Schönes Beispiel, passiert aber wohl eher selten dass ein normal intelligentes Kind auf einer Skala in die geistige Behinderung abrutscht. Ist mir zumindest bei ~1200 getesteten Kindern (in Kindertagesstätten und Grundschulen) während meiner Zeit an der Uni nicht einmal passiert (was aber auch schlicht daran liegt, dass die meisten "normalen" IQ-Tests nur den Bereich von 70 bis 130 wirklich gut abdecken (größere Batterien auch mal 60-140, aber die führt man kaum in der Schule durch)...man kann die drunter und drüber zwar erkennen in solchen Tests, aber für genaue Messungen darunter und drüber gibt es spezielle Verfahren). Wer hat den Test denn durchgeführt bei dem das passiert ist?
Sonderpädagogischer Förderbedarf im Bereich Lernen versus kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten
-
-
Ach, dieser IQ-Wert allein ist doch gar nicht aussagekräftig. Der wird aus verschiedenen getesteten Bereichen zusammengesetzt, die durchaus sehr, sehr unterschiedlich ausfallen können.
Wenn also ein Kind einen IQ von 85 hat (Grenzwert), aber z.B. u.a. im Teilbereich Logik 110 und im Teilbereich Verarbeitungsgeschwindigkeit 60, heißt das nicht, dass das Kind nicht denken kann, sondern dass es sich auf einem Arbeitsblatt mit vielen Informationen nicht zurechtfindet. Die Gründe können sehr vielfältig sein. Der banalste wäre, dass das Kind eine Brille braucht. Wie valide wäre dann also das Testergebnis?sehr valide. durch die untertests sieht man genau, wo das problem ist, und kann entsprechend agieren. und die gesamtleistung wird eher schlecht sein, und nichts anderes misst der iq. dass manche das nicht adäquat interpretieren können ("iq 80, kind also dumm"), liegt an diesen individuen, nicht am test.
-
Noch eine Frage hinter "Wer hat das getestet" her: Welcher Test kann auf Unterskalenebene reliabel geistige Behinderung und Hochbegabung erkennen?
-
Das Testergebnis in seiner ganzen Breite, ja. Aber nicht der errechnete IQ-Wert allein. Der wird aber oft als Maßstab für den Förderbedarf LE oder GB verwendet. Das erlebe ich immer wieder. Das, finde ich, geht so ohne Weiteres eben nicht.
-
Es ist durchaus möglich, dass ein kind mit normalem IQ Probleme bei der Konzentration oder mit dem Lernen hat. Ich verweise jetzt mal auf ADS/ADHS und Autismus.
In ein paar Antworten schimmert das klassische Vorurteil durch: die Kinder können schon, die Erziehung ist schuld.
Wer so etwas schreibt hat einen dringenden Fortbildungsbedarf.
Bei einer Wahrnehmungsstörung durch eine Einschränkung im räumlichen Sehen hat ein Kind zum Beispiel Probleme, sich im Raum zu verorten. Sich ergebende Probleme können das Vergessen von Heften, nicht notierte Hausaufgaben oder nur halbe Hefteinträge sein. Auch, wenn man das erst einmal nicht vermutet. Da kann man als Lehrkraft natürlich unterstellen, dass Kind sei faul, desinteressiert oder einfach dumm. Das bringt einen aber nicht weiter, weder Kind noch Lehrkraft.Um auszuschließen, dass Kinder einfach faul sind oder nicht wollen, wäre die einfachste Vorkehrung, die Kinder zu motivieren und das Positive an ihnen zu sehen und nicht nur defizitorientiert zu denken. Ich wünsche mir übrigens auch für meine "normalen" SuS.
-
@Stille Mitleserin, hab ich was verpasst?
Der IQ ist nicht ausschlaggebend für den Lernerfolg? Das wird jetzt wieder ein anderes Thema, aber: Echt jetzt? Hast du mal in Grundschulklassen flächendeckend IQ, Leseverstehen und Rechenfertigkeiten erhoben und dir angeguckt wie eng das alles zusammenhängt? Natürlich gilt das nicht für jedes einzelne Kind, aber Statistik macht auch keine Aussagen über einzelne Kinder.
Danke, dass dus dir selbst erklärt hast: das ist der springende Punkt.
Statistik macht keine Aussagen über einzelne Menschen. Bitte, bitte im Sinne aller Kinder, mit denen du je zu tun hast: merken.Vielleicht verstehst du auch schlicht nicht, was es mit der Überprüfung auf sonderpädagogischen Förderbedarf auf sich hat? Deswegen hatte ichs noch mal erklärt.
Ich hab schon viele, viele Gutachten geschrieben. Und jeder Satz ist dabei übrigens objektiv belegbar. Trotzdem dürfen wir (aus vom Kollegen oben genannten Gründen) keinen IQ-Test durchführen. Und das hat eben auch Vorteile. wenn der IQ-Wert (wie auch immer ermittelt) erst mal aufm Papier steht, dann können da noch 20 weitere Seiten an Argumenten und Untersuchungsergebnissen kommen: für die Behörde steht fest: der kann raus aus der Statistik. Völlig egal, ob die schulischen Leistungen abkacken, welche Konflikte es zwischen Schule und Familie gibt, welche Probleme und Schädigungen vorliegen (die fehlende Brille ist kein schlechter Scherz) etc.pp. Wenn der Psychologe gesagt hat, ein IQ-Pünktchen zu viel, dann wars das mit Förderung.
