Willkommensklassen- ja oder nein?

  • Hallo,


    wir haben an der Schule eine WK-Klasse und überlegen, diese Vorgehensweise zu verändern bzw. zu verbessern. Bisher sind die Kinder also ein Jahr in dieser Klasse. Wie verfahrt ihr? Habt ihr noch WK-Klassen oder nicht?
    In welche Regelklassen gebt ihr die Kinder gleich oder später? Altersentsprechend oder eher eine oder gar zwei Klassen tiefer wg. Leistungsniveau?
    Vielleicht hattet ihr auch zuerst eine andere Variante und könnt so vergleichen, was besser klappt.
    Dankeschön!
    Kati

  • Wir haben auch zwei Willkommensklassen (eine für Kl.1-3, eine für 4-6) und nach einem Jahr kommen sie in die Regelklassen. Bisher habe ich nur ein Kind in meine Klasse bekommen, das entspricht im Alter den anderen Kinder . Es läuft ertsaunlich gut, weil es sich um ein sehr lernwilliges Kind handelt und der Rest der Klasse relativ unkompliziert ist. Dadurch habe ich auch immer mal wieder Luft dem Kind individuell zu hlefen. Davor hatte ich an einer anderen Schule auch immer mal wieder Kinder ohen jegliche Deutschkenntnisse, die mir ohne Vorbereitung direkt in meine ohnehin chaotische Klasse gesetzt wurden. Die liefen dann irgendwie mit, aber optimal war das nicht. Ich hatte letztens auf einer Regionalkonfernz einen Austausch zu dem Thema und es wurde an den Schulen sehr unterschiedlich gehandhabt. Die Kolleginnen aus den Brennpunktschulen ohne Willkommensklasssen waren aber deutlich überlastet... ich denke es hängt wirklich sehr vom Umfeld ab, was funktioniert und was nicht.
    Interessant fand ich, dass es eine ofizielle Empfehlung gibt, Kinder bis 7 Jahre direkt in die Saph zu geben werden und erst ab 8 Jahren in eine Willkommensklasse. Unsere WK-lehrerinnen vermuten auch, dass das sinnvoller wäre.
    Sinnvoll finde ich tatsächlich eine Entscheidung im Einzelfall und je nach Gegebenheiten der Schule, auch wenn es darum geht in welche Klassen die Kinder dann gegeben werden.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Wie viele Kinder habt ihr in einer WK-Klasse? Wir haben nur eine mit derzeit etwa 10 Kindern aus Stufe 2 bis 6.
    Wir überlegten, ob man die Kinder schneller in die Regelklassen gibt weil es mit dem Deutschlernen dann vielleicht doch schneller geht und auch die Integration schneller passiert (soziales Lernen). In den WK-Klassen ist der Altersunterschied eben doch sehr groß...das Sozialverhalten eher schlecht.

  • Bei uns müssen die Kinder altersgemäß eingeschult werden.
    Wir haben keine WK-Klasse.
    Am unproblematischsten läuft es natürlich, wenn das Kind noch in Klasse 1 eingeschult werden kann.


    Leider werden einige Kinder bewusst oder unbewusst - vielleicht aus diesem Grund oder einfach deshalb, weil in manchen Ländern Geburtstage keine Rolle spielen - mal eben auf dem Papier 2 Jahre jünger gemacht, als sie eigentlich sind, so dass wir in manchen Klassen Kinder sitzen haben, die vom Alter her schon fast auf der weiterführenden Schule sein müssten. Das ist dann nicht so toll...

  • Wir sind zwar keine Primarstufe, aber vielleicht ist der anschließende Ausblick ja auch interessant.


    Wir haben drei Willkommensklassen.


    Die Schüler sind da maximal 2 Jahre drin. Wir haben früher nach Fortschritt getrennt und die Schüler 3 Klassen durchlaufen lassen.
    Das haben wir in eine Mischform geändert. Zwei Klassen für die Jüngeren Schüler (1&2) und eine Klasse für die älteren (3). Neue Schüler kommen zuerst in die Willkommensklasse 1 und wechseln dann nach Fortschritt in die 2, in Einzelfällen auch in die 3, wenn sie älter sind.


