Schüler in den USA, der Eltern das Essensgeld nicht zahlen, werden "beschämt"

  • Zitat

    Es war in der ersten Woche des neuen Schuljahres, auf dem Speiseplan der Kantine einer Grundschule in Pennsylvania stand Hühnchen. Ein Junge aus der ersten Klasse hatte das Fleisch bereits auf dem Teller, doch da kam eine Mitarbeiterin und warf es in den Müll. Der Grund: Die Eltern des Kindes hatten das Essensgeld nicht bezahlt.
    ...
    Drei Viertel der Schulbezirke in den USA hatten laut einer Studie des Verbandes für Ernährung in der Schule 2016 am Ende des Schuljahres Außenstände beim Essensgeld. In manchen Bezirken blieb die Elternschaft demnach Millionen Dollar schuldig. In vielen Fällen begleichen Lehrer, Kantinenmitarbeiter oder Sponsoren die Rechnungen, um Kinder vor der Schmach und einem knurrenden Magen zu bewahren.

    http://www.spiegel.de/lebenund…ch-shaming-a-1146556.html


    Wie seht ihr das? Muss die Schule Kindern ein Essen stellen, auch wenn die Eltern nicht zahlen? Werden bei euch in der Mensa Schüler "beschämt" (abgewiesen), die kein Geld dabei haben oder deren Essenskarte nicht aufgeladen ist? Sollen Lehrer in diesem Fall die Rechnung übernehmen, wie das in den USA offensichtlich "viele Lehrer" machen?


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Persönlich fände ich es schon gut, wenn an einer Ganztagsschule das Essen kostenlos mit dazu gehören würde (und von besserer Qualität wäre als jetzt).
    Das ist bei uns aber nicht gesellschaftlicher Konsenz.


    An meiner Schule bekommen nur Kinder Essen, die das vorgebucht und damit auch (per Prepaid-System) bezahlt haben. Das ist zwar im Einzelfall blöd, wenn ein Kind nicht bestellt hat und kein Essen mit hat, aber irgendwie gehört es auch zur Selbstständigkeit dazu, dass selber zu regeln. Ein Butterbrot kann jeder zu Hause selbst zubereiten. Wer das nicht kann, lernt es in Klasse 5 in Ernährungslehre.


    Wie im Artikel beschrieben, Essen erst auszugeben und dann weg zu nehmen, Kinder mit Schildern zu versehen, finde ich nicht akzeptabel.
    Die Sache mit den gemeinnützigen Arbeiten sehe ich zwispältig. Wenn sie demütigend sind, ist das nicht in Ordnung, ansonsten kann man das meiner Meinung nach machen.


    Lehrer sollten das Essen für die Schüler nicht bezahlen. Wir sind zwar eine helfersyndromgefährdete Berufsgruppe, aber das ist nicht professionell und verschlimmert das Grundproblem (Verantwortungslosigkeit der Eltern).

  • Lieber kodi, du gehst davon aus, dass Brot im Haus ist.
    Wenn aber keines da ist? Und der Kühlschrank auch sonst eher leer?


    In Bawü gibt es verschiedene Schulprogramme, z.B. das Schulfruchtprogramm. Hier bekommt eine Schule z.B. täglich eine Kiste Äpfel, die sich die Schüler nehmen können.
    Ich finde das toll, auch für Schüler, bei denen es zu Hause nichts gibt oder bei Teenies, die einfach zu Hause nichts essen und nichts mitnehmen wollen.


    Kinder, deren Eltern nicht zahlen können, zu stigmatisieren oder dass die Lehrer bezahlen geht gar nicht.


    Solange der Staat (was meiner Meinung nach seine Aufgabe wäre) nicht zahlt, könnte man z.b. bei den Schulfördervereinen anfragen - ich als Mutter würde mich gern in einem höheren Maße finanziell für das kostenlose Mittagessen engagieren und für ein anderes Kind mitzahlen, wenn dann auch eine gute Qualität serviert wird. Eine Art anonyme Essenspatenschaft schwebt mir vor, an der sich natürlich auch Lehrer beteiligen können, wenn sie das wollen.

  • ...Sollen Lehrer in diesem Fall die Rechnung übernehmen, wie das in den USA offensichtlich "viele Lehrer" machen?
    ...

    Muss es denn immer so reißerisch sein?


