Als "deutscher" Lehrer in der Schweiz arbeiten

  • @Wollsocken80


    Ich sprech hier mit Deutschen Dialekt. Mit meinem Partner oder in Deutschland wohnhaften Freunde spreche ich Hochdeutsch und das nicht dieses verkrüppekte "Schweizerhochdeutsch". :) In Hessen denken sie immer ich wäre aus Bayern (sfo hört sich wohl mein Hochdeutsch an).
    Bei Elterngesprächen frage ich, ob Dialekt ok ist oder lieber Hochdeutsch


    Finde ich jetzt spannend....bei Elternabenden waren es bis jetzt französische und russische Eltern, die eine klare Vorstellung hatte, wie es denn der Unterricht auszusehen hätte...(also so klar, dass sie mir reinreden wollten).

  • Franzosen und Russen haben wir hier wenig bis gar keine. Italiener und Spanier sind eher besorgt, ob ihre Kinder sich wohl auch benehmen und anständig lernen, unsere Kosovaren sind einfach nur froh, dass die Kinder am Gymnasium sind. Die Tamilen sind vor allem für die eigenen Kinder gerne mal extrem anstrengend. Wenn dann sind die am ehesten unsere "Problemgruppe".

  • ...Ja für Schweizer und auch Liechtensteiner sind die Deutschen teilweise direkter und lauter.

    lauter? das ist lustig. Direkt, das hab ich schon öfter gehört. In vielen Nationen plauzt man glaub ich nicht so raus, was man findet und fühlt...


    Schweizer gelten hier eher als langsam und gemütlich. Schon komisch, da gibts lokalpatriotisches Geplänkel zwischen Hessen und Saarland, Preußen und Bayern... und am Ende sind die Unterschiede wahrscheinlich eh bloß marginal. Oder was zählt, ist die Sympathie zwischen zwei Leuten, wurscht wo sie herkommen :)


    Edit: von Liechtensteinern hat man gar keine Vorurteile, Mist, wir brauchen doch Schubladen! :lach:

  • Edit: von Liechtensteinern hat man gar keine Vorurteile, Mist, wir brauchen doch Schubladen! :lach:

    doch doch gibt schon Schubladen über Liechtenteiner: wir sind alle korrupt und kriminell (so mal der Spiegel), wir sin alle steinreich un wohnen in Villen....wir sind Leibeigenen des Fürsten, wir kenne uns alle persönlich....

    • Offizieller Beitrag


    Und dass man das Gefühl hat, in einer anderen Region nicht so recht einzufinden kenne ich auch. Mentalitäten sind verschieden, ich finde das sehr interessant. Ich denke nämlich, dass es oft Kleinigkeiten sind, die man fehlinterpretiert, weil sie unbewusst eine große Rolle einnehmen.

    Dieses Zitat ist nur ein Aufhänger und ich unterstelle dir, Krabappel, keinesfalls solche Gedanken, aber mich regen Deutsche (in dem Fall) furchtbar auf, die sich zb in der Schweiz ausgeschlossen fühlen.
    Das sind Menschen, die in Deutschland gar nicht merken, wie sie in ihrem Alltag ständig Leute ausschliessen oder nie angesprochen haben, ob sie etwas unternehmen wollen aber jetzt genau das erwarten.
    Ich bin sooo oft umgezogen und denke mir jedes Mal, "mein Gott, was ist los mit euch?" Ich habe in meiner letzten Stadt Theater gespielt, Gebärdensprachkurse besucht, bin bei mehreren Stammtischen gewesen, bin zu politischen oder kulturellen Treffen / Veranstaltungen gewesen. Es hat einfach nichts gebracht.
    Jetzt wohne ich 30 kilometer weiter, bin zum Sportverein gegangen (den ganzen Rest gäbe es hier nicht :-D), und irgendwie hatte ich nach 2 Monaten mehr Bekanntschaften als nach 5 Jahren in der anderen Stadt. Als Freundschaften würde ich sie tatsächlich nach 2,5 Jahren nicht bezeichnen, aber ich bin diesbezüglich anspruchsvoll und ab einem bestimmten Alter ist es halt so oder so schwierig, irgendwo einzusteigen.
    Dass es allerdings wenig mit Nationalitäten zu tun, sondern einfach mit dem Alltag der jeweiligen Personen zu tun. Wenn man sich auf alles einlässt, wird es einfacher. Einfacher ist aber nicht einfach. und ja, ich beneide meine ganzen KollegInnen, die aus einem 20km-Umkreis kommen und / oder hier studiert haben, damit ihr soziales Netz aufgebaut haben.

