Wem geht / ging es im Referendariat auch so schlecht?

  • Meine stressigste Zeit waren die ersten drei Jahre nach dem Ref. Dagegen war das Ref ein Spaziergang!

    Im Smalltalk mit den Prüfern nach meiner letzten Lehrprobe, sagte ich, dass ich sehr erleichtert sei, dass Ref. und diese spezielle Situation hinter mit zu haben. Daraufhin erwiderte die Prüfungsvorsitzende genau das, dass die wahre Arbeit nun erst komme.


    In den ersten Jahren habe ich tatsächlich vom zeitlichen Umfang mehr gearbeitet, teilweise Nächte hindurch - aber trotzdem war es für mich persönlich eine sehr große Erleichterung gegenüber dem Ref.
    Nicht mal nach einem Blick auf die Uhr à la "noch 3 Stunden bis der Unterricht beginnt - lohnt sich Schlafen gehen überhaupt noch?" hätte ich mit einem Referendar getauscht.


    Und das, wohlgemerkt, obwohl ich zum Großteil sehr gute (professionell wie menschlich) Fachleiter/Mentoren/Prüfer/etc. hatte. Mir scheint das eine "Typ-Frage" zu sein.


    Ich habe es unheimlich bewundert, wie locker es manche Ref-Kollegen genommen hatten, denen wirklich Steine in den Weg gelegt oder die regelrecht gequält wurden.
    Ich kenne auch einige, die wie Du sagen, dass das Ref. ein Spaziergang war "im Vergleich zum vollen Deputat". Daran merkt man ja schon die unterschiedlichen Befindlichkeiten, was überhaupt als Belastung wahrgenommen wird.

    • Offizieller Beitrag

    Schönes Beispiel für einen Syllogismus.
    Obersatz: "Dienstrecht" (das per definitonem nicht auf Angestellte anwendbar ist, weil sie keinen Dienst leisten) ist Landesrecht, das ArbZG ist Bundesrecht.
    Untersatz: Bundesrecht bricht Landesrecht.
    Schlussfolgerung: Also kann das ArbZG nicht von irgendeinem dahergelaufenen "Dienstrecht" ausgehebelt werden.

    Das scheint selbst die GEW anders darzustellen, oder irre ich mich?


    https://www.gew-bildungsmacher…ullexikon/Arbeitszeit.pdf

  • Das scheint selbst die GEW anders darzustellen, oder irre ich mich?


    gew-bildungsmacher.de/fileadmi…ullexikon/Arbeitszeit.pdf

    Da geht es um die Wochenarbeitszeit und die Pflichtstundenzahl. Mag aber sein, dass auch ich mich irre und der rund-um-die-Uhr-Einsatz bei Klassenfahrten eigentlich auch bei Beamten nicht korrekt ist. Vielleicht müssten ein paar ganz mutige Kollegen es mal durchfechten. Wie gesagt: Das Arbeitszeitgesetz ist da ganz stumpf. Maximal zehn Stunden am Tag, dann ist Schluss. Pause zwischen zwei Einsätzen minimal elf Stunden, Ausnahmen nur in bestimmten Bereichen. Interessant auch § 4, der die Ruhepausen regelt.


    Heißt also: Wenn es in der Jugendherberger um acht Frühstück gibt, dann ist für die betreuenden Kollegen je nach Pausen spätestens um 19.00 Uhr Schluss, und sie müssten von anderen Kollegen (die den Tag über frei hatten) abgelöst werden. Die Nacht könnte man mit etwas Phantasie als Bereitschaft werten (allerdings nicht Rufbereitschaft, denn die wird zu Hause absolviert), aber selbst dann wird es schwierig.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

    • Offizieller Beitrag

    http://vbe-nrw.de/downloads/PD…416_Mehrarbeit_120416.pdf


    Wenn es da eine Chance gäbe, hätten die Verbände längst geklagt. Die anderen Verbände schreiben ähnliches.


    Nebenbei lässt das Arbeitszeitgesetz in §7 ausdrücklich abweichende Regelungen zu und §14 käme vermutlich für uns zur Anwendung. Da Klassenfahrten in der Regel pro Lehrkraft einmal im Jahr anfallen und das auch nicht jedes Jahr, dürften die Aussichten bei einer Klage eher gering sein, zumal man ja auch in der Regel zu zweit fährt und sich so die Arbeit zumindest auf dem Papier teilen könnte. So würden das vermutlich die Juristen sehen.
    §19 regelt ferner die Übertragbarkeit der Regelungen für Beamte auf Angestellte im ÖD.


    Es lohnt sich anscheinend immer, nicht nur die ersten drei Paragraphe eines größeren Gesetzeswerkes zu lesen.

