Liebe KollegInnen im Forum!
Ich bin im ersten Dienstjahr an einer Neuen Mittelstufe und bin in den Fächern Englisch und Geographie geprüft.
Bei der Schule handelt es sich um eine Privatschule in der Großstadt (näheres möchte ich auslassen).
Ich unterrichte Englisch in 3 Klassen (auch im Aufbaulehrgang, der bei uns Polytechnische Schule heißt) und habe 4 Geographiestunden, 5 Musikstunden (ungeprüft) und 2 Stunden Kunst (ungeprüft) pro Woche.
Die Herausforderungen des ersten Dienstjahres sind ja wohl den meisten bekannt. Es gibt zahlreiche Dinge, auf die man im Studium nicht vorbereitet wird. Eine der größten war für mich am Anfang der Musikunterricht. Zwar habe ich vor zirka 12 Jahren ein Musikinstrument gespielt, aber hier hört meine musikalische Begabung auch auf. Ich spiele kein begleitendes Instrument, kann nicht besonders gut singen und bin rhythmisch unbegabt. Hinzu kommt, dass von den Kollegen, die die Schulmesse gestalten, gefordert wird, dass ich die Messlieder mit den SchülerInnen einstudiere (pro Jahrgang unterschiedliche Lieder). Zu diesen altmodischen Liedern gibt es teilweise weder auf CD, noch auf Youtube Hörbeispiele. Sie mit den KollegInnen gemeinsam einzustudieren ist zeittechnisch nicht möglich. Ich verzweifle wirklich daran und gebe mein bestes, aber dieser Unterricht macht mir gar keinen Spaß. Wenn ich schon 5 Stunden pro Woche ein Fremdfach unterrichte, sollte ich die Inhalte doch selber auswählen dürfen?! (Die Nachteile einer Privatschule)
Mein zweites Problem liegt in meinem Hauptfach. Mir wurden 2 KollegInnen zugeteilt, mit denen ich in den Klassen jeweils zu zweit stehe. Eine der Kolleginnen ist noch sehr jung, unkompliziert und sie lässt mir meinen Freiraum bei der Unterrichtsgestaltung. Das ist sehr angenehm für mich, da ich mich Schritt für Schritt rantasten kann. Die andere,etwas ältere Kollegin ist das komplette Gegenteil. Ich fühle mich wie ihre Studentin, sie gibt den Ton an und weißt mich immer zurecht. Ihre gestalteten Arbeitsblätter kopiert sie nie für mich, wodurch ich oft den Faden verliere und nicht weiß, wo wir gerade im Unterricht stehen (sie ist 1x pro Woche alleine in der Klasse). Auch inhaltsmäßig verliere ich den Überblick, wenn die Arbeitsblätter nicht sorgsam in meiner Mappe liegen, auf die ich mich bei der Gestaltung der Schularbeit teilweise stütze. Ich habe bereits das eine oder andere mal ganz sachte nach einem Arbeitsblatt gefragt. Sie meinte ich soll einfach bei den SchülerInnen mitschauen.
Ihr Perfektionismus verunsichert mich. Sie findet in meinen korrigierten Texten Fehler, die ich übersehen habe, was mir sehr ungangenehm ist. Ich war eine der besten meines Jahrgangs in Englisch, jedoch zweifle ich immer mehr an meinen Kompetenzen. Wie oft ich mich schon heulend irgendwo in der Schule verkrochen habe, weil neben den zahlreichen anderen Hürden des ersten Jahres auch noch die fachlichen Defizite in Form von fehlerhaften Korrekturen hinzukommen.
Meiner Meinung aber sind Fehler nur rein menschlich, denn auch ein/e LehrerIn ist kein Robotter. Jedoch wird genau das von mir erwartet und das bringt mich an meine psychischen Grenzen.
Wenn ich in einer Klasse 4 Schulübungen und 1 Hausübung (alles in 1 Heft) von insgesmt 25 Schülerinnen korrigiere, die teilweise lausige und unleserliche Handschriften haben, ist es dann nicht durchaus normal, dass man mal das "o" mit einem schlecht geschriebenen "u" verwechselt? Oder man vergisst die amerikanische Schreibweise auf die britische umzubessern (favorite und favourite, practise und practice, center und centre)?
Ich will meine fachliche Inkompetenz nicht rechtfertigen, meine Kollegin hat durchaus Recht. Doch heute ist mir etwas Fatales passiert. Ich besserte ein richtig geschriebenes Wort falsch aus . Das Wort "skeleton" wurde bei mir plötzlich zu "skeletton". Outsch. Dieses Mal kam es nicht von ihr, sondern die Schüler konfrontierten sie heute mit diesem Fehler und sie darauf mich. Ich muss jetzt morgen alle Hefte noch einmal einsammeln und die Vokabeltests noch einmal verbessern. Unprofessionel, schlampig, dumm und traurig ist das. Jede Woche ist wieder irgendein Vorfall. Ich weiß nicht wie ich noch mit erhobenen Hauptes in die Schule gehen und an mich glauben soll. Sämtliches Selbstvertrauen geht verloren. Ich habe jedes Mal Bauchschmerzen wenn ich meine Kollegin sehe, aus Angst, dass wieder etwas vorgefallen ist oder sie einen Fehler findet. Ich habe schon überlegt den Beruf zu wechseln, denn inkompetente LehrerInnen gibt es sicherlich genug; ich muss nicht auch noch eine davon werden.
Ich brauche Rat von erfahrenen Kolleginnen und bitte um ehrliche Meinungen!
Liebe Grüße