Trapitos Arbeitszeit - endlich lückenlos dargelegt - n=1 ;-)

    • Offizieller Beitrag

    Es gibt gar keinen Grund, jetzt grummelig zu werden, wie es einige offenbar schon sind. Ich habe niemandem was getan und meine persönliche Arbeitszeit ist nicht zu eurem Nachteil.

    Ich bin nicht grummelig. Ich brauch dir auch nicht leid zu tun. Ich mach meinen Job gerne. Bzw beide Jobs. Aber unterbezahlt bin ich echt nicht. Ich schaff was weg.


    Selbst wenn keine Konferenz, kein Elterngespräch, keine Arbeitsgruppe oder Versetzungskommission, Dienstgespräche, Schulungen, Veranstaltungen für Referndare, Schulleiterdienstversammlungen, Informationsabende, Einladungen auf Personalversammlungen, Personalräte-AGs und andere Kommissionen anliegen, die eigentlich auch regelmäßiger Bestandteil sind, komme ich halt auf deutlich über 40 Stunden im Schnitt, auch mit Ferien. Reden wir mal nicht von Krisenzeiten - bin auch noch Beratungslehrein - oder den Zeiten mit Konferenzmarathons.


    Ich glaube, dass Lehrerarbeitszeit wirklich schwer zu vergleichen ist.


    Aber ich finde den unaufgeregten thread hier mal ganz gut, da nicht nur Behauptungen in den Raum gestellt werden, sondern Menschen sich mal die Mühe machen, zu messen / notieren und zu gucken "woran's liegt".


    Nicht, dass das eine empirische Datenlage wäre, aber es ist interessant. Wäre super, wenn noch ein paar mitmachten.


    (Leicht OT: Ins Jammern komm ich nur, wenn ich an die Oster"ferien" denke. Das ist so abartig, was man da arbeitet, während alle denken, man habe "Ferien". Ich beantrage, dass der Begriff Osterferien für Lehrer abgeschafft und durch Osterarbeitszeit erstetzt und doppelt vergütet wird. Ich bin vorher vom Abiwahnsinn echt kaputt, arbeite dann die zwei Wochen durch und komme noch kaputter aus den "Ferien :/ " als ich reingekommen bin. Oberstufe = jedes Jahr Abi, volle Packung. Immer. ) Ende Offtopic, sorry, kleine Seelenhygiene.

  • ein Satz Abiturgutachten (21 mal c.a. drei Stunden, wenns gut lief = 63 Stunden

    Vielleicht steh ich grad auf dem Schlauch, aber was ist unter einem Abiturgutachten zu verstehen? Du meinst jetzt nicht das Gutachten, das Du zur Begründung der Note unter eine Abiklausur schreibst, oder? Weil dann wären die drei Stunden - mit Verlaub - ganz schön heftig.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Ich habe allgemein das Gefühl, dass ich mit der Stundenaufzeichnung inzwischen etwas Unmut auf mich ziehe.

    Ich finde deinen Thread super spannend und schaue immer wieder gern hier rein. Das ist wie eine Serie, die wöchentlich ausgestrahlt wird und auf die ich mich immer freue :) Vielen Dank für deine Mühe und Offenheit!


    Ich würde gerne auch hier mitmachen und mal meine Arbeitszeit messen, da ich mich frage, ob mein gefühlter Stresspegel und die tatsächliche Arbeitszeit auch so auseinanderklaffen wie es bei dir scheinbar der Fall ist. Aber tatsächlich fühle ich mich einfach schon so gestresst, dass ich nicht auch noch Zeit und Mühe darein investieren möchte, die Stressursache zu messen :wacko: Aber spannend wäre es schon, gerade weil ich Berufsanfänger bin und somit z.B. der Faktor "Unterrichtsvorbereitung" bei mir vermutlich stärker ins Gewicht fällt als bei den erfahreneren Kollegen. Eigentlich schade, diese einmalige Chance nicht zu nutzen - ich werde schließlich nie wieder im ersten vollen Berufsjahr sein. Aber wie gesagt - auch nur eine Minute Freizeit ins Nachhalten der Arbeitszeit zu investieren und einen weiteren täglichen Punkt auf der To-Do-Liste zu führen ist für mich momentan ein unerträglicher Gedanke. Jede Minute Freizeit ist mir heilig.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

