Wem geht / ging es im Referendariat auch so schlecht?

  • Halte durch! Das Referendariat ist absehbar, und danach musst du die meisten deiner Prüfer nicht mehr wiedersehen...

    Seien wir ehrlich: Wer von uns hat denn keine "schwarze Liste" in petto, die im Falle einer unwahrscheinlichen, aber bei weitem nicht unmöglichen Spontanberufung zum Kultusminister sofort einsatzbereit wäre? Also ich hab eine... :teufel:

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Es ist einfach so, dass die Persönlichkeit eines Menschen kaum veränderbar ist, daher ist es auch sehr sehr ungünstig, diese im Rahmen einer Ausbildung als solche zu kritisieren, selbst wenn man verbindliche Merkmale der Persönlichkeit hätte (was nicht der Fall ist) und sich an verbindlichen Beurteilungsstandards (was auch nicht der Fall ist) orientierten könnte/würde.

    Mit diesem Absatz habe ich so meine Probleme, weil ich da einen Kollegen im Kopf habe, den ich zwar gut leiden kann, aber ich genau um die Probleme mit ihm weiß. Er hat eine sehr monotone Stimme, fast gar keine Mimik und Gestik und auch sein Mundbild ist sehr undeutlich. Er ist so einer, der die Zähne nicht auseinanderkriegt. Das ist an einer Schule für Schwerhörige überhaupt nicht gut und sein früherer Mentor erzählte mir, dass das in der Ausbildung an ihm kritisiert wurde. "Der ist halt so, da kann man nichts machen." wurde damals gesagt. Dazu kommt, dass er schon etwas verschroben ist. Auf der einen Seite ist es natürlich klar, dass er sich nicht in einen anderen Menschen verwandeln kann, auf der anderen Seite verzweifeln einige hochgradig schwerhörige Schüler bei ihm im Unterricht und eine Klassenleitung will man ihm auch nicht geben. Wenn's geht, unterrichtet er nicht einmal ein Hauptfach, weil's dann meistens Terz gibt.


    Du bist ja nicht alleine gegen die Fachleiter in dem Gespräch. Was sagen denn deine Mentoren dazu? Stimmen sie zu oder sehen sie es als ungerechtfertigt an?
    Eine Kollegin von mir hatte einen sehr übergriffigen Fachleiter. Irgendwann hat ihr Mentor dann bei einer Nachbesprechung den Schlussstrich gezogen, ist mit ihr gegangen und hat den Fachleiter da sitzen gelassen. Es ging eine Meldung ans Seminar und dann war es besser. Wenn da so eine Mail bei der Leitung des Seminars eintrudelt, wird das für den Fachleiter auch kein angenehmes Gespräch mit dem Vorgesetzten werden. Es gibt zwar solche heftige Fälle, aber das ist selten.

  • Wie reduziere ich Inhalte, damit sie Schüler verstehen? Auf welchem Niveau befinden sich die Schüler überhaupt? Wann sind Inhalte für eine Altersstufe angemessen? Wie funktioniert das Verstehen von Inhalten bei Jugendlichen überhaupt? Welche Unterrichtsform und welche Herangehensweise führen dazu, dass der Unterrichtsstoff eher verstanden wird? Wann sind diese Inhalte interessant für Schüler?



    Das sind die Fragen, die mich als angehender Lehrer interessieren, und weder an der Universität noch im Referendariat konnte mir bisher irgendjemand diese Fragen beantworten. Um das vielleicht etwas präziser auszudrücken: Im Referendariat werde ich darauf hingeweisen, "was" von mir erwartet wird ("Du musst die Inhalte / die Unterrichtssprache, etc... dem Niveau der Schüler anpassen!"). "Wie" genau ich dabei vorgehen kann, erfahre ich jedoch leider nicht. Man habe "das ja im Gefühl, wann etwas für die Schüler zu schwer ist und wann nicht." Ach ja, woher kommt dieses Gefühl? Diese Konflikte sind leider auch das Verschulden einer sehr guten, akademisch ausgerichteten Universität einerseits und eines erschreckend schlechten Seminars andererseits.



