Artikel im Jobletter der ZEIT

  • In der Hoffnung, dass "Allgemein" der beste Platz für diesen Zeitungsartikel ist - mögen die Moderatoren entscheiden :) - den ich heute im "Jobletter" der ZEIT gefunden habe:


    *** 1. Mangelberuf Lehrer - Chance fuer Quereinsteiger ***


    Den Schulen in Deutschland gehen die Lehrer aus. Die Kultusminister wollen fuer das Lehramt verstaerkt Quereinsteiger aus anderen Berufen gewinnen


    Von Martin Tofern


    Immer mehr Lehrer gehen in Rente und koennen mangels ausgebildetem Nachwuchs nicht ersetzt werden. Vor allem an Haupt-, Real- und Berufsschulen droht in den kommenden Jahren ein regelrechter Bildungs-Gau. In nuechternen Zahlen: Bis zum Jahr 2015 werden 371 000 neue Lehrkraefte gebraucht, doch nur 297 000 werden in dieser Zeit den Vorbereitungsdienst absolvieren. Es fehlen also 74 000 Lehrer. Der Notstand betrifft - bei immer noch steigenden Schuelerzahlen - alle Bundeslaender, selbst ein attraktiver Stadtstaat wie Hamburg bleibt davon nicht verschont. Im Flaechenstaat Nordrhein-Westfalen ist die Lage dramatisch: schon in zwei Jahren werden dort 2500 Lehrer fehlen, warnte kuerzlich Schulministerin Ute Schaefer.


    Um die Ausbildung der Kinder zu sichern, setzen die Kultusminister der Laender verstaerkt auf Quereinsteiger. Die Idee: Die Seiteneinsteiger haben bereits Erfahrung in anderen Berufen gesammelt und koennen diese in den Unterricht einbringen, den sie quasi aushilfsweise erteilen. Nach der Schule pauken sie Paedagogik, legen nach anderthalb Jahren Ausbildung ihre Pruefung ab und werden als Lehrer eingestellt. Kann also jeder Taxifahrer oder Verkaeufer kuenftig Lehrer werden?


    Bedarf vor allem in Mangelfaechern


    Selbstverstaendlich nicht. Die Regelungen sind zwar in jedem Bundesland unterschiedlich, doch die Grundvoraussetzungen sind gleich. So richtet sich der Aufruf der Kultusminister zunaechst einmal an Kandidaten, die zwar auf Lehramt studiert haben, jedoch fuer Faecher qualifiziert sind, in denen der Bedarf gedeckt ist. Das gilt zum Beispiel fuer ausgesprochene Modefaecher wie Deutsch und Geschichte. Die bereits fertig ausgebildeten, aber nicht gebrauchten Lehrer koennten ja auf ein Mangelfach wie Physik oder Informatik umsatteln, so der Plan der Politiker.


    Kann der Bewerber mit Kindern umgehen?


    Doch der Hilferuf der Schulbehoerden richtet sich ausdruecklich auch an Interessenten, die nicht auf Lehramt studiert, aber bereits Erfahrungen in Wirtschaft und Industrie gemacht haben. ,Vor allem in den Mangelfaechern Physik, Mathematik, Chemie und Musik haben Quereinsteiger in Hamburg gute Chancen", sagt Lange. Physiklehrer fehlen uebrigens sogar an den sonst gut ausgestatten Gymnasien, in den Berufsschulen mangelt es an Lehrern fuer Elektrotechnik und Metalltechnik. Dieser Trend gilt bundesweit, die geisteswissenschaftlichen Faecher sind eindeutig ueberrepraesentiert.


    Wer sich in Hamburg fuer den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf interessiert, der muss auf jeden Fall einen Universitaets-Abschluss nachweisen und ,sollte nicht aelter als 42 Jahre sein", sagte Hendrik Lange, Sprecher der Schulbehoerde. Ausserdem sollte sich der Bewerber bereits regelmaessig bei der Arbeit mit Kindern engagiert, also etwa eine Kindersportgruppe geleitet haben. Eine entsprechende Bestaetigung sollte der Bewerbung beiliegen.


    War die Bewerbung erfolgreich, muss der Kandidat eine zwei- bis vierwoechige Hospitation an einer Schule absolvieren. Zum Abschluss haelt er selbst eine Stunde Unterricht, um zu zeigen, ob er fuer den Lehrberuf geeignet ist. Hat er seine Sache gut gemacht, steigt der Quereinsteiger in das regulaere Referendariat ein und wird in 18 Monaten zum Lehrer ausgebildet. Nach dem Abschluss winken eine feste Stelle und rund 2000 Euro netto als Einstiegsgehalt. In anderen Bundeslaendern werden die Kandidaten bei entsprechender Eignung sofort eingestellt und quasi berufsbegleitend ausgebildet.


