Gottesdienste in GGS - Betreuungsproblem

  • Liebe Kollegen,
    an meiner Schule haben wir zunehmend ein Betreuungsproblem der Kinder, die nicht an den Gottesdiensten teilnehmen und zermatern uns schon länger den Kopf, wie damit umzugehen ist. Vielleicht habt ihr ja ein paar Tips für uns?


    Zunächst, wir sind eine GGS (Gemeinschaftsgrundschule) in NRW und feiern zweimal im Jahr (Weihnachten und Schuljahresende) einen ökumenischen Gottesdienst für alle Kinder der Schule. Die Teilnahme ist freiwillig, die Schüler, die nicht teilnehmen wollen, werden in der Zeit in der Schule betreut.


    Wir haben knapp 220 Schüler, davon haben über 2/3 keine christliche Konfession.


    In den letzten Jahren wuchs die Zahl der Kinder, die nicht am Gottesdienst teilnehmen, stetig. An Weihnachten hatten wir nun erstmals 70 Kinder, die nicht mit in den Gottesdienst kamen und betreut werden mussten. Noch vor einigen Jahren waren es nur wenige Kinder, höchstens zehn, die konnten wir gut betreuuen.


    Nun, bei fast 1/3 der ganzen Schülerschaft sieht es schon ganz anders aus. Man braucht mindestens zwei Lehrkräfte und die haben wir im Prinzip nicht. Jeder von uns ist Klassenlehrer mit Ausnahme der Fachlehrerin für Religion, die natürlich bei den Gottesdiensten dabei sein muss da sie mit ihren Religruppen den Gottesdienst mitvorbereitet hat. Zur Zeit haben wir auch keine LAA. Die Schulleiterin hat zwar keine eigene Klasse, wäre aber gerne bei den Gottesdiensten dabei. Alleine kann sie auch schlecht 70 Kinder betreuen. Fallen dann auch noch eine (oder mehrere) Lehrerinnen aus, wirds besonders interessant, kurz vor Weihnachten oder Schuljahresende ja auch keine Seltenheit.


    Der Betreuungszeitraum ist auch recht lang: 60 Minuten Gottesdienst plus 60 Minuten Fußweg (Hin- und Rückweg zur Kirche).


    Nun haben wir uns folgende Möglichkeiten überlegt:


    1. Wir bieten keine Betreuung an, die Kinder, die nicht an den Gottesdiensten teilnehmen dürfen, müssen an diesem Tag zu Hause bleiben bzw. kommen dann erst später zur Schule. Schulleitung sagt, das geht nicht, wir müssen die Kinder betreuuen. Einige Kollegen finden, man kann zweimal im Jahr den Eltern zumuten, eine Betreuung zu organisieren, im Notfall können die KInder ja auch mit in die Kirche kommen und dann einfach zuschauen oder etwas lesen .... Weiteres Problem: Die Termine der Gottesdienste stehen leider immer erst kurzfristig fest, da es sehr schwer ist, die verschiedenen Personen (evangelische und katholische Vertreter, Organisten) sowie die Räumlichkeiten zu organisieren.


    2. Man bildet Stufentandems, also Klassenlehrerin der 1a geht mit beiden ersten Schuljahren in den Gottesdienst, Klassenlehrerin 1b bleibt mit allen Erstklässlern, die nicht am Gottesdienst teilnehmen, in der Schule. Problem: Gerade auf dem langen Fußweg möchten Kollegen ungern mit "fremden" Kindern gehen, auch die Aufsicht in der Kirche über "fremde" Kinder ist ja nicht gerade einfach.


    3. Man geht einfach nicht mehr mit den Kindern in den Gottesdienst. Immerhin gehören über 2/3 unserer Schüler keiner christlichen Konfession an. Manche Kollegen fänden das schade, andere wären froh, da das Problem dann gelöst wäre.


    Ich persönlich kann mich mit allen drei Möglichkeiten anfreunden.


    Habt ihr da irgendwelche Tips für uns? Müssen wir als GGS überhaupt einen Gottesdienst anbieten? Wie betreut ihr die Kinder, die nicht mit zum Gottesdienst gehen?


    Herzlichen Dank sagt Brotkopf

  • Wieso lässt ihr den Pfarrer den Gottesdienst nicht einfach in der Aula abhalten?

