Lehramtsstudium: Ein Fach studieren, obwohl ich es nicht in der Schule selbst hatte?

  • Hallo zusammen,


    ich will demnächst mein Studium beginnen und wollte Geschichte und katholische Religion auf Lehramt Gymnasium studieren. Nun wurde mir gesagt, dass man mit Ethik (Philosophie) bessere Karten hätte.
    Mir gefällt Philosophie auch, solche Themen kamen ja auch in katholischer Religion in der Schule vor.
    Nun hatte ich aber in meiner Schulzeit kein Ethikunterricht. Kann ich trotzdem ohne schulische Vorkenntnisse Ethik auf Lehramt studieren? Da wird ja von Neuem angefangen?


    Asgard

  • Wer sagte dir, dass man mit Ethik bessere Karten hätte? In den Lehrerbedarfsprognosen wird Ethik nicht erwähnt, mir fällt jedoch auf, dass inzwischen immer mehr Lehramtsstudenten Philosophie als Fach wählen, was in der Form vermutlich nicht mit einem Bedarfsanstieg korreliert. Geschichte und Philosophie und dann auch noch für das Gymnasium... Ich würde eher davon abraten: Unter Lehramtsstudenten sind sowohl diese Fächer als auch diese Schulform zu beliebt. Stärker gesuchte Schulformen sind Förder- und Berufsschule, stärker gesuchte Fächer eher in Richtung MINT und Kunst/Musik. Als Kompromiss könntest du eine Fächerkombination aus Interessen- und Bedarfsfach wählen.


    Rein formal werden keine Vorkenntnisse vorausgesetzt (zumindest keine alten Sprachen oder nachweisbarer Ethikunterricht, höchstens Englisch), in der Regel wird aber davon ausgegangen, dass bei Studienaufnahme der Schulstoff sitzt. Die Uni hat ja auch beim Lehramtsstudium nicht die Aufgabe, den Schulstoff noch einmal zu wiederholen, was ja auch langweilig für diejenigen Studenten wäre, die durchgängig bis zum Abitur in der Schule Ethikunterricht besuchten. Dem solltest du dir bewusst sein.

  • Na klar, warum nicht? :) Das Studium, zumindest bei Fächern wie Philo, Geo und Geschichte und was die “nicht-sprachpraktischen“ Anteile bei Sprachen angeht, geht ja davon aus, dass du dich wissenschaftlich noch nicht damit befasst hast. Da wird im Prinzip von Null gestartet: Du lernst Propädeutik und Grundbegriffe und Standardliteratur kennen.
    Sei dir gewiss: Wenn du am.Anfang fleißig die Bücher verschlingst, dann kann das klappen.


    In meinem Studiengang (spanisch und Latein) gab es einige, die das Latinum erst in der Uni nachgeholt haben oder noch gar kein Spanisch konnten und trotzdem gute Lehrer geworden sind. Vielleicht gerade weil sie sich dadurch besonders genau mit der Materie befassen konnten :)


  • In meinem Studiengang (spanisch und Latein) gab es einige, die das Latinum erst in der Uni nachgeholt haben oder noch gar kein Spanisch konnten und trotzdem gute Lehrer geworden sind. Vielleicht gerade weil sie sich dadurch besonders genau mit der Materie befassen konnten :)

    Bin ich noch zu verschlafen, um die Ironie zu erkennen?! :ohh:

  • Du kannst doch keine Philologie studieren, ohne die Sprache zu können :staun: Da gibt's doch Eingangstests - wenn du ein gewisses Niveau nicht nachweisen kannst, wirst du gar nicht erst zugelassen. Die Vorlesungen und Seminare sind in der Sprache. Bin total verwirrt und fühle mich wie schief gewickelt. Englisch kann doch hierbei nicht einzigartig sein..?

  • Du kannst doch keine Philologie studieren, ohne die Sprache zu können :staun: Da gibt's doch Eingangstests - wenn du ein gewisses Niveau nicht nachweisen kannst, wirst du gar nicht erst zugelassen. Die Vorlesungen und Seminare sind in der Sprache. Bin total verwirrt und fühle mich wie schief gewickelt. Englisch kann doch hierbei nicht einzigartig sein..?

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    Soweit ich weiß wird die Sprachpraxis innerhalb jedes Fremdsprachenstudiums auf C2 vertieft. Ohne Vorkenntnisse auf B2-Niveau sehe ich dafür schwarz, ansonsten überlebt man die Einführungen in die Literaturwissenschaften und in die Sprachwissenschaften keine 2 Monate.