    Anmerkungen ähnlicher Art findet man auch in der Fachliteratur: "Um mit der Unterrichtsplanung beginnen zu können, benötigen Sie erstens ein Thema und zweitens eine kluge Idee zur methodischen Umsetzung." (Hilbert Meyer, "Leitfaden Unterrichtsvorbereitung", S. 30). Aha. Woher kommt denn diese kluge Idee zur methodischen Umsetzung, lieber Hilbert Meyer? Keine Antwort. Schweigen im Walde.



    Das Referendariat besteht für mich jedenfalls aus einem dermaßen unpräzisen, widersprüchlichen, demotivierenden und absurden Brei vager Anweisungen und unstrukturiertem Herumgelabere aller Beteiligten, dass ich es nicht mehr ernst nehmen kann. Faule Referendare? Wohl eher schlechte Ausbildungsbedingungen.

  • Aus meiner Sicht liegt das Problem darin, dass sowohl Phanon/Buntflieger, als auch der Rest der User hier Recht hat.


    Ja, "Lehrerpersönlichkeit" ist ein schwammiger Begriff, dessen Bedeutung sich nicht wirklich konkretisieren lässt und der sich auch nicht anhand einzelner Kriterien objektiv messen ließe. Deswegen ist es auch nichts, was man einem Referendar "beibringen" kann. Insofern kann ich Buntlflieger/Phanons Kritik nachvollziehen: Von ihnen (und allen anderen Reffis) wird etwas verlangt, ohne dass man ihnen konkret sagen würde was das denn ist und wie sie es bekommen. Dass das für jemanden, der ob dieses ominösen Begriffs kritisiert wird, frustrierend in allerhöchstem Maße ist, kann ich vollauf nachvollziehen!