    • Offizieller Beitrag

    fossi, unter die Klausur schreiben wir gar nichts.
    Wir müssen gesonderte Gutachten anfertigen.
    Für eine normale Englischoberstufenklausur braucht man, mit Positivkorrektur und inhaltlichen Anmerkungen, zu denen wir verpflichtet sind, plusminus eine Stunde. Abiturklausuren sind oft doppelt so lang und müssen aufwändigst bewertet werden. Dazu liest man sie zwei-drei Mal - sprachliches Gutachten, inhaltliches Gutachten, nochmal lesen ( immer nochmal 3,4,5,6 Fehler entdecken, Gutachten nochmal ändern). Drei Stunden brauchen die erfahrenen Lehrer, Frischlinge brauchen länger. Und haben nach der Kokorrektur dann nochmal zu tun.

  • Ich finde die Aufzeichnung extrem interessant und sehe auch überhaupt nichts Schlimmes daran, dass da mal weniger Stunden drin sind (was hattest du inzwischen alles dabei? Praktika der Schüler, eigene Krankheit), es wird auch wieder mehr. Aber allein die Idee verdient drei Daumen hoch. :)


    @Abitur: Habt ihr keinen Erwartungshorizont? Das einzig schöne an den bekloppten Dingern ist doch die Zeitersparnis...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

    • Offizieller Beitrag

    Klar haben wir einen (oft absurden) Erwartungshorizont. Die sind aber nicht zum Ankreuzen. Wir müssen trotzdem individuelle Gutachten im Freitext erstellen. Und das wird durch die zentralen EWHZ oft erschwert, nicht erleichtert. Aber ich glaub, das sprengt hier den Threadrahmen.

  • mit Positivkorrektur und inhaltlichen Anmerkungen, zu denen wir verpflichtet sind

    Meinst du mit Positivkorrektur, dass du alle Fehler verbesserst (- so haben wir den Begriff damals im Ref verwendet)? Das mache ich in normalen Korrekturen nur sehr bedingt und in Abiklausuren, die ja nun wirklich kein Feedback mehr für die SuS darstellen, gar nicht mehr.
    Ich wünsche dir nicht, dass DAS bei euch vorgeschrieben ist?


    Oder meinst du damit, dass man auch positive Dinge anmerkt und nicht nur defizitorientiert korrigiert?

    • Offizieller Beitrag

    Ja, Wir müssen Positivkorrektur UnD erläuternde Anmerkungen machen - und im Abi eben diese aufwändigen Gutachten. In Englisch sind die Korrekturzeiten unsäglich. Aber nochmal, ich finde, es gibt genug Korrekturthreads, ich möchte eigentlich nicht diesen Arbeitszeitthread sprengen.

  • unter die Klausur schreiben wir gar nichts.
    Wir müssen gesonderte Gutachten anfertigen.

    Ja, dass da nichts im lokalen Sinne unter der Klausur steht, war mir schon klar. Ich meinte genau das: Ein Gutachten, das sich auf eine Abiklausur bezieht (und nicht etwa, wie man aus dem Zeitaufwand schließen könnte, auf die gesamte Prüfung).

    Drei Stunden brauchen die erfahrenen Lehrer, Frischlinge brauchen länger. Und haben nach der Kokorrektur dann nochmal zu tun.

    Wow, das geht im korrektur- und formaliaverliebten Bayern aber mit wesentlich weniger Aufwand ab. Zumindest hab ich nie drei Stunden gebraucht, und es hat sich nie jemand über meine Korrekturen beschwert. Aber wer weiß, wahrscheinlich hab ich in München längst den fetten roten Punkt in der Akte. Gut, dass die arroganten Lodenträger da unten sich nie herablassen würden, die Existenz anderer KuMis auch nur zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn mit denen zu kommunizieren. Aber was solls, ich korrigiere eh nichts mehr außer meiner Gehaltsabrechnung, wenn wieder mal zu viel Personalessen abgezogen wurde.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Mich würden hier mal Grundschulzahlen interessieren. Mir fehlt aber im Moment die Muße alles aufzuschreiben. 75% sind bei mir 4 Tage von 08-13 Uhr.

