Ungerechte Examensprüfung

  • Hallo zusammen,


    ich habe vor ein paar Tagen meine letzte Examensprüfung gehabt, eine mündliche Prüfung. Jetzt ist das bei uns an der Uni so, dass wir aus ca. 5 Dozenten einen Prüfer auswählen können, den wir gerne hätten. Im Normalfall bekommt man diesen dann eigentlich auch immer. Auch ich habe meinen Wunschprüfer bekommen - das Ganze hat man ca. 2 Monate vor der Prüfung erfahren. Dann habe ich einen Tag vor der eigentlichen Prüfung erfahren, dass mein Prüfer krank ist und ich einen neuen zugeteilt bekommen habe, weil der Termin ganz normal stattfindet. Ich wurde nicht gefragt, ob ich lieber meine Prüfung verschieben möchte, das wurde einfach so bestimmt. Außer mir hat das noch 5 weitere Prüflinge betroffen, die den selben Prüfer wie ich gewählt hatten.
    Ich persönlich finde das eigentlich ein Unding! Wie jeder andere stellt man sich ja in gewisser Weise beim Lernen auch auf seinen Prüfer ein - was hat er für Forschungsschwerpunkte, über was hat er Bücher geschrieben, bei welchen Themen liegen seine Interessen und Neigungen etc. Demnach liest man sich ja auch eventuell noch was an, worauf der Prüfer höchstwahrscheinlich Bezug nimmt. Das konnte ich nun selbstverständlich in der kurzen Zeit nicht mehr tun.
    Wie befürchtet stellte der neue Prüfer dann auch ganz andere Fragen, als ich bei meinem ursprünglichen Prüfer erwartet hätte. Der Schwerpunkt lag eindeutig bei dem, worüber er sich im Speziellen auskannte und womit er sich explizit in seiner Arbeit beschäftigt. Das Ganze hat sich dann leider auch auf meine Note ausgewirkt, mit der ich nun nicht gerade zufrieden bin.


    Nun stellt sich mir die Frage, ob es Sinn macht sich zu beschweren. Im Vergleich zu den anderen Studenten habe ich ja einen deutlichen Nachteil aus der Situation gezogen, das Ganze ist ja nicht gerade gerecht zugegangen. Kennt sich jemand damit aus oder hat selbst schon einmal sowas erlebt? Macht es Sinn sich zu beschweren? Und wenn ja, wo genau kann ich mich beschweren?


    Ich weiß, dass ich wahrscheinlich nicht damit rechnen kann die Prüfung zu wiederholen und eine Beschwerde wahrscheinlich eh nichts ändern wird, dennoch möchte ich das Ganze nicht einfach so hinnehmen! Ich würde mich daher sehr freuen, wenn ihr mir eure Einschätzung zu der Sache mitteilen könntet!


    Vielen Dank, Chrissy

  • Beschweren kannst du dich beim Prüfungsamt. Bringt nur nix. Wobei ich davon ausgehe, dass die sich an ihre Verfahrensvorschriften für kurzfristigen Prüfer-Ausfall gehalten haben. Wenn du hingegen das Prüfungsergebnis anfechten willst (noch dazu im Nachhinein), hast du bei mündl. Prüfungen generell schlechte Karten. Das nächstemal einfach direkt um ne Worst-Case Note bitten und die Wiederholung nicht mehr in den Sand setzen (aus welchen Gründen auch immer).

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Das ist uns vor langer Zeit auch beim 1. Examen passiert, Dozent 1 wechselte jeweils die Uni, der Nachfolger nahm die Prüfungen ab.
    Das Examen wurde sicher formal richtig abgenommen. Dir wurde ein Prüfer aus der Uni gestellt, er hat Themen aus der Prüfungsordnung abgefragt, damit hast du wenig Handhabe für einen Widerspruch. Hast du im Vorfeld Themenschwerpunkte eingereicht und in der Prüfung explizit darauf hingewiesen, dass du etwas anderes vorbereitet und vereinbart hast? Fragt sich, ob das so im Protokoll steht.
    Wenn es nur um einzelne Fragen geht, die dich verunsichert haben - Pech gehabt, mündliche Prüfungen sind nicht so berechenbar wie Klausuren, wo man mit seinen Gedanken und dem Thema ganz alleine ist.
    An vielen Unis werden Prüfer ausgelost - und dann gibt es oft den, der mit 1 und 2 großzügig ist und den anderen, wo man für eine 3 schon richtig gut sein muss.
    100% gleiche Bedingungen wird es nie geben - da muss man als Erwachsener einfach mal drüber stehen.