  • vbe-nrw.de/downloads/PDF%20Dok…416_Mehrarbeit_120416.pdf

    Auch hier geht es um Mehrarbeit, vulgo "Überstunden", um die es hier gar nicht geht.


    edit: Was für ein bescheuerter Satz! Ich meine natürlich "Überstunden, um die es bei unserer Diskussion gar nicht geht".

    Nebenbei lässt das Arbeitszeitgesetz in §7 ausdrücklich abweichende Regelungen zu

    Meinst Du das hier (Hervorhebungen von mir)?


    (2) Sofern der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch einen
    entsprechenden Zeitausgleich gewährleistet wird, kann in einem
    Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder
    Dienstvereinbarung ferner zugelassen werden,
    1.abweichend von § 5 Abs. 1 die Ruhezeiten bei Rufbereitschaft den Besonderheiten dieses Dienstes anzupassen, insbesondere Kürzungen der Ruhezeit infolge von Inanspruchnahmen während dieses Dienstes zu anderen Zeiten auszugleichen,
    2.die Regelungen der §§ 3, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 in der Landwirtschaft der Bestellungs- und Erntezeit sowie den Witterungseinflüssen anzupassen,
    3.die Regelungen der §§ 3, 4, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 bei der Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen der Eigenart dieser Tätigkeit und dem Wohl dieser Personen entsprechend anzupassen,
    4.die Regelungen der §§ 3, 4, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 bei Verwaltungen und Betrieben des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie bei anderen Arbeitgebern, die der Tarifbindung eines für den öffentlichen Dienst geltenden oder eines im wesentlichen inhaltsgleichen Tarifvertrags unterliegen, der Eigenart der Tätigkeit bei diesen Stellen anzupassen.



    Wohlgemerkt: Das fett markierte in den Sätzen 3 und 4 steht unter dem Vorbehalt des fett markierten im Obersatz von Abs. 2! Dieser Zeitausgleich hat grundsätzlich sehr kurzfristig zu erfolgen (hier wird dann eher in Tagen als in Wochen gerechnet, keinesfalls aber in Monaten). Ob mehrtägige Klassenfahrten eine "Eigenart der Tätigkeit" des Lehrers sind, sei außerdem dahingestellt.

    und §14 käme vermutlich für uns zur Anwendung

    Ich markiere nochmal ein bisschen...


    (1) Von den §§ 3 bis 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 9 bis 11 darf abgewichen werden bei vorübergehenden Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind
    (2) Von den §§ 3 bis 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 11 Abs. 1 bis 3 und § 12 darf ferner abgewichen werden,
    1.wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmern vorübergehend mit Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeiten gefährden oder einen unverhältnismäßigen Schaden zur Folge haben würden,
    2.bei Forschung und Lehre, bei unaufschiebbaren Vor- und Abschlußarbeiten sowie bei unaufschiebbaren Arbeiten zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen oder zur Behandlung und Pflege von Tieren an einzelnen Tagen,
    wenn dem Arbeitgeber andere Vorkehrungen nicht zugemutet werden können.



    Soso. "Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen", "andere Vorkehrungen können dem AG nicht zugemutet werden". Wäre mal interessant zu hören, ob dilettantische Personalplanung zu diesen Widrigkeiten gehört. Ich wage zu behaupten: Nein.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

    Einmal editiert, zuletzt von fossi74 ()

    • Offizieller Beitrag

    Ich meine das hier aus §7


    Zitat


    (1) In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann zugelassen werden,
    1.abweichend von § 3
    a) die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich zu verlängern, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt,
    b) einen anderen Ausgleichszeitraum festzulegen


    Und das hier aus §19


    Zitat


    Bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im öffentlichen Dienst können, soweit keine tarifvertragliche Regelung besteht, durch die zuständige Dienstbehörde die für Beamte geltenden Bestimmungen über die Arbeitszeit auf die Arbeitnehmer übertragen werden; insoweit finden die §§ 3 bis 13 keine Anwendung.

  • Ich zitiere jetzt mal nichts mehr, sondern ziehe mich auf den Hinweis zurück, dass in Gesetzestexten - so wie in Gedichten - die Worte sorgfältig gewählt werden und Auslegung nur dann zulässig ist, wenn es nicht anders geht. Und Klassenfahrten sind (Dein erstes Zitat) weder "Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst" noch (muhaha) "hoheitliche Aufgaben".


    Wie gesagt - man müsste es mal ausklagen. Dass die Verbände da noch nicht aktiv geworden sind, liegt wohl eher daran, dass noch kein Kollege gezwungen wurde, auf Klassenfahrt zu fahren und sich dagegen juristisch zur Wehr gesetzt hat.