  • Ich kann mal für die Grundschule sprechen. Angeregt durch diesen Thread habe ich mir vor 5 Wochen auch so eine Tabelle gemacht. Ich hab eine 2/3-Stelle und bin seit 15 Jahren im Schuldienst. Ich kam in vier Schulwochen auf Arbeitszeiten von 30 - 35 Zeitstunden. Dafür habe ich in der Woche Faschingsferien nur 6 Stunden gearbeitet. Im Endeffekt hat sich das also alles wieder ausgeglichen.

  • 20 Stunden bin ich alleine schon in der Schule im Unterricht, minus 1,5 Stunden Pausen (wöchentlich) vielleicht. Wobei ich selten in der Pause nicht arbeite. Aus dem Gebäude komme ich wegen diverser Zusatzsachen (Elterngespräche, Kindersorgen, Konferenzen, Besprechungen, Teamzeiten, Inklusionsbesprechungen etc) selten vor 15 Uhr. Dazu kommen noch Elternabende und Koordinationsgespräche mit dem Ganztag.


    Dann muss ich aber noch meinen Unterricht vorbereiten und Arbeiten nachschauen. Ich glaube bei meinen 75%, also 3/4 von 40 Stunden, selbst wenn ich die Hälfte der Ferien abziehe. komme ich über die klassischen 30 Stunden.

  • fossi, unter die Klausur schreiben wir gar nichts.
    Wir müssen gesonderte Gutachten anfertigen.
    Für eine normale Englischoberstufenklausur braucht man, mit Positivkorrektur und inhaltlichen Anmerkungen, zu denen wir verpflichtet sind, plusminus eine Stunde. Abiturklausuren sind oft doppelt so lang und müssen aufwändigst bewertet werden. Dazu liest man sie zwei-drei Mal - sprachliches Gutachten, inhaltliches Gutachten, nochmal lesen ( immer nochmal 3,4,5,6 Fehler entdecken, Gutachten nochmal ändern). Drei Stunden brauchen die erfahrenen Lehrer, Frischlinge brauchen länger. Und haben nach der Kokorrektur dann nochmal zu tun.

    :ohh: :ohh: :ohh:


    Ich brauche für eine Abitur-Klausur in Englisch maximal 1 Stunde und finde das schon sehr viel! Ich habe dieses Jahr 45 Klausuren zu korrigieren. 19 in Englisch und 26 in Mathe und plane das in vier Tagen fertig zu bekommen. Zwei Tage für Mathe, zwei Tage für Englisch.


    Wenn ich pro Klausur drei Stunden bräuchte, müsste ich allein für Englisch mehr als sieben volle Arbeitstage a acht Zeitstunden einplanen... Never ever!!!!


    Und bevor jetzt jemand schreibt, ich mache das nicht ordentlich: Es hat sich noch nie ein Zweit- oder Drittkorrektor beschwert und die Abweichungen im Schnitt waren immer minimal!

    • Offizieller Beitrag

    Mich würden hier mal Grundschulzahlen interessieren. Mir fehlt aber im Moment die Muße alles aufzuschreiben. 75% sind bei mir 4 Tage von 08-13 Uhr.

    Habe 6 Wochen aufgeschrieben, Vollzeit, zwischen etwas über 40 und 45 Zeitstunden, bei sehr effizienter Zeitplanung und wenig "Extras" (differenzierte Arbeitsblätter etc.).
    Vollzeit bei mir:
    3mal von 7:20 bis 13:30 Anwesenheitspflicht in der Schule, danach Aufräumen des Schreibtisches / Klassenraumes, Unterrichtsnachbereitung, Gespräche mit Kollegen / Schulsozialarbeiter / b.B. Ganztag.
    1mal 6:50 bis 12:40 dito
    1mal 7:20 bis 12:40 dito
    Zusätzlich 1 bis 4 Nachmittagsveranstaltungen pro Woche (Dienstberatungen, Konferenzen, Teamsitzungen, Arbeitsgruppen, Projektgruppen, Fortbildungen, Vor- und Nachbesprechungen, Elterngespräche.