  • 1. Wir bieten keine Betreuung an, die Kinder, die nicht an den Gottesdiensten teilnehmen dürfen, müssen an diesem Tag zu Hause bleiben bzw. kommen dann erst später zur Schule. Schulleitung sagt, das geht nicht, wir müssen die Kinder betreuuen.

    Das ist auch richtig so, warum sollten diejenigen, die ihre Religionsfreiheit ausüben Nachteile haben?


    3. Man geht einfach nicht mehr mit den Kindern in den Gottesdienst. Immerhin gehören über 2/3 unserer Schüler keiner christlichen Konfession an. Manche Kollegen fänden das schade, andere wären froh, da das Problem dann gelöst wäre.

    Das wäre aus meiner Sicht erste Priorität, da die Schule damit ihrer weltanschaulichen Neutralitätspflicht am ehesten und einfachsten nachkommen würde.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Wieso lässt ihr den Pfarrer den Gottesdienst nicht einfach in der Aula abhalten?

    Wir haben keine Aula, aber eine Turnhalle. Ja, wäre eine Idee, im Prinzip gibt es ja in der Kirche außer der Orgel nichts, was man braucht. Danke!

    Das wäre aus meiner Sicht erste Priorität, da die Schule damit ihrer weltanschaulichen Neutralitätspflicht am ehesten und einfachsten nachkommen würde.

    Ich wäre sofort dabei, aber darf man das denn? Ich finde im Schulgesetz nichts zum Thema Gottesdienste an GGSsen.

  • Zitat von Brotkopf

    2. Man bildet Stufentandems, also Klassenlehrerin der 1a geht mit beiden ersten Schuljahren in den Gottesdienst, Klassenlehrerin 1b bleibt mit allen Erstklässlern, die nicht am Gottesdienst teilnehmen, in der Schule. Problem: Gerade auf dem langen Fußweg möchten Kollegen ungern mit "fremden" Kindern gehen, auch die Aufsicht in der Kirche über "fremde" Kinder ist ja nicht gerade einfach.


    Zumindest für den Weg wäre hier vielleicht eine Idee, dass alle zunächst gemeinsam zur Kirche spazieren (also teilnehmende und nicht teilnehmende Kinder und beide Klassenlehrer), und dann die nicht teilnehmenden Kinder mit der betreuenden Klassenlehrerin wieder zurück- oder weiterspazieren. Diese Winter- bzw. Sommerwanderung hätte dann den Vorteil, dass gleichzeitig auch ein Teil der langen Betreuungszeit einigermaßen wertvoll, weil mit körperlicher Betätigung, gefüllt ist.


    Meine Idee löst allerdings nicht das Problem der Betreuung "fremder" Kinder in der Kirche. Sind da denn große Disziplinprobleme zu erwarten?


    EDIT: Und ich hab natürlich auch einen Denkfehler drin - denn dann gilt für den Rückweg wieder das Problem der "fremdzubetreuenden" Kinder... Also anders: Alle gemeinsam zur Kirche und dann weitere Betreuung in der Nähe der Kirche - vielleicht sogar in deren Räumlichkeiten? Und anschließend gemeinsame Wanderung zurück.

    • Offizieller Beitrag

    "soooo fremd" werden die SchülerInnen der Parallelklasse an einer Grundschule doch nicht sein, oder?


    Wir haben älter SchülerInnen, bei uns funktioniert es aber auch so: eine Liste hängt im Lehrerzimmer, jeder Kollege, der zu dem Zeitpunkt Unterricht hätte, muss sich für "Aufsicht" oder "Kirche" eintragen. In der Regel passt es grob, zu Not wird kurzfristig umverteilt, wenn plötzlich viel mehr SchülerInnen bleiben.


    und was KollegInnen "gerne hätten", in dem Sinne von "ich würde gerne dem Gottesdienst beiwohnen", spielt dabei keine Rolle, es ist nunmal Dienst und die Schüler müssen beaufsichtigt werden. Höchstens in der anderen Richtung, aber eben nicht, weil man unbedingt Gottes Wort hören will (dafür gibt es nunmal Wochenende)

  • Wenn ihr immer diejenigen, die nicht zum Gottesdienst gehen wollen, zu Hause lasst, hat sich das Problem ratzfatz erledigt

    Die Schule hat eine Aufsichtspflicht, die Kinder dürfen nicht zu Hause gelassen werden. Ganz abgesehen von der rechtlichen Seite, finde ich es auch extrem fragwürdig, auf diese Weise zu versuchen, die Kinder zum Gottesdienst zu kriegen. Respekt gegenüber anderen religiösen oder nicht-religiösen Überzeugungen ist ja wohl essentieller Bestandteil unserer Arbeit.


