Warum mischt sich die Kirche in Bildung ein?

  • Wenn man die Institution Kirche und die Religion voneinander trennt, dann geht das durchaus. Religionsunterricht im Sinne einer Werteerziehung kann vor diesem Hintergrund sachlich-argumentativ begründet werden.

    Das geht aber an der Fragestellung vorbei. Dogmatisch ist hier eher, wie Argumente immer und immer wieder ignoriert werden.
    Also nochmal:
    Du willst Institution Kirche und Religion trennen. Super, bin ich ganz bei dir.
    Daraus folgt für dich, dass konfessioneller Religionsunterricht gut begründet werden kann.

    • Dann kann aber die Kirche kein Mitspracherecht mehr bei Lehrplangestaltung und Einsatz von Lehrkräften (durch Missio / Vocatio) mehr habem, da ja Institution und Inhalte getrennt sein sollen. Und genau diese Einmischung ist Thema des Threads und mein Hauptkritikpunkt. DAFÜR suche ich sachliche und vor allem inhaltliche Argumente, die nicht rein historisch bedingt sind. Wenn du welche hast, wäre ich ernsthaft daran
    • Ich habe bereits mehrfach geschrieben, dass ein nicht-konfssioneller Ethikunterricht in Deutschland durchaus einen gewissen Schwerpunkt auf das christliche Kulturgut als Hintergrund für unsere abendländische Kultur legen muss. Das muss auch im Lehrplan so verankert sein. Gerade als Philologe sehe ich ja auch, wie dieses Sachwissen für andere Fächer und für die Lebenswelt der Schüler wichtig ist. Aber auch hier frage ich mich, warum dafür ein konfessioneller Religionsunterricht notwendig ist.
    • Selbstverständlich steht es jeder Lehrkraft frei, auch religiöse Texte/Inhalte sachangemessen in seinen Unterricht aufzunehmen, wenn es für die Inhalte relevant ist. Im Deutschunterricht das Buch Hiob beim Faust oder die Genisis beim Erdbeben in Chili etc. Meinetwegen nutzt der Grundschullehrer auch Bibelgleichnisse zur Werteeziehung, wenn er das für sinnvoll und zielführend erachtet. Das fällt unter die pädagogische Freiheit. Aber warum muss dazu die Kirche als Institution mitreden dürfen? Was ist hier der Unterschied zu allen anderen Fächern im Fächerkanon?

    keks: Klar sind das first world problems. Aber die kann man auch mal diskutieren... ;)

  • hier: es werden vor allem die problematischen punkte (frauenbild im islam/in manchen islamischen familien in deutschland; islam als immer schon politische religion, von wegen umma und so...) hervorgehoben und dann den kindern vermittelt, dass das ja "bei uns" nicht so sei. zumindest ist es das, was die sus mitnehmen. sie fragen in ethik immer wieder nach diesen unterschieden in der vermittlung ("in reli haben die gelernt, dass..."), es irritiert sie.


    versteh mich nicht falsch, in ethik machen wir das alles auch, aber man geht anders an die sache ran, wenn 2/3 des publikums (oder bei unserer klientel 2-3 von 20 sus) muslime sind. allein schon, weil deren perspektiven logischerweise dann kernpunkt des unterrichts sind. es gibt dann schon kritische texet/filme/erlebnisberichte blabla z.b. zum thema ehrenmord, aber dann eben auch zwei stunden living library mit freiwilligen muslimen aus der klasse. das ist was anderes, als wenn die katholiken nach dem einstimmenden kerzenritual und der stilleübung den kritischen text über die unterdrückung einer muslima lesen, das alle ganz schlimm finden, und dann wieder heimgehen.


    ist jetzt sehr, sehr scharf und eher sarkastisch bis satirisch formuliert. zudem hörensagen von sus und relikollegen und material/schulbuch, ich war selber nach meiner eigenen schulzeit nur eine handvoll male in einer ganzen relistunde dabei.

  • Ich wäre damals auch überhaupt nicht auf die Idee gekommen, zum Konfirmandenunterricht zu gehen. Das hätte in meiner Familie niemand verstanden. Auch fehlte mir dafür so ziemlich jede Motivation. Am Konfirmationsunterricht nimmt man doch nicht teil, wenn man danach nicht konfirmiert werden will.
    Und ich halte daran fest: Man kann sich sehr viel leichter dafür entscheiden, nicht mehr zu Glauben und aus der Kirche auszutreten, als zu einer Art von Spiritualität zu finden, wenn man das nicht kennengelernt hat. Und wenn man durch die Taufe den Zugang zu kirchlichen Maßnahmen (Jugendgruppen, Kindermessen usw.) leichter findet, kommt man damit eben auch öfter in Kontakt und lernt es kennen.
    Als ich Kind war, war Kirche für mich etwas sehr Fremdes, zu dem ich nicht gehörte und das zu mir nicht gehörte. Ich möchte es für meine Kinder anders, egal was die dogmatischen Kirchengegner davon halten.

    All das bzw. das du das nicht hattest lag aber klar an deinen Eltern, nicht an der fehlenden Taufe. Denn unsere Jugendgruppen, Gottesdienste und eben auch Konfirmanden Unterricht sind für alle offen. Sprich, man entscheidet sich egal, ob getauft oder nicht mit der Konfirmation dafür oder dagegen. Da ist die Taufe vorher egal. Das das vermutlich in der katholischen Kirche oft anders ist, ist zu vermuten, allerdings haben wir z.B. einen Teil der benötigen Gottesdienste für die Konfirmation in der katholischen Kirche abgeleistet, der eine Pfarrer bei uns war einfach nicht tragbar. Und für die katholische Kirche war das auch OK.


