Jähzorniges Kind 1. Klasse

  • Liebe Mitglieder


    Einer meiner Erstklässler fiel von Anfang an durch kleinkindliches und jähzorniges Verhalten auf. Einige Beispiele:


    -Mitschüler geschubst
    -Mitschüler am Arm gekratzt
    -Arme vor Gesicht verschränkt und nicht mehr ansprechbar
    -Briller einer Mitschülerin kaputt gemacht
    -Mitschüler im ganzen Gesicht gekratzt


    Auch Kleinigkeiten machen ihn rasend, zum Beispiel wenn jemand bei einem Spiel zu ihm (etwas ungeduldig) sagt, dass er an der Reihe ist, oder dass er seine Schuhe ordentlich versorgen soll. Er hat also eine sehr niedrige Frustrationstoleranz.


    Ich habe ihm ganz klar gesagt, dass ich schlagen, kratzen, schubsen etc. nicht akzeptiere EGAL wie wütend er ist. Habe ihm auch Strategien gezeigt, was er stattdessen tun kann, aber die wendet er nicht an (Stopp sagen, Ohren zuhalten, etc.).


    Durch sein Verhalten ist er auch nicht besonders beliebt in der Klasse. Er wird jetzt nicht gezielt von anderen geärgert oder ausgegrenzt, aber niemand reisst sich darum mit ihm zu spielen, was ich auch verstehe. Er selber arbeitet auch lieber alleine, wenn die Schüler aussuchen dürfen ob sie Partner- oder Einzelarbeit machen.


    Die Mutter des Jungen ist sehr unkooperativ! Sie hat mir mal gesagt, dass alles, was in der Schule läuft, mein Problem sei. Sie warf mir vor, überfordert zu sein. Auch schiebt sie es auf die Klasse à la "er schlägt nur, wenn die anderen ihn ärgern, er ist sonst ein ganz lieber". Wenn ich den Jungen nach solchen Vorfällen frage WARUM er denn so reagiert hat, versucht er immer sein Verhalten zu rechtfertigen (zu Hause kommt er ja damit auch durch).
    Habe den Fall weitergeleitet an den Schulsozialarbeiter und hoffe, dass es eine Besserung gibt. Die Mutter meint zwar, das Ganze sei meine Aufgabe und ich müsse dem Jungen auf positive Weise begegnen und ihm nicht nur sagen, was er schlecht macht. Kurzgesagt will sie mir vorschreiben, wie ich unterrichten soll. ;) Nämlich so, dass ihr Kind nicht wütend werden muss.


    Hat jemand von euch Erfahrungen mit solchen Schülern? Wie geht man am besten mit ihnen um?
    Ich mag den Jungen auch gar nicht mehr fragen WARUM er denn geschlagen etc. hat, weil er es immer versucht zu rechtfertigen und einfach nicht einsieht, dass man das nicht macht. Ich bin ehrlichgesagt langsam sehr genervt!


    Vielen Dank für euer Feedback

  • Es gibt Eltern, denen es einfach zu weh tut, anzuerkennen, dass ihr Kind eine Verhaltensstörung hat. Deshalb sind immer alle anderen schuld. Das fühlt sich einfach besser an. Habe Verständnis dafür, denn ändern kannst Du es nicht.
    Gib der Mutter nie das Gefühl, dass Du ihr Vorwürfe machst. - Dann geht sie in Opposition.
    Frage, wie sich das Kind fühlt. Zeige Deine Besorgnis darüber, dass das Kind wegen seines unberechenbaren Verhaltens von den anderen Kindern ausgegrenzt wird. Gib der Mutter zu verstehen, dass Ihr beide dasselbe Ziel habt: dass das Kind glücklich ist und Erfolg in der Schule hat.


    Wenn die Einsicht nicht kommen will: Da das Kind ja offensichtlich fremdgefährdend ist, kannst Du aber auch einiges machen, wogegen sich die Eltern nicht wehren können. Fremdgefährdung ist ein Grund, das Kind vom Unterricht zu suspendieren. Also: Wenn es gewalttätig wird: Eltern anrufen, Kind abholen lassen. Das stört den Alltag dermaßen, dass die Eltern in den Zugzwang geraten, zu handeln.
    Ihr könntet dann zum Beispiel vorschlagen, ein AOSF (Schwerpunkt ES) einzuleiten, und/oder einen Schulbegleiter zu beantragen, der ihn im Notfall aus der Situation nimmt und moderierend eingreifen kann.