    Dennoch haben aber auch die anderen User hier Recht, wenn Sie meinen, dass die Lehrerpersönlichkeit wichtig für einen guten Lehrer ist. Das merkt man als Reffi vielleicht am deutlichsten, wenn man mal an die eigene Schulzeit zurückdenkt und sich ein Negativbeispiel von Lehrer sucht, jemanden, bei dem man sich denkt "Wie konnte man den/die jemals als Lehrer zulassen? Was will der/die in diesem Beruf???" Hinter solchen Negativbeispielen von Lehrern verbirgt sich entweder ein drastischer Mangel an fachlicher Kompetenz (so stark, dass man ihn selbst als Schüler bemerkt hat), oder aber - vermutlich weit häufiger - eine problematische Lehrerpersönlichkeit.
    Aber das ist nun nur eine Annäherung an diesen ominösen Begriff, keine positive Begriffsbestimmung. Letztere ist auch deswegen so schwierig, weil es "DIE" (eine) Lehrerpersönlichkeit nicht gibt: Es gibt verschieden(st)e Persönlichkeitstypen unter Lehrern - die super lässigen Lehrer, die strengen Lehrer, die sehr direkten Typen und die sehr "lieben", ... und sie alle können gute Lehrer sein, aber sie müssen es nicht. Nicht jeder lässige Typ taugt zum Lehrer, nicht jeder strenge Mensch sollte auf Kinder losgelassen werden, nicht jeder direkte oder besonders liebe Mensch. Es müssen noch viele, viele andere Persönlichkeitsmerkmale zusammenkommen und zusammen ein Bild formen, das für einen Lehrer taugt. Wie dieses Bild aussieht, lässt sich aber nicht genau fassen und kann durchaus sehr unterschiedlich sein. Was aber eben auffällt, ist, wenn sich dieses Bild NICHT formt, wenn eine (für diesen Beruf!) problematische Persönlichkeit vorliegt.
    Natürlich nimmt man das dann über das Verhalten wahr, etwas anderes kann man ja nicht sehen. Aber was genau am Verhalten es ist, das auf eine problematische Lehrerpersönlichkeit hindeutet ist ebenfalls schwer zu sagen. Das liegt mMn daran dass es unglaublich viele Kleinigkeiten sind, die teilweise parallel ablaufen und derer man sich als Handelnder und Beobachtender garnicht unbedingt bewusst ist: Dass jemand die Hände hier oder dort hält, Blicken ausweicht, die Augenbraue in nur einem kurzen einem Moment "abwertend" hochzieht, sich hier oder dort platziert, besonders steif oder wippelig steht, ein Wort oder einen Satz so oder so betont, diese oder jene Satzmelodie verwendet, dieses oder jenes Wort verwendet, dies oder das (nicht) kommentiert, ... Man könnte ein paar dieser Beispiele rauspicken als Ausbilder: "Herr X, Sie haben z.B. sehr häufig Ihre beiden Hände in den Taschen, das wirkt unmotiviert und unsicher." Aber nur weil der Reffi dann darauf achtet die Hände nicht mehr in die Taschen zu stecken (sondern sie stattdessen unbeholfen auf dem Pult abstützt oder so) verändert das nicht den Gesamteindruck - die Hände in den Taschen sind ja für sich genommen kein Problem, sondern der Gesamteindruck ist es. Daher kommt dann eher die Oberkategorie "Lehrerpersönlichkeit" ins Spiel, die das alles einfasst.
    Was nimmt der Reffi, der einfach keine natürliche Lehrerpersönlichkeit hat, mit aus der Situation?
    -> Entweder 1: "Der Ausbilder kritisiert da sowas ominöses wovon er selbst nicht sagen kann was das eigentlich sein soll und wie man das misst. Diese blöde Lehrerpersönlichkeit existiert also nicht einmal, und ich darf mir deshalb haltlose Kritik anhören!"
    -> Oder 2: "Der Ausbilder kritisiert jeden kleinen Scheiß - wenn ich die Hände in den Taschen habe ist es nicht richtig, wenn ich sie aufs Pult lege ist es nicht richtig - ja, soll ich sie mir abhacken? Warum sagt der mir nicht, wo ich die beiden blöden Dinger hintun soll?"
    Dass es sowas wie eine (professionelle/passende/authentische) Lehrerpersönlichkeit gibt und dass es nicht um die Haltung der Hände geht, versteht der arme Reffi nicht. Und wenn man ihm sagt es sei der Gesamteindruck, um den es geht, will er wieder wissen woraus sich dieser Gesamteindruck denn zusammensetze, woran der Ausbilder das festmache - dann: siehe 2. Ein Dilemma.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Dass es sowas wie eine (professionelle/passende/authentische) Lehrerpersönlichkeit gibt und dass es nicht um die Haltung der Hände geht, versteht der arme Reffi nicht. Und wenn man ihm sagt es sei der Gesamteindruck, um den es geht, will er wieder wissen woraus sich dieser Gesamteindruck denn zusammensetze, woran der Ausbilder das festmache - dann: siehe 2. Ein Dilemma.

    Grundlegendstes Problem bei der ganzen Sache: Sag mal jemandem, der sechs, sieben, acht Jahre auf einen Beruf hin studiert hat, dass er für diesen Beruf nicht geeignet ist, und zwar wegen einer Grunddisposition, für die er so gut wie nichts kann, die er auch vor allem nur unter größten Mühen - wenn überhaupt - wird ändern können und die zudem noch kaum konkret fassbar ist.


    edit: Und die ihm während des ganzen langen Studiums überhaupt keine Probleme gemacht hat.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

    Einmal editiert, zuletzt von fossi74 ()

  • Grundlegendstes Problem bei der ganzen Sache: Sag mal jemandem, der sechs, sieben, acht Jahre auf einen Beruf hin studiert hat, dass er für diesen Beruf nicht geeignet ist, und zwar wegen einer Grunddisposition, für die er so gut wie nichts kann, die er auch vor allem nur unter größten Mühen - wenn überhaupt - wird ändern können und die zudem noch kaum konkret fassbar ist.

    Ich glaube, darin liegt ein großer Teil des Problems. In Bayern müssen die Studenten ja einige Praktika machen (das erste, bevor sie überhaupt anfangen zu studieren - so ein Quatsch, da sind sie ja noch näher an der Schüler- als der Lehrerrolle). Vielleicht sollten es mehr sein, mit mehr Gewicht, mit verbindlichen Stunden, die gehalten werden müssen und einer ausführlichen Besprechung mit Lehrern und dem Prof?