  • ...Das sind Menschen, die in Deutschland gar nicht merken, wie sie in ihrem Alltag ständig Leute ausschliessen oder nie angesprochen haben, ob sie etwas unternehmen wollen aber jetzt genau das erwarten.

    Ja, das ist komisch. Ich weiß nicht, ob das typisch Deutsch ist, ich bin ja innerhalb Deutschlands (in ein anderes Land) gezogen und dachte, es läge an Mentalitätsunterschieden aber vielleicht stimmt das nicht. Die meisten haben wohl einfach einen festen Freundeskreis und da ist nicht so leicht Reinkommen möglich. Samstag beste Freundin, Sonntag Oma und Mo-Fr arbeiten, da ist kaum Reinkommen möglich...


    Oder wie sagte eine Kollegin auf die Frage, was sie in den kommenden Ferien mache? Ich besuche endlich mal alle guten Freunde. Ahso, na dann viel Freude.


    Da ist es tatsächlich leichter, "Internationale" kennenzulernen, weil dort ebenfalls Interesse besteht, sich zu unterhalten und was zu unternehmen.

  • Schweizer gelten hier eher als langsam und gemütlich

    Nennen wir es "bedächtig" und das sind sie eben tatsächlich. Während der Deutsche oft direkt das verbale Maschinengewehr anlegt, muss der Schweizer erst mal nachdenken, bevor er sich äussert. Das sind real existierende Mentalitätsunterschiede, die durchaus ein gewisses Konfliktpotential bergen.


    So richtig "deutsch" fühle ich mich übrigens immer, wenn ich in den ICE einsteige und Richtung Norden fahre. Da gibt es immer die Nörgler, die ihre Sitzplatzreservierung verpeilen und versuchen andere Leute von ihren Plätzen wegzuscheuchen. Es gibt immer die, die vllt einmal alle 100 Jahre überhaupt Bahn fahren, mit ihren 20 Koffern alle Durchgänge verstopfen und mind. 15 min vor der Haltestelle schon stehen um nur ja den Ausstieg nicht zu verpassen. Wehe, der Zug steht mal irgendwo 5 min rum, sind das die ersten die schreien, dass die Deutsche Bahn ja NIE pünktlich sei. Dann gibt es noch die lautstarken Telefonierer, die den ganzen Zug an ihrem Liebesleben teilhaben lassen und die Eltern, die ihre Kids nicht im Griff haben, die denen den Rest geben, die vom lautstarken Telefonierer noch nicht genug haben. Das sind die Nerv-Deutschen. Wenn man dann mal Richtung Bord-Bistro trabt und sich ne Fuhre Nürnberger Würstchen bestellt, findet man dafür immer jemanden, der spontan mit einem - zur Not über die Würstchen - ins Gespräch kommt. Selbiges tritt zuverlässig immer ein, wenn der Zug dann mal wirklich mit einem technischen Defekt in der Wallapampa steht. Was habe ich schon interessante Gespräche über Gott und die Welt mit Mitleidenden geführt während man dichtgedrängt wie die Sardinen darauf wartet, dass das Gefährt sich nur endlich wieder in Bewegung setzt. Das sind immer die Momente in denen ich mir denke ... "Ja ... so sind wir eben auch, wir Deutsche. Gar nicht mal so schlecht." :)


    Bei der SBB habe ich es wahrhaftig schon erlebt, dass von Basel bis Zürich im ganzen Wagon kein Wort gesprochen wurde weil alle entweder mit Arbeiten, 20 Minuten lesen oder Schlafen beschäftigt sind. Dafür hatte ich auch noch nie Würstchen- oder Krisengespräche. Nie. Man quatscht doch nicht einfach so wildfremde Leute im Zug voll, wo kommen wir da hin.