    Was mir auffällt: Du fragst das Kind, warum es gekrazt hat, und wunderst Dich darüber, dass es Dir dann ebendas erklärt.
    Frage anders: Was ist jetzt falsch gelaufen? Wie könntest Du besser reagieren?

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • - nicht erwarten, dass sich das Verhalten bald ändern wird, egal was du tust. Geduld und kleine Fortschritte :)
    - keine warum-Fragen stellen. Die Antwort MUSS aus kindlicher Sicht sonst lauten: "weil der mich so doof angeschaut hat"/ "weil der hat zuerst geschubst". Einen Grund sieht das Kind ja.
    - lieber Spiegeln "du bist jetzt sehr wütend" und auch "du sitzt gerade ruhig am Platz und arbeitest" oder "hast dus gemerkt? du hast gerade 'stop' gesagt. Das hat XY gleich verstanden und aufgehört"
    - klare Ansagen ("Die Schuhe kommen jetzt an diese Stelle." Oder "immer wenn du aus der Pause reinkommst, setzt du dich auf deinen Stuhl!")
    - regelmäßigen Klassenrat einführen/ Konflikt-Gespräche in beruhigter Runde
    - Elterngespräch:
    - jemanden ins Gespräch mitnehmen
    - Erst loben. Immer erst irgendwas ernstgemeint Nettes über das Kind sagen
    - Mutter zurückfragen: was macht ihren Sohn zu Hause wütend? was tut ihr Sohn zu Hause, wenn er wütend ist? wie gehen Sie damit um? Bei leerem Geschwafel Rückfragen stellen. "Also zu Hause kratzt/ schreit/ tritt... er niemals?" Im Zweifel rudert sie dann zurück. Sonst kannst du immer noch sagen, dass du dir das nicht vorstellen kannst. Und wie dem auch sei, in der Schule geht das Verhalten absolut nicht...
    - klare Ansagen. Hier ist die Adresse einer Erziehungsberatungsstelle. Dort können Sie sich beraten lassen, die sind dort sehr nett/hilfreich etc., wäre das was für Sie?/ Wenn er weiterhin andere verletzt und Sachen kaputt macht, werde ich...
    - Protokoll unterschreiben lassen: Was wurde bisher unternommen? wer nimmt sich was vor?

  • ergänzend fällt mir noch ein:
    - ignorieren
    - bei Fehlverhalten klarer Ablauf (z.B. Signalwort und Platz vor der Tür für 5 Min)
    - Lieblingskuscheltier (wenn du merkst, dass dich etwas stört/du ausrasten musst, dann drück deinen Teddy ganz fest)
    - ggf Rückzugsmöglichkeit schaffen (wenn es für dich nicht mehr geht, dann arbeite in der Nische/unter deinem Tisch/...)
    - ...

  • ... versucht er immer sein Verhalten zu rechtfertigen (zu Hause kommt er ja damit auch durch).

    Wenn Kinder nicht nur durchschnittlich ungezogen sind, sondern übermäßig aggressiv, liegen immer auch tiefergehende Probleme dahinter. Inkonsequenz gepaart mit Lieblosigkeit z.B., unschöner Trennungskrieg der Eltern oder andere Bindungsprobleme. Das entschuldigt nicht das Verhalten, aber erklärt vielleicht ein bisschen, warum das Kind in tiefstem Herzen unglücklich ist und sich noch nicht adäquat verhalten kann. Er kennt es z.B. nur so, dass ihn keiner in den Arm nimmt und auch keine Grenzen setzt. Dieses haltlose Gefühl macht wütend. Die Wut ist also wirklich da, aber unkontrolliert.
    Je klarer du also bist, je ruhiger und absehbarer und selbstsicherer du sagst, wo es lang geht, desto mehr kann er sich beruhigen. Viel Kraft dabei :handschlag:

  • Das ist ein ernst zu nehmender Fall, v.a., wenn es noch extremer wird. Ich habe einen Asperger Autisten in der Klasse, der sehr aggressiv wird und das nicht kontrollieren oder steuern kann. Er ist schon 10 und somit sind seine "Taten" noch gefährlicher. Er wift mit dem großen Lehrerstuhl, volle Wasserflaschen quer durchs Zimmer, reißt einfach so Haare aus, schlägt, macht Dinge kaputt usw.... hat 12 von 26 Stunden eine Lernbegleitung, inzwischen.
    Daher empfehle ich, nimm das sehr ernst. Wir haben damals die Eltern zur Diagnose "geschickt", weil wir eine Beschulung nicht mehr verantworten konnten. Wenn wirklich mal etwas passiert, heißt es am Ende noch von allen Seiten, dass die Schule ja nichts unternommen hat. Die Lernbegleitung ist eine enorme Entlastung, die Zeiten, in denen sie nicht anwesend ist, sind schon anstrengend genug.

