Warum A15 für mich KEIN Karriereziel mehr ist

    • Offizieller Beitrag

    Ich möchte an dieser Stelle einmal davon berichten, wieso ich bis vor einem Jahr oder so noch "heiß" auf eine A15-Stelle war und es jetzt nicht mehr bin.
    Dies soll als gedankliche Hilfe für alle diejenigen dienen, die sich mit diesen Gedanken plagen und nicht sicher sind, was sie wollen.


    Als ich 2010 zum OStR befördert wurde, hatte ich den Eindruck, dass man an meiner Schule "etwas werden konnte". Die erste Beförderung hatte gerade einmal fünf Jahre nach Ersteinstellung auf sich warten lassen. Gemessen an den zehn oder mehr Jahren, die die "alten" Kollegen aufgrund des Beförderungsstopps in NRW hatten warten müssen, war das faktisch "nichts".
    Irgendwann in den zwei Jahren danach setzte mir ein mittlerweile pensionierter Kollege den Floh ins Ohr, ich sollte doch in die Schulleitung wechseln, weil ich dafür geeignet sei. Ich fühlte mich geschmeichelt und der Gedanke gefiel mir. Es folgten mehrere zunächst vertrauliche Gespräche mit dem stellv. Schulleiter, der eine Art väterlicher Freund für mich geworden war. Er bekräftigte mich in dem Unterfangen, so dass ich, als es klar war, dass er in Pension gehen würde, tatsächlich im Gespräch war, sein Nachfolger zu werden.


    Zeitgleich habe ich mich mit meiner Frau intensiv darüber ausgetauscht. Als Doppelkorrekturfachlehrerin war sie an ihrer Schule stark belastet und eingespannt, unsere Familienplanung war außerdem noch nicht endgültig abgeschlossen. Wir kamen bald zu dem Punkt, dass unsere beiden Kinder noch recht klein waren und ich zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr Zeit in der Schule verbringen konnte und nur bedingt wollte.
    Ich kam dann zu dem Entschluss, dass es für mich noch zu früh war und ich noch etwas warten wollte. Daher schlug ich einen anderen Kollegen als Alternative vor, der jetzt auch stellv. Schulleiter bei uns ist. Er war eigentlich als späterer Oberstufenkoordinator im Gespräch. (Und so begann sich das Personalkarussell zu drehen.)


    Die A15 hatte ich dann erst einmal auf Eis gelegt, es kam "stattdessen" Sohnemann Nr. 3 auf die Welt, er ist jetzt 16 Monate alt.
    In der Zwischenzeit ist ein anderer Kollege, der ebenfalls so alt ist wie ich, A15er geworden und wird neuer Oberstufenkoordinator. Er sagte mir recht offen und deutlich, dass die A15 die Entscheidung gegen das dritte Kind war. Mein stellv. Schulleiter hingegen hat ungeachtet seines Karriersprungs zeitgleich mit mir sein drittes Kind bekommen - seine Frau ist GS-Lehrerin und fängt das meiste ab.
    Ich habe mich monatelang gefragt, wieso die beiden das konnten bzw. geschafft haben und ich nicht.


    Die Antwort war recht klar:
    Mein stellv. Schulleiter hat vorher auch immer alles für die Schule gegeben, so dass aus seiner Sicht die zusätzliche Arbeit überschaubar ist. Er scheint damit recht glücklich zu sein trotz des Arbeitspensums.
    Der designierte OK war auch vorher schon immmer der erste in der Schule und einer der Letzten, die gegangen sind. Seine Frau ist ebenfalls GS-Lehrerin, es stehen ferner zwei Großelternpaare Gewehr bei Fuß.


    Diese Zeit konnte und wollte ich nicht für die Schule aufbringen, weil uns das Backing fehlt und wir komplett ohne familiäre Unterstützung auskommen müssen. Ferner hätte meine Frau arg zurückstecken müssen und meine Kinder hätte ich auch seltener gesehen.
    A15 bedeutet viel Zeit in der Schule, eine Partnerin, die das voll und ganz mitträgt und benötigt ein familiäres Backing, damit in Stressphasen auch das eine oder ander einmal abgefangen werden kann.
    Ich habe mich für die Zeit mit meiner Familie entschieden (schließlich bin ich nicht mit der Schule verheiratet) und beschlossen, mich nur dann irgendwann auf eine A15 Stelle zu bewerben, wenn ich das weitgehend zu meinen Bedingungen tun kann. Als Lehrer verbringe ich heute bereits viel Zeit in der Schule und zu Hause am Schreibtisch. Es gibt wichtigeres im Leben als Schule und Beförderung.
    Wenn ich mir meinen OK ansehe, mit dem ich eng zusammenarbeite und sehr gut klar komme, dann frage ich mich, ob es das wirklich wert war. Er sieht momentan kein Land, da er ab Februar das erste Mal das Abitur ganz alleine organisieren darf. Ich würde um keinen Preis mit ihm tauschen wollen.
    Schaue ich mir meinen stellv. Schulleiter an, dann wirkt er zwischendurch wirklich überarbeitet - und das bin ich phasenweise auch bereits als A14er.