    Die Bildungsverbaende kritisieren das Lehrerbeschaffungsmodell der Kultusminister als ,schleichende Dauerloesung". Die Behoerden unternaehmen nichts, um den Lehrberuf attraktiver zu gestalten. Ausserdem fehle es den Quereinsteigern an einer paedagogischen Grundausbildung, was angesichts der Erziehungsdefizite in den Familien ein ernstes Problem sei. Erste Erfahrungen an den Schulen sprechen dagegen. Die Seiteneinsteiger sind in der Regel hoch motiviert und engagiert und bringen viel Erfahrung aus der Praxis mit.


    Weitere Informationen bei der Hamburger Behoerde fuer Bildung und Sport:


    http://fhh.hamburg.de/stadt/Ak…ce/bewerbungen/start.html


    Informationen fuer Seiteneinsteiger in Nordrhein-Westfalen:


    http://www.bildungsportal.nrw.…Seiteneinstieg/index.html


    Der Lehrermangel ist nicht nur ein deutsches Problem wie eine Studie der OECD zeigt:


    [URL=http://www.oecd.org/document/5/0,2340,en_2649_201185_14711109_119690_1_1_1,00.html]http://www.oecd.org/document/5…1109_119690_1_1_1,00.html[/URL]

  • was soll man denn nun davon halten?


    über die "quereinsteiger-problematik" denke ich schon länger nach.. vor allem aus angst selbst keine feste stelle zu bekommen, um mal ehrlich zu sein. :(

  • Ich finde es ist einerseits bedenklich, wenn jemand mit schlechtem Mathediplom (warum sonst würde er sich als Lehrer bewerben?) an einer Schule bewirbt, der sich vorher eigentlich überhaupt nicht für Schüler und lehren interessiert hat. Einen solchen "Fachidioten" (bitte entschuldigt den plakativen Ausdruck) könnte ich mir allenfalls an einer Sek II vorstellen, obwohl er selbst dort sich und die Schüler aufreiben dürfte, da kaum ein Abiturient seine Begeisterung für höhere Mathematik teilen dürfte...
    Andererseits sollten wir Lehramtsstudenten, Referendare und Lehrer vorsichtig sein, wenn wir von pädagogischer Qualifikation und Eignung sprechen. Das Studium der Pädagogik macht zwar mit den Theorien vertraut und das Referendariat mit Methodik und Fachdidaktik, nichts davon macht jedoch aus den lernenden Personen gute Pädagogen. Die Eignung zum Lehrer ist zunächst eine Charaktereigenschaft.
    Ich finde im Referendariat für Lehramtsstudenten und Quereinsteiger sollte über ein vernünftiges nicht willkürliches Instrument nachgedacht werden ungeeigneten Personen zum Schutz der Kinder und sich selbst das 2. Staatsexamen zu verweigern. Die existierenden Gutachten gehen in diese Richtung, jedoch werden sie meines Wissens nicht selbstbewusst genug genutzt. (D.h. im Klartext die wenigsten Schulleiter, Fachleiter und Seminarleiter haben den Mut einem verlaufenen Schaf offen ins Gesicht zu sagen, dass sie der Meinung sind, das die betreffende Person nicht für den Schuldienst geeignet ist.) Andererseits halte ich die Gutachten für zu willkürlich, weil zu wenige Personen über das Schicksal eines Referendars richten...

  • J.D. Das Thema hat sich meiner Meinung nach überholt. Der Beitrag war aus dem März 2004. Mittlerweile ist ein Seiteneinstieg nicht mehr attraktiv. Es gibt neue Tarifverträge und neue Erlasse (bzw. alte wurde gekippt)
    Die Bezahlung ist weit entfernt von dem Gehalt in der freien Wirtschaft, eine Verbeamtung ist kaum noch möglich. Auch wenn bei vielen noch der Wunsch besteht, Lehrer zu werden, so ist es einfach nicht mehr realistisch.
    Und was den Lehrermangel angeht - ich denke es gibt genug Lehrer oder Referendare, die eine Anstellung suchen, aber es gibt einige Gründe, warum sie keine finden:
    1) Wohnort und freie Stelle liegen weit auseinander - die Mobilität oder Umzugsbereitschaft ist nicht gegeben oder nicht möglich


    2) Die Kombination der Fächer ist nachteilig - vor allem in verbindungmit Punkt 1


    3) Und das Beste zum Schluss: Das Land ist PLEITE ! Die Politik schreit immer nach mehr Bildung und Verbesserung, aber sie kann diese nicht bezahlen !
    Anstelle unsere Kinder gut auszubilden verteidigen wir lieber ein paar Felsen am Hindukusch.

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