Ausschluss von Klassenfahrt nicht "rechtens?"

  • Hallo, liebe Kollegen/innen!


    Mit meiner 6.Klassen steht im Mai eine Klassenfahrt/ Trip an. Wir werden 2 Tage in Hamburg sein.
    In meiner Klasse ist ein Junge mit ADHS. In der Grundschule hatte er Förderstatus ES. Er wurde von einer Einzelfallhelferin betreut. Am Ende der GS Zeit wurde auf Wunsch der Eltern der Status aufgehoben. Ich bekam diesen Schüler im 2. HJ der 5.Klasse. Er verließ die andere Schule, weil es dort wohl Probleme gab. Recht schnell wurde klar, dass er auch bei uns ohne Unterstützung schlecht beschulbar ist. Somit schaffte es seine Oma(bei der er damals lebte) beim Jugendamt eine Einzellfallbetreuung durch zu bekommen.
    Offiziell gibt es nämlich für "nur" ADHS nix.
    Soweit so gut.
    Es ist leider noch unklar, ob seine Einzellfallhelferin mit fahren kann zur Klassenfahrt.( Bisher wurde das nämlich nicht für jene bezahlt u sie sind nicht versichert!)
    Ich sagte der Mutter des Jungen -sie fragte danach- dass ich ihn ohne Betreuung nicht mitnehmen würde.
    Das kann ich einfach nicht verantworten!
    Sie kommt nun auf die Schiene ,ob das "rechtmäßig" ok wäre?! :staun: Sie will ihn unbedingt mitschicken.
    Andere Schüler nimmt man bei Fehlverhalten doch auch nicht mit...


    Weiß jemand wie die genaue Rechtssprechung ist?
    Wie wird sowas bei euch gehandhabt?


    LG und Danke!


    P.S: Finde es schon krass , dass die Mutter überhaupt drauf pocht dass ihr verhaltensschwieriges Kind OHNE Betreuung mit soll...Ich finde das auch aus mütterlicher Sicht gefährlich...

  • Klingt so, als wolle die Mutter mit ihrer dreisten Nachfrage erreichen, dass sie zwei Tage kindfrei bekommt.


    Unabhängig vom rechtlichen Status (den ich selbst auch nicht einordnen kann) wäre für mich die Sache klar: Wenn du den Jungen ohne Betreuung mitnehmen sollst und das selbst nicht verantworten kannst - gibt es für mich nur noch die Option "gar nicht fahren".


    VG

  • Gab es bislang denn irgendwelche Vorfälle mit dem Jungen? Das geht aus der Fallbeschreibung nicht hervor. Die Nichtmitnahme zur Klassenfahrt steht je nach Bundesland irgendwo zwischen Erziehungsmittel und Ordnungsmaßnahme, in Niedersachsen gilt diese Maßnahme noch als Erziehungsmittel. Dennoch scheint es Auffassung von Verwaltungsgerichten zu sein, dass dieses Mittel so stark in den Status des Schülers eingreift, dass ein Ausschluss von der Klassenfahrt als Verwaltungsakt gelten kann und als solcher gerichtlich überprüfbar ist. Kurz und gut: ein solcher Ausschluss sollte durch eine entsprechende Vorgeschichte gut begründbar sein und durch die Klassenkonferenz unter Bezug auf konkrete Vorfälle beschlossen werden.


    Ich habe das im Übrigen bereits durch. Aufhänger waren hier (wiederholte) körperliche Übergriffe auf Mitschüler. Die Maßnahme wurde dann damit begründet, dass durch das wiederholte Nichteinhalten von Regeln die Sicherheit der anderen Schüler nicht gewährleistet werden könne.

  • Macht der Schüler seine Hausaufgaben regelmäßig?
    Werden Arbeitsanweisung zügig und sinngerecht befolgt?
    Gab es Unterrichtsstörungen?
    Gab es Probleme in den Pausen?


