Hallo zusammen
ich lese schon eine Weile still mit und hab mich heute entschlossen, mich zu registrieren und gleich mal um Rat zu fragen.
Kurz zu mir: Ich heiße Florian, bin noch 27, gelernter Erzieher und gerade in einem Wohnheim für geistig und / oder körperlich gehandicapte sowie traumatisierte / misshandelte Kids tätig. Schon seit der 7. Klasse wollte ich eigentlich Lehrer werden, Neigungsfach war schon immer Geschichte (jep, da gibts Container voll an LehrerInnen ). Ich war nie der beste Schüler, hab mich aber an einer Gesamtschule zum Übergang zur Oberstufe geackert und trotz depressiver Phasen und Versagensängste mein Abitur (2,5) gemacht. In der 10. Klasse hab ich im Rahmen eines praktischen Leistungsnachweises einen Unterrichtsblock in Geschichte (Widerstand im Dritten Reich) gestaltet und in der Oberstufe Grundschüler in Geschichte und Russisch unterrichtet und später jüngere Schüler hierzu angeleitet (Projekt Schüler unterrichten Schüler). Meine damalige OSKO hat mir sogar ein Zertifikat mit meinen Stärken und Leistungen erstellt, welches ich unbedingt mit zu den Bewerbungsunterlagen für's Studium nutzen sollte. Gesagt getan, mich an mehreren Unis in Deutschland beworben und immer wieder verschiedene Kombis gewählt (DE/GE, GE/GF, DE/PB, DE/GF, ...) Leider hat es an keiner Uni geklappt, 2009 waren recht strenge NC (heute teilweise unter meinem Durchschnitt ?) und ich hatte nicht einmal Wartesemester.
Nunja, was tun? Ich studierte dual 4 Semester Verwaltungsmanagement und Recht (gehobener Verw.-Dienst), bis ich das Studium versemmelte. Im Endeffekt betrachte ich es als Segen, denn Leitspruch war: "Knigge im Umgang mit dem Bürger ODER wie knicke ich den Bürger im Gang um." - damit konnte ich mich nicht wirklich identifizieren. Nach 2 Monaten unfreiwilliger Freizeit bewarb ich mich an einer Erzieherfachschule und wurde direkt genommen. Die Ausbildung machte mir sehr viel Spaß und ich schloss mit 1,9 ab. In den Praktika wurde mir allerdings oft gesagt, dass ich die drei Jahre hätte lieber in einen neuen Versuch zu studieren investieren sollen, da ich oft (für Kita-Kids) zu komplex erkläre und plane. Dann war ich noch in meiner alten Schule und begleitete eine 7. Klasse... anfangs... denn als die LehrerInnen knapp wurden (Krankheit u. andere Gründe), stand ich selbst vor diversen Klassen (7, 9 und 10) und wurde ins kalte Wasser geschmissen. Alles was ich an Planung von Zielen, Förderung, etc lernte, war kaum anwendbar, aber dank eines tollem Kollegiums schrieb ich bald meine ersten Stundenentwürfe für Deutsch, Geschichte, Englisch, WAT und ... Musik (aber nur Theorie :p ). Ich hatte meinen eigenen Platz im Lehrerzimmer, meinen eigenen Schlüssel, stand am Vertretungsplan und hatte freie Hand. In einer Stunde simulierte eine Kollegin sogar eine Lehrprobe und ich zitterte Klar, es lief nicht alles rund, aber auch nicht alles falsch. Mir fehlte halt das fachdidaktische Handwerkszeug aus dem Studium und unsere Ansichten über Literatur in Klasse 7 passten nicht so gut zueinander
Nun arbeite ich seit 2014 in der Behindertenhilfe. An sich macht mir der Job Spaß, aber ich merke immer mehr, man tritt auf der Stelle. Die Kinder sind nicht alle soweit eingeschränkt, dass sie nicht Lesen, Schreiben oder Rechnen könnten. Aber sie lernen es einfach zu wenig. Ein Klient ist 10 und kann keine Ziffern schreiben, obwohl er kognitiv in der Lage wäre. Und trotz knapper Personalsituation versuche ich so oft es geht, mit ihm zu üben, besorge mir Literatur zum Lernen des Schreibens u.a. und übernehme gefühlt den Job, den die Schule machen müsste. Ich müsste es nicht tun, da ich nicht dafür bezahlt werde oder mein Vertrag dies gar nicht vorsieht, aber ich find' es grausig, wenn Kinder "behindert" gemacht werden und dies als Deckmantel genutzt wird, ihnen nur etwas über den Wald zu erzählen.
Ich rede gerade um den heißen Brei herum... Ich hadere mit mir, meinen Job an den Nagel zu hängen und es mit dem Studium noch mal zu probieren. Nur was? Primarstufenlehrer? Sek I? (Sek II schließe ich aus, da gibts genug ambitioniertere Studenten) oder doch berufsbildende Einrichtungen? Und welche Fachkombi? DE/GE ist übervoll, GE und Politik darf in Brandenburg nicht kombiniert werden, Geografie hab ich im Abi nicht belegt, ..... DE / MA / Sachkunde mit Neigungsfach Geschichte? Inklusionslehramt mit Schwerpunkt Deutsch? Sozialpädagogik mit Zweitfach als Lehramt? Medizinpädagogik berufsbegleitend?
So viele Fragen in meinem Kopf... ich bin fast 30 und hab meinen richtigen Weg noch nicht gefunden. Das wurmt mich oft. bei 6 Jahre Studium und 1,5 Jahre Ref wäre ich 34 / 35 Jahre alt. Ich weiß nicht, aber wäre das noch im Rahmen? Eine Ernennung zum Beamten strebe ich nicht an, in Brandenburg werden fast keine Lehrer mehr "belehnt".
Ich hoffe, ich konnte mich vernünftig ausdrücken und hoffe auf rege Diskussion
Viele Grüße!