    In der Regel beginnen die Schüler nach ca. 1 Jahr in der Regelklasse zu hospitieren. Erst in ausgewählten Fächern/Stunden und dann in Vollhospitation. Wir hatten auch schon Schüler, die nach 3 Monaten in der Vollhospitation waren, aber auch welche, die nach 2 Jahren in eine Berufsorientierungsmaßnahme wechselten und gar nicht in eine Regelklasse wechseln konnten. In der Regel ist der Übergang für die jüngeren Schüler leichter.


    Die Schüler wechseln in der Regel in eine Klasse, die ein Jahr unter ihrer Altersstufe liegt. (Willkommenskind 'Jahrgang 7' --> Klasse 6).
    Auch nach dem Wechsel in die Regelklasse erhalten sie je nach Bedarf eine zusätzliche Sprachförderung.
    Ein Problem ist, dass wir nicht jeden unserer Willkommensschüler dauerhaft in unsere eigenen Regelklassen übernehmen können, da unsere Klassen ziemlich voll sind.
    Ein Übergang in der eigenen Schule ist definitiv leichter als ein Übergang in die Regelklasse einer fremden Schule. Schlicht und einfach wegen des besseren Informationsflusses, der kontinuierlich weiterlaufenden Fördermaßnahmen und der konstant bleibenden Vertrauenspersonen (Mitschüler, Sozialpädagogen und Lehrer).


    Ich bin von unserem System voll überzeugt. Allerdings lebt es auch davon, dass wir sehr gute Kollegen in den Klassen haben, die unser Konzept über Jahre erarbeitet haben und auf allen Ebenen kontinuierlich weiterentwickeln.

  • Auch nach dem Wechsel in die Regelklasse erhalten sie je nach Bedarf eine zusätzliche Sprachförderung.

    ...und wie sieht diese aus? Werden die Kinder stundenweise der Regelklasse entnommen und dann in Kleingruppen unterrichtet oder Einzelunterricht oder...

  • [...]Leider werden einige Kinder bewusst oder unbewusst - vielleicht aus diesem Grund oder einfach deshalb, weil in manchen Ländern Geburtstage keine Rolle spielen - mal eben auf dem Papier 2 Jahre jünger gemacht, als sie eigentlich sind, so dass wir in manchen Klassen Kinder sitzen haben, die vom Alter her schon fast auf der weiterführenden Schule sein müssten. Das ist dann nicht so toll...

    Gibt es umgekehrt interessanterweise auch manchmal. Wir hatten schon Kinder, die eigentlich noch (größere) Grundschüler waren.


    Seiteneinsteiger, die in der Grundschule alphabetisiert wurden und dort Deutsch gelernt haben, melden sich bei uns normal an und besuchen gleich die Regelklasse. In der Regel waren die dann aber mind. 1 Jahr in der Grundschule. Ganz wichtig ist für uns immer zu erfahren, wann genau sie in die Schule kamen, da ja ab der Aufnahme an der ersten Schule die Fristen für die extern bezahlte Förderung laufen.

  • ...und wie sieht diese aus? Werden die Kinder stundenweise der Regelklasse entnommen und dann in Kleingruppen unterrichtet oder Einzelunterricht oder...

    Ja. In der Regel im Ganztagsbereich bzw. während der Arbeitsstunden. Im Einzelfall kann das auch mal während eines Nebenfaches stattfinden. Kompetenzerwerb in Deutsch ist da vorrangige Priorität.
    Wir Nutzen soweit die Zeit noch nicht ausgeschöpft ist (zu lange schon in der Schule) die extern bezahlten Fördermaßnahmen, darüber hinaus haben wir aus dem Ganztagsbudget Lehrerstunden für solche Förderungen freigespart.
    Die Förderung findet in Kleingruppen (~5) und manchmal auch als Einzelförderung statt. Das hängt immer so ein bischen vom Förderbedarf, den Stundenplänen der Schüler und Lehrer und der Anzahl an Schülern mit ähnlichem Förderbedarf ab.