    Falls irgendwas davon mit ja beantwortet wurde: Im Zweifelsfall Klassenkonferenz in der Woche vor der Fahrt ansetzen, Ausschluss und (wichtig!) sofortige Vollziehung beschließen.
    Bis die Eltern damit vor dem Verwaltungsgericht durch sind (selbst für den unwahrscheinlichen Fall dass sie gewinnen),ist der Schüler in der nächsten Jahrgangsstufe...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Mir erscheint ein "Ausschluss" von der Klassenfahrt rechtens, wenn die notwendige und für den Schulalltag genehmigte Einzelfallhelferin nicht zur Verfügung steht.
    Es wird ja nicht das Kind ausgeschlossen - es kann nicht teilnehmen aufgrund der Rahmenbedingungen, die an der Stelle andere zu schaffen/genehmigen haben. Das ist unschön für das Kind, das hier ja auch die Gelegenheit verpasst, sich mit in die Klassengemeinschaft einzugliedern.
    (Hier ist es ein Kind mit ES, das ständige Betreuung benötigt. Den Job einer zweiten Person soll man dann außerhalb des Schulgebäudes als Lehrkraft nebenbei mitmachen? Zum Vergleich: Was wäre bei einem Kind mit körperlichen Einschränkungen, das Unterstützung unterschiedlichster Art benötigt - z.B. 28 5.-Klässler bleiben in der Großstadt allein, während die Lehrkraft sich mit dem Kind auf die Suche nach der rollstuhlgerechten Toilette begibt?).


    PS:
    Die letzte Klassenfahrt, die ich mit Einzelfallhelfern organisiert habe, ist schon eine Weile her, deshalb keine Gewähr für das Folgende: Meines Wissens haben Einzelfallhelfer deutlich definierte Arbeitszeiten auf Klassenfahrten (anders als Lehrkräfte..). Nach 22 Uhr ist da Feierabend (oder man ist mit mehreren unterwegs, die sich flexibel ihre Arbeitszeit einteilen...).

  • Wenns ganz eng wird: Was spricht dagegen, es so zu handhaben wie bei normalen SuS auch? Mitnehmen und nach x Stunden abholen lassen? Bei uns geht kein Schüler ohne eine entsprechende Einverständniserklärung seiner Eltern für diese Massnahme auf Klassenfahrt...

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Ich antworte mal gesammelt.


    Der betreffende Schüler hat aktuell keinen ES Status mehr. Der wurde am Ende von Klasse 4 aufgehoben, auf Wunsch der Mutter.
    Das der Junge nun eine Einzelfallhelferin hat, ist Luxus.
    Bei uns (Oberschule) bekommen sonst nur Kidsmit geistiger Behinderung oder massivem ES eine entsprechende Betreuung. Offiziell hat der Schüler ja nix, "nur" ADHS.


    Naja Kinderfreie zwei Tage...die Mutter des Jungen hat noch vier kleinere Kinder zu Hause.
    Andererseits ist sie null einsichtig...aus ihrer Sicht ist es kein Problem ihn ohne Betreuung mitzunehmen.


    Wir hatten heute Tag der offenen Tür und viel Trubel,daher konnte ich nur kurz mit meinem SL darüber reden...Er sagte auch was von "Ausschluss wäre ein Verwaltungsakt und anfechtbar..."


    Ob es schon Vorfälle gab mit dem Jungen?
    Ja,gab es. Er war schon einmal für 1 Tag suspendiert und einmal für drei Tage.
    1 Tag war dafür, dass er einem anderen Kind die Flasche aus der Tasche genommen u kaputt gemacht hatte. ( Angeblich war laut Mutter noch ein anderer Junge Mitbeteiligen...? Könnte aber nicht geklärt werden)
    3 Tage war grad letzte Woche dafür, dass er einem anderen Schüler den Stuhl wegzog , dieser heftig auf den Hinterkopf fiel und abgeholt werden musste.
    Besagter Schüler ist ein typisches ADHS Kind...geringe Impulskontrolle...manchmal "geht es mit ihm durch", aber eben nicht bewusst /gesteuert.
    Er bekommt auch keine Medikamente mehr,so dass Dasein verstärkt auftritt.
    Er ist aber intelligent und fühlt sich von uns ungerecht behandelt.
    Er tut mir auch leid...er gibt sich durchaus Mühe, schafft es aber nicht sich "normaler" zu verhalten.
    Gestern haben wir im Rahmen der ProWo mit einer Heissklebepistole gearbeitet..Er hat mit dem langen Kabel /Stecker wild geschleudert u fast einen Mitschüler getroffen...
    Solche Dinge sind das.
    Er geht nicht rum und verprügelt andere oder beleidigt uns...
    Trotzdem ist sein Verhalten schwierig.


    Ihn mitnehmen und dann ggf. abholen lassen?
    Keinesfalls!
    Die Mutter hat 4 kleinere Kinder,keinen Füherschein und könnte ihn in so einem Fall nicht spontan aus HH abholen. Folglich müssten wir das dann 2 Tage aussitzen.


    Was ginge notfalls: Bei gegebenem Anlass / Fehlverhalten eine Konferenz abhalten u beschließen ihn auszuschließen.
    Andererseits wäre ja schon früher bekannt,dass die Betreuerin nicht mitkommt und ich habe der Mutter ja jetzt schon gesagt, dass ich ihn dann nicht mitnehmen würde...Folglich wäre klar, dass die Konferenz vorgeschoben ist.