  • und mind. 15 min vor der Haltestelle schon stehen um nur ja den Ausstieg nicht zu verpassen.

    Ja!!! Ich hab gedacht, ich werd nicht mehr … neulich, auf der Fahrt zur didacta habe ich das original so erlebt. Im ICE von Stuttgart nach Mannheim, stehen ungelogen 20 Minuten vor dem nächsten Halt Leute auf und stellen sich mit ihrem ganzen Gepäck vor dem Ausstieg in einer Schlange auf, so dass auch sicher keiner mehr durchkommt. Dem Herdentrieb folgend, steht 5 Minuten später tatsächlich der ganze Gang voll. In solchen Situationen erscheint der T800 alias Arnie in T2 vor meinem geistigen Auge, wie er dem jungen John Connor prophezeit, dass die Menschen es nicht schaffen werden … Ihr Vielzugfahrer in Deutschland, klärt mich bitte auf – ist das wirklich gerade die neueste Mode?

  • Nennen wir es "bedächtig" und das sind sie eben tatsächlich. Während der Deutsche oft direkt das verbale Maschinengewehr anlegt, muss der Schweizer erst mal nachdenken, bevor er sich äussert. Das sind real existierende Mentalitätsunterschiede, die durchaus ein gewisses Konfliktpotential bergen.
    (...)Bei der SBB habe ich es wahrhaftig schon erlebt, dass von Basel bis Zürich im ganzen Wagon kein Wort gesprochen wurde weil alle entweder mit Arbeiten, 20 Minuten lesen oder Schlafen beschäftigt sind. Dafür hatte ich auch noch nie Würstchen- oder Krisengespräche. Nie. Man quatscht doch nicht einfach so wildfremde Leute im Zug voll, wo kommen wir da hin.

    Lebe unweit der Schweizer Grenze und bin immer sehr erleichtert, wenn ich in einem dieser besonders ruhigen SBB-Züge fahren kann. Manchmal sind meine Landesgenossen einfach seeeeeeeehr laut und anstrengend. Du hast aber mit der Kehrseite tatsächlich auch recht. Habe noch nie darüber nachgedacht, aber Smalltalk mit Fremden gibt es wirklich nur, wenn ich deutsche oder andere internationale Sitznachbarn habe.
    Bei dem Wörtchen "bedächtig" musste ich gerade schmunzeln. Eine Tante ist mit einem Schweizer verheiratet. Dieses Wort beschreibt seine Persönlichkeit in vieler Hinsicht perfekt. Nur wenn es um deutsche Autobahnen und das dort teilweise erlaubte und mögliche Tempo geht wird der Mann plötzlich wieselflink. :lach:

    Ihr Vielzugfahrer in Deutschland, klärt mich bitte auf – ist das wirklich gerade die neueste Mode?

    Leider ist das bereits seit Jahren so und kommt - genau wie das Klatschen nach der gelungenen Landung eines erfahrenen Piloten scheinbar niemals aus der Mode. :hammer: Muss man aber ja nicht unbedingt mitmachen...

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wo wir schon beim Flughafen sind: Das besonders frühe Anstehen beim Boarding scheint mit auch eine sehr deutsche Geschichte zu sein. Das Flugzeug könnte ja ohne einen starten.


    Ich weiß aber nicht sicher, ob das nicht vielleicht doch international so ist, ich bin noch nicht oft geflogen ohne Ziel oder Abflug in Deutschland.

  • Ihr Vielzugfahrer in Deutschland, klärt mich bitte auf – ist das wirklich gerade die neueste Mode?


    Ich schmunzel da immer wieder drüber und lasse manchmal auch einen Kommentar dazu ab. Blöd nur, wenn so einer einen aufscheucht, weil man daneben sitzt. :autsch:
    Aber genauso stürmen die Leute in den Zug, bevor alle ausgestiegen sind.


