Darstellungsleistung bei wenig Text bewerten

  • Hallo, liebes Forum!


    Ich komme so eben aus einer ganz bestrickenden Fachteamsitzung Deutsch zur Punktvergabe in Klausuren und Klassenarbeiten.
    Dabei warf sich folgende Frage auf, die mir hier hoffentlich jemand beantworten kann:


    Wie darf/kann/soll man bei der Darstellungsleistung bei unzureichendem Textumfang verfahren?


    - Halte ich mich an die Vorgabe, heißt das ja: auch wenn ein Schüler nur einen Satz schreibt, den aber grammatikalisch und orthographisch korrekt, muss ich in diesen Bereichen die volle Punktzahl geben. Damit würde ein solcher Schüler trotz inhaltlich ungenügender/mangelhafter Leistung eventuell doch noch auf ein mangelhaft oder (je nach Gewichtung) sogar eine ausreichende Leistung kommen.
    Frei nach dem Motto: wer nichts schreibt, schreibt auch nichts falsch.


    - darf man bei unzureichendem Textumfang trotzdem auch diesen anderen Bereichen der Darstellungsleistung Punkte abziehen? (nach meinem Verständnis nicht, aber einige Kollegen sehen das wohl anders..?!)


    Diese Frage bezieht sich vor allem auf die Sek I, da in den unteren Klassenstufen die Textstrukturierung/gedankliche Stringenz/Zeichensetzung etc. ja in diesen Stufen noch nicht so deutlich bepunktet wird und das Gros der Punkte für Rechtschreibung und Grammatik vergeben werden.

    • Offizieller Beitrag

    Ich mache es in Englisch so, dass ein zu kurzer Text prozentual weniger Gesamtpunkte bekommen kann. Also z.B.: Vorgabe ist 250 Wörter, zu erreichen sind 20 Punkte. Schreibt ein Schüler dann nur 200 Punkte, kann er nur noch 16 Punkte erreichen. Für mehr gibt es allerdings keinen Bonus. Bei Deutsch ist das aber vermutlich nicht so zu machen.

  • ...bei unzureichendem Textumfang...

    Was bedeutet "unzureichender Textumfang"? Gibt es eine Vorgabe, die den Schülern auch bekannt ist?


    Ansonsten finde ich es nicht schlecht, wenn Schüler auf den Punkt kommen und sich kurzfassen.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

    • Offizieller Beitrag

    Man kann durchaus bei beispielsweise nur einem Satz statt einem ganzen Aufsatz (auch wenn ich diese Extreme eigentlich nicht als Argument heranziehen mag) im darstellenden Bereich massig Punkte abziehen, weil der Schüler ja nicht in vollem Umfang zeigen konnte, wozu er in der Lage ist. Bei Satzbau, Wortschatz, Struktur etc. könnte man problemlos Punkte abziehen. Im Bereich Inhalt fehlen dann ja sowieso schon massig Punkte, so dass das Ganze eigentlich nicht mehr im ausreichenden Bereich zu finden sein dürfte.


    Es gibt allerdings nur sehr wenige Schüler, die das so berechnend angehen und dieses Risiko eines Totalausfalls bewusst in Kauf nehmen.

    • Offizieller Beitrag

    Geht das nicht schon deswegen nicht, weil die Anforderungen an die Operatoren nicht erfüllt wurden? Die haben ja auch eine sprachliche Komponente. Wenn der Operator also "analysieren Sie" ist, muss schüler eben auch die Fachtermini und Konnektoren, das sprachliche Register und die Paraphrasierungen, die sprachliche Struktur, den sprachlogischen Aufbau usw. ausgestalten, die für diesen Operator gelten - und ob er/sie das anwenden konnte, lässt sich an einem Satz ja gar nicht überprüfen.

  • Im diskutierten Fall ging es um Inhaltsangaben in der Klasse 7.
    Inhalt 70%, Darstellung 35% davon 5 Orthographie, 5 Grammatik, 3 Syntax, 3 Zeichensetzung, 2 Wortschatz.