    Die Frage, ob kostenloses Mittagessen ja oder nein kann man ja erörtern. Aber ob das Verhalten einer entnervten Küchenfrau in Pennsylvania zur Verhaltensmaxime erhoben werden soll?- hm.


    Mit "Bildung und Teilhabe" kostet das Essen bei uns 1 Eur, das bekommen auch sozial schwache Eltern hin. Psychisch kranke Eltern oft nicht, da sind wir aber sowieso mit Jugendamt dran, da läuft dann leider auch alles andere nicht.


    Meine Kollegen haben übrigens verschiedene Angebote verschiedener Stiftungen für kostenloses Frühtsück mehrfach abgelehnt. Grund: "...nicht, dass wir am Ende Geschirr waschen müssen..." So viel zu deiner immerwährenden Sorge, dass irgendwo irgendwelche Lehrer sich einen abbrechen könnten, um einem Kind etwas zu spendieren.

  • Meine Kollegen haben übrigens verschiedene Angebote verschiedener Stiftungen für kostenloses Frühtsück mehrfach abgelehnt. Grund: "...nicht, dass wir am Ende Geschirr waschen müssen..." So viel zu deiner immerwährenden Sorge, dass irgendwo irgendwelche Lehrer sich einen abbrechen könnten, um einem Kind etwas zu spendieren.

    Ich kann deine Kollegen gut verstehen. Wenn die Kinder selber abwaschen müssten, wäre das ja "beschämend". Immerhin hat sich die gemeine Lehrkraft als Dienstleister zu verstehen...


    Aber es ehrt dich selbstverständlich, dass du gesellschaftliches Versagen vollumfänglich mit unbezahltem Mehrarbeit und ggf. finanziell ("spendieren") kompensieren willst. "Helfersyndrom" nannte das kodi hier so passend...


    Ach ja, war das "kostenlose Frühstück" als Teil der Unterrichtszeit gedacht? Und war die Schulaufsicht damit einverstanden?

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

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  • Kinder, deren Eltern nicht zahlen können, zu stigmatisieren oder dass die Lehrer bezahlen geht gar nicht.


    Solange der Staat (was meiner Meinung nach seine Aufgabe wäre) nicht zahlt, könnte man z.b. bei den Schulfördervereinen anfragen - ich als Mutter würde mich gern in einem höheren Maße finanziell für das kostenlose Mittagessen engagieren und für ein anderes Kind mitzahlen, wenn dann auch eine gute Qualität serviert wird. Eine Art anonyme Essenspatenschaft schwebt mir vor, an der sich natürlich auch Lehrer beteiligen können, wenn sie das wollen.


    Für 180€ Kindergeld bekommt man eine Menge Schulessen. Dann muss man die Kohle halt mal für die eigenen Kinder ausgeben und nicht für den geleasten Audi, das Handy auf Vertrag oder den finanzierten Flachbildfernseher...

    • Offizieller Beitrag

    Für 180€ Kindergeld bekommt man eine Menge Schulessen. Dann muss man die Kohle halt mal für die eigenen Kinder ausgeben und nicht für den geleasten Audi, das Handy auf Vertrag oder den finanzierten Flachbildfernseher...

    Muss man. Müsste man.
    Tun aber viele nicht. Zu Lasten der Kinder.


    Und nun?

  • Bei uns gibt es einen Stadtausweis für Bedürftige, mit dem man u.a. in der Mensa kostenlos das Grundessen bekommt. Da das genauso über eine elektronische Bezahlmethode abgewickelt wird wie bei den Selbstzahlern, sieht man das nicht, so dass die Kinder auch nicht stigmatisiert werden. Die Kosten übernimmt die Stadt.
    Da muss niemand einspringen und keiner betteln. Alle behalten ihre Würde.


    (Was mich stört, sind die ewigen Beschwerden über die geringe Qualität des Essens bei gleichzeitiger Nichtbereitschaft, einen höheren Preis zu zahlen. Eltern scheint nicht klar zu sein, dass wer billig kauft, auch billig kriegt.)

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

    • Offizieller Beitrag

    Für 180 Euro Kindergeld bekommt man eine Menge Schulmaterialien / eine Menge Wohnraum / eine Menge Geburstagsgeschenke / eine Menge Freizeit, usw... Ups, von diesen 180 Euro kann man doch nicht soooo viel kaufen, wenn man "nur das" hat.
    und diejenigen, die so wenig haben, haben oft nicht mal das.