    Allerdings machen dies auch ausländisch aussehende Mitbürger. Entweder angepasst oder vielleicht woanders auch so der Fall?

  • Bei der SBB erkennt man an diesem Verhalten zuverlässig nicht-Schweizer. ;)


    Meine Jugendlichen perfektionieren das Chillen beim Zugfahren im Laufe ihrer Schulzeit. Das hat mich unterwegs schon den ein oder anderen Nerv gekostet. Oh, wir haben 5 min Zeit zum Umsteigen.... Hach, das reicht locker um sich bei Coop Pronto ne Tüte Chips zu holen. Biep biep biep... Die Tür geht zu un der letzte Schülerfuss verschwindet gerade eben so darin, geschafft.

  • Naja, vielleicht liegt es auch daran, was man so gewöhnt ist.
    Die SBB gilt ja als eine der besten Bahnen der Welt, die zeigt wie man es machen muss.
    Die DB ist hingegen seit 70 Jahren ein Sparopfer mit den entsprechenden Problemen.


    Ansonsten finde ich die Vorurteilsdichte hier im Thread ziemlich hoch. Vielleicht klappts besser mit dem Zusammenleben, wenn man da etwas unvoreingenommener ist. ;)

  • Welche "Vorurteile"? Und wer lebt nicht gut mit wem zusammen?


    Aber tatsächlich verhalten sich Japaner und Schweizer beim Zugfahren etwa ähnlich. Mag tatsächlich daran liegen, dass die SBB und die JR die zuverlässigsten Bahnunternehmen der Welt sind.

  • Bei der SBB erkennt man an diesem Verhalten zuverlässig nicht-Schweizer. ;)


    Meine Jugendlichen perfektionieren das Chillen beim Zugfahren im Laufe ihrer Schulzeit. Das hat mich unterwegs schon den ein oder anderen Nerv gekostet. Oh, wir haben 5 min Zeit zum Umsteigen.... Hach, das reicht locker um sich bei Coop Pronto ne Tüte Chips zu holen. Biep biep biep... Die Tür geht zu un der letzte Schülerfuss verschwindet gerade eben so darin, geschafft.

    lach...ja, das vertraute Biep Biep Biep der SBB :rofl: Gerade eben war‘s wieder da...

  • Hallo Zusammen,


    ich habe in Bayern Grundschullehramt studiert und leider ein Staatsexamen (DAF/DAZ) nicht bestanden. Ich trage gleichzeitig seit einigen Jahren den Wunsch in mir in der Schweiz zu arbeiten, deshalb wollte ich hier mal ein paar Fragen loswerden: Aufgrund des Nichtbestehens habe ich zurzeit „nur“ einen Bachelor of Education, genügt das um in der Schweiz als Lehrerin zu arbeiten? Oder muss man in der Schweiz noch einen Master belegen? Ist in jedem Kanton Französisch ein Pflichtfach in der Grundschule?


    LG

    Clärchen

  • Die Ausbildung für Primarlehrer ist in der Schweiz nur ein Bachelor. Allerdings deckt hier eine Lehrperson in der Regel alle Fächer ab.(Sprache und textiles/technisches Gestalten nicht immer). So wie ich das mitbekommen habe, ist die Ausbildung unterschiedlich.


    Du musst deinen Bachelor von der EDK anerkennen lassen. Aber da habe ich keine Ahnung wie die Bedingungen sind. Allerdings herrscht hier je nach Kanton Lehrermangel.

  • Ich glaube nicht, dass Dir die EDK eine Lehrbefähigung anerkennt, Dir fehlt ja die Unterrichtspraxis. Du kannst aber sicher die Ausbildung an einer PH Deiner Wahl beenden, man wird Dir einiges an Studienleistungen anerkennen. Ich empfehle Dir die PH Basel (FHNW), denn da besteht jeder der nicht gerade kleine Kinder frisst und Du kannst bis zum Ende der Ausbildung als Grenzgänger in Deutschland wohnen, das macht es billiger.

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