  • Gefühlt sind die Referendare tatsächlich heutzutage weniger belastbar als früher, aber ich meine, das hängt oft vom Alter und den "Vorerfahrungen" ab. Insbesondere diejenigen, die nur die Uni kennen, scheinen mir manchmal überfordert zu sein. Liegt wohl an falscher Selbstorganisation, falscher Prioritätensetzung und daran, dass die männlichen Referendare nie Zivil- oder Wehrdienst gemacht haben.


    "Generation Snowflake" sagt man ja im Ami-Land dazu...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    2 Mal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Grundlegendstes Problem bei der ganzen Sache: Sag mal jemandem, der sechs, sieben, acht Jahre auf einen Beruf hin studiert hat, dass er für diesen Beruf nicht geeignet ist, und zwar wegen einer Grunddisposition, für die er so gut wie nichts kann, die er auch vor allem nur unter größten Mühen - wenn überhaupt - wird ändern können und die zudem noch kaum konkret fassbar ist.

    Jo, das Problem sehe ich durchaus!


    Ich fürchte aber, dass mehr Praktika nur für Vereinzelte einen frühen Exit bedeuten würden, da ich mal zu behaupten wage, dass
    a) viele Lehrer/Betreuer sich scheuen, Praktikanten so ehrlich und direkt genug, dass die Botschaft wirklich ankommt, ins Gesicht zu sagen, dass sie nicht geeignet sind, eben weil ihnen klar ist, dass Persönlichkeit niemandes "Schuld" ist, sich da Lebensträume zerschlagen und vllt. auch noch die (bei einigen bestimmt auch berechtigte) Hoffnung besteht, dass der junge Praktikant sich noch weiterentwickeln könnte.
    und
    b) eine gewisse Neigung, Kritik gerade an der eigenen Persönlichkeit nicht anzunehmen und als haltlos (+ respektlos) anzusehen, häufig Teil des eigentlichen Problems ist, sodass so mancher kritisierte Praktikant eher dem konkreten "hinterletzten Lehrer", der "Mobbingschule" oder "dem System" die Schuld geben als wirklich die Kritik ernstnehmen und Alternativen durchdenken wird.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Jo, das Problem sehe ich durchaus!
    Ich fürchte aber, dass mehr Praktika nur für Vereinzelte einen frühen Exit bedeuten würden, da ich mal zu behaupten wage, dass
    a) viele Lehrer/Betreuer sich scheuen, Praktikanten so ehrlich und direkt genug, dass die Botschaft wirklich ankommt, ins Gesicht zu sagen, dass sie nicht geeignet sind, eben weil ihnen klar ist, dass Persönlichkeit niemandes "Schuld" ist, sich da Lebensträume zerschlagen und vllt. auch noch die (bei einigen bestimmt auch berechtigte) Hoffnung besteht, dass der junge Praktikant sich noch weiterentwickeln könnte.
    ....

    bei uns im Studium, ok das ist kürzer in als in Deutschland, da es für Primarstufe ein Bachelorstudium ist, gab es im 1. Studienjahr eine Eignungsabklärung. Dafür gab es insgesamt 3 Pratika, in denen wurde man von den jeweiligen Lehrpersonen beurteilt. Dazu kam pro Praktikum ein Besuch vom Dozent für Berufskompetenzen (genaue Name fällt mir gerade nicht ein). Wer da dann auf der Kippe stand, hat dann nochmals eine Chance bekommen. Und das war je nach Thematik nochmals eine Lektion vorzeigen oder eine Gruppendiskussion oder oder. (Die PH hat das dann in einem Jahr gerade geändert, davor hätte es ein Assesment gegeben). Und ja die Kriterien waren sehr transparent. Es gab aber auch da welche, die es nicht geschafft haben.