    Ich verstehe immer noch nicht, warum ich in Deutschland noch nie eine Schule gesehen habe (und vermutlich nie sehen werde?), wo der Essenspreis nach Einkommen der Eltern gestaffelt ist. Ist in Frankreich an sehr vielen Schulen so. Im Prinzip erhält dann die höchste (definierte) Einkommensklasse keine Unterstützung, der Rest eine gestaffelte finanzielle Unterstützung.


    Bei uns kostet das (qualitativ gute, vielfältige und mengenmässig so viel man will) Mittagessen 4 Euro im Abo. Es ist zwar völlig in Ordnung, aber wenn man zwei Kinder hat, die da essen und diese die Mensa 3-4 Tage die Woche besuchen, schlägt es schnell ins Portemonnaie. und ich kann nicht verstehen, dass ich als Lehrerin den selben Preis für meine Mahlzeit bezahle.


    chili

  • Ich verstehe immer noch nicht, warum ich in Deutschland noch nie eine Schule gesehen habe (und vermutlich nie sehen werde?), wo der Essenspreis nach Einkommen der Eltern gestaffelt ist. Ist in Frankreich an sehr vielen Schulen so. Im Prinzip erhält dann die höchste (definierte) Einkommensklasse keine Unterstützung, der Rest eine gestaffelte finanzielle Unterstützung.

    Ist zumindest in Hamburg im Rahmen der GBS so.

  • In Frankfurt kostet Schulessen für Lehrer 4,-, Kinder 3, subventionierte 1,-
    Gibt also die Staffelung nach Einkommen.
    Ich hatte einen Schüler, der kam jeden Tag mit einem 2€ Brötchen vom Bäcker. Mama hatte nicht genug Geld um richtig einkaufen zu gehen.
    Dass sie für 10€ eine Woche Frühstück plus Mittagessen hätte bezahlen können, war intellektuell nicht drin.
    Die wissen aber: Ey Alta, brauchste neue Wohnung, machste Kind...

  • Bei uns gibt es das Essen für Erwachsene auch noch umsonst...ich finde das unmöglich!
    Es geht aber doch überhaupt nicht darum, ob Lehrer das Essen bezahlen oder Schüler ihre Frühstücksteller selber spülen, sondern darum, ob man Schüler demütigen muss, indem man das Essen wegschmeisst oder sie Aufgaben erledigen lässt, die allen zeigt, dass Mama und Papa (warum auch immer) das Essen nicht bezahlt haben. Ich denke, da hat nun wirklich niemand was von!

  • Bei uns gibt es das Essen für Erwachsene auch noch umsonst...ich finde das unmöglich!

    Du bist in einer Förderschule.


    Da gilt für dich wohl eine ähnliche Sachlage wie diese hier.

    http://www.streifler.de/betreu…n-arbeitslohn--_8718.html


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Ich fände es problematisch, wenn die Schule alle Kosten übernimmt, sodass die Eltern im Prinzip fein raus sind. In manchen sozialen Schichten ist es ja bereits der Fall, dass die Eltern ihre Erziehung der Kinder auf ein Mindestes beschränken, denn es sei ja Aufgabe der Schule. Eine entsprechende Grundhaltung sollte nicht noch unterstützt werden. Daher: Wenn Eltern kein Geld für das Essen ihrer Kinder haben, sollten die Eltern alternative Wege finden, dieses zu finanzieren. Es findet sich immer ein Putzjob und notfalls kann die Mama ja mal in der Schulkantine aushelfen und das Essensgeld damit abgelten. Wer seine Kinder lieb hat, ist auch bereit, für diese zu arbeiten, sodass diese am gesellschaftlichen Leben teilhaben können (inklusive gesunder Ernährung). Alles zu verstaatlichen, nur damit das Elternhaus kein Kind benachteilen kann, halte ich für unrealistisch.