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  • Es gehört zu den dienstlichen Pflichten, somit hat da noch keiner per se "nein" gesagt. Gruppendruck und ähnliche Phänomene dürften ihr Übriges tun.

    Das wird's hauptsächlich sein. Übrigens war meine Frau damals dagegen, dass ich dieses Jurastudium noch mache. Sie meinte, ich neige auch so schon zu Besserwisserei. Kann ich nicht gänzlich leugnen :) .

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  • Ich glaube es ist auch eine Frage des Alters und der Lebenserfahrung, wie man diese Zeit wahrnimmt. Ich war eben schon 32 als ich mit der Lehrerausbildung angefangen habe und hatte bereits Promotion und PostDoc hinter mir. Ich hab's auf ner halben Arschbacke abgesessen. Die Jungspunde Anfang 20, die noch nicht mal das Studium abgeschlossen hatten, haben sich überwiegend in die Hosen gemacht.


    So richtig gestorben bin ich überhaupt erst dieses Schuljahr mit 120 % Pensum und drei Abschlussklassen. Dafür kann ich nächstes Schuljahr ausgiebig chillen und Überstunden abfeiern. Montags hab ich sogar frei - das wird spassig! 8)

  • Ich glaube es ist auch eine Frage des Alters und der Lebenserfahrung, wie man diese Zeit wahrnimmt. Ich war eben schon 32 als ich mit der Lehrerausbildung angefangen habe und hatte bereits Promotion und PostDoc hinter mir. Ich hab's auf ner halben Arschbacke abgesessen. Die Jungspunde Anfang 20, die noch nicht mal das Studium abgeschlossen hatten, haben sich überwiegend in die Hosen gemacht.

    War bei mir in der OBAS Ausbildung genau so. Man hat mit Mitte 30 einfach mehr Lebenserfahrung und im Vergleich zu meinem vorherigem Job hielt sich der Stress durch die Ausbildung tatsächlich in Grenzen.

  • Nun ja, die Entscheidung für das Beamtendasein geht nun mal einher mit der Preisgabe so gut wie aller Arbeitnehmerrechte und -schutzverordnungen. Das ist der Preis, den man für die vergleichsweise exorbitante Versorgung zu bezahlen hat.

    Hallo fossi74,


    ehrlich gesagt ist mir das mit dem Beamtentum ziemlich egal; mir wäre es lieber, eine professionelle Ausbildung zu erhalten und nicht diese Witzveranstaltung, die sich "2. Staatsexamen" nennt. Eine Fachleiterin hat mir vor einigen Wochen ganz ehrlich und klar gesagt, dass sich alles um die Show-Stunden dreht und diese ein reiner Stresstest seien. So sei das eben, das müsse ich wohl oder übel so akzeptieren.


    Ich schätze diese Offenheit, schon das ist in Seminarkreisen nicht selbstverständlich, sondern absolutes Ausnahmeglück. Trotzdem ist das für mich keine vernünftige Ausbildung, die auf einen Beruf als Profession adäquat vorbereitet.


    Leider hat der Beruf kein professionelles Fundament, daher kann man auch auf nichts konkret vorbereiten und der allgemeine Minderwertigkeitskomplex fördert den Wichtigtuer-Reflex und ein Verhalten, für das sich jeder Pädagoge wahrlich schämen müsste.


    Und das mit dem Beamten... der war für mich noch nie Berufsmotivation. Leider wird man automatisch in das Korsett gezwungen, ob man nun will oder nicht. Was kann ich dafür, dass ich sozusagen Beamter werden muss, wenn ich Lehrer werden will? Dass das alte Hüte sind und längst auch anders geht, ist ja hinlänglich bekannt. :daumenrunter:


    der Buntflieger


  • Eine Fachleiterin hat mir vor einigen Wochen ganz ehrlich und klar gesagt, dass sich alles um die Show-Stunden dreht und diese ein reiner Stresstest seien. So sei das eben, das müsse ich wohl oder übel so akzeptieren.

    Ich weiss nicht, ob es mir zusteht, etwas zum Referendariat zu sagen.....mein Abschluss war ein 6 wöchiges Praktikum, ein Referandariat gibt es in der Schweiz nicht.


    Allerdings das mit dem Stresstest habe ich an der PH auf laufend gehört....da war zum Ende des Semester immer gefühlt zuviel zu tun. Die Antwort meiner Mentorin war damals, dass das bewusst so wäre. Mit der Begründung, wenn man als Lehrperson arbeitet gäbe es im Laufe eines Schuljahres auch immer wieder sehr stressige Zeiten.