    Heute habe ich z.B. von 7:20 bis 11:38 und von 11:40 bis 14:20 Uhr gearbeitet. Da ja hier immer so betont wird, dass man seine Pausen nicht einrechnen sollte, habe ich die großzügige Pause, die ich am ruhigsten Ort der Schule (Lehrer-WC) verbrachte, mal explizit ausgewiesen. Also knapp 7 Stunden. Bin komplett fertig und könnte nur noch schlafen. Kann ich aber nicht, denn es ist noch kein Unterricht vorbereitet.

    • Offizieller Beitrag

    Es kristallisiert sich doch letztlich das heraus, was wir alle wissen, was aber in der Öffentlichkeit aus offensichtlichen Gründen nicht so gesehen wird.


    Wir haben z.T. quantitativ ein hohes Maß an Arbeitsbelastung - hier gemessen durch die Arbeitszeit.
    Wir haben aber qualitativ auch ein hohes Maß an Arbeitsbelastung - hier geschildert durch die vielen verschiedenen Aufgaben, die am besten vorgestern schon erledigt sein soll(t)en.


    Mit anderen Jobs, die nominell 40 Stunden pro Woche an Arbeitszeit ausweisen, ist das nicht zu vergleichen.

  • http://www.kanzlei-hasselbach.…ausen-zur-arbeitszeit/08/


    Das mit den Pausen ist so lächerlich. Das, was bei uns "Pause"heißt, hieße anderswo "Meeting".


    Die 5-Minuten-Pause (die bei uns jetzt abgeschafft ist) reichte ja gerade mal, um den Raum zu wechseln.


    Die große Pause - wenn man den nötigen Ortswechsel und die Dinge, die man so zwischen Tür und Angel gefragt wird mal abzieht - ist wohl kaum mehr als das, was in anderen Betrieben die "Frühstückspause" ist, zählt also m.E. tendentiell auch zur Arbeitszeit.


    Ich habe ziemlich zu Beginn meiner Tätigkeit auch mal meine Arbeitszeiten überschlagen. Ich habe die komplette Zeit, die ich in der Schule bin, abzüglich der Mittagspause (wenn ich denn eine hatte) als Arbeitszeit gerechnet, alles Andere wäre m.E. Unsinn.


    Ich habe (als Schüler und als Student) Ferienjobs in Büros gemacht (da ich ja ein 10-fingriger bin), da kam ich nach 9 Stunden (1 St Mittagspause) immer völlig entspannt raus. In diesen Büros lief am Nachmittag meist nichts mehr, die Leute haben da mehr oder weniger ihre Zeit abgesessen. Als Lehrer bringt mir das nichts, die Arbeit muss ja erledigt werden - und wenn ich rumsitze, muss ich die Arbeit eben später erledigen.


    Wir Lehrer werden nicht dafür bezahlt, eine bestimmte Zeitspanne zu arbeiten, sondern dafür, dass die Arbeit fertig sein muss, egal wie lange es dauert. Wenn es schneller geht - gut. Wenn nicht, Pech gehabt.


    Anders würde es aber, denke ich, nicht funktionieren.

  • Conni, das stimmt.


    Vollzeitkräfte müssen in Hamburg (Arbeitszeitmodell) in der Regel jeden Tag von 8-13 Uhr unterrichten und meist noch nachmittags Sprachförderung anbieten. Durch Funktionen kann sich das vermindern, allerdings kriegt man nie das als Funktionszeit wieder, was man auch reinsteckt.


    Das Zeugnisseschreiben hatte ich ja noch gar nicht erwähnt. Für ein Berichtszeugnis brauche ich locker 1,5-2 Stunden.