  • Ich fürchte aber, dass mehr Praktika nur für Vereinzelte einen frühen Exit bedeuten würden, da ich mal zu behaupten wage, dass
    a) viele Lehrer/Betreuer sich scheuen, Praktikanten so ehrlich und direkt genug, dass die Botschaft wirklich ankommt, ins Gesicht zu sagen, dass sie nicht geeignet sind, eben weil ihnen klar ist, dass Persönlichkeit niemandes "Schuld" ist, sich da Lebensträume zerschlagen und vllt. auch noch die (bei einigen bestimmt auch berechtigte) Hoffnung besteht, dass der junge Praktikant sich noch weiterentwickeln könnte.
    und
    b) eine gewisse Neigung, Kritik gerade an der eigenen Persönlichkeit nicht anzunehmen und als haltlos (+ respektlos) anzusehen, häufig Teil des eigentlichen Problems ist, sodass so mancher kritisierte Praktikant eher dem konkreten "hinterletzten Lehrer", der "Mobbingschule" oder "dem System" die Schuld geben als wirklich die Kritik ernstnehmen und Alternativen durchdenken wird.

    Jetzt hab ich das alles zitiert, um nur noch eines zu sagen: Ja. In anderen Worten: Isso.


    Was kann man da machen? Effektiv wohl nicht viel. Das in B-W seit einigen Jahren übliche Praxissemester finde ich - ohne persönlich betroffen gewesen zu sein - nicht schlecht. Meine eigenen beiden Praktika waren insofern erfolgreich, als ich da nette Leute kennengelernt habe, zu denen ich heute noch Kontakt pflege. Für die Ausbildung waren sie eher wertlos.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • ...Und "Präsenz" ist ebenso wie die "Lehrerpersönlichkeit" ein gern und inflationär verwendeter Begriff bei der Unterrichtsreflexion, hat aber einen ebenso hoch subjektiven Beigeschmack. ...

    Nein, das ist sehr objektiv nur leider schwer in Worte zu fassen. Und wenn sie jemand nicht hat, kann man sie wohl auch nur schwer erklären. Besser zeigen. Schau dir mal ein paar faszinierende Folgen von Cesar Milan, dem Hundetrainer an, er spricht von "Energie", meint aber dasselbe...


    Präsent ist jemand, der nicht nur im Raum ist, sondern anwesend. Eine präsente Person strahlt Selbstbewusstsein aus. Sie hat genug Ruhe und Sicherheit, um sich auf andere einzulassen. Präsente Personen sind psychisch stabil und mit sich weitgehend im Reinen. Witze präsenter Personen sind lustig. Präsente Menschen reden nicht monoton, sie lassen andere teilhaben. Sie sind nicht permanent mit sich beschäftigt.


    All diese Kriterien lassen sich aber nicht trainieren. "Warten Sie 2 Sekunden nachdem jemand etwas gesagt hat und Lächeln sie dann, indem Sie die Mundwinkel um 25 Grad anheben" könnte eine Anleitung für einen Autisten sein aber das Ref ist ja keine Therapie, sondern studierte Erwachsene sollen in einer Praxisphase zeigen, dass sie sich die Grundregeln des Unterrichtens aneignen können. Präsent müssen sie schon sein, wenn's losgeht.

  • Präsent müssen sie schon sein, wenn's losgeht.

    Hallo Krabappel,


    dem stimme ich nicht zu. Das, was du beschrieben hast, kann man erst richtig umsetzen, wenn man Routine(n) und Sicherheit beim Unterrichten entwickelt hat. Ich war am Anfang hauptsächlich mit meinen Folien/Tafelbildern/Verlaufsplänen/Organisation etc. beschäftigt und je mehr ich hier Übung bekam, desto eher war ich in der Lage, die Klasse und mit der Zeit mehr und mehr die SuS als Individuen wahrzunehmen und dann meinetwegen entsteht das, was du hier mit "Präsenz" meinst.


    der Buntflieger

  • Dass es sowas wie eine (professionelle/passende/authentische) Lehrerpersönlichkeit gibt und dass es nicht um die Haltung der Hände geht, versteht der arme Reffi nicht. Und wenn man ihm sagt es sei der Gesamteindruck, um den es geht, will er wieder wissen woraus sich dieser Gesamteindruck denn zusammensetze, woran der Ausbilder das festmache - dann: siehe 2. Ein Dilemma.