    "Ist die Teilnahme am Schulgottesdienst oder an religiösen Festen verpflichtend?
    Der Schulgottesdienst ist eine freiwillige schulische Veranstaltung. Die Schülerinnen und Schüler entscheiden unabhängig von ihrer Teilnahme am Religionsunterricht, ob sie am Schulgottesdienst teilnehmen. Bei noch nicht 14 Jahre alten Schülerinnen und Schüler entscheiden dies die Eltern. Für Schülerinnen und Schüler, die nicht am Schulgottesdienst teilnehmen, stellt die Schule die Aufsichtspflicht sicher."
    Quelle: https://www.schulministerium.n…ftsgrundschule/index.html


    Und in Bezug auf die KollegInnen sehe ich es genauso wie Chilipaprika. Sie sind auf der Arbeit und wenn die Betreuung in der Schule sichergestellt werden muss, ist es unerheblich, ob diese gerne am Gottesdienst teilnehmen möchten.

  • Wenn ihr eine Turnhalle habt, dann betreut doch die Kinder in der Turnhalle. Aber Achtung: keinen Sportunterricht machen! Die Kinder sollen sich auf die Sportmatten setzen und leise Karten spielen.
    Wenn sie dann im Laufe der Zeit durchdrehen und wie bekloppt durch die Turnhalle fegen, weil ihnen langweilig ist, dann ist das eben so. Vielleicht findet sich ein weiterer Lehrer, der mit den Kindern auf dem Schulhof bleibt.
    Betreuung in der Zeit heisst nicht, dass ihr die Kinder bespasst, sondern beaufsichtigt.

    • Offizieller Beitrag

    an einer der Schulen, an denen ich mal war, bekamen diejenigen, die nicht in den GoDi gingen, Grundwissen Mathematik zum Wiederholen. Das wurde im Vorfeld kommuniziert, und siehe da, die Zahl der zu Beaufsichtigenden hielt sich arg in Grenzen 8)
    Ich weiß, lauter halbe Sachen.


    Aber man kann doch als Lehrer durchaus mit mehr als seiner eigenen Klasse gehen? Gerade an kleinen Schulen kennt man die Schüler doch. 2 Lehrer mit 3 Klassen, geht das nicht?
    Wie groß sind denn bei euch die Klassen?

  • Vielen Dank für die vielen Antworten und guten Ratschläge!


    Unsere Klassen sind sehr groß, zwischen 29 und 31. Von daher ist es nicht ganz so einfach wie man denkt, aber sicherlich auch nicht unmöglich.


    Ihr habt Recht, wir müssen da einfach flexibler sein, Schule ist ja kein Wunschkonzert ...


    Ich werd das mal in der nächsten DB an die Frau bringen ... ☺

  • Unsere Klassen sind sehr groß, zwischen 29 und 31. Von daher ist es nicht ganz so einfach wie man denkt, aber sicherlich auch nicht unmöglich.

    Aber es geht ja durchschnittlich 1/3 der Klasse nicht mit.
    Dann könnten beispielsweise Lehrer1 und Lehrer3 jeweils die eigene Klasse mit in die Kirche nehmen + jeweils die Hälfte von Klasse 2. Damit wäre Lehrer 2 frei und kann die Nicht-Kirchgänger betreuen.

  • Die Idee mit dem Grundwissen Mathematik ist sicher sinnvoll, bei manchen Schülern ist da ja jede zusätzliche Gelegenheit zur Wiederholung sinnvoll und wichtig.
    Und wenn einige Kandidaten trotz anderer Weltanschauung den Gottesdienst als kleineres Übel sehen und daher in den Gottdienst mitkommen, was soll's? Das sind Kinder, die machen da sicher kein Politikum draus - die denken sich sicher einfach "Cool, kein Mathe!" und gut ist.


    Völlig getrennt sind ja Religion und Schule auch nicht: Es gibt den Religionsunterricht, es wird in der Grundschule häufig Ostern und Weihnachten mit den Kindern (vor-)gefeiert und es gibt religions-bedingte Feiertage. Deutschland ist nun mal ein christlich geprägtes Land und es ist nicht verkehrt, wenn Kinder hiermit vertraut gemacht werden, selbst wenn sie anderer Weltansicht sind. Da kann es problematischer sein, mit Kindern in eine Moschee oder eine Synagoge zu gehen.


