Ich habe einige sehr intelligente und politisch interessierte türkischstämmige Schülerinnen, die ein ganz anderes Erdogan-Bild haben und dies auch relativ gut begründen können.
Vielleicht sollte der Westen von seiner selbstgefälligen Arroganz ein wenig abrücken, wenn er wie selbstverständlich annimmt, dass die Demokratie jedem Volk frommt. Am Beispiel des Irak, oder Afghanistans können wir ja sehen, wie erfolgreich die jüngsten Versuche Völker mit westlichen Segnungen zu beglücken waren.
Quer gedacht:
Es gibt augenscheinlich Kulturen, die eine Staatsform mit einem starken Mann (oder einer starken Frau) an der Spitze als besonders erstrebenswert ansehen. Hätte ein solches Volk nicht auch das Recht, sich mehrheitlich genau für eine solche Staatsform einzusetzen, oder ist die Demokratie ein Axiom oder eine Art Naturgesetz, für deren Ablehnung man sich immer rechtfertigen muss? Letztlich ist sie wie alle anderen Staatsformen erdacht oder aus der Geschichte heraus erwachsen.
Jaja, blabla. Es scheint in letzter Zeit bequem geworden zu sein, den Westen und seine Demokratie stark anzuzweifeln, aus einer Art merkwürdiger Selbstgefälligkeit heraus. Dann muss man nämlich keine Probleme in jenen Ländern lösen bzw. ansprechen, sondern popelt sich ein wenig demonstrativ in der eigenen Nase rum.
Zu Erdogan: Die meisten Türken wollen keine Diktatur und wollen auch keinen Erdowahn, aber wenn dieser die Pressefreiheit derart einschränkt, dass Gegenstimmen nicht mehr auftauchen, dann ist klar, dass viele denken (sollen), er sei der volksgeliebte, auserwählte Führer.
Und selbst WENN die Mehrheit der Türken eine Diktatur bevorzugen würden, dann sollten hier lebende Türken nicht HIER dafür stimmen und ihren "Landsleuten (die eigentlich keine sein sollten, ich bin gegen den Doppelpass!)" eine totalitäre Staatsform aufdrücken. Darum ging's hier nämlich.