-
Ich durfte IQ-Tests durchführen, ich dürfte immer noch welche durchführen (ich wüsste nur nicht welchen Nutzen das im Schulalltag haben und wie ich das den Eltern erklären sollte). Ich habe Statistik erst im Mathematikstudium belegt und dann nochmal in den Aufbaustudien für Psychologie. Danke dass du mich an deiner unbändigen Weisheit hast teilhaben lassen, dass manchmal ein Punkt den Unterschied zwischen Lernbehinderung und normal ausmachen kann. Das ist mir im schulischen Kontext noch nie untergekommen, dass ein Punkt den Unterschied zwischen Abitur bestanden oder nicht bestanden ausmachen kann oder eine Note den Unterschied zwischen versetzt und nicht versetzt. Das passiert nun einmal, wenn man irgendwo einen cut-off machen muss. Wenn man das dann möchte (beim IQ-Test), kann man übrigens nochmal mit einer anderen (die erste Testung gibt evtl. Hinweise womit man testen sollte um das gewünschte Ergebnis zu bekommen) Testbatterie ran, die Dinger sind zwar extrem reliabel, aber messen doch teilweise unterschiedliche Schwerpunkte. Was meinst du wie die vielen niedergelassenen Psychologen die Kinder allesamt auf hochbegabt oder Teilleistungsschwäche getestet bekommen? Jedes Mal wenn ich so einen Wisch bekomme, muss ich mir echt Mühe geben ernst zu bleiben.
Und wenn du ernsthaft glaubst, dass jeder Satz in deinen Gutachten objektiv belegbar sei, dann bitte, bitte bring anderen bei wie man das macht. In der Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten wird man nämlich genau vor dieser Hybris gewarnt...wenn du die überwunden und zu absoluter Perfektion gefunden hast, dann solltest du das anderen Menschen beibringen. -.-
Andererseits glauben viele von den niedergelassenen Psychologen den Quatsch auch...also so allein bist du nicht... -
Das Problem ist, dass du immer so überzeugt davon bist, was du sagst, dass du überhaupt nicht mehr zuhörst. Ein Punkt im IQ-Test macht eben nicht aus, ob ein Kind als lernbehindert bezeichnet wird. Darum geht es ja.
Für die Schulbehörde, die versucht, an Förderschulplätzen zu sparen ist der "Punkt zu viel" ausschlaggebend, das Kind in der Grundschule zu belassen, völlig egal was sonst noch drumrum passiert. Dabei macht Lernbehinderung ja gerade aus, dass das Kind im aktuellen Bedingungsgefüge nicht ausreichend vorankommt im Lernprozess. Lernbehinderung ist nicht wie eine Körperbehinderung feststellbar und dann für den Rest des Lebens festgeschrieben.Und natürlich sind die Sätze belegbar, die ich schreibe, weil ich nur Beobachtungen aufschreibe und meine eigenen Interpretationen kennzeichne. Ich sage also nicht: "Kind hat unterdurchschnittliche Intelligenz", sondern ich stelle fest, welche Menge es simultan erfassen kann und was das im Vergleich zu Gleichaltrigen bedeutet. Und so zu jedem einzelnen anderen Unterpunkt, der für Schule Relevanz hat.
Ich hab gar kein generelles Problem mit IQ-Tests, ich sage nur, dass denen ein viel zu großer Stellenwert beigemessen wird, weil die Zahlen so verlockend objektiv scheinen. Und dass nicht in allen Bundesländern welche von Förderpädagogen durchgeführt werden.
Edit: Einige Schüler an der Lernförderschule verbessern sich so, dass sie an die Hauptschule wechseln und den Hauptschulabschluss schaffen können. Dazu muss jemand ihren Lernförderbedarf aufheben: Ihr IQ hat sich aber sicher nicht verändert.
-
Der IQ ist während der Kindheit nicht besonders stabil (also er schwankt jetzt auch nicht andauernd zwischen GB und Hochbegabung, aber +-10 und insbesondere regression to the mean ist da schon drin), da kann man über mehrfache Tests durchaus ein bisschen Veränderung bekommen. Und ja, IQ Tests (wie den meisten Tests) wird regelmäßig zu große Bedeutung beigemessen. Sie können ein Puzzlestück (meinetwegen auch ein großes) in einem kompletten Bild sein, aber das habe ich oben auch schon geschrieben (deswegen muss ich bei Bescheinigungen von Psychologen so oft das Lachen unterdrücken). In diesem Thread haben wir ausnahmsweise eine sehr ähnliche Meinung, abgesehen davon, dass ich nicht so an die Objektivität glaube (denn wenn ein Kind in einer Untersuchung ein Subitizing von 5 schafft kann das zwar die reale Kapazität sein, könnte aber auch durch andere Ursachen herabgesetzt sein (oder das Kind ist eine Taube))
Werbung