    Variante gar nicht fahren: Das wäre natürlich sehr schade für alle! Und da weiß ich auch nicht,ob dann die Reiseversicherung das übernimmt?
    Ich muss vorab schon viel Geld überweisen.
    Fahren nämlich mit drei Klassen/Schülergruppen.


    LG

  • Ihn mitnehmen und dann ggf. abholen lassen?
    Keinesfalls!
    Die Mutter hat 4 kleinere Kinder,keinen Füherschein und könnte ihn in so einem Fall nicht spontan aus HH abholen. Folglich müssten wir das dann 2 Tage aussitzen.

    Das ist nicht euer Problem, sondern dass der Mutter. Wenn sie das nicht gewährleisten kann, kann sie nicht unterschreiben und der Junge fährt dann wegen fehlender Voraussetzung eh nicht mit. Ansonsten könnt ihr ja gern auf Kosten der Mutter ein Taxi rufen, den Kerl da rein setzen und den Eltern sagen, sie sollen gefälligst zuhause sein und den Geldbeutel bereit halten.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Naja,die Mutter würde den Zettel unterschreiben. Aber in der akuten Situation könnte sie es nicht gewährleisten. Und dann ist es wieder unser Problem...wir können einen 12 jährige ja nicht alleine in den Zug setzen. Hamburg ist 3h entfernt.


    Daher wäre es besser,das vorher ganz klar zu regeln. Außerdem möchte ich auch gar nicht riskieren, dass jemand zu Schaden kommt. Den genau das befürchte ich...das es ihn "wieder reitet" und er was unüberlegtes /gefährliches für sich oder andere macht.


    LG

  • Die Mutter kennt ihr Kind doch auch und weiß um seine Verhaltensproblematik...wie kann sie ihn dann so locker mit schicken wollen OHNE Betreuung?!
    Da muss sie doch auch Schiss haben das was passiert...?
    Aber vielleicht ist man entspannter,wenn man mit Anfang 30 schon 5 Kinder hat?


    Ich selbst bin Ende 30,habe zwei Kinder und bin /wäre da als Mutter nicht so entspannt.

  • Was bringt ihr das? Sie hat ja dann immer noch 4 kleinere Kinder zu Hause? Halligalli kann sie trotzdem nicht machen, selbst wenn der Große auf Klassenfahrt ist.


    Aber man muss auch nicht alle Eltern verstehen...

  • Wir müssen so vorgehen, wie Valerianus schrieb. Von Anfang an ausschließen: untersagt. Da haben Eltern geklagt und Recht bekommen. Blöd, weil dann musst du das Kind mitnehmen.
    Von Schulveranstaltung ausschließen, wenn kurz vorher was passiert, geht natürlich.


    Ich würde mit dem Geld argumentieren: Frau Soundso, wenn sie ihn anmelden und die Fahrt bezahlen und kurz vorher bekommt ihr Sohn eventuell Ausschluss, ist das Geld futsch... ich wollte nur generell darauf hinweisen/ an Paragraph soundso im Schulgesetz erinnern.


    Und dann wird sich was finden, wenn der Schüler so schwierig ist.

  • Rechtlich wurde ja alles erklärt.


    Ihr haltet echt Konferenzen ab, weil ein Schüler ne Flasche kaputt gemacht hat? Und dann wird er dafür suspendiert? Da hätte ich jede Woche ne Konferenz und kaum noch Schüler.

    • Offizieller Beitrag

    Also ich bin teils entsetzt, wie leichtfertig hier mit dieser vorgeschalteten Konferenz umgegangen wird.


    Ein Ausschluss von einer Klassenfahrt ist eine Ordnungsmaßnahme, der ein konkretes, benennbares Fehlverhalten vorausgegangen sein muss und die eben NICHT prophylaktisch verhängt werden kann.
    Auch die Tipps, um einen solchen Akt doch noch "durchzboxen", finde ich grenzwertig.


    Der Junge hat / macht ganz klar Schwierigkeiten und ist offensichtlich unter Umständen eine Gefahr für sich und andere. Das müsste die Schulleitung in einem Gespräch mit der Mutter klarstellen und im Idealfall einen Verzicht auf die Fahrt seitens der Mutter erwirken. Dann würde der Junge während der Fahrt regulär beschult und die Problematik wäre vom Tisch.


    Formal gesehen muss der Junge sonst mitgenommen werden - mit allen Risiken, die das birgt.