    Achso, am Religionsunterricht habe ich da schon lange nicht mehr teilgenommen, Skat konnte ich auch woanders spielen.

  • Ich hatte evangelische Religion und wir hatten zum Islam die 5 Säulen des Islam und Feste glaube ich. Ewig her. Ich halte ev. Reliunterricht für völlig ungefährlich. In der Grundschule Noahs Arche, einen netten Psalm und Jesus-Geschichten. In der SEK 1 dann irgendwas mit Sekten, Klonschaf Dolli- der Mensch greift in die Natur (=Schöpfung Gottes) ein etc. Paar philosophische Texte in der Oberstufe zu Gottesbeweisen... ich bin vergesslich.


    Frage bleibt natürlich, ob Ethik durchgängig dasselbe leisten würde, nur mit einem staatlichen Lehrplan. Es gäbe aber jedenfalls kein "Korrektiv", keine unabhängige Institution, die Werte vermittelt. Wenn Religion Opium fürs Volk ist, dann verfallen alte Werte und Lebensvorstellungen schnell. Dass die in der Kirche och nicht immer das Gelbe vom Ei waren ist schon klar und auch wieder Ansichtssache. Religionsfreie Staaten können aber genauso gruselige Menschenrechtsvorstellungen haben wie welche, die Religion und Staat nicht trennen können!


    Hier im Osten spielt Religion z.B. eine ganz andere Rolle als in den alten Bundesländern, weil man sich Glauben erkämpfen oder heimlich leben musste, heute oft bewusst wieder aufbaut und neu versteht. Tradition ist hier nicht. Aus Konfirmation wurde Jugendweihe. Aus "gemeinsam singen oder/ und beten" wurde im "Kollektiv Hochleistungssport betreiben".


    Es gibt schließlich noch ganz viel anderes zwischen nettem evangelischem Religionsunterricht eines stuergarter Vororts und der Schariapolizei im Sudan. Religion und Staat trennen schon aber Nächstenliebe und Altersheim der Diakonie halt auch irgendwie.

  • @Susannea
    Mag sein, dass das im generell eher säkularen Osten anders gehandhabt wird und wurde. Im Rheinland bist Du entweder Mitglied in einer Kirche und hast die Möglichkeit, deren Institutionen zu nutzen, oder du bist es nicht, und Dir ist die Teilnahme verschlossen, wenn Du nicht irgendwann die Taufe vollziehst. Ist ja auch logisch: Alle Kirchenmitglieder zahlen für den "Service", und dann kommt da einer daher, der das alles gratis mitnehmen will.


    Um mal auf das Thema zurückzukommen: Nach wie vor ist mir staatlicher Religionsunterricht lieber als privater, dessen Inhalte man nicht kontrollieren kann.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Ich als Kind der ehemaligen DDR finde es erstaunlich, dass man immer noch von "hier im Osten" spricht..

    Was spricht dagegen? Es gibt vier Himmelsrichtungen, eine davon ist der Osten. Ich habe bestimmt auch schon oft "hier im Süden" geschrieben.

  • Das ist ja nicht geografisch gemeint, sondern politisch/historisch. Sonst wäre ja MeckPomm auch eher im Norden, als im Osten. Mir ist einfach aufgefallen, dass insbesondere meine Verwandten und Bekannten, die noch in MVP leben, immer noch vom "Osten" und "rübergemacht" sprechen, anders als meine Verwandten, inkl. mir, die schon fast 20 Jahre in Hamburg leben. Aber ist offtopic...

  • Ich als Kind der ehemaligen DDR finde es erstaunlich, dass man immer noch von "hier im Osten" spricht..

    Die Trennung ist aber nunmal immer noch da. Gerade was das Threadthema anbelangt. Davon merkt man in HH natürlich eher nichts ;)

  • gelb: römisch-katholisch
    violett: evangelisch
    blau: konfessionslos
    dunkel: absolute Mehrheit
    hell: relative Mehrheit

  • So was wäre mit Religionsunterricht in der Schule nicht passiert (oder wenn man sich mal die Farben auf den Gottesdienstschildern am Ortseingang anschaut). ;)

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Ich unterrichte Religion, aber konfessionsübergreifend inkl. Islam. Diese Farben oder diese Grafik hat für mich keine Bedeutung im Unterricht. Die Grafik heißt Konfessionen Deutschlands und da scheint der Islam nicht zuzugehören. Schade...


    Valerianus: Gottesdienstschilder am Orteingang? Kenn ich nicht. Ich bin ein Kind der ehemaligen DDR und hier in Hamburg ist mir das bewussst auch noch nicht untergekommen.


    Hier in Hamburg sieht es also nicht so anders aus als im Osten, Schantalle. ;)

  • Die Grafik heißt Konfessionen Deutschlands und da scheint der Islam nicht zuzugehören. Schade...

    Das liegt wohl an dem bekannten politischen Satz mit Islam und Deutschland ;) . Dass jedoch "schade" zu finden, ist eine eher kontroverse Haltung (auch) als deutsche Religionslehrerin.

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