  • Nur zur sicherheit, die ganzen tipps - außer dem rat zur schulbegleitung - sind toll für die meisten verhaltensauffälligen wutkinder, aber genau gar nicht für autismusspektrum-betroffene geeignet. Ich bin sicher, die allermeisten lesenden wissen das, aber falls nicht...

  • Ich finde die vielen Ratschläge hier ganz passend, nur einen nicht:
    Klassenrat zu nutzen, um Konfliktgespräche zu führen. Vielleicht hab ich das missverstanden, aber ...
    ich krieg sowas auch in meiner Schule mit... und frag mich dann ehrlich, ob irgendein Lehrer/Lehrerin seinen/ihren Konflikt mit jemand anderem wirklich vor dem kompletten Kollegium ausfechten möchte... ich nutze den Klassenrat grundsätzlich nicht für solche Dinge. Für Probleme der Klasse, für Orga, für Ideen etc... aber nicht für Streitereien zwischen zwei-drei Kontrahenten. Und bei einem aggressiv auftretenden Kind schon gar nicht, was soll das bringen, außer noch mehr Wut? Auch in beruhigter Runde ...

  • Ich finde die vielen Ratschläge hier ganz passend, nur einen nicht:
    Klassenrat zu nutzen, um Konfliktgespräche zu führen...

    Naja, die Frage ist immer, wie man eine Methode anwendet. Natürlich ist das nicht so gedacht, dass dann alle mal sagen sollen, was sie an Kind A schlecht finden. Aber ein Konflikt der permanent das Klassenklima stört und einzelne ausgrenzt kann durchaus auch mit allen besprochen werden. Der Stress ist ja für alle real, totschweigen sorgt immer dafür, dass sich das dann unterschwellig z.B. auf dem Schulhof Luft macht.
    Im Klassenrat stellt man Anträge. Und man lernt, ich-Botschaften zu senden. In so einer Runde könnte z.B. herausgearbeitet werden, was die anderen tun können, wenn Kind A ausrastet. Vielleicht versteht sich Kind B mit A ganz gut und kann es dann beruhigen? Möchte Kind A das? Und vielleicht möchte Kind C einen Wunsch an Kind A richten, à la "ich hab Angst, wenn du schreist und meine Brille kaputtmachst, ich wünsche mir, dass du sagst, wenn dich etwas ärgert." Das wird keine Wunder vollbringen, aber das Kind, was seine Bedürfnisse ausdrücken konnte, wird wieder unbefangener mit dem Kind umgehen, dessen Verhalten es nicht verstehen kann. Reden kann einige Spannung lösen.


    Dass man Konflikte im Kollegium so nicht klärt, liegt m.E. eher daran, dass viele Erwachsene keine Konfliktkultur haben. Man streitet sich zwar nicht mit einem Kollegen rum, den man doof findet, oder weil er vor Wut kratzt, sondern zum Beispiel weil ungeklärte Zuständigkeiten vorliegen. Aber letztlich geht es auch da um Kommunikationsprobleme, angepikstes Ego und ungeklärte Verhaltensgrundsätze. Wenn man einen schwachen Schulleiter hat, der nicht in der Lage ist, für Supervision oder zumindest klare Ansagen zu sorgen, können solche Konflikte schlimmer werden. Ist ein Chef souverän in der Lage, Grundsätze in einer offenen Runde zu klären, wäre die Konferenz durchaus ein Ort, an dem man Konflikte besprechen könnte.
    Ein Beispiel könnte die Kollegiale Hospitation sein, die mancherorts aufgezwungen wird. Da kann ich als Chef dafür sorgen, dass sich am Ende alle angegriffen fühlen und in den Haaren liegen oder ich organisiere das Ganze so, dass alle davon profitieren. Denke ich zumindest, ich hatte bisher nur sozial eher schwierige Chefs ;)