  • Hallo,


    ich weiß, dass die Zukunft nicht rosig wird und das es kein Zuckerschlecken wird. Doch in vielen Jobs bangt man um eine Einstellung (zum Thema Fachkräftemangel...). Trotzdem interessieren mich die Inhalte so sehr und ich will auch meine späteren Schüler etwas beibringen und diese begeistern.

  • Lowden: C2 ist (leider?) nicht immer das Ziel eines Fremdsprachenstudiums, manchmal ist es auch nur C1 oder gar B2. Leider finden die Lehrveranstaltungen in einem Fremdsprachenstudium nicht immer in der Zielsprache statt. Es gibt Universitäten, an denen insbesondere Romanistikstudiengänge mehr in Deutsch als in der entsprechenden romanistischen Sprache absolviert werden und bei denen die Abschlussarbeit nicht in der Zielsprache verfasst werden muss. Ob das insbesondere für angehende Lehrer (die ja später dazu angehalten sind, möglichst einsprachig-zielsprachlichen Unterricht zu halten) sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt, aber so sind leider die universitären Rahmenbedingungen. Immerhin ist es inzwischen an den allermeisten Universitäten der Fall, dass das Anglistikstudium tatsächlich auf Englisch stattfindet.


    @asgard: Nur weil es einen grundsätzlichen Fachkräftemangel gibt, heißt das nicht, dass es einen Mangel in jedem Bereich gibt. Vielmehr stürzt sich ein Großteil der Schulabgänger auf einen kleinen Teil der zur Verfügung stehenden Berufe, was auf der einen Seite zu Überschuss, auf der anderen Seite zu Mangel führt. Es gibt viele Lehramtsstudenten mit gesellschaftswissenschaftlichen Fächern und/oder Deutsch (in der Regel für das Gymnasium), die vom fachlichen Interesse schwärmen und trotz der schlechten Aussichten auf eine Stelle hoffen... Du musst für dich selbst klären, ob du dich zusätzlich in das Getümmel werfen möchtest. Viele studieren im Endeffekt dann doch noch ein gesuchteres Fach oder eine weitere Schulform nach, um aus der Masse herauszustechen. Die meisten Lehrer, auch mit suboptimalen Fächerkombinationen kommen am Ende unter, das kann aber auch ein Standort weit weg von der Heimat oder der soziale Brennpunkt sein.

    • Offizieller Beitrag

    Da Spanisch "erst seit Kurzem" fast flächendeckend Schulsprache ist, konnte man bis vor Kurzem an sehr vielen Unis ohne Kenntnisse Spanisch / Italienisch / Portuguiesisch, Russisch, Polnisch, ... studieren.
    Einige Unis lagern jetzt die propädeutischen Sprachkurse immer mehr aus, da es ja Personal kostet. Die Studis können trotzdem studieren, wenn sie den Sprachkurs vorher kostenpflichtig belegen (und bestehen).


    Mein Französisch-Studium (2008 abgeschlossen) war zu 70-80% auf Deutsch, die Examensarbeit hätte ich zwar auf Französisch schreiben dürfen, aber nur bei einer Professorin, die anderen Professoren haben es zwar nicht verboten, aber klar gemacht, dass sie es für sinnlos halten, weil man in der Zielsprache nicht so gut wissenschaftlich arbeiten könne. (Ich habe dann im Zweitfach geschrieben)

  • Hallo,


    ich weiß, dass die Zukunft nicht rosig wird und das es kein Zuckerschlecken wird. Doch in vielen Jobs bangt man um eine Einstellung (zum Thema Fachkräftemangel...). Trotzdem interessieren mich die Inhalte so sehr und ich will auch meine späteren Schüler etwas beibringen und diese begeistern.

    Dieser gepushte Fachkräftemangel besteht aber nur in ingenieurswissenschaftlichen Domänen. Du vergleichst Äpfel mit Birnen und dichtest dir hier leider etwas zusammen, in deiner Wunschkombination haben selbst die Jahrgangsbesten keine Einstellungchancen: https://www.merkur.de/bayern/j…10-abschluss-3337435.html