    5-Minutenpausen gibt es bei uns nicht. Nur 2 große Pausen. Und da bin ich gut, wenn ich mal 5 Minuten sitzen kann. Nächstes Jahr mit einer ersten Klasse ists erstmal vorbei mit Sitzen.

    • Offizieller Beitrag

    Das mit den Pausen ist so lächerlich. Das, was bei uns "Pause"heißt, hieße anderswo "Meeting".

    Ja, das ist eines der vielen Dinge, die man einfach mit anderen Jobs nicht vergleichen kann. Und da hilft reine Arbeitszeit aufschreiben eben nicht mehr weiter.
    Ich glaube, noch deutlicher ist der Unterschied in der Belastung, wenn man nicht nach Arbeitszeit, sondern Arbeitsintensität geht.
    Da bewegen wir uns dann aber in einem Bereich, der gar nicht mehr verifizierbar, der aber - so glaube ich - gesundheitlich das eigentlich Entscheidende ist.


    Ich rede mal von mir, auch wenn ich weiß, dass ich da mitnichten die Einzige bin:
    Ich habe derzeit ein Tätigkeitsfeld, bei dem etwa ein Drittel/Hälfte meines Jobs Büroarbeit ist, und zwar anspruchsvolle Arbeit, auch mit hoher Verantwortung (Verhandlungen mit Amtsleitung und Dezernenten), und Verwaltungsarbeit.
    Der andere Teil ist Unterricht in diszplinproblemfreien Oberstufenklassen.


    Bis auf Sitzungsleitung und kitzlige Dienstgespräche ist Unterricht bzw. das Tätigkeitsfeld in der Schule immer anstrengender obwohl es zeitlich insgesamt nicht mehr ist, es ist auch was die Verantwortung angeht nicht mehr, aber es strengt mehr an. Obwohl ich nullgarkeine Diszplinprobleme und nur liebe Kurse habe. Die ich mag. Die mich mögen. Mit denen ich fachlich gut vorankomme. In einer Schule, an der ich gerne bin. Fachlich breche ich mir auch keine Zacken aus der Krone, da bin ich fit. Trotzdem: Es schlaucht deutlich, deutlich mehr.


    Ich habe mich, als ich das feststelle, gefragt, warum - ?
    Ich habe keine eindeutigen Antworten gefunden, außer, dass ich (und alle Mit-GPRen und ex-Lehrer-Verwaltungsbeamte im SSA und an Schulen, die ich kenne) dasselbe sagen: nichts ist so anstregend wie "an der Front". Auch wenn's gut läuft und Befriedigung bringt (und wenn dem nicht so ist, ist es die gesundheitsgefährdende Hölle schlechthin, aber das ist ein anderes Thema).


    Und wieso ist das so?
    Vielleicht ist es das hier:
    - Dauerpräsenz: 40-60 Augen sind ständig auf einen grichtet. Man kann sich keine Sekunde Schwäche erlauben. Bzw man könnte vielleicht schon..? Aber man tut es nicht. Kein kurzes Wegschalten (kann ich im Büro), kein Nasebohren (würde ich NIE tun im Büro :D ), keine Dehnübung für die Nackenmuskulatur oder kurzes Augenschließen, keine Chance, diese email zwei- oder dreimal zu lesen, wenn die Konzentration nicht gut ist (Schülerbeiträge müssen beim ersten Mal verstanden und eingeordnet und darauf reagiert, gewertschätzt, verwendet werden), Reaktionen müssen sofort erfolgen, es gibt keine Ablage (!!) für Schülerfragen/verhalten. usw. Ihr versteht, was ich meine?