    Schüler schreibt einen Einleitungssatz mit Titel, Autor usw. und noch zwei weitere kurze Sätze zum Inhalt. (Vorlage war ein Romanauszug, etwa 1 Din A4 Seite).


    Die Punkte für Darstellung + Einleitungssatz (Thema, Autor etc richtig) würden 23 Punkte ergeben und damit eine knappe 4-.


    Der Schüler hat faktisch aber überhaupt keine Inhaltsangabe geschrieben, müsste also eigentlich ein "mangelhaft" bekommen.


    Nun schieden sich die Geister...Ich glaube nicht, dass es zulässig ist, Z.B. bei Orthographie oder Syntax Punkte abzuziehen, wenn nachweislich keine orthographischen oder syntaktischen Fehler vorhanden sind.

  • Ich bin fachfremd, aber mal ein Beispiel aus der Mathematik: Es gibt die Möglichkeit in der Sek I bis zu 10% der Punkte für Form und Ordnung zu vergeben. Wenn ein Schüler nun 2 von 4 Aufgaben nicht bearbeitet hat, dafür aber die anderen beiden Aufgaben sehr ordentlich und formell richtig aufgeschrieben sind, bekommt er trotzdem nur 50% der möglichen Punkte bei Form und Ordnung. Die anderen Aufgaben sind ja nicht erledigt und damit selbstverständlich auch nicht formell richtig und ordentlich aufgeschrieben.


    Analog gälte doch in Deutsch: Wenn nur der halbe Inhalt wiedergegeben wird, kann es auch nur die Hälfte der Darstellungspunkte geben.
    Für das Abitur hätte deine Sichtweise allerdings politisch sicherlich gewollte Konsequenzen. Ein Schüler der nur seinen Namen und einen einfachen Satz zum Text korrekt auf ein Blatt schreibt, könnte dann ja kaum mehr eine 5 bekommen, weil er alle Darstellungspunkte bekommen "müsste". ;)

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    • Offizieller Beitrag

    In der Oberstufe wird bei gänzlich ausgelassenen Aufgaben anteilig im Darstellungsbereich gekürzt. Bei unzureichend bearbeiteten Aufgaben gibt es ja wie gehabt inhaltlich deftige Abzüge und in geringerem Maße auch im darstellenden Bereich. In Geschichte (I 80, D 20) fliegt man mit zu kurzen Ausführungen in der Regel derbe auf die Nase. In Englisch ist das (politisch gewollt) anders. Hier bekommen die Schüler für jeden Satz, den sie halbwegs geradeaus schreiben, so viele Punkte aufgrund der vielen Einzelkriterien, dass ein "mangelhaft" schon eine Kunst ist.

  • nein, eine konkrete Vorgabe gab es nicht, das ist auch nicht sinnvoll, weil es ja darauf ankommt, wie gut ein Schüler z.B. paraphrasieren kann.
    Wesentliche Handlungsschritte fehlten aber.


    Das machte es in diesem Beispiel aber auch schwierig, prozentual für "nicht erledigte" Aufgaben Punkte abzuziehen.


    Ich habe in solchen Fällen nur ein paar spezielle Eltern im Kopf und frage mich, ob das dann überhaupt zulässig ist.
    Ich konnte darüber keine Klausel, wie z.B. bei Verstößen gegen die sprachliche Richtigkeit, finden, die einen solchen Punktabzug rechtfertigen würde.
    Als Operator steht im Erwartungshorizont lediglich...Du befolgst die bekannten Regeln zur Rechtschreibung.

  • Du befolgst die bekannten Regeln zur Rechtschreibung.

    Nun, das ist mit einem richtig geschriebenen Wort zu erledigen.


    ...liegt dann aber wohl an einem schlecht formulierten Operator....

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    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Welche Formulierung ginge denn?
    Das müsste ja heißen, dass Textumfang UND Rechtschreibung in einem Punkt auftauchen müssten.
    Also etwas wie: "Du beachtest innerhalb eines angemessenen Textumfangs die... Rechtschreibung."
    Das ist aber meines Wissens nach auch in den ZPs anders formuliert.

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