  • Ich bin fasziniert, dass bei euch die Kinder nach einem Jahr wechseln, bei uns ist in der Willkommensklasse ein ständiges Kommen und Gehen, so dass kaum jemand ein Jahr da ist. Bei uns sind aber Kinder dann schon zur regulären Einschulung mit in die SAPH eingeschult worden, wenn sie vom Alter und Wissen ungefähr passten. Ansonsten Hospitieren sie nun auch oft in den Saph-Klassen. Wir haben aber auch schon Kinder in die 3. klasse z.B. gesteckt, aber meist eben wirklich dem Alter entsprechend.

  • Unsere Willkommenskinder sind (offiziell) so zwischen 10-16 Jahre alt. Die Schulerfahrung liegt zwischen 0-3 Jahren im Heimatland, was auch immer das im konkreten Fall heißen mag.


    EU-Seiteneinsteiger mit regulärer Schulerfahrung im Heimatland gehen meist auch mehr oder weniger direkt in die Regelklasse über, sobald sie Deutsch verstehen und sprechen können. 3 Monate von 0 auf halbwegs mit Hilfen dem Regelunterricht folgen, ist ein grober Wert. Das sind dann aber Kinder: alphabetisiert, reguläre Schulerfahrung im Heimatland, bildungsnaher Hintergrund, eher intelligent.

  • Wir haben keine Willkommensklassen an der Schule. Hätten sie aber gerne. Bei uns werden Kinder in Klasse 1 und 2 sofort in die Klassen gegeben. Für Klasse 3 und 4 gibt es Willkommensklassen an anderen Schulen. Alle Flüchtlingskinder, die wir in Klasse 1 und 2 kriegen, kommen nur sehr schwer zurecht. Meist sind überhaupt keine Deutschkenntnisse vorhanden,auch nicht bei den Eltern. Da wir so schon sehr heterogene Klassen mit vielen Inklusionskindern haben, ist die Belastung für die Lehrkräfte enorm und eigentlich nicht zu meistern.

  • Wir haben ein Mischprinzip. Die Kinder werden sofort einer Regelklasse zugeordnet, mit der sie viele Stunden gemeinsam haben, sind aber in ca. 12 Std. zu Deutschklassen zusammengefasst, in denen sie auf ihrem Niveau Deutsch lernen.
    In zwei Fällen gibt es in diesen Stunden Einzelunterricht, weil die Kinder nicht lesen und schreiben können.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Wir haben ein Mischprinzip. Die Kinder werden sofort einer Regelklasse zugeordnet, mit der sie viele Stunden gemeinsam haben, sind aber in ca. 12 Std. zu Deutschklassen zusammengefasst, in denen sie auf ihrem Niveau Deutsch lernen.

    So kenne ich das von meiner Tochter aus Brandenburg auch, aber die Kinder haben wohl nur Anrecht auf 2 Jahre DaZ und das ist bei den Kindern in ihrer Klasse leider viel zu wenig.

  • Ja, das wird bei unseren analphabetischen Kindern sicherlich auch nicht reichen. Wir finden für so etwas i.d.R. eine "rheinische Lösung".

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Ich lese hier oft von 2 Jahren Verbleib in der WK-Klasse. Ist das nur in Berlin, dass der Verbleib auf ein Jahr beschränkt ist? Noch jemand aus Berlin hier?
    LG

  • Ich lese hier oft von 2 Jahren Verbleib in der WK-Klasse. Ist das nur in Berlin, dass der Verbleib auf ein Jahr beschränkt ist? Noch jemand aus Berlin hier?
    LG

    Das ist bei uns ja auch so (Berlin), dass sie maximal ein Jahr wohl bleiben dürften, aber so lange sind die Kinder bei uns leider selten.

  • In Niedersachsen sind die Sprachlernklassen in der Regel auch auf ein Jahr beschränkt. Soll's mehr sein, muss das schon gut begründet sein. (Nach der SLK gibt's aber noch für ein Jahr einen 8-stündigen Kurs, der vielleicht noch was auffängt).