    Schaue ich mir hingegen meinen Jüngsten an, der mich von Anfang an als Bezugsperson anerkannt hat und der ein sehr enges Verhältnis zu mir hat, schaue ich mir meine beiden größeren an, von denen ich ebenfalls sehr viel mitbekomme, weil ich drei von fünf Nachmittagen in der Woche bereits um 14 Uhr zu Hause bin, dann weiß ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

    Einmal editiert, zuletzt von Bolzbold () aus folgendem Grund: Einige Informationen habe ich geringfügig abgeändert zwecks stärkerer Anonymisierung und Wahrung der Diskretion gegenüber meinen Kollegen.

  • :) alles Gute euch! Ja, erst die Kinder, die werden nur einmal groß.
    Und SL kannst du immer noch werden, deine Kompetenzen gehen nicht verloren und Erfahrung kann man auch nie genug mitbringen...

    • Offizieller Beitrag

    Mit drei Kindern ist A15 sicher eine Organisationsleistung, die kaum (gut) zu bewältigen ist, allerdings kenne ich mittlerweile auch genügend A15 und A16er, die sich nicht kaputt machen. Das wiederum geht nicht mit ausgeprägtem Perfektionismus zusammen - allerdings geht auch ein normaler A13job nicht mit ausgprägtem Perfektionismus zusammen, daher ist das dann wahrscheinlich eine Binsenweisheit ...
    Wie im normalen Berufsanfang kommt auch bei Funktionsstellen die Gelassenheit mit der Routine, und hier zu Hause zumindestens ist A15 nach 5 Jahren eher kein größerer Faktor für Zeitdiskussionen, da kommen jetzt eher andere Dinge dazu (alte Eltern, Krankheiten), die einen auf den Zehenspitzen halten. Das Leben bleibt spannend...

  • Wahrscheinlich hängt es auch von der SChule ab, wie stark einen eine A15 Stelle einbindet. Unsere ist auch eher so, dass man damit nicht aus der Schule rauskommt. Das wollte / will ich auch nicht für mich. Mich drängt es nicht mal sehr zur A14 Stelle. Ich nehme dann gerne die Entlastungsstunden, für die A14 Aufgaben, die ich übernehme.

  • Ist es nicht so, dass Mitglieder der Schulleitung die Verteilung ihres Erholungsurlaubs melden müssen und ansonsten zur Verfügung stehen müssen?
    Das alleine ist schon ein Ausschlusskriterium für mich. Die paar 100 Euro Differenz von meinem Gehalt zu A15 sind mir das nicht wert. Da genieße ich die Schulferien lieber mit meinen Kindern.

  • Mich betrifft das eigentlich gar nicht. Ich weiß schon immer sehr sicher, dass ich auf keinen Fall Schulleiterin sein will. Absolut gar kein bißchen.


    Ich fand das aber trotzdem interssant zu lesen, warum du dich anders entschieden hast.



    Ich gratuliere zu der bewussten Entscheidung! Ja, im ernst. Ich kenne einfach soooo viele, die immer irgendwas abwarten und dann jammern. Oder sich aus Prinzip an gemachte Pläne halten- und dann jammern...

  • Ich steh demnächst vor der Entscheidung, mich auf eine A15 Stelle zu bewerben ... tendiere aber zu "nein danke". Mit der Stelle sind einige Dinge verbunden, die mich reizen würde, aber auch viele, an denen ich überhaupt nicht interessiert bin. Ich verspüre wenig Neigung, fast meine gesamte Zeit in der bzw. für die Schule zu leben und von daher wird's mit Karriere wohl auch nix ;)

  • seine Frau ist GS-Lehrerin und fängt das meiste ab

    Seine Frau ist ebenfalls GS-Lehrerin, es stehen ferner zwei Großelternpaare Gewehr bei Fuß.

    Interessant finde ich die Annahme (deiner Kollegen?), dass GS-Lehrerinnen scheinbar viel Freizeit haben und einiges abfangen können. Diese - nicht wenig verbreitete - Haltung einiger Männer führt dann wohl auch ein wenig dazu, dass die Arbeit an Grundschulen oft an den Kinderlosen hängen bleibt.