    Davon mal abgesehen: Finanziell besser situierte Familien wollen ja gerade ihre Kinder finanziell unterstützen und ihnen beste Bildungschancen ermöglichen. Da kann es eigentlich nicht sein, dass man entsprechende Ambitionen (es gibt ja z.B. Familienväter, die extra für ihre Kinder zusätzliche Schichten über- oder einen Zweitjob annehmen) seitens der Schule nicht würdigt. Deswegen ist es wichtig, dass man nicht nur den Sozialschwachen unter die Arme greift (was aber auch Hilfe zur Selbsthilfe bedeutet), sondern auch den Besserverdienenden Wertschätzung gegenüber dem Einsatz für ihre Kinder verdeutlicht (was natürlich auch Grenzen hat, z.B. bei der Notengebung).

  • edit: Im Heimbereich ist das übrigens auch kostenmäßig ganz anders: Das Essen der Betreuer wird über dem Kostenträger (Jugendamt, Sozialamt, Landschaftsverband) abgerechnet, weil es eben Teil der Betreuungsleistung ist. Dabei gibt es auch eine festgelegte Anzahl der Erwachsenen, die mit essen dürfen. Bei uns sind es in Spitzenzeiten 6 Erwachsene, die in der Klasse essen...

  • Bei uns ist das Mittagessen in der Schule von der Vorschulklasse bis zum Ende des 2. Schuljahres kostenlos. Danach kostet es ca. 2.50 Euro. Eltern, die Beihilfe bekommen, koennen aber auch einen Antrag auf Kostenerlass stellen und muessen dann nix bezahlen. Da saemtliches Geld ans Schulbuero geht, weiss in der Kantine keiner, welches Kind nun von den Eltern oder vom Staat das Essen gezahlt bekommt.
    Wer nicht zahlt, bekommt einen Brief von der Schule...und das Buero treibt dann halt das Geld ein. Damit hat man als Lehrer gar nix zu tun.


    Eine Freundin bekommt auch zusaetzlich von ihrer Schule Geld um woechentlich Obst fuer die Schueler zu kaufen. Kenn ich aber auch nur von ihrer Schule so. Normal ist das nicht. Bis zur 1. bekommt man eh Obst kostenlos.

  • Wer seine Kinder liebt ....


    und krank ist? Depressiv, alkoholkrank, ... kann das eben nicht. Nicht so einfach.


    Mich nervt es, dass der Tonfall gegen die Unterschicht hier immer so schnell verdammt diffamierend wird. Und so wenig differenziert.


    Wenn ich mich so über Flüchtlinge äußern würde, wär hier was los. Aber gegen Arme, Dicke, Hartzer und Arbeitslose kann man sich so äußern, das scheint schick zu sein.

  • Stille Mitleserin: Wenn in der Familie schwerwiegendere Krankheiten a la Krebs bestehen, hat jeder Verständnis und da wird eigentlich auch immer Rücksicht auf die familiäre Situation genommen. Bei psychischen Erkrankungen (z.B. Depression) sieht das schon etwas anders aus, was aber eher mit der gesamtgesellschaftlichen Sicht hierauf zu tun. Im Kern, auch von Annie beschrieben, geht es aber um einen gewissen Teil der unterschichtlichen Familien, die sich besser um ihre Kinder kümmern könnten, wenn sie zunächst ihren eigenen Alltag in den Griff kriegen würden (im Volksmund als "asozial" bekannt). Ich bin der Meinung, dass man auch bei Familien aus einfacheren Kreisen schnell merkt, ob sie sich für ihre Kinder interessieren und Engagement im Rahmen ihrer Möglichkeiten betreiben oder ob da überhaupt nichts kommt. Und bei Letzteren hält sich mein Mitleid in Grenzen. Denen muss man auch die Grenzen aufzeigen, sodass sie einsehen, dass sie eine Vorbildsfunktion haben und im Sinne ihrer Kinder handeln müssen. Manchmal klappt es, manchmal ist Hopfen und Malz verloren.

  • ...Denen muss man auch die Grenzen aufzeigen, sodass sie einsehen, dass sie eine Vorbildsfunktion haben und im Sinne ihrer Kinder handeln müssen. Manchmal klappt es, manchmal ist Hopfen und Malz verloren.

    Das ist wieder so ein Fall von "anmelden/alles besser wissen/nichts Konstruktives zum Thema Schule oder Unterricht beitragen".
    Wieso gibst du nicht in einem Forum für Allgemeinplätze rechts der Mitte deine Ansichten zum besten?

  • @Schantalle: Lass uns doch einfach unterschiedliche Meinungen haben, statt die Intentionen des Anderen abzuwerten :) !

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