Es begann als normale Unterrichtsstunde und endete vor Gericht

  • Dieses "bleiben bis die Arbeit fertig ist" haben wir letztes Jahr sogar von unserer Seminarlehrerin als Erziehungsmaßnahme empfohlen bekommen. Allerdings bis max 5 Minuten und bei 14-16 Jährigen. Ich habe in den Artikeln nirgends gefunden wie lange der Lehrer einbehalten hat und wie alt die Schüler waren.


    Ich finde es erschreckend, wegen welchen Kleinigkeiten heutzutage die Gerichte bemüht werden. Wie wäre es stattdessen mit einem klärenden Gespräch mit den Betroffenen und der Schulleitung? Das würde doch reichen.

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

  • Über die konkrete Situation können wir hier wohl nicht urteilen, ich gehe einfach mal davon aus, dass niemand geboxt wurde.


    Gut finde ich, dass der Kollege sich Medien gegenüber nicht versteckt, sondern klare Worte findet. Die werden in Kommentaren hier http://www.zeit.de/gesellschaf…beraubung?page=4#comments übrigens auch gefunden. Natürlich u.a. mit dem üblichen Lehrerbashing, aber die Gegenseite, die die Rolle der Schüler hinterfragt, hat die Überhand.


    Interessant wäre es, zu wissen, wie die Sache ausgeht. Da wird sicher nicht so breit drüber berichtet, aber vielleicht ist hier jemand im Forum, der das berichten kann.

    • Offizieller Beitrag

    Und ursprünglich war ja nur ein Verhandlungstag angesetzt. Der Hauptbelastungszeuge war aber nicht da - laut Medienberichten war er trotz Vorladung in Urlaub. Soviel dazu.


    Laut Hoegg, dem bekannten Schuljuristen ist diese Maßnahme nicht rechtswidrig, wenn wir den angeblichen "Schlag" einmal außen vor lassen. Bei der RP und in anderen Foren scheint der Tenor zu diesem Fall jedoch eher pro-Lehrer zu sein. Ich hatte eigentlich auch das übliche Lehrerbashing erwartet, doch ist das tatsächlich weitgehend ausgeblieben. Die meisten Kommentare enthielten Kritik am Verhalten der gegenwärtigen Jugend sowie Bedauern für die Lehrerschaft, sich mit so etwas abgeben zu müssen.


    Da ich aber auch schon einen Unternehmer im Gespräch erlebt habe, der einen altgedienten Kollegen allen Ernstes fragte, ob er vom Artikel 1 des GG schon einmal gehört hätte, bin ich mittlerweile auf alles gefasst. Grund für die Frage nach der Unantastbarket der Würde des Menschen war die Information des Kollegen an den Schüler zum desolaten Leistungsstand in einem Kernfach.


    @Brick Am 24. August soll es weitergehen - es sei denn, der Hauptzeuge verlängert rechtswidrig seinen Urlaub...

  • Schwer zu beurteilen, wir waren ja nicht dabei.


    Aber:


    - Schüler anfassen sollte man - egal ob schubsen, boxen oder sonstwas - einfach bleiben lassen (gerade weil einem da schnell etwas angehängt werden kann und weil es - außer in absoluten Notfällen - nicht nötig ist)
    - Schüler nach Stundenende noch dabehalten geht bei uns nicht. Ist es Stundenwechsel, hat der Kollege der folgenden Unterrichtsstunde nur einen Teil der Klasse (ganz abgesehen davon, muss ich ja evtl. auch in eine andere Klasse). Ist es Schulende, verpassen Kinder evtl. ihren Bus - und das bedeutet je nach Busverbindung, dass sie erst Stunden später nach Hause kommen.
    - Ordnungs- und Erziehungsmaßnahmen sind im Gesetz klar geregelt. Ein "Ich behalte die Schüler so lange hier, bis sie fertig sind" gehört nicht dazu, Nacharbeit muss eine Woche vorher angekündigt werden.


    Mir ist durchaus klar, dass es manchmal pädagogischer, sinnvoller etc. wäre, andere Maßnahmen zu ergreifen, aber dann läuft man Gefahr, dass genau so etwas passiert. Darauf würde ich es nicht ankommen lassen. Als Lehrer muss ich so souverän sein und die Blätter rechtzeitig einsammeln. Wer es dann nicht sauber oder vollständig genug hat, wird nicht einfach dabehalten sondern bekommt einen Brief nach Hause mit der "Einladung" zur Nacharbeit in einer Woche (wir haben das am Freitag zentral für alle Klassen - das bedeutet, ein Lehrer muss seinen Nachmittag "opfern" und wenn jeder es einmal macht, kommt man im Schuljahr einmal dran - das lässt sich verschmerzen).


    Ich würde mir auch manchmal wünschen, wir hätten - neben der Mitverantwortung zur Erziehung (und der Verantwortung für die Bildung) - auch mehr Mittel, uns gegen bestimmtes Schülerverhalten zu wehren. Andererseits ... wenn sich manche Kolleginnen/Kollegen schon jetzt nicht an die Regeln halten (bzw. im Einzelfall - so hoffe ich - das Fingerspitzengefühl und Augenmaß missen lassen), was passiert dann, wenn man die Regeln aufweicht? Wird es besser, weil bestimmte Regelübertretungen nun keine mehr sind oder wird es schlimmer, weil jetzt die nun großzügigeren Regeln auch noch gedehnt werden?