    • Offizieller Beitrag

    Nein - abgesehen davon wäre es nicht sonderlich sinnvoll, hier gewollt oder ungewollt diese Diskussion erneut zu provozieren.


    Hier wird auch nichts angenommen sondern beschrieben - und die Informationen kommen von den Kollegen selber. Offenbar können diese beiden GS-Kolleginnen ihren Ehemännern den Rücken freihalten. Die Gründe dafür mögen andere be- bzw. verurteilen. Und wer sagt, dass die beiden Kolleginnen ungeachtet dessen nicht tolle Arbeit an ihren Schulen verrichten?

  • Die Entscheidung für Lebensqualität ist eigentlich immer die richtige! :)


    Die Argumentation seitens der Schule (um drei Ecken vom Hörensagen) kommt mir allerdings etwas vorgeschoben vor.
    Das echte Arbeitspensum für die Oberstufenkoordination kann ich nicht abschätzen.
    Spätestens bei den beiden anderen Stufenkoordinatoren ist das Arbeitsaufwandargument aber quatsch. Diese Tätigkeiten gibt es an meiner Schule ja auch und die laufen ohne Ermäßigung/Aufstiegsstelle völlig nebenher ohne dass es da Qualitäts-, Personal- oder Zeitprobleme gibt. ;) Das soll jetzt nicht heißen, dass es da nix zu tun gibt, sondern dass das keine übermäßige Mehrarbeit produziert, wenn man strukturiert und organisiert arbeitet.

  • Spätestens bei den beiden anderen Stufenkoordinatoren ist das Arbeitsaufwandargument aber quatsch. Diese Tätigkeiten gibt es an meiner Schule ja auch und die laufen ohne Ermäßigung/Aufstiegsstelle völlig nebenher ohne dass es da Qualitäts-, Personal- oder Zeitprobleme gibt. ;) Das soll jetzt nicht heißen, dass es da nix zu tun gibt, sondern dass das keine übermäßige Mehrarbeit produziert, wenn man strukturiert und organisiert arbeitet.

    Das so allgemeingültig zu sagen, halte ich für gewagt. Das hängt doch sehr davon ab, wie die Arbeit an der Schule aufgeteilt ist, wie groß die Schulen sind usw. usf. (was unsere Koordinatoren machen ist definitiv nicht wenig - und ich denke, es ist durchaus von Schule zu Schule anders organisiert, welche Aufgaben in welchen Aufgabenbereich fallen - Tag der Offenen Tür, diverse Infoabende für Eltern, die überlegen, ihre Kinder bei uns anzumelden, fallen bei uns z.B. auch in den Bereich des Oberstufenkoordinators, um nur eine Aufgabe zu nennen. Das dürfte an anderen Schulen wieder anders aussehen).

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Danke für den Beitrag.
    Ist auch schön, wenn jemand nicht (nur) schreibt, weil er ein konkretes Anliegen hat (ich nehme mich da nicht aus), sondern (auch) um so eine Erfahrung zu teilen. Solche Entscheidungen liegen schließlich bei vielen an, ob in dieser Größenordnung oder eine Nummer kleiner.

  • ...danke für alle vorigen Beiträge:-) Sie beinhalten viel von dem, was mir seit einigen Monaten durch den Kopf geht. Trotzdem schlägt das Pendel gerade in die andere Richtung aus: Ich arbeite seit einigen Monaten kommissarisch in der Oberstufenleitung (zum Glück in einem tollen Team) und habe gerade meine Bewerbung abgegeben. Unsere drei Kinder sind zwischen 10 und 13. Werde gerne berichten, wie die Geschichte weitergeht.
    LG
    t.-t

  • A14 oder A15? Hatte vor ein paar Jahren die Möglichkeit und habe nach (kurzem) Überlegen abgesagt.
    A13 reicht mir, bin um 13 Uhr aus der Schule raus und habe den ganzen Nachmittag Zeit, mich mit meinen Kindern und Hobbys zu beschäftigen. Für 200€ mehr jeden Tag länger in der Schule bleiben und kürzere Ferien? Sorry definitiv nicht.
    Mir macht mein Job Spaß, ABER Aufwand und Relation müssen in einem gesunden Verhältnis stehen. für 1000€ mehr im Monat könnte man daran denken, sonst sicher nicht. Wenn es mir nur ums Geld ginge, hätte ich ja auch etwas "richtiges" studieren können.


    Zeit ist mir wichtiger als Geld. Schule ist mein Job, aber sicher nicht mein Lebensinhalt.

  • Ein spannender Ausgangspost, danke dafür!