    Würdest du gegen jede Vernunft ein Kernfach wie Deutsch oder Englisch mit Geschichte oder Ethik/Philosophie studieren - okay, da könnte man noch argumentieren, dass sich da etwas mit Geduld und Spucke und einigen Vertretungtätigkeiten finden lässt - unter Umständen auch in einem unbeliebten Brennpunkt oder im Privatschulbereich oder fachfremd als pädagogische Fachkraft o.ä. Aber nach Geschichte + Reli/Ethik besteht einfach kein Bedarf. Absolut gar keiner. Weder in der freien Wirtschaft noch im öffentlichen Schulsektor. Aber du bist erwachsen, es ist dein gutes Recht zu studieren, was du möchtest. Mich interessieren Musik und Geschichte auch sehr. Aber dieser Trend und Hype zur Selbstverwirklichung ist eine Farce. Jeder Job hat seine Schattenseiten, auch der eines Historikers oder Profimusikers. Reicht es nicht sich damit in seiner Freizeit zu beschäftigen und einer geregelten Tätigkeit nachzugehen, mit der man sich einigermaßen arrangieren und über Wasser halten kann? Nach diesem Studium hat dich jeder Altenpfleger karrieretechnisch überholt, da er von Anfang an auf's richtige Pferd gesetzt hat und im weiteren Verlauf gute Entwicklungsmöglichkeiten auf ihn warten.

  • Hallo,


    ich weiß, dass die Zukunft nicht rosig wird und das es kein Zuckerschlecken wird. Doch in vielen Jobs bangt man um eine Einstellung (zum Thema Fachkräftemangel...). Trotzdem interessieren mich die Inhalte so sehr und ich will auch meine späteren Schüler etwas beibringen und diese begeistern.

    Was Geschichte angeht, kann ich dich total gut verstehen - hätte ich selbst gerne studiert, hatte mich aber dagegen entschieden (ganz ehrlich: keine Lust auf Latinum. Aber vielleicht mache ich's ja noch als Rentner ;) ). Aber sehen wir uns das doch mal aus der Perspektive deiner zukünftigen Schüler an: Wenn du denkst, dass du ihnen was beibringen und sie begeistern kannst, dann kannst du die Chance, dass sie dich überhaupt als Lehrer bekommen, bereits jetzt dramatisch vergrössern! Wäre eine Entscheidung für eines der Fächer in Kombination mit einem Mangelfach keine Option? Wirf doch mal ganz unvoreingenommen einen Blick auf die Matrix in diesem Thread (ist NRW und nicht Hessen, aber im Grossen und Ganzen wird es auch hier stimmen):


    http://www.lehrerforen.de/inde…ie-philosopie-geschichte/


    Könntest du dir etwas von weiter "rechts oben" vorstellen? Muss ja nicht gleich MINT sein wenn dir das nicht liegt, aber z. B. in den romanischen Sprachen sieht es nicht ganz schlecht aus, oder Sozialwissenschaften (interessant z. B. auch in der Berufsbildung).

  • ethik ist gefragt und wird gefragter, weil die anmeldezahlen im reliunterricht bundesweit rückläufig sind. in bayern bekommst du sogar momentan noch einen notenbonus dafür am gym.

  • Ad Fremdsprache ohne Kenntnisse studieren: Wie sieht denn die Berechtigung für Sinologie, Japanologie, Arabaistik und andere Sprachen aus, die man nicht in der Schule lernt? Wer sich reinhängt, kriegt das gut hin.


    Viel schlimmer als fehlende Vorkenntnisse finde ich die fehlende Verpflichtung Sprachpraxis im Ausland zu sammeln.
    Ich bspw. habe mein Auslandssemester gemacht, als ich bereits 4 Jahre studiert hatte, kurz vor dem Ende des Masters als Bonbönchen sozusagen. Ich hatte gute bis sehr gute Noten in den sprachpraktischen Modulen, ich hatte Spanisch im Mündlichen Abitur.


    Ich kam ins Ausland und siehe da: Alltagstauglich waren meine Sprachkenntnisse, mithilfe derer ich Diskussionen zur argentinischen Unabhängigkeitsliteratur hätte haben können, nicht wirklich, denn was Löffel, Schrubber oder Kopfkissenbezug hießen, wusste ich nicht.
    Dazu hatten meine Mitbewohner einen Akzent, den ich im Leben nicht verstand, denn er war nicht absichtlich ans deutsche Ohr angepasst worden.


    Naja, back on topic: @asgard, studier das, was du möchtest. Prognosen ändern sich, aber wenn du auf Nummer sicher gehen willst, nimm doch ein Hauptfach dazu und Philo oder Geschi eben als Drittfach, da gibt es, zumindest in S-H einen Bonus für die Stellenvergabe im Ref und danach bist du deutlich flexibler :)

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