Ist mit Sachunterricht auch der Einsatz in höheren Klassen möglich?

  • Hallo zusammen ;)


    Ich bin aktuell noch Studentin in einem ziemlich frühen Semester, doch beschäftigt mich schon seit längerem eine recht wichtige Frage:


    Meine Förderschwerpunkte sind Sehen und KME, meine Unterrichtsfächer Mathematik (für Sek 1, nicht mathematische Grundbildung für die Primarstufe) und Sachunterricht (wiederum ein Fächerverbund, den man nur aus der Primarstufe kennt).


    Ich habe in meinem letzten Praktikum bemerkt, dass mir besonders die Mittelstufe und die Abschlussklassen liegen, daher weniger der Bereich der Frühförderung und Primarstufe (es ist schon okay, aber doch nicht ganz so mein Ding).


    Nun erhoffe ich mir, dass mir jemand bei den folgenden zwei Fragen behilflich sein kann:


    1.) Ich hätte eigentlich gerne Mathematik und Biologie studiert, aber leider wird Biologie nicht an meiner Universität angeboten. Daher Sachunterricht als Kompromiss wegen der biologischen Inhalte. Chemie oder Physik traue ich mir nicht zu (die Chemie-Sek-1-Lehrämter werden bei uns z.B. einfach mit in die Chemie-Vorlesung der Maschinenbauer gesteckt, so einfach geht's... :autsch: )
    --> Werde ich später nichtsdestotrotz den naturwissenschaftlichen Unterricht in den höheren Klassen der Förderschule übernehmen dürfen? Oder hält man sich da überaus regide an die Fakultas? An der Uni Hannover gibt es bspw. überhaupt keine wählbaren Naturwissenschaften, sondern nur den Sachunterricht: http://www.lehrerbildung.uni-hannover.de/159.html


    2.) Mein Partner lebt in Bayern und ich plane nach dem Studium ebenfalls in den Süden zu ziehen, da mir die Gegend gefällt und er wegen seines technischen Studienberufs an die südliche Gegend gebunden ist. Eventuell würden wir auch zusammen nach Ba-Wü ziehen. Nun heißt es einerseits im bayrischen Infoheftchen: "Aber auch in der Fachrichtung Blinden- und Sehbehindertenpädagogik besteht erhöhter Bedarf.", was ja schon einmal ganz gut ist wenn man insgesamt in Betrachtung zieht, wie vielen Lehrern das Land Bayern zum Exil in andere Bundesländer rät. Andererseits sind die Fächerkombinationen in Bayern ganz anders. Erstens studieren die nur eine sonderpädagogische Fachrichtung und dafür drei Unterrichtsfächer und zweitens ist eine Mischung aus Mathematik (für Mittelstufen) und Sachunterricht wohl nicht möglich. Im Fall Ba-Wü ist Sachunterricht an der PH Ludwigsburg und PH Heidelberg auch nicht wählbar. Könnte das nachher zu großen Problemen in der Anerkennung führen? Ich würde das Ref in NRW machen, da mir keine Seminare für Blinden- und Sehbehindertenpädagogik in Bayern und Ba-Wü bekannt sind und ja seit neuestem dort wohl auch Schnitte für das Ref eingeführt werden sollen.


    Ich bedanke mich für jegliche Ratschläge :)

  • Viel kann ich dir nicht sagen.


    In Bayern findest du kein Seminar für den Förderschwerpunkt Sehen, da es diesen Studienschwerpunkt weder in München noch in Würzburg gibt (nur hier kannst du Sonderpädagogik studieren).
    Aktuell sind in Bayern die Wartelisten für alle Förderschwerpunkte komplett leer, d.h. alle Sonderpädagogen auf dem Markt sind eingestellt.


    Es ist gut möglich, dass du als Sonderpädagogin in einem anderen Förderschwerpunkt eingesetzt wirst und dann eine Klassenstufe zwischen der ersten Klasse bis zur Berufsschulstufe unterrichtest.
    Da du aber einen Förderschwerpunkt studierst, der hier nicht ausgebildet wird, denke ich, dass du viele Pluspunkte bei der Anerkennung hast (evtl. ist diese problemlos).


    Hier noch ein Zitat: "Aufgrund des besonderes Bedarfs in den Fachrichtungen Blinden- und Sehbehindertenpädagogik und des besonderen dienstlichen Interesses sind nach Art. 22 Abs. 5 Bayerisches Lehrerbildungsgesetz (BayLBG) Sondervorschriften für die Feststellung der Lehramtsbefähigung zulässig." Quelle: https://www.km.bayern.de/lehrer/stellen/foerderschule.html

  • Vielen Dank für deinen Beitrag Alhimari.


    Das Ref würde ich wie angedeutet auf jeden Fall noch in NRW absolvieren, da ich hier die sichere Garantie auf einen Platz im Seminar für den Förderschwerpunkt Sehen habe.