  • Ein "Ich behalte die Schüler so lange hier, bis sie fertig sind" gehört nicht dazu

    Ich behalte Schüler nach dem Unterricht da, wenn die Klasse aussieht, als hätte ein Wirbelsturm durchgefegt, es macht irgendwie herzlich wenig Sinn, das eine Woche später aufräumen zu lassen und ich will nicht den zwei Schüler die Ordnungsdienst haben zumuten den Müll aller Mitschüler wegzuräumen. Das macht man aufgrund der Busproblematik zwei- bis dreimal und danach sieht die Klasse zumindest "akzeptabel" aus, wenn man in der letzten Stunde reinkommt. Das ist auch keine Nacharbeit unter Aufsicht, sondern schlicht "jeder räumt seinen Dreck weg" und damit eigentlich Erziehungsaufgabe des Elternhauses (und wie oben geschrieben, laut Hoegg völlig unproblematisch). Ich hatte noch nie Probleme mit Eltern deswegen, die finden das in den meisten Fällen eher gut und die anderen Fälle motzen zumindest nicht öffentlich. ;)

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

    • Offizieller Beitrag

    Ähnliche Situationen wie die von Valerianus geschilderte kenne ich natürlich auch. Kinder einbehalten ist bei uns wegen der hohen Zahl an Fahrschülern nicht spontan möglich.
    Entweder sie machen zu Beginn der letzten Stunde sauber und holen die versäumte Unterrichtszeit die Woche drauf nach Ankündigung an die Eltern wieder auf,
    oder ich schreibe ein Briefchen an die reinigungskräfte, dass sie den bestimmten raum bitte nciht säubern sollen, denn das holen dann die Schüler am nächsten Tag vor der ersten Stunde auf. Mail an den betroffenen Kollegen, dass der informiert ist, mail an die entsprechenden Eltern-- fertig.
    Ach ja: Ordnungsdienst kann dann auch mal ganz schnell an die Verursacher gehen. Hilft ziemlich!
    Nervig ist es trotzdem :daumenrunter:

  • So wie Friesin schildert, geht das auch schon in der Grundschule bei mir mitunter zu. Wobei ich das Problem in meiner Klasse besonders nach dem Kunstunterricht mit einer Fachlehrerin habe und da auch schon eine erzieherische Mitverantwortung bei der Kollegin sehe und einfordere!
    Sollte nicht jeder Kollege darauf achten, dass am Ende seines Unterrichts der Raum für den nachfolgenden Unterricht ordentlich hinterlassen ist?


    Aber gut, darum ging es im Thread ja ursprünglich nicht.

  • Obwohl sicher jeder die Situation mit schwierigen Klassen kennt und weiß, wie verzweifelt man sein kann, muss man eben für sich auch mit der Zeit lernen, rechtzeitig einzugreifen. So wie dieser Junge es äußerst unsympathisch rüberbringt: die ganze Klasse scheint zu machen, was sie will. Und das wahrscheinlich nicht erst seit gestern. Wenn man selber dann wütend wird, Kinder anfasst und sich selbst vor die Tür setzt, ist es schon zu spät. Und auch für Außenstehende grenzwertig.


    Möge der Lehrer natürlich trotzdem Recht bekommen, wegen des Präzedenzfalles. Dämlichen Kindern, deren arrogante Eltern dann auch noch ihre Sprösslinge in Schutz nehmen und natürlich auch nie versuchen, ein Gespräch zu führen, bevor sie ihre Anwälte konsultieren, darf man niemals Recht geben. Möge der Schulleiter hinter dem Kollegen stehen, den Eltern was husten und besagtem Lehrer nächstes Jahr andere Klassen zuteilen. Es lebe die Disziplin :aufgepasst:

  • Ich hoffe, dass der Richter wenigstens ein Ordnungsgeld, sowie die Gerichtskosten für diesen Tag wegen des geschwänzten Termins festgesetzt hat.
    Vielleicht erhält der Kollege als kleines "Schmerzensgeld" wenigstens das "Zeugengeld" aus der Tasche des Filius. :aufgepasst:


    Wenn's auch für sonst nix gut ist: Lernen kann man daraus allemal.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Ich hoffe, dass der Kollege gegen das Urteil in Berufung geht. Sowohl die vom Gericht monierte Kollektivstrafe (Wechsel der Unterrichtsmethode auf Abschreiben eines Textes), als auch die Freiheitsberaubung (obligatorische Abgabe des abgeschriebenen Textes nach Stundenende) stehen juristisch meiner Meinung nach auf ganz dünnem Eis und es wäre fatal so ein Urteil einfach stehenzulassen.


    Was mich an der Sache halbwegs erfreut ist, dass die Kommentare in den Tageszeitungen hier ganz entschieden in die Richtung "wer will bei so einem Urteil denn überhaupt noch Lehrer werden" oder "wie sollen Lehrer denn mit Schülern umgehen, wenn ihnen alle Disziplinierungsmöglichkeiten genommen werden" gehen... (z.B. WAZ)

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    Einmal editiert, zuletzt von Valerianus ()

  • die Freiheitsberaubung (obligatorische Abgabe des abgeschriebenen Textes nach Stundenende) stehen juristisch meiner Meinung nach auf ganz dünnem Eis

    Äußerst ungünstig, dass er sich vor die Tür gesetzt hat.

  • Tja. So ist unser Recht nun mal.


    Regelt man es halt über die Noten. Dann wird ein Jahr nachgesessen statt einer Stunde.
    Ob das besser ist...

    Times are changin'.... das Urteil stammt aus dem Jahr 1992.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Was immer noch zwei Instanzen über einem Amtsgericht ist, auf der Strukturebene. Wie gesagt, ich hoffe dass der Kollege in Berufung geht und das ganze weiter oben vernünftig klären lässt. Das Wesen der Schule beinhaltet natürlich Einschränkungen der persönlichen Freiheit, die in anderen Zusammenhängen unter strafbare Freiheitsberaubung oder Nötigung fallen, aber aus dem Grund haben wir die Schulpflicht.

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