    Zum Thema "niedriger in die Regelklasse geben": Finde ich mit Blick aus der weiterführenden Schule schwierig. Ich hatte schon Schüler, die (nachdem sie Klasse 3 zweimal besucht hatten, da sie noch Deutsch lernen mussten) in Klasse 5 & 6 ihren Klassenkameraden im Verhalten weit voraus waren (also so typisch pubertär-unangenehm auch den Mitschülern gegenüber), die finden dann über mehrere Jahre hinweg keine Freunde in dieser Klasse (und zu Beginn von 5 werden ja die Klassen neu zusammengestellt, da sind die Chancen auf neue Freundschaften eigentlich echt nicht schlecht).


    Sicherlich werden in den jüngeren Jahrgängen (Klasse 1-8?) Grundlagen gelegt, aber wenn man da als Schüler erst so nach und nach in die Sprache hineinwächst und noch nicht alles im Unterricht versteht, denke ich dennoch, dass davon der Schulerfolg nicht abhängen muss.

    • Offizieller Beitrag

    Kinder werden oft 1 Jahr unter der regulären Klasse eingegliedert.
    Klasse 1 und 2: Sofort in die Klassen, derzeitige Folge: 1. Klassen mit 6 bis 9 Flüchtlingskindern. Insgesamt 22 bis 23 Kinder in den Klassen, darunter zusätzlich auch viele mit Lernschwächen und deutsch sprechende bzw. DAZ-Kindern mit Sprachentwicklungsverzögerungen.
    Klasse 3-6: Willkommensklasse, eine Anfängerklasse, eine Fortgeschrittenenklasse. Die Kinder bleiben je nach Fortschritt wohl ca. 1 Jahr. Dabei werden sie nach einigen Monaten stundenweise in ihre künftige integriert (z.B. Sport, Kunst), die Stunden werden dann immer mehr ausgeweitet.
    Theoretisch müssten sie bis zum Ablauf von 2 Jahren an einer deutschen Schule Förderunterricht bekommen. Praktisch fehlte dieser bisher und soll nun irgendwie eingerichtet werden.
    Ich denke, für alle, die in die WK-Klassen gehen können, ist das Vorgehen so ganz in Ordnung.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Bei uns ist auch schon bis zu 3 Jahre unter dem Alter eingestuft worden. Wenn der Stoff nicht aufzuholen ist - was ja immerhin zusätzlich zum Spracherwerb passieren muss - dann nimmt man einem Kind ja ggf. die Perspektive auf einen Abschluss.
    Bei uns haben die Kinder 11 Stunden Deutsch und je zwei Stunden Englisch und Mathematik, sie besuchen aber vorrangig den Englisch- und Matheunterricht der Regelklasse. Dadurch kommen die meisten Kinder auch ca. 6-7 Stunden DaZ. Die Kinder, die schon in der lateinischen Schrift alphabetisiert waren, brauchen ca. 15-18 Monate, bis sie das Niveau A2 erreicht haben, diejenigen, die erst alphabetisiert werden müssen, 3-6 Monate länger. Bis sie dem Unterricht folgen können, brauchen sie aber noch deutlich mehr Zeit. Und wir haben hier Flüchtlinge, die kommen mit 16 hier an und sind noch nicht einmal in ihrer Muttersprache alphabetisiert, die kann man doch nicht in eine Abschlussklasse schicken.

  • Und wir haben hier Flüchtlinge, die kommen mit 16 hier an und sind noch nicht einmal in ihrer Muttersprache alphabetisiert, die kann man doch nicht in eine Abschlussklasse schicken.

    Welche Möglichkeiten gibt es denn für diese Schüler in den verschiedenen Bundesländern und kann evtl. schon jemand davon berichten?
    In Hessen haben wir an den Berufsschulen "InteA" Klassen (Integration und Arbeit). Innerhalb von zwei Jahren sollen die Schülerinnen und Schüler auf den Hauptschulabschluss vorbereitet werden. Im Verlauf der zwei Jahre werden keine Noten vergeben; am Ende stehen zentrale schriftliche und mündliche Prüfungen an.

Werbung