    Tatsächlich hätte mich der Posten des Oberstufenkoordinators auch gereizt, doch nachdem ich unserem an der Schule mal eine Weile über die Schulter geschaut habe, nehme ich zur Zeit wieder Abstand davon. Er macht einen tollen Job, nimmt den sehr ernst und steckt viel Herzblut rein - sehr zu unserem Vorteil. Seine Familie hat sich damit arrangiert, doch das Arbeitspensum empfinde ich persönlich als enorm und das schreckt mich ab. Ich möchte so gerne leben und das nicht erst nach meiner Pensionierung.


    Ein wenig liebäugle ich mit der Übernahme einer Fachleitung, doch auch hier stellen sich Fragen. Ich empfand die A14-Bewerbung schon als eher stressig; ob ich mir dann eine A15-Bewerbung antun möchte?


    Jedenfalls ist es sehr interessant die verschiedenen Meinungen darüber zu lesen, übrigens auch über die Ländergrenze hinaus. Es ist ja doch in jedem Bundesland irgendwie anders.

    I wonder which mistake I'm going to try to learn from today.

  • Eine bewusste Entscheidung, die du da getroffen hast. Aber wenn ich das so lese glaube ich schon, dass du - wenn die Zeit gekommen ist - dir doch noch mal ein bisschen mehr Arbeit aufhalsen wirst ;)
    Wenn wir uns nicht noch für ein zweites Kind entschieden hätten, wäre ich sicherlich viel früher in die Schulleitung gegangen. So aber hatte ich mich damals zunächst auch erst dagegen entschieden, dann das Ganze etwas relativiert und irgendwann einfach um 6 Jahre verschoben….
    Irgendwie kann man dann doch nicht aus seiner Haut.


    Das mit den GS-Ehefrauen finde ich auch interessant. Allerdings muss man dazu sagen: Ganz viele Frauen, ob GS oder nicht, arbeiten einfach in Teilzeit. Und Teilzeit an der GS ist einfach aufgrund der Korrekturen nicht so arbeitsintensiv als Teilzeit in der Sekundarstufe. Würde ich jetzt mal behaupten.
    Ich kann da nicht mitreden. Ich arbeite schon immer 28 Stunden und mein Umfeld vermutet bei mir eine ausgeprägte Hyperaktivität ;) . Dir jedenfalls alles Gute. Genieß erst mal die Zeit mit euren Zwergen und deiner Frau. Es kommt die Zeit…… da kommst du vielleicht doch noch mal auf Gedanken ;) wer weiß?


    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

    • Offizieller Beitrag

    Bei mir an der Schule werden bzw. sind in den nächsten drei bis fünf Jahren alle A15-Stellen mit Personen um die 40 besetzt, so dass an meiner Schule die Sache karrieretechnisch ohnehin erledigt wäre.
    Ein ganz entscheidender Faktor in meinem Fall ist aber noch der Wohlfühlfaktor meiner Schule. Falls ich eines Tages doch noch "Karriere" machen will, müsste ich aller Voraussicht nach die Schule wechseln. Und ich weiß nicht, ob ich dazu bereit wäre. Das wäre auch in fünf Jahren - zumindest aus meiner aktuellen Perspektive - ein weiterer Preis neben der Familie, den ich nicht bereit wäre zu bezahlen.
    Als externer A15er ist man an einer anderen Schule "Eindringling" und hat womöglich noch dem Hauskandidaten die Stelle "weggenommen" - so etwas ist als Start an einer neuen Schule alles andere als angenehm. An meiner Schule gibt es keine "Lager", gibt es keine offen ausgetragenen Grabenkämpfe. Man hilft sich, tauscht sich aus und gönnt dem anderen die Butter (bzw. die Beförderung) auf dem Brot. Ich kann neben dem Unterricht genau die Arbeit machen, die ich möchte (Stufenberatung, Chor, Lehrerband u.a.) - und das mit tollen Kollegen. Das würde ich ungerne aufgeben müssen.


    Auf eine Sache kann ich mich jedoch immer verlassen: Ich habe in meinem Leben selten etwas auf direktem Wege erreicht und bin fast immer erst mit einem Schlenker nach links oder rechts letztlich doch ans Ziel gekommen.
    Das wird im Falle einer eventuellen weiteren Beförderung nicht anders sein.


    Dann muss man auch noch sehen, dass ich "erst" seit 11 Jahren nach dem Ref. im Dienst bin. Wenn ich jetzt bereits A15er wäre, dann wäre ich faktisch am Ende der Fahnenstange angekommen und würde die nächsten 25(!) Jahre dann den entsprechenden Koordinatorenjob machen. Vielleicht sollte man sich diese Zeit ganz bewusst auch anders einteilen und das nächste "berufliche Highlight" in fünf bis zehn Jahren angehen.

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