  • An vielen Unis werden Prüfer ausgelost - und dann gibt es oft den, der mit 1 und 2 großzügig ist und den anderen, wo man für eine 3 schon richtig gut sein muss.
    100% gleiche Bedingungen wird es nie geben - da muss man als Erwachsener einfach mal drüber stehen.

    So ist es überall im Leben. Nur nicht in der Schule, da gibt es einen mega shitstorm, wenn ein Kollege deutlich strenger bewertet. Da wird auch innerhalb von Fachschaften ein riesen Brimborium betrieben um die Maßstäbe anzugleichen. Das kostet viel Zeit.
    Geh mal an eine Uni und frage, wie sich die Dozenten in Fachsitzungen untereinander absprechen was gemeinsame Bewertungsmaßstäbe angeht. Die lachen dich aus, weil es so etwas schlicht nicht gibt.


  • Ich weiß, dass ich wahrscheinlich nicht damit rechnen kann die Prüfung zu wiederholen und eine Beschwerde wahrscheinlich eh nichts ändern wird, dennoch möchte ich das Ganze nicht einfach so hinnehmen!

    Warum? und wie? möchtest du trotzig auf den Boden aufstampfen?
    Natürlich ist es ärgerlich für dich und im Vergleich zu den Kollegen unfair. Aber selbstverständlich hast du keinen Anspruch auf irgendeinen Prüfer und selbstverständlich erwartet man in der Examensprüfung einer Universität, dass du die Themen alle beherrschst.
    Ich würde mich an deiner Stelle lieber mit dem Ärger abfinden, als Genugtuung in einer Aktion zu suchen, die dich wohl nur lächerlich machen würde.

  • Ich wundere mich - auch unsere Schüler werden mit wildfremden Prüfungsvorsitzenden konfrontiert, im Stex 2 sitzt auch immer eine Unbekannte, ebenso bei den mündlichen Examensprüfungen. Da kommen dann eben auch mal ungewöhnliche Nachfragen (Bei mir damals: "Ich habe mal eine Klausur gestellt mit der Aufgabe: "Schreiben Sie ein Frühlingsgedicht". Ein Schüler schrieb "Es grünt." Wie hätte ich das bewerten sollen?" - Da steckte ich in der Patsche.)
    Das ist normal.


    Wo ist dein Problem? Was willst du im Ref machen?

  • mein prüfer erlitt im ersten examen zwei tage vor der prüfung einen herzinfarkt, gottseidank ohne heftige spätfolgen. es prüfte natürlich jemand ganz anderes. so ist das im leben. du bist nicht der erste und auch nicht der letzte kandidat mit diesem problem. abhaken, weitermachen.

  • Erstmal vielen Dank für eure Antworten!
    Natürlich ist mir bewusst, dass sich da - mit Beschwerde oder ohne - sicherlich nichts mehr machen lässt. Dennoch finde ich es traurig, dass sich der Großteil anscheinend damit abgefunden hat, dass es keine gleichen Bewertungsmaßstäbe zu geben scheint und man Ungerechtigkeiten wohl nicht mehr ansprechen darf, ja sie gar wortlos hinnehmen soll. Und das bei einer Situation, die über den weiteren Werdegang eines Menschen entscheiden kann.
    Um eines nochmals zu betonen: Mir geht es an dieser Stelle keinesfalls darum mich zu beschweren, dass ich einen mir unbekannten Prüfer zugeteilt bekommen habe bzw. dass das frei zugeteilt wurde, nein, es geht darum, dass alle sich auf ihren Prüfer in gewisser Weise einstellen konnten und ich nicht. Das ist es, was ich nicht fair finde! Wären die Prüfer von vornherein gelost oder frei zugeteilt worden, wäre das vollkommen in Ordnung gewesen, dann hätten alle die gleichen Ausgangsvoraussetzungen. So aber finde ich es schade, dass einem kein Alternativtermin angeboten wurde. Der Prüfer ist ja nicht gestorben, sondern lediglich erkrankt... Selbstverständlich kann ein Prüfer bei Krankheit (in meinem Fall scheint es sich nur um eine einfache Grippe zu handeln) den Termin nicht halten, aber was spricht grundsätzlich dagegen einen neuen Termin festzusetzen? So können sich alle auf die neue Situation einstellen und mit einer oder zwei Wochen Aufschub können zum einen die meisten "einfachen" Krankheiten auskuriert werden bzw. der Student kann sich auf den neuen Prüfer einstellen. Dies wäre meines Erachtens für beide Seiten fair.
    Ich finde es sehr schade wie das Ganze gehandhabt wurde und bin fassungslos, in einer Gesellschaft zu leben, die sich nicht einmal mehr bemüht etwas an Missständen im System zu ändern.