    Ich weiß, wovon ich spreche, da ich selbst auf einer Fahrt einen Jungen mit ganz ähnlichen Symptomen mitgenommen habe, wobei das die Kennenlernfahrt war und da natürlich die Möglichkeiten eines vorherigen Ausschlusses nicht gegeben waren.


    Sollte es vor der Fahrt zu weiterem Fehlverhalten kommen, die eine Mitnahme des Jungen als klares Risiko erkennen lassen, wäre eine solche Konferenz mit der entsprechenden Maßnahme denkbar. Widersprüche gegen solche Verwaltungsakte haben mitunter aufschiebende Wirkung, damit eben der Faktor Zeit nicht die Maßnahme im Nachhinein ermöglicht, weil die Schulaufsichtsbehörde den Fall ja erst einmal bearbeiten muss.

  • Würde evtl. eine Überlastungsanzeige helfen?

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Sollte es vor der Fahrt zu weiterem Fehlverhalten kommen, die eine Mitnahme des Jungen als klares Risiko erkennen lassen, wäre eine solche Konferenz mit der entsprechenden Maßnahme denkbar. Widersprüche gegen solche Verwaltungsakte haben mitunter aufschiebende Wirkung, damit eben der Faktor Zeit nicht die Maßnahme im Nachhinein ermöglicht, weil die Schulaufsichtsbehörde den Fall ja erst einmal bearbeiten muss.

    Deswegen muss bei solchen Maßnahmen unbedingt sofortige Vollziehung mit beschlossen werden um die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs zu kippen. Die muss zwar gesondert begründet werden, die mögliche Eigen- und Fremdgefährdung bei Nichtbefolgen von Anweisungen während einer Klassenfahrt ist allerdings recht einfach zu begründen ("überwiegendes Interesse aller Beteiligten" ist hier der juristische Hebel). Und der Punkt ist hier relativ einfach. Ich habe bei einer Klassenfahrt die Aufsichtspflicht und wenn ich nicht für das Verhalten eines Kindes garantieren kann, dann nehme ich dieses Kind nicht mit. Das ist mir bisher in der Schule noch nicht passiert, im Kinderheim habe ich aber ganz selbstverständlich niemanden mitgenommen, der vorher regelmäßig durch unzuverlässiges und destruktives Verhalten aufgefallen ist. Rechtlich ist das Ganze übrigens auch nicht so kompliziert wie du es darstellst. Wenn vorher pädagogische Maßnahmen durchgeführt wurden, die keinen Erfolg hatten, ist eine Ordnungsmaßnahme völlig unproblematisch.

    If you look for the light, you can often find it.
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    Einmal editiert, zuletzt von Valerianus ()

  • ...


    Ihr haltet echt Konferenzen ab, weil ein Schüler ne Flasche kaputt gemacht hat? Und dann wird er dafür suspendiert? Da hätte ich jede Woche ne Konferenz und kaum noch Schüler.

    Als ich Ähnliches im anderen Thread schrieb, wurde ich gerügt, dass "schlimmer immer ginge" und das kein Grund sei, alles hinzunehmen :aufgepasst:


    Ob der Schüler eine Gefahr für sich und die Menschheit darstellt, kann nur die TE entscheiden. Aufgrund dessen, was du beschreibst solltest du aber tatsächlich überlegen, ob das Kind nicht für zwei Tage auszuhalten ist. Immerhin schließt du ihn auch aus dem Klassengefüge aus, wenn du ihn nicht mitnimmst, was seine Rolle in der Gruppe nicht gerade stärken dürfte.

  • Sollte es vor der Fahrt zu weiterem Fehlverhalten kommen, die eine Mitnahme des Jungen als klares Risiko erkennen lassen, wäre eine solche Konferenz mit der entsprechenden Maßnahme denkbar.

    Hier wurde nichts anderes gesagt. Was entsetzt dich so? Es gibt Kinder, bei denen man damit rechnen muss, dass es erhebliche Schwierigkeiten gibt. Von vornherein ausschließen geht nicht. Wenn der Klassenlehrer sich das Kind aber nicht zutraut, hat er nur die Möglichkeit, einen kurz vorher passierenden Vorfall als Vorwand zu nehmen.

    Einmal editiert, zuletzt von Schantalle ()

    • Offizieller Beitrag

    Das Fehlverhalten müsste schon so erheblich sein, dass der Ausschluss von einer Klassenfahrt als "verhältnismäßig" angesehen wird. Letzteres bzw. das Fehlen selbiger führt bei Widerspruchsverfahren in der Regel dazu, dass dem Widerspruch stattgegeben wird.


    Ich hatte den Eindruck, dass bei Valerianus' Vorschlag der Zweck die Mittel heiligen würde.

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