Wie am besten das Graecum nachholen?

  • Hallo,


    ich interessiere mich dafür Latein auf Lehramt zu studieren. Folgende Probleme habe ich bei meiner Entscheidung:


    1. Das Latinum ist bei mir schon einige Jahre her und müsste wahrscheinlich einiges nachholen bzw. auffrischen.


    2. Das Graecum muss ich auch noch machen, was mir eigentlich mehr Sorgen macht.


    Wie sollte man in meinem Fall am besten vorgehen, um das Graecum nachzuholen? Sollte ich z.B. das Graecum nachholen BEVOR ich meine Lateinkenntnisse auffrische?


    Ist es evtl. das Graecum ohne Kurs zu machen, also nur die Prüfung absolviert und sich den Stoff selbst beibringt? Hätte nämlich bis Studienbeginn einige Monate bis ein Jahr Zeit und würde das ganze gerne in dieser Zeit erledigt haben, wenn es möglich ist.


    Ist denn die Vorgehensweise beim Lernen diesselbe wie beim Latinum?


    Wir habt ihr das ganze gemeistert und welche Tipps könnt ihr mir geben? Hat jemand evtl. gute Literatur fürs Selbsstudium?


    Danke im Voraus.


    MfG

    • Offizieller Beitrag

    ich habe das Graecum auf dem üblichen Weg nachgeholt, nämlich über Kurse an der Uni, die für Latinisten und Theologen angeboten werden.
    Könntest du dich irgendwo einschreiben und diese Veranstaltungen besuchen?


    Wie bei den Latinumskursen auch ist das Tempo in diesen Kursen schon recht heftig, für mich bedeutete das 3 Semester Knüppelei. Aber das machen recht viele Lateinstudenten, und es ist machbar. Ein zweites Fach hast du schon mit Sport? Dann bist du in der Hinsicht ja bereits entlastet ;)


    Im Alleingang ist das sicher auch möglich, manches kennst du vom Lateinunterricht, besonders die Systematik ist schon sehr ähnlich.
    Die griechischen Verbformen allerdings sind der Hammer, da kommt so schnell nichts mit. dafür alllerdings erinner ich mich an "den" Traut, Lexikon der griechischen Verbformen. Den zumindest könnte ich dir empfehlen, falls den überhaupt noch gibt ;)

  • Das Problem bei mir im Moment ist, dass ich vor kurzem mein Sportstudium beendet habe und nun aufs Lehramt wechseln möchte bzw. es sehr stark in Erwägung ziehe. Die Uni muss ich deswegen auch wechseln und kann mich nicht so einfach irgendwo einschreiben. Was ich mir überlegt habe ist, ob ich nicht einfach als Zuschauer/Gast an einer anderen (deutlichen näheren Uni) passiv mitmachen kann, wenn es möglich ist.


    Deshalb habe ich gefragt, ob man die Prüfung auf eigener Faust machen kann ohne irgendeinen Kurs. Stimmt es, dass man ein Student oder Schüler sein muss, um für die Prüfung zugelassen zu werden? So habe ich es hier verstanden. Dann könnte ich ja theoretisch bis Studienbeginn das Graecum durchgehen und die Prüfung so früh wie möglich absolvieren. Möchte eigentlich vermeiden, dass mich das Graecum beim Lateinstudium stört.


    Benötigt man denn fürs Graecum ganze 3 Semester, wenn man ein "ablenkendes" Zweitfach hat? Wäre es realistisch das ganze in weniger als 12 Monaten zu schaffen, wenn man sich ganz darauf konzentrieren kann und wirklich nur Altgriechisch lernt? Oder ist es wirklich so krass? Die Prüfung ist bestimmt diesselbe wie beim Latinum nur halt auf Altgriechisch oder? Meine Prüfung war damals auch eine NRW Erweiterungsprüfung und habe das ganze eigentlich ohne größeren Schwierigkeiten geschafft. Oder sind die Latinum/Graecum Prüfungen an Unis anders?

    • Offizieller Beitrag

    die Latinums- und Graecumsprüfungen sind Ergänzungsprüfungen, die das Abitur vervollständigen (wenn man so will). Es sind staatliche Prüfungen, die auch von einem Staatsbeamten abgenommen werden. Ihre Anforderungen sind dieselben wie bei einem Abiturienten. (akknst du nachlesen: Latinum: in der Regel ein anspruchsvoller philosophischer Cicerotext/ Senecatext, Graecum Platon -- beim Graecum ohne Gewähr, sicher auch je nach BL etwas unterschiedlich).
    Wenn du viel Zeit hast, warum nicht?
    Die drei Semester, die ich erwähnte, waren ja mit zwei weiteren Fächern gespickt voll, und besonders die Sprachübungen in Latein nahmen schon einiges an Zeit in Anspruch. Das alles läuft ja meist parallel, aber wenn du so viel Zeit hast, warum nicht?
    Schaden kann es ganz sicher nicht , schon möglichst viel Arbeit zu erledigen, wenn man die Zeit dazu hat.
    Eine Zulassungsprüfung vor dem Latinum oder Graecum wäre mir nicht bekannt ;)
    An der Uni kostete die Ergänzungsprüfung übrigens Geld, ist das heute noch so?