  • Mir ist irgendwann aufgefallen, dass in jeder Schulklasse, in der ich unterrichtet habe, mindestens ein Kind drin saß, dass ich als emotional hochsensibel bezeichnen würde. Das bedeutet - in einfachen Worten erklärt - dass das Kind die Emotionen anderer Kinder (und Erwachsener) mit einer Art 6. Sinn spüren kann. Das Problem ist, dass ein kleines Kind die Herkunft dieser Emotionen normalerweise noch nicht zu unterscheiden gelernt hat und damit sehr rasch mit Emotionen "überladen" wird. Was dann passiert: so eine Art emotionales Zentrum im Gehirn (?) schaltet sich - aus Sicherheitsgründen - ab und das Kind zieht sich entweder sehr in sich selbst zurück oder rastet (möglicherweise auch als Vorstufe) völlig aus, verletzt andere usw. Besonders problematisch sind eigene und fremde Emotionen, die noch weitgehend im Unterbewusstsein dahindämmern, weil v.A. andere nicht bereit (oder fähig) sind, diese als ihre anzuerkennen. Emotional hochsensible Kinder fühlen sich in den meisten Fällen völlig unverstanden, weil sie sich nicht vorstellen können, dass andere nicht nachvollziehen können was sie wahrnehmen, und dass es neben "den 5 Sinnen" die sie in der Schule lernen noch weitere geben mag die ihre schwierige Situation auslösen.


    Ich habe ca. 25 Jahre gebraucht, bis ich mit der Hochsensibilität ein Vokabular gefunden habe, zu beschreiben, was ich auch als Kind schon immer wahrgenommen habe. Emotionale Hochsensibilität ist ein Riesen-Geschenk, eine Gabe, wenn man lernt, sie zu nutzen, aber auch ein für den Durchschnittsmenschen kaum nachvollziehbarer Fluch.


    Vor einigen Monaten hatte ich in einer Klasse wieder mal einen 1.Klässler, der andere Kinder ständig schlug (auch wirklich brutal), bei dem Gespräche mit der Mutter (laut der Klassenlehrerin) nichts fruchteten, der tagtäglich ermahnt und zurechtgewiesen wurde. Mir ist dann aufgefallen, dass er sich oft unter den Tisch gesetzt hat und dort dann ruhig wurde. Die Klassenlehrerin hat ihn dann immer zurechtgewiesen er solle gefälligst normal sitzen, aber ich habe ihn da unten gelassen. Von dort aus fühlte er sich offensichtlich sicherer, abgegrenzter, und konnte auch dem Unterricht folgen. Die anderen Kinder haben längst wahrgenommen, dass er besonders war, und haben es rasch akzeptiert. Irgendwann habe ich ihn mal am Gang draußen für eine kleine Aufgabe alleine gehabt und hab ihn gefragt, ob es für ihn anstrengend sei, unter vielen Menschen zu sein, und er sah mich völlig aufgelöst an und nickte. Möglicherweise hat er damals zum ersten Mal in seinem Leben jemanden getroffen, der ihn wirklich verstanden hat.


    Solche Kinder (wie auch Erwachsene) brauchen Möglichkeiten, sich abzugrenzen, dann können sie sich konzentrieren. Sie sind - bei "artgerechter Haltung" oft die sozialsten Menschen, die man sich vorstellen kann, weil sie ganz genau spüren, wie es den Menschen um sie geht, und oft aufgrund dieser Empathie, die sie gar nicht abstellen können, besonders bemüht, für Harmonie und gute Gefühle in ihrer Umgebung zu sorgen. Üblicherweise haben sie auch den Hang, sich für das Wohlergehen alle anderen um sie verantwortlich zu fühlen, was natürlich gerade bei kleinen Kindern sehr schwierig sein kann wenn sich etwa die Eltern ständig streiten. Sie sind oft - im Einzelgespräch, wenn sie sich emotional genügend abgegrenzt fühlen - auffallend erwachsen und reflektiert in ihren Ansichten.


    Natürlich muss das nicht heißen, dass dein Fall ähnliche Ursachen hat, aber es lohnt sich möglicherweise, auch diese Möglichkeit auszuloten.


    Ein Bunterrichter

  • Da ich zu den Menschen gehöre, die als Kind unter Schultischen gesessen haben, kann ich versichern, dass das nichts mit "besonderer Wahrnehmung" zu tun hat, sondern mit Eltern, die massive eigene Probleme haben. Unter dem Tisch sitzen lassen, mag mal hilfreich sein. Aber ich möchte davor warnen, aus jedem Problem einen Asperger zu machen und sich damit vom Menschen, der da unterm Tisch kauert, zu distanzieren.


