dafür wohl alt genug.


    Außerdem... wieso wird dem betreffenden Kolegen unprofessionelles Handeln unterstellt? Lassen Diensterfüllung, Notenvergabe etc. darauf schließen?



    ...oder gehts nur darum das eigene Spießertum und die eigene Blockwartmentalität auszuleben?

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

Werbung