  • Ich kann verstehen, dass Du es unfair findest ... aber das Ganze jetzt zum Anlass für eine grundsätzliche Gesellschaftskritik zu nehmen erscheint mir etwas übertrieben. Da bin ich aus ganz anderen Gründen bzgl. unserer Gesellschaft manchmal fassungslos.


    100% Fairness wird es niemals geben. Es gibt Profs, die großzügiger sind - wer denen zugelost wird oder einen solchen an der Uni hat, hat auch unfair viel Glück, oder? Im umgekehrten Fall dann Pech ...
    Profs haben Launen und "Lieblinge". Der erste Student geht ins Staatsexamen, bekommt eine bestimmte Frage und gibt die Antwort, die er und die nächsten Prüflinge gemeinsam gelernt haben. Der Prof ist völlig zufrieden damit. Der nächste geht rein, bekommt die Frage, gibt die Antwort und wird schon angemotzt, dass man das so einfach nicht sagen könne. Und der dritte geht in die Prüfung, gleiche Frage, gleiche Antwort und der Prof explodiert fast, dass das eine völlig unzureichende Antwort wäre ...
    Wie willst Du da Fairness herstellen?
    Wenn ich im Referendariat an eine Schule komme, an der der SL der Ansicht ist, dass es "sehr gute" Lehrproben nicht gibt hab ich wieder Pech gehabt. Und im umgekehrten Fall Glück.
    Ist es fair, wenn jemand, der verheiratet ist und dessen Frau ein Kind erwartet, einer Seminarschule zugewiesen wird, die fast 3 Stunden (einfache Strecke) entfernt ist und die Junggesellin bekommt den Platz an der Seminarschule vor Ort?

  • Vielleicht liegt es ja am Fach, an der Schulart, an der Uni, an Veränderungen im akademischen Bereich oder sonstigen Gründen, aber ich habe damals die Forschungsinteressen, Publikationen etc. meiner Prüfer nur eher am Rande bei der Vorbereitung berücksichtigt. Bzw. eben in dem Umfang, in dem ihre Veröffentlichungen allgemein für das Thema relevant waren.
    Ich habe halt die Themen gründlich vorbereitet und mich dann prüfen lassen. Wenn jetzt spontan ein anderer Prüfer eingesprungen wäre, dann hätte mich das vielleicht für den Moment, in der Prüfungssituation bei all der Nervosität, verunsichert, aber an meiner inhaltlichen Vorbereitung hätte das nichts großartig verändert.

  • Bei uns hatten die Prüfer früher unterschiedliche Handouts, die wir uns anschaffen mussten. Mein Prüfer war auch erkrankt, ich habe allerdings noch kurzfristig den Batzen Material vom neuen Prüfer erhalten (und musste ihn ebenso kurzfristig durchackern). Gab es bei euch vorher keine Literaturliste oder ähnliches?
    Du verrennst dich da meiner Meinung allerdings: Alle Studenten hatten die gleichen Themen zu lernen, diese Themen musst du für die Prüfung beherrschen. Du lernst jedoch nicht für eine Prüfung oder einen Prüfer, sondern für dein späteres Berufsleben. Wie willst du dich denn nun beschweren? "Ich hab extra auf Lücke gelernt, weil ich wusste, was mein Prüfer bereits gemacht hat. Es ist ne Frechheit, dass ich nun andere Fragen gestellt bekommen habe." Abgesehen davon weißt du noch nicht einmal, ob dein eigentlicher Prüfer tatsächlich diese Fragen gestellt hätte.
    Wenn schon Gesellschaftskritik, dann doch mal in die andere Richtugn: Es handelt sich hier um ein Staatsexamen und nicht um irgendeinen VHS Kurs. Ascheinend sehen es Studenten von heute (Achtung, bewusste Verallgemeinerung) als Frecheit an, dass sie tatsächlich den ganzen Stoff lernen sollen.
    Die Anderen hatten vielleicht einen Vorteil, einen Nachteil hattest du aber ganz sicher nicht.