    Ich erinnere mich an einen schüchternen Gymnasiasten mit einem äußerst cholerischen Vater, der solange die Autismusdiagnose seines Sohnes regelrecht erstritten hat, bis der 14-Jährige einen Schulbegleiter neben sich sitzen hatte. Dieser sowas von Nichtautist wurde damit endgültig zum Außenseiter degradiert. Oder den Drittklässler, der genüsslich in sein Brot biss, obwohl die Lehrerin "einpacken" gesagt hatte. Die vermutete Autismusspektrumsstörung quittierte das Kind hinterher mit "klar hab ich die Lehrerin gehört, aber ich hatte halt Lust auf Käsebrot".


    Die allerallermeisten Menschen wollen ernst genommen und werden, wie sie sind und wahrgenommen werden. Es geht ihnen in den seltensten Fällen besser, wenn sie eine Diagnose zwischen F90-F98 haben. Wer aus Verzweiflung mit Stühlen schmeißt, der braucht jemanden, der ihm Halt gibt. Wenn sich der Lehrer möglichst weit weg stellt und denkt "hm, Autismusspektrumstörung, wie interessant" muss er damit rechnen, dass das Verhalten extremer wird.


    Ich weiß, dass schwierige Kinder den letzten Nerv rauben können, ich habe und hatte ganze Klassen voll davon. Wenn man aber in die zweifelhafte Lage versetzt wird, zu wissen, was diese Kinder bisher erlebt haben, wundert man sich eher, wie sie es überhaupt jeden Tag schaffen, anwesend zu sein und ab und an mal etwas zu lernen.

  • Inkonsequenz gepaart mit Lieblosigkeit z.B., unschöner Trennungskrieg der Eltern oder andere Bindungsprobleme.

    Ich entschuldige mich jetzt schon mal wenn das mit dem Zitieren bei mir noch nicht so ganz klappt. :) bin neu hier. Ebenfalls bin ich aus der Schweiz, weshalb ich vielleicht ab und zu andere Ausdrücke verwende. ;)


    Familiäre Probleme sind mir keine bekannt.... Die Mutter betonte bei diesem schwierigen Gespräch immer wieder, dass sie selber Lehrperson sei und nur bereit sei zu kooperieren, wenn ICH bereit sei etwas zu ändern. Sprich: dem Jungen nicht sagen, was er schlecht macht, sondern ihm positiv rückzumelden, ihn anzuhören WARUM er wütend wird etc. Dass ich mit der Klasse soziale Spiele etc. machen müsse. Sie sagte, er müsse ja die Wut irgendwie rauslassen, das seien Hilfeschreie.


    Ich habe ihr gesagt, dass sein Verhalten sich nur ändern kann, wenn wir beide am gleichen Strang ziehen und beide die klare Haltung vertreten, dass wir Gewalt nicht akzeptieren. Dass er sich auf andere Art und Weise "wehren" kann. Wirklich wehren muss er sich ja nicht, denn er wird ja von anderen nicht gemobbt, sondern ER fühlt sich sehr schnell angegriffen und ist in der grossen Gruppe unsicher. Die Klasse funktioniert sonst nämlich sehr gut! Da sind ganz tolle und hilfsbereite Kinder drunter.


    Mir ist das Ganze auch zu gefährlich für die anderen Schülerinnen und Schüler...nur weil ER seine Wut nicht im Griff hat.

  • Nur weil die Mutter Lehrerin ist, heißt es nicht, dass die Familie keine Probleme hat. Sie muss dir das natürlich nicht erzählen, deswegen darf sie dir aber trotzdem keine Ratschläge erteilen, wie du die Klasse zu führen hast.


    Du kannst versuchen, zurückzufragen und abzuwarten, was kommt.
    "Sie denken, ich bin überfordert?"
    "Woraus schließen Sie, dass ich XY nur negative Rückmeldung gebe?"
    "Sie meinen, wenn ich soziale Gruppenspiele machen würde, dann würde ihr Sohn niemanden mehr kratzen?"
    "Was meinen Sie genau mit, 'er ist sonst ein ganz Lieber'?"
    "Ja, ich sehe in der Wut auch Hilfeschreie. Was meinen Sie, wieso das Kind derart massiv um Hilfe schreien muss?"