    Hallo Midnatsol,


    ich muss dich leider enttäuschen, es gibt - so ist die Forschungslage - keine ausgewiesene "Lehrerpersönlichkeit". Es gibt nur einige vage Persönlichkeitsdimensionen, die bei Lehrern (laut Selbstauskünften) besonders ausgeprägt sind. So z.B. Extraversion, Gewissenhaftigkeit und geringerer Hang zum Neurotizismus. Ansonsten gibt es noch Extreme der Persönlichkeit, die ungeeignet sind, aber die würde wohl auch ein Laie als ungeeignet erkennen können, dafür benötigt es kein Referendariat.


    Mehr gibt es nicht. Die "Lehrerpersönlichkeit" ist ein gern geglaubter Mythos.


    der Buntflieger

  • Um die Diskussion mal (nur ganz leicht polemisch) abzukürzen:

    Mehr gibt es nicht. Die "Lehrerpersönlichkeit" ist ein gern geglaubter Mythos.

    Man kann es auch so zusammenfassen: Du begegnest den Entscheidern im Ref zum ersten Mal, und dann steht innerhalb von Sekunden fest, ob und wie Du das Ref bestehst. Wenn beschlossen wird, dass Du ein Superlehrer bist, dann bist Du ein Superlehrer, auch wenn Du aussiehst und riechst wie Gollum und Dich benimmst wie Sheldon Cooper. Wenn beschlossen wird, dass Du in dieser Seminargruppe der Fisch bist (einer muss es sein), dann kannst Du aussehen wie der Kultusminister und bei den Schülern ankommen wie Teki Müller, und dann hast du halt keine Lehrerpersönlichkeit oder es mangelt Dir an Authentizität oder Du hast halt in der Lehrprobe den falschen Tisch genommen (was dann auch wieder an Deiner verkorksten Persönlichkeit liegt).

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Ich denke mal, dass war nicht nur gaaanz leicht polemisch.


    kl. gr. frosch

    Solcherlei Polemiken könnte man umgehen, wenn man in der Lehrerausbildung nicht viel Energie und Zeit darauf verwenden würde, vermeintlich ungeeignete "Lehrerpersönlichkeiten" zu selektieren, sondern stattdessen Personen auszubilden.


    der Buntflieger

    • Offizieller Beitrag

    Es soll auch ungeeignete Lehrerpersönlichkeiten geben - da muss man selektieren. Auf das Selektieren wird aber nicht viel Zeit und Energie aufgewendet. Wieso auch.


    Man hat als Ausbilder (Mentor, Seminarleitung, auch als Schulleiter) auch eine Verantwortung für die Qualität der Lehrer und kann nicht jeden durchwinken. Und auch nicht jeden dahin ausbilden, dass die entsprechende Qualität da ist. Das klappt leider nicht immer.


    Wenn man aber automatisch davon ausgeht, dass eine Selektion auch ohne Grund vorgesehen ist - dann ist so eine Polemik natürlich unausweichlich. Aber trotzdem ist sie fehl am Platz.




    kl. gr. frosch

  • @FrauZipp Die Eignungsabklärung besteht an der PH Basel so ungefähr jeder und ich glaube es ist im ganzen Land so, dass an den PHs ständig irgendwelche Regeln geändert werden. Das liegt vor allem daran, dass es zu viele abgehalfterte Deutsche im System gibt, die das schweizerische Bildungssystem überhaupt nicht kennen.


    Ich bin mittlerweile selbst Praxislehrperson. Wir versuchen an der Schule unsere Studis einfach bestmöglich auszubilden und was die PH dazu meint, der unqualifizierte Sauhaufen, das interessiert uns nicht.

  • Ich bin der Meinung, dass man "Energie" trainieren kann.
    Ich sehe das vor allem (verzeiht) in der Hundeschule - drücke ich mich vor der Entscheidung oder stelle ich mich (körpersprachlich) hin.
    Das können die Leute lernen. Übrigens lernen das auch Schauspieler, und zwar so, dass es authentisch wirkt, sonst bekommen sie keine Engagements.


    Am besten funktioniert das mit Aufnahmen von Schulstunden, die man analysiert. Und dann kann man üben.


    Ideal ist es natürlich, wenn die Präsenz einfach da ist.

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