  • Mit Zulassung zur Prüfung meinte ich eigentlich, dass man ein Student/Schüler sein muss um sich dafür überhaupt anmelden zu können. So habe ich es verstanden, da auf der NRW Seite nur davon die Rede ist. Sorry, falls ich mich etwas undeutlich ausgedrückt habe.


    Ob die Ergänzungsprüfungen was kosten weiß ich nicht und habe jetzt nirgends etwas darüber gefunden. In der Oberstufe hat es jedenfalls nichts gekostet soweit ich mich erinnern kann.


    Kann man denn Lateinkenntnisse nutzen, um mit Altgriechisch zurecht zu kommen? Wie z.B. Übersetzungstechniken? Bringt das Graecum später überhaupt etwas für Latein?


    Was ist denn der Hauptunterschied und Schwierigkeit bei Altgriechisch im Vergleich zu Latein? Gibt es im Gegenzug Dinge die im Altgriechischen einfacher sind?

    • Offizieller Beitrag

    Altgriechisch ist ja sehr eng mit Latein verwandt, viele römische Autoren greifen darauf zurück, besonders im philsophischen Bereich.


    Ob die deine Altgriechisch-Kenntnisse wirklich in der lateinischen Sprachpraxis etwas bringen? Direktement eher nicht. Aber die Frage ist total müßig, das Graecum ist nun mal vorgeschrieben. Wie ja das Latinum für viele geisteswissenschaftlichen Studienfächer auch ;)
    Griechische Lektüre war bei uns (Hessen) auch nach dem Graecum Pflicht, ein Kurs Prosa, einer Poesie.


    Das Altgriechische hat noch mal den Aorist als eine Zeitform, die es im Lateinischen nicht gibt, statt des abl.abs gibt es den gen.abs., die Deklinationsschemata sind sich sehr ähnlich. Es gibt viele Parallelen. Was im Altgriechischen einfacher wäre, habe ich nicht mehr auf dem Schirm. Ich erinnere mich an nichts :pfeif:


    Aber Latein ist ja nun sooo schwierig nicht, dass man unbedingt was Leichteres braucht ;)

  • Gerade, wenn ein wenig Zeitdruck herrscht, würde ich davon abraten, es auf eigene Faust zu versuchen. Die gängigen Lehrbücher (Kantharos, Hellas, Kairos, Xenia) sind nicht für eine autodidaktische Bearbeitung ausgelegt und auch eher weniger dafür geeignet. Am ehesten geht es wohl mit Hellas, da die Begleitgrammatik sehr umfangreich und für Lateiner auch einigermaßen verständlich ist.
    Es gibt in den meisten Universitätsstädten Anbieter von kostenpflichtigen Graecumscrashkursen, die in kurzer Zeit (meist den Semesterferien oder etwas mehr) den Stoff so "durchprügeln", dass wirklich keine Zeit mehr für Nebenbeschäftigungen bleibt, evtl. wäre so ein Kurs etwas für dich, wenn dir der normale Weg (2-3 Semester Unikurs) zu lange dauert. Da beim Griechischlernen v.a. in der Grammatik immer wieder kleinere und größere Verständnisprobleme auftauchen, ist es auf jeden Fall anzuraten, einen Ansprechpartner zu haben, der sich auskennt und weiß, was wirklich wichtig ist.