    Ganz den Gottesdienst zu streichen, wenn es bereits etablierter Teil des Schulprogramms ist, würde ich auf keinen Fall machen. Ihr erinnert euch bestimmt an die Diskussion "Schweinefleischverbot an Schulen/Kitas"! Das würde weite Kreise ziehen und vor allem bei manchen Eltern sehr übel aufstoßen - ihr könnt euch denken warum und das muss wirklich nicht sein!


    Mit freundlichen Grüßen

  • Es gehört zwar nicht hierher, aber ich kann es mir nicht verkneifen: Wenn Mathe so gerne als "Strafaktion" benutzt wird, kann es mit dem Fach wohl nichts mehr werden. Dann lieber etwas anderes auswählen, bitte, bitte, bitte

    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

    2 Mal editiert, zuletzt von ninale ()

  • Bei uns ist es ähnlich. Wegen einer Gehbehinderung kann ich meine Klasse nicht zur Kirche begleiten. Ich betreue deshalb die Kinder die nicht zur Kirche mitgehen vier mal im Jahr in der Zeit von 8.00 Uhr bis 9.30 Uhr in der Schule. Inzwischen sind das zwischen 40 und 50 Kinder aus allen Klassen. Da ist nicht viel an Unterricht möglich. Ich biete entweder eine Spielezeit mit Gesellschafts- und Lernspielen an oder zeige einen Film.
    Eine Kollegin hat mir vorgeworfen, damit würde ich das nicht am Gottesdienst teilnehmen zu attraktiv machen. Ich solle DAZ Unterricht machen. Ich sehe jedoch zum Einen nicht ein, die Kinder dafür zu "bestrafen", dass sie nicht am Gottesdienst teilnehmen wollen und halte es auch für unrealistisch für 50 Kindern mal eben DAZ Unterricht anzubieten.
    Solange nicht noch eine Kollegin mehr bereit ist, ihre Klasse aufzuteilen und in der Schule zu bleiben, sehe ich da auch keine andere Möglichkeit.
    Wenn die Zahl weiter steigt, wird eine weitere Kollegin in der Schule bleiben müssen. Das finde ich auch vertretbar, schließlich sind die einzelnen Gruppen dann auch deutlich kleiner. Mal sehn, ob meine Kolleginnen das dann auch so sehen.

  • chilipaprika: Interessant, dass ich diese zweifelhafte Kausalität die Tage schon einmal gehört habe, scheint also üblich in der Schulpraxis zu sein -entweder man ist christlich religiös oder man hat Probleme mit der deutschen Sprache. Anscheinend ist sowohl "beides" als auch "weder noch" nicht möglich. Wenn man die Fachbegriffe richtig anwendet, kann ja ein Kind nicht-deutscher Herkunft sein und trotzdem deutscher Muttersprachler (leider kommt das viel zu selten vor :( )- aber verkomplizieren wir das mal nicht weiter...


    Tootsie: Wenn die Anzahl der Kinder, die dem Gottesdienst fernbleiben, immer weiter zunimmt, wäre das nicht ein Zeichen an die entsprechende Kirche, ihren Gottesdienst zu überarbeiten, sodass die Kinder diesen wieder gerne besuchen? Zumindest die Religionslehrer eurer Schule sollten sich diesbezüglich schon engagieren, wobei das natürlich auch davon abhängt, ob religiöse Erziehung ein Grundpfeiler eurer Schule ist oder ob das eher so nebenbei läuft.


    kodi: Grundsätzlich guter Vorschlag! Aber wie würdest du dich als Kind fühlen, wenn deine Freunde schon aus haben und du müsstest noch in den "blöden Gottesdienst"? Kinder denken ja in der Hinsicht recht pragmatisch und verlieren keinen Gedanken daran, dass ihnen der Gottesdienst ja auch gefallen könnte, ist ja doch noch irgendwie Teil des Unterrichts...

  • Nur ein Drittel der Schüler sind Christen - müsste man die Frage nicht anders herum stellen: Wie betreue ich dieses Drittel, wenn es in den Gottesdienst will? Stattdessen überlegt man, wie man die anderen in der Zeit beschäftigt und ob das Strafe oder Belohnung ist.

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