    Wenn der Sozialarbeiter gut ist, nimm den mit in die Gespräche. Schon um einen Zeugen zu haben. Ich finde solche intellektuellen und aggressiven Eltern nicht ganz ungefährlich für deine Position. Dokumentiere unbedingt das Verhalten und deine Maßnahmen. Sowohl dafür, falls es doch zur Überprüfung auf einen Förderbedarf kommt, als auch in der Kommunikation mit deiner Schulleitung.

  • Das bedeutet - in einfachen Worten erklärt - dass das Kind die Emotionen anderer Kinder (und Erwachsener) mit einer Art 6. Sinn spüren kann. Das Problem ist, dass ein kleines Kind die Herkunft dieser Emotionen normalerweise noch nicht zu unterscheiden gelernt hat und damit sehr rasch mit Emotionen "überladen" wird. Was dann passiert: so eine Art emotionales Zentrum im Gehirn (?) schaltet sich - aus Sicherheitsgründen - ab und das Kind zieht sich entweder sehr in sich selbst zurück oder rastet (möglicherweise auch als Vorstufe) völlig aus, verletzt andere usw. Besonders problematisch sind eigene und fremde Emotionen, die noch weitgehend im Unterbewusstsein dahindämmern, weil v.A. andere nicht bereit (oder fähig) sind, diese als ihre anzuerkennen. Emotional hochsensible Kinder fühlen sich in den meisten Fällen völlig unverstanden, weil sie sich nicht vorstellen können, dass andere nicht nachvollziehen können was sie wahrnehmen, und dass es neben "den 5 Sinnen" die sie in der Schule lernen noch weitere geben mag die ihre schwierige Situation auslösen.

    Arbeitest Du eigentlich bei Astro-TV? Oder bist ein Jünger von Karma Singh? Ich komme aus dem Lachen nicht mehr heraus!

  • Sorry für das off-topic, aber ich muss mich hier mal kurz einklinken:
    Hoch- bzw. Hypersensibilität hat weder etwas mit "Astro-TV" noch mit Autismus/Asperger zu tun, sondern bedeutet nach derzeitigem Forschungsstand, dass die Betroffenen Sinnesreize weniger gut filtern können (z.B. Geräusche, Licht, Schmerzen, Gerüche...). Was ein "normales" Gehirn automatisch als nicht relevant einstuft und ausblendet, kommt bei Hochsensiblen ungefiltert in großer Menge an und kann so schneller zu Reizüberflutungen führen. Daher kann schneller das Bedürfnis entstehen, sich einer Situation zu entziehen, um zur Ruhe zu kommen.

  • Die Frage ist aber auch: Wie kann ich die anderen vor ihm schützen?


    Schwierige Familienverhältnisse, Hochsensibilität etc sind Erklärungen für sein Verhalten, was er aber ja nicht ändert.


    Und ich mache mir echt Sorgen um die anderen Kinder in der Klasse....
    Am liebsten würde ich zu denen sagen, dass sie ihn meiden sollen, aber dann kann man wieder mir die Schuld geben, wenn er ausgegrenzt wird.


    Nach den Frühlingsferien verbringe ich das letzte Quartal mit dieser Klasse, weil ich nachher die Arbeitsstelle wechsle (aus einem anderen Grund). Ich hätte zu gern einfach noch eine tolle Zeit mit der Klasse bis zum Sommer

  • Hm, wenn du sowieso gehst, hast du doch die idealen Vorraussetzungen für Elterngespräche dieser Art.


    Verstehe wohl die Frage nicht. Wenn sie lautet: "wie werde ich einen Schüler los?" dann kann man nur raten, ins Schulgesetz zu schauen, ob du ihn suspendieren lassen kannst.

  • Selbstverständlich nutze ich den Klassenrat zur Konfliktlösung. Ich habe aus dem Klassenrat immer sehr gute Lösungsvorschläge bekommen. (Kinder bieten sich als Pausenhelfer an etc..)


    Und dafür ist er auch gedacht:


    https://www.derklassenrat.de/d…nrat/themen-im-klassenrat

    Hast du meinen Beitrag bis zum Ende gelesen? Dann wüsstest du, was ich meinte und scheinbar hast du deinen verlinkten Beitrag auch nicht genau gelesen... ich zitiere:
    "Wenn ein Anliegen allerdings nur einen oder zwei Schüler betrifft, ist es vielleicht in einem Gespräch zwischen der Lehrkraft und den betroffenen Schülern besser aufgehoben." Das meinte ich nämlich... aber gut. In diesem Beitrag hier, wo es um ein besonders auffälliges Kind geht, halte ich den Klassenrat nicht für sinnvoll. Meine 5cent

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