    Meine persönliche Erfahrung: Ich habe - wie die meisten Lateinstudenten, die das Graecum nicht aus der Schule mitbringen - die Unikurse neben dem normalen Studium belegt und dann irgendwann im zweiten Semester gemerkt, dass das nicht der richtige Weg ist, weil hier trotz des schon angezogenen Tempos irgendwie der Zug fehlte, ist wahrscheinlich auch eine Typfrage, wie diszipliniert man dranbleibt. Habe dann so einen Crashkurs belegt, mich da wirklich durchgequält bzw. quälen lassen, mehrere Wochen lang täglich ca. 10 Stunden für Sitzung, Nach- und Vorbereitung investiert und es im Endeffekt locker durch die Prüfungen geschafft.
    Mittlerweile sitze ich, nachdem ich hinterher dann tatsächlich auch noch Griechisch studiert habe (Man sieht: Das Griechische kann so schlimm nicht sein!), bei den staatlichen Prüfungen häufiger als Prüfer auf der anderen Seite, korrigiere Graecumsklausuren und nehme die mündlichen Prüfungen ab, und sehe leider viele Studenten, die teilweise kläglich scheitern, weil sie m.E. das Ganze zu sehr auf die leichte Schulter nehmen. Den meisten fehlt zwar nicht das grammatische Grundwissen, das klappt meistens recht gut, aber definitiv die Lektüreerfahrung und der Durchblick bei den zu übersetzenden Texten. Ein Problem der Crashkurse ist häufig, dass die Zeit für die Lektüre der Platon-Texte recht kurz ist, und man dann nicht genug Zeit hat, den anfänglichen "Lektüreschock" (die Lateiner kennen den aus der Schule, wenn von der Lehrbuchphase plötzlich auf Originaltexte umgeschwenkt wird) zu verdauen. Da v.a. in der schriftlichen Prüfung die Texte durchaus anspruchsvoll sein können (und ich würde sagen: deutlich anspruchsvoller als die entsprechenden Latinumstexte), sind neben den grammatischen dann auch Probleme mit dem Verständnis vorprogrammiert. Viele scheitern dann schon in der schriftlichen Prüfung und werden gar nicht erst für die mündliche zugelassen, andere bringen aus der schriftlichen Prüfung Noten mit dem 5 vor dem Komma mit und schaffen es dann, auch wenn alle Prüfungen, bei denen ich dabei war, sehr fair waren, einfach nicht, die erforderliche Note zum Bestehen zu erreichen.
    Soll heißen: Finde den für dich persönlich richtigen Weg, nimm dir aber unbedingt Zeit; ob es auf dem ganz schnellen Weg funktioniert, hängt stark von den persönlichen Umständen (Arbeitsweise, Begabung ...) ab. Wichtig: erst zur Prüfung anmelden, wenn du dir ganz sicher bist, dass du auch bestehst. Viele Übungstexte, evtl. auch einfach ein, zwei Dialoge komplett lesen und übersetzen (Standard: Apologie, Kriton, Phaidon). In BW ist es m.W. tatsächlich so, dass man an einer Universität eingeschrieben sein muss, man hat einen Freiversuch, der zweite muss sitzen, lieber gleich den ersten bestehen.


    Allgemein: Wie Friesin schon schrieb, ist, wenn man es mal ganz platt formulieren will, die klassische lateinische Literatur ein Echo auf die griechischen Vorläufer, zu fast jedem lateinischen Autor bzw. Werk lassen sich griechische Vorbilder finden, die lateinischen Autoren gehen sehr virtuos mit den Vorlagen um, ein tiefes Verständnis der lateinischen Kultur ist ohne fundierte Kenntnisse auch in der griechischen kaum möglich. Das Graecum soll den Lateinern die Möglichkeit geben, auch sprachlich in die griechische Welt einzutauchen, es reicht aber nicht aus, um das dann tatsächlich auch zu tun, da man ja eben "nur" Prosatexte in der Sprache des klassischen Athens lesen kann. Bei vertiefter Beschäftigung mit dem griechischen Epos, der Tragödie, der Geschichtsschreibung etc. treten dann noch ganz andere sprachliche Eigenheiten auf.


    Insgesamt ist das Griechische, wie schon angesprochen wurde, von seinem Formenreichtum deutlich komplizierter als das Lateinische, v.a. bei den Verben, wo das lateinische 3 Partizipien kennt, sind es im Griechischen 10, neben dem Aorist, gibt es tempusübergreifend neben Aktiv und Passiv auch noch das Medium, neben Indikativ und Konjunktiv den Optativ, bei den Substantiven den Dual, mehr Typen von Adjektiven und Verben, die Lautlehre spielt eine viel größere Rolle etc. pp. Auf einem guten Lateinfundament (Und auch ohne! Ich habe mittlerweile ungefähr gleich viele Schüler mit und ohne Lateinkenntnissen, die ähnlich erfolgreich sind) ist das aber machbar, der Zugang ist sehr entscheidend und das Dranbleiben. Gute Nachrichten: Der Ablativ entfällt und insbesondere sorgt der im Lateinischen fehlende, aber im Griechischen vorhandene Artikel dafür, dass Zusammengehöriges leichter erkennbar ist und die Übersetzung vielen Schülern grundsätzlich leichter fällt als im Lateinischen.

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