    Wie es in fünf, sechs Jahren aussehen wird weiß niemand, unsere Dozenten (oftmals für die Hochschullehre abgeordnete Förderschullehrer) und Profs meinen zumindest, dass es noch Schulen in den Förderschwerpunkten Sehen, KME, GE, Hören und für Mehrfachbehinderte geben wird, da vielen Eltern schon bewusst sein soll, dass die Regelschulen technisch und vom Personal her absolut nicht auf die Bedürfnisse ihrer Kinder eingestellt sind. Inwiefern das zutrifft....soweit ich das mitbekommen habe betrifft der Förderschulabbau hauptsächlich den FS Lernen und ESE. Aber ich kann mich natürlich auch gewaltig irren. Es wäre auf jeden Fall schon schön an einer Förderschule für den FS Sehen, KME oder GE zu landen.


    Das von dir aufgeführte Zitat hilft mir weiter, denn in diesem Fall scheint meine Kombination aus einem Fach für die Mittelstufe und einem Fach für die Primarstufe ja dieser Ausnahmereglung unterworfen zu sein aufgrund des "besonderen Bedarfs nach Blinden- und Sehbehindertenpädagogen". Ich traue es mir auch zu eine 8. Klasse an einer Förderschule in Biologie oder Physik zu unterrichten. Fraglich ist nur, ob ich das überhaupt formal mit dem Fach Sachunterricht dürfte, jetzt nicht nur auf Bayern bezogen, sondern auch allgemein auf NRW und andere Bundesländer, da es de facto ja kein Biologie oder Physik für die Sek 1 ist - aber andererseits reden wir hier auch von dem Niveau der Förderschule und nicht von dem der Real- oder Gesamtschule. Vielleicht treibt sich hier ja eine fertig ausgebildete Lehrerin herum, die Sachunterricht studiert hat und in unterschiedlichen Klassenstufen der Förderschule unterrichtet ;) ?

  • Hallo,


    ich kann dir nur sagen, dass die Unterrichtsfächer -sobald du im Schuldienst bist- keinen mehr interessieren. Ich habe schon fast alle Fächer unterrichtet. Selbst die Fachrichtungen interessieren ja keinen mehr.


    Wenn du als Sonderpädagoge in einer Regelschule im Rahmen des Gemeinsamen Lernens unterrichtest, kannst du in jedem Fall alle Fächer unterrichten, egal ob du ein Fach überhaupt studiert hast, mal abgesehen von Religion, Schwimmen und Technik.


    Studier die Fächer, die dir liegen und schließ mit einer möglichst guten Note ab, die ist bei Sonderpädagogik bei der Einstellung wichtiger als das Unterrichtsfach. Ich kenne keinen mit dem ich studiert habe, bei dem jemals das Unterrichtsfach besonders interessiert hätte.

  • Hallo Cat1970,


    vielen Dank für deine Rückmeldung. Irgendwie merkwürdig, dass man zig verschiedene Unterrichtsfächer und mehrere sonderpädagogische Fachrichtungen zur Auswahl bekommt, um dann im Endeffekt doch alles querbeet machen zu müssen. Ich habe mal kurzfristig mit ESE-Jugendlichen zu tun gehabt und das sprengt dann doch meine Toleranzgrenze. So wie manche Menschen sehbehinderte oder mehrfachbehinderte Kinder zu pflegeintensiv finden, so darf es doch auch mein gutes Recht sein mich für die pädagogische Arbeit im Bereich ESE unfähig zu fühlen und zu erklären? Ich habe bestimmte Fachrichtungen ganz bewusst nicht gewählt, wozu dann diese mehrjährigen Spezialisierungen im Studium? Ich gehe mit Rückenschmerzen doch auch nicht zum Zahnarzt, weil der theoretisch irgendetwas mit Medizin studiert hat und sich ja mal so ein bisschen in meinen Rücken reinfuchsen könnte :autsch: ? So wie ich das GL bisher mitbekommen habe scheint es absolut niemanden zufrieden zu stimmen, weder die I-Schüler und Schüler, noch die Regelschullehrer und die Sonderschullehrer, hoffentlich bleiben einige Sonderschulen auf Dauer erhalten.

  • Hallo Aenima,


    ich kann Dir jetzt nur berichten, wie es bei mir gelaufen ist.


    Ich habe in Bayern GE als Schwerpunkt studiert in Kombination mit dem Fächerkanon der Grundschule (Mathe, Deutsch, Sachunterricht und Kunst).


    Das Referendariat wurde dann zwar noch in der studierten Fachrichtung absolviert, aber die studierten Fächer spielten schon keine Rolle mehr. Einige von uns, die GS studiert hatten, kamen in die Mittelschul- oder auch Berufsschulstufe und umgekehrt. Unterrichtet hat man sowieso fast alle Fächer, unabhängig davon, welche man studiert hatte.


    Nach dem Referendariat wurden wir dann auf Schulen aller 7 Fachrichtungen verteilt, die meisten landeten in den sonderpädagischen Förderzentren (Verbundschulen mit den Förderschwerpunkten Sprache, Lernen, ESE). Wenige blieben in GE. Eine Freundin kam an ein Berufsbildungswerk, obwohl sie GE mit den Fächern der GS studiert hatte. Eine andere Kollegin kam an ein FöZ Sehen und musste sich die Brailleschrift erarbeiten....


