Flüchtlingskind: Zeugnis/Schuljahreswechsel

  • Hallo!
    Ich habe seit knapp 4 Monaten ein Flüchtlingskind in der Klasse.


    Die Deutsch-Kenntnisse werden langsam immer besser und das Kind kann sich mittlerweile ganz gut im gebrochenen Deutsch ausdrücken.


    Selbstverständlich kann er in Deutsch und Sachkunde noch nicht so viel mitmachen und hier existieren auch kaum Noten. In Mathe sieht da ganze etwas besser aus, solange keine Textaufgaben dabei sind...


    Nun bin ich zwei Dinge am überlegen:


    Wie schreibe ich das Zeugnis am besten? Ziffernzeugnis mit einer beiliegenden Verbalbeurteilung, in der erkärt wird, wie die Noten zustande kommen? Wie handhabt ihr das?


    Zum anderen wurde ich von Kollegen darauf aufmerksam gemacht, ob es nicht sinnvoll wäre, wenn mein Flüchtingskind die Klasse nochmals wiederholt im Sinne eines freiwilligen Wiederholens in Absprache mit den Eltern. Nun da die Deutsch-Kenntnisse etwas besser werden, könnte sich das Kind mehr auf die Inhalte der einzelnen Fächer konzentrieren und hier die verpassten Inhalte aufholen.


    Ich bin eigentlich eher dagegen die Eltern zum freilwilligen Zurücktreten zu überzeugen. Ich denke es ist besser, wenn das Kind in meiner Klasse bleibt und aufgrund pädagogischer Gründe mitgenommen wird in die nächste Klasse. Es nun aus der festen Klassenstruktur rauszunehmen und es wieder in eine neue Klasse zu stecken, halte ich nicht für besonders sinnvoll. Zumal das Kind erstaunlich schnell lernt und sehr motiviert ist. Ich befürchte diese Motivation würde ich damit zunichte machen, wenn das Kind die Klasse wiederholt.


    Wie ist das bei eich so?


    Ich würde mich freuen einfach mal verschiedene Erfahrungen zu diesem Thema zu hören. Selbstverständlich erwarte ich keine Tipps, was ich tun soll, ich weiß, dass niemand die Situation so wie ich beurteilen kann... Da ich aber nun etwas im Zwiespalt bin, würde ich mich einfach über Erfahrungen freuen, wer Ähnliches erlebt hat und wie sich dann entschieden wurde und welche Konsequenzen das Ganze hatte.


    Danke :)

  • Bundesland? Könnte bzgl. Vorgaben interessant sein... (in NDS zb gibt es zwei Jahre lang keine Pflicht zu Noten, SuS laufen einfach mit ihren Klassen mit).


    Meine Erfahrung aus der weiterführenden Schule: Wir haben hier Schüler, die in der Grundschule tatsächlich ein Jahr "wiederholt" haben, nachdem sie ohne Sprache nach D kamen. Das führt leider oftmals zu Problemen in Klasse 5 / 6 / 7. Die entsprechenden SuS sind dann nunmal ein Jahr älter. Sie sind nicht mit ihrem eigentlichen Jahrgang "weitergewachsen". Sie haben neue soziale Kontakte in der neuen Grundschulklasse (also in der Wiederholung) aufbauen müssen (was nicht immer klappt). Kurz danach müssen sie wieder neue Freundschaften aufbauen an der weiterführenden Schule. Nur sind sie mittlerweile (fast) in der Pubertät - während der Rest der Klasse da noch nicht angekommen ist. Insofern zeigen diese SuS ein Verhalten, das bei den Mitschülern nicht wirklich gut ankommt...
    Also: Ein klares Plädoyer gegen das Wiederholen nur aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse.

    • Offizieller Beitrag

    Bundesland wäre gut.


    In meinem Bundesland ist klar geregelt: In den ersten 2 Jahren nach Eintritt in die Schule kann die Benotung in Deutsch ausgesetzt werden, es sei denn, die Klassenkonferenz beschließt aus pädagogischen Gründen die Erteilung von Zensuren. Bei ausgesetzter Benotung sind die Kenntnisse verbal zu beschreiben.


    Wie wird das sonst an deiner Schule gehandhabt? Ist dein Schüler der erste und einzige Flüchtling?


    Zurücktreten: Bei mir stellte sich bisher die Frage so nicht, es ging immer um "Verweilen in der Schulanfangsphase" (=Beschluss der Klassenkonferenz). Die hat 3mal dafür und 2mal dagegen entschieden.
    Pro Verweilen sprachen zusätzliche Probleme: Besonders langsames Erlernen der Sprache, Probleme beim Lesen/Schreiben (auch in der Erstsprache) und beim Rechnen, sehr junges Alter bei der Einschulung.
    Kontra Verweilen sprachen: Kind erzählte immer, es sei 1 Jahr älter als im Pass stünde (und wirkte körperlich und von der Persönlichkeit her noch ein weiteres Jahr älter) - rückte auf trotz gravierender Probleme beim Erlernen des Lesens und Schreibens, aus sozialen und psychischen Gründen.
    Derzeit habe ich ein Flüchtlingskind, das seit 6 Monaten in D in der Schule ist: Lernt schnell und äußert sich ähnlich wie bei dir gebrochen Deutsch sprechend, versteht auch noch nicht alles. Wurde aber im Heimatland schon alphabetisiert (anderes Alphabet), ist fleißig, motiviert, integriert sich hervorragend in die Klasse, sehr guter Rechner, merkt sich Wortbilder auswendig und hat daher schon gute Rechtschreibleistungen. Lesen und Sprechen werden noch etwas Zeit brauchen. Für Sachunterricht werde ich mir was überlegen müssen.
    Zusätzlich habe ich vor Jahren mal ein Flüchtlingskind aus meiner ersten Klasse genommen und darauf bestanden, dass es in die 2. geht. Der konnte rechnen und schreiben und war 2 Jahre überaltert - was soll das dann, den in die 1. zu stecken? Das war auch gut so, der Junge machte später in der 5./6. genug Probleme, da er schon in der Pubertät war.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Vielen Dank auch für deinen Bericht :)


    Das Bundesland habe ich eben vergessen anzugeben: Es handelt sich um Rheinland-Pfalz und es ist das erste Flüchtlingskind bei uns in der Stufe (3. Klasse). Es gibt noch ein weiteres Flüchtlingskind in der ersten Klasse, dieses wird aber mitgenommen, da es in Deutschland ohnehin nun alles gemeinsam mit den anderen neu gelernt hat und somit ein freiwilliges Wiederholen keinen Sinn macht.

  • Wir benutzen für Deutsch die Niveaubeschreibungen des Förmig-Projekts in Kombination mit dem europäischen Referenzrahmen. Die Förmig-Niveaubeschreibungen finden sich zum Beispiel in der Handreichung aus Sachsen.
    Der europäische Referenzrahmen ist hier zu finden.
    In Englisch wird das analog gemacht.
    In Mathematik benutzen wir die Kompetenzbeschreibungen der Kernlehrpläne NRW.
    In den anderen Fächern gibt es Ziffern-Noten mit dem Hinweis, dass diese dem Niveau der jeweiligen Vorbereitungsklasse entsprechen.

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