    - Entscheidungsdichte: Im Klassenraum werden seriell Entscheidungen getroffen. In wuseligen Klassen jede paar Sekunden eine, bei mir in der Oberstufe nicht so, ich kann auch bei ner Stillarbeit mal rumgehen und grad mal nix entscheiden, aber ich muss es jede Sekunde können. Planänderung, Gesprächsformänderung, Reaktion auf dies oder jenes, Medienänderung so oder so, kürzen, straffen, dehnen, wiederholen, rephrasieren, antworten, offen lassen, Lockerung durch Witzchen, Unterbrechen und Ansprache halten, mahnen, durchwinken, auf etwas fokussieren, einordnen, nicht einordnen und so stehen lassen, ablenken, vertiefen jetzt oder später, zurückführen, Kreise schließen, loben, anerkennen, weiterverweisen, usw., usf. Und: jede falsch getroffene Entscheidung im Untericht hat sofort Konsequenzen. Das ist bei anderer Arbeit auch nicht so: dann überarbeiteste es halt nochmal. Machst es neu. Anders.


    - Unmittelbarkeit: Im Büro gibt es Anfragen oder Aufträge, die leg ich weg. "Erstmal die Rechtsstelle fragen um sicher zu gehen" oder "Les ich morgen genauer, kapier ich heute nicht auf Anhieb" oder "Nervt mich jetzt, mach ich später" ... Das ist meine Entscheidung. Selbstbestimmt. Im Unterricht ist man fremdbestimmter, finde ich. Es muss JETZT passieren und es muss kompetent, konsequent sein und es muss sitzen. Und: "Da frag ich die anderen, hab ich jetzt keine Meinung zu": es gibt im Unterricht kein Team, kein Netz wie bei den meisten Jobs mit Verantwortung: ich treffe meine Entscheiungen alleine. Und trage die Konsequenzen allein und sofort. (Jeder Dezernet oder Sachbearbeiter im Amt kann den Juristen fragen. Ich im Büro auch. Oder meine Gewerkschaft, mein Gremium, die Gremien anderer Bezirke. Ich habe Backup).


    - Dauerarbeit: Ich habe in der Schule keine Pausen. Lehrerzimmer ist keine Pause. Außer ich geh in einen leeren Klassenraum. Was irgendwie keiner macht. Und wenn doch: dann gibt es da dann so viel Ruhe, dass man ja andlich mal gescheit was arbeiten könnte? ;) Im Büro geh ich runter in die Cafta und da GIBT es nichts zu tun. Und es redet auch keiner über die Arbeit mit mir. Die wissen ja gar nicht,w as ich da so mach ;)
    Feierabend gibt es schulisch auch nicht. Ich bin nie fertig. Aus dem Büro darf ich aus Datenschutzgründen nichts mitnehmen an Daten. Was nicht fertig ist, bleibt da. Ich darf nicht mal ne automatische Weiterleitung von mails machen. Erst hat mich das geärgert, mittlerweile bin ich mir nicht ehr so sicher. Ich bin, wenn ich mir nicht Sachen auf den Kopierer lege und sie mit heim trage, fertig, wenn ich die Tür rausgehe. Ich trage zwar oft was heim, aber das ist eine Menge, die dann "fertig gemacht" werden kann. Also endlich. Schulisch nicht. Ich könnte immer was machen. Es gibt kaum abgeschlossene Arbeiten, das Schuljahr kann man ja nach oben offen beliebig genau planen, Klausuren optimieren, Material erstellen, überarbeiten, erneuern...


    Ich weiß nicht, ob das als Erklärung reicht. Irgendwie reicht's mir noch nicht. Aber das ändert nichts daran: nichts ist so anstrengend wie Schule.
    Zumindest kein Verwaltungsbürojob, auch nicht die spannenden und verantwortlichen, die auch anstregend sind wie meiner: da ist auch hohe Konzentration angesagt. extreme Genauigkeit, Sachkenntnis, Verwaltungskenntnisse, Rechtskenntnisse, auch Empathie und Diplomatie und alles mögliche andere - aber es schlaucht einfach nicht so. Sagen alle, die ähnlich arbeiten.


    Und daher glaube ich zunehmend: in der Schule ist die Crux die Arbeitsintensität, neben der Arbeitszeit. Und wie man die erheben, beschreiben, evaluieren könnte, da bin ich überfragt. Interessiert mich aber.
    Ist Arbeitsintensität eigentlich jemals untersucht worden? Kennt da einer was?

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