  • Ich finde es sehr schade wie das Ganze gehandhabt wurde und bin fassungslos, in einer Gesellschaft zu leben, die sich nicht einmal mehr bemüht etwas an Missständen im System zu ändern.

    Wo sind denn Missstände im System? ein Prüfer war krank und du hättest gerne 2 Wochen länger zum lernen gehabt, als alle anderen? Sorry, aber du siehst die Sachlage leider verquer.

    • Offizieller Beitrag

    @Studi_Chrissy


    Jetzt projiziere das Ganze mal auf die nächsten sicherlich 40 Berufsjahre als Lehrer. Auf wieviele Schüler und deren weiteren Lebensweg werden Deine Noten erheblichen Einfluss haben? Wie oft werden Schüler diese Noten als ungerecht empfinden? Und wie oft wirst Du ihnen erklären, dass alles, was einem nicht in den Kram passt (oder "unerwartet" kommt), nicht automatisch ungerecht ist?


    Und wie oft wirst Du Dich als Lehrer natürlich darüber freuen, wenn die Schüler dann so reagieren wie Du?
    Und wie oft wirst Du Dich noch mehr freuen, wenn der Schüler dann Widerspruch einlegt oder direkt den Weg über die Schulleitung geht, um sich über Deine Notengebung zu beschweren?


    Nur am Rande: Mir hat man 2000 beim Prüfungsamt in einer ähnlich gelagerten Situation klipp und klar gesagt, dass zu genaue Absprachen bei den Themen und Prüfungsgebieten verboten seien...
    ... und siehe da, das stimmte sogar.

  • das mit den absprachen ist länderspezifisch; das sollte lehrern klar sein ;). in der bayerischen alten lpo sind bei den mündlichen prüfungen absprachen vorgesehen. dafür ist das schriftliche erste examen zentral gestellt und entsprechend unberechenbar. es ist insofern natürlich ein fetter nachteil, wenn der prüfer dann ausfällt. das passiert aber jedes jahr so einigen kandidaten, und da muss man dann wirklich durch. fair - nein, gar nicht. aber das leben ist nicht fair. zumal hier die noten mehr zählen als anderswo; einstellung erfolgt zentral nach note und das erste examen zählt fünfzig prozent. diese note hat auch nach verbeamtung weiter bedeutung: bei unterschreiten bestimmter notengrenzen kann man bestimmte funktionen und posten später nicht übernehmen, z.b. fachrespizienz aka "fachbetreuer". ob das an gs auch gilt, weiß ich allerdings nicht. insofern: ich kann den ärger sehr, sehr gut nachvollziehen und halte ihn für 150% berechtigt. aber trotzdem lohnt dieser ärger nicht, da ohne formfehler nichts zu machen ist.

  • In einer mündlichen Prüfung geht es nie gerecht zu, auch wenn man den gewünschten Prüfer hat.
    Ich hatte im 1. StEx in Pädagogik einen sehr späten Termin, so dass ich für meinen Prüfer schon der x-te Prüfling war. Dementsprechend schlecht gelaunt und genervt war er von der Situation, was zu verbergen er gar nicht erst versuchte. Sollte ich mich damals darüber aufregen, dass Kommilitonen, die einen frühen Termin hatten, berichteten, dass der gleiche Prüfer bei ihnen freundlich, zugewandt und gut gelaunt war, so dass die Prüfungs-Atmosphäre eine deutlich andere war?


    Ebenso müssten der erste Kanditat meiner (ersten!) mündlichen Abiturprüfungen Einspruch erheben, weil ich bei ihm noch etwas verkrampft und unflexibel war, während ich bei den letzten (gefühlt?) entspannter und deutlich spontaner reagieren konnte, weil ich bis dahin begriffen hatte, wie es geht.


    That’s life.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

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