    Ich selbst ging an eine FS mit dem Förderschwerpunkt kmE und habe es sehr gut getroffen. Ich war bislang in allen möglichen Klassenstufen eingesetzt und habe so ziemlich alles bis auf Religion unterrichtet. Unsere Schüler haben die Förderschwerpunkte kmE (lustigerweise nur ein kleiner Teil), GE, Lernen, Sprache, Sehen, Hören, ESE und Autismus. Oder vereinfacht gesagt: wir decken alle Förderschwerpunkte ab, das ist im Förderschwerpunkt kmE auch ziemlich üblich so.
    Mir macht das sehr viel Spaß, aber es muss einem auch liegen.


    Was oben schon geschrieben wurde, kann ich also nur bestätigen: weder die studierten Fachrichtungen noch die Fächer haben einen nennenswerten Einfluss darauf, an welcher Schule oder in welcher Stufe Du später mal eingesetzt werden wirst.
    Bei uns an der Schule ist es üblich, dass man Wünsche äußern kann, denen nach Möglichkeit entsprochen wird. Mir liegen zum Beispiel die Kleinen besser, daher bin ich nun seit einiger Zeit in der GS-Stufe eingesetzt.


    Mach Dir also keine Sorgen wegen Sachunterricht.
    Und mit FS Sehen solltest Du in Bayern sicher keine Probleme haben, da hier ein erheblicher Mangel herrscht, da eben der FS Sehen in Bay nicht ausgebildet wird.


    Alles Gute! :)

  • Hallo Roswitha111,


    das waren wirklich aufmunternde Worte, vielen Dank dafür. Vielleicht sehe ich es ja tatsächlich manchmal etwas zu schwarz und versteife mich zu sehr auf diese eine überaus unangenehme Erfahrung aus einer Gesamtschule mit den ESE-Jugendlichen. Dabei gibt es alternativ andere Schulen mit verschiedenen Förderschwerpunkten, an denen ich noch nach dem Ref unterkommen könnte, zumal ich wohl auch eine Mangelfachrichtung studiere. Und dass du mit dem Fächerkanon Grundschule die Mittelschul- und Berufsschulstufen unterrichten darfst freut mich zu hören, dann wird es wohl doch nicht so penibel in der Praxis unterteilt. Ich hatte da analog einfach die klassische Unterteilung zwischen Sek 1 und Sek 1/2 im Hinterkopf und dass Erstere nicht die Oberstufe unterrichten dürfen, aber das ist wohl nicht miteinander vergleichbar. Dann belasse ich einfach alles weiter beim Alten und blicke dem Job wieder etwas optimistischer entgegen ;)

  • Ich kenne mich in Bayern nicht aus, kann aber die o.a. Erfahrungen der KollegInnen unterschreiben. Es gibt immer KollegInnen, die lieber in der Unterstufe und welche, die lieber in der Oberstufe unterrichten. Obere Klassen zu unterrichten, sollte kein Problem sein.


    Unterrichtsfächer interessieren an der Förderschule niemanden, alle machen alles, wenn man Glück hat, kann man Wünsche beim Schulleiter angeben, die auch berücksichtigt werden. Auch hier natürliche Streuung: mancher macht lieber die Naturwissenschaften, andere lieber gesellschaftswissenschaftliche Fächer oder gar Kunst ;)


    Und da Seh- und Hörbehindertenpädagogik nur ganz wenige Unis anbieten, müsstest du damit gute Chancen an einer Sehbehindertenschule haben.
    Was inklusionsmäßig noch kommt, sei dahin gestellt, davon würde ich meine Studienplanung sicher nicht abhängig machen. Studier das, auf was du Lust hast, damit musst du nämlich die nächsten Jahre erstmal leben :)




    Ich habe bestimmte Fachrichtungen ganz bewusst nicht gewählt, wozu dann diese mehrjährigen Spezialisierungen im Studium? Ich gehe mit Rückenschmerzen doch auch nicht zum Zahnarzt, weil der theoretisch irgendetwas mit Medizin studiert hat und sich ja mal so ein bisschen in meinen Rücken reinfuchsen könnte :autsch: ?

    Jein. Wenn kein anderer Arzt da ist, lass ich mir im Notfall auch von einem Zahnarzt den Rücken untersuchen und erste Hilfe kann er auf jeden Fall leisten. Die Lehrerin, die am besten mit den Schülern der E-Schule klarkam, die ich kenne, war Berufsschullehrerin mit Erfahrung im Jugendstrafvollzug. Ob sie eine super Mathedidaktikerin ist, weiß ich nicht. Aber sie hatte das, was man natürliche Autorität nennt, bei gleichzeitiger, ich nenns mal, vollbusiger Mütterlichkeit- genau das, was diese haltlosen, halbstarken Typen brauchten. Und kein Studiengang hätte die Frau darauf vorbereiten können...

  • In Hamburg gilt es nicht. Die schmerzhafte Erfahrung musste ich machen. Ref ging dadurch nicht und bei den späteren Bewerbungen musste ich statt Sachunterricht immer "sonstiges Fach" angeben.

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