  • Ich weiss nicht, ob es mir zusteht, etwas zum Referendariat zu sagen.....mein Abschluss war ein 6 wöchiges Praktikum, ein Referandariat gibt es in der Schweiz nicht.
    Allerdings das mit dem Stresstest habe ich an der PH auf laufend gehört....da war zum Ende des Semester immer gefühlt zuviel zu tun. Die Antwort meiner Mentorin war damals, dass das bewusst so wäre. Mit der Begründung, wenn man als Lehrperson arbeitet gäbe es im Laufe eines Schuljahres auch immer wieder sehr stressige Zeiten.


    Hallo FrauZipp,


    es ist ja nicht "Stress" im Sinne von reiner Arbeitsbelastung. Die ist für die allermeisten Leute definitiv nicht das Problem. Es ist negativer Stress im Sinne von psychischer Belastung durch intransparente Leistungsvorgaben und nicht vorhandener Beurteilungskriterien launischer Prüfer etc., die das Referendariat in dieser Form einzigartig machen. Das meine ich aber jetzt explizit NICHT positiv.


    der Buntflieger

  • Ich gehöre zu denen, die nur Uni und Ref kennen. Andere Jobs kenne ich aus Nebenjobs, da aber die richtig niedere Variante.


    Ich empfand im Studium wesentlich mehr Druck und Stress. Das lag natürlich an den Fächern, aber man muss sich richtig ranhalten um Mathe und Physik zu überleben. Wöchentlich Übungszettel, die "Ferien" voll mit Praktika und mündlichen Prüfungen.


    Für mich waren die ersten Sommerferien des Refs mehr Erholung als die Uni mir in den 5 Jahren bieten konnte.

  • ...Leider hat der Beruf kein professionelles Fundament, daher kann man auch auf nichts konkret vorbereiten ...

    wie meinst du das?



    ...und der allgemeine Minderwertigkeitskomplex fördert den Wichtigtuer-Reflex und ein Verhalten, für das sich jeder Pädagoge wahrlich schämen müsste.

    Möglicherweise hast du große Probleme oder richtig Pech mit einer bestimmten Person. Das ist natürlich ärgerlich- ich fürchte nur, je mehr du dich aufs Selbstmitleid versteifst, desto schwieriger wird das Auskommen mit dieser Person. Hast du schon mal was anderes versucht? Ein "Danke für den Tip, das ist ne gute Idee" z.B. oder "oh, das hab ich übersehen" oder gar: "was konkret soll ich bis zum nächsten Mal verbessern?"


    Was kann ich dafür, dass ich sozusagen Beamter werden muss, wenn ich Lehrer werden will?

    öhm nee, es gibt ne Menge Angestellter im ÖD. Es zwingt dich ganz sicher niemand, dich verbeamten zu lassen, im Gegenteil das ist nämlich sehr teuer.

  • Hallo Krabappel,


    ja, ich habe Stress, nicht nur mit einer Person und mit Nettigkeit ist da nicht viel zu machen. Ich bin - auch wenn es hier nicht so rüberkommt - ein sehr netter Geselle. Aber ich habe halt meinen Kopf, der lässt sich nicht einfach so abschrauben und durch eine Regentonne ersetzen, nur weil das Gegenüber sich dann nicht mehr bedroht fühlen würde.


    Mit Profession meine ich, dass wir keine einheitliche wissenschaftliche Basis haben, sondern diverse "Schulen", die sich mehr oder weniger stark gegenseitig bekriegen. Da ist es eben schwer, von einer "Profession" zu sprechen, aber jeder Pädagoge hält sich für sehr sehr professionell. Fachleiter sogar für überlegen professionell.


    Als Referendar muss ich sehr wohl Beamter werden auf Widerruf. Was anderes ist nicht vorgesehen und meines Wissens nach auch nicht möglich, jedenfalls nicht in B-W. Eine Ausnahme wäre mir nicht bekannt und ich habe auch keine Möglichkeit gefunden, ich hatte nämlich durchaus überlegt, als Angestellter ins Referendariat zu gehen.


    der Buntflieger

  • Hallo FrauZipp,


    es ist ja nicht "Stress" im Sinne von reiner Arbeitsbelastung. Die ist für die allermeisten Leute definitiv nicht das Problem. Es ist negativer Stress im Sinne von psychischer Belastung durch intransparente Leistungsvorgaben und nicht vorhandener Beurteilungskriterien launischer Prüfer etc., die das Referendariat in dieser Form einzigartig machen. Das meine ich aber jetzt explizit NICHT positiv.


    der Buntflieger

    Ich finde, das trifft es ziemlich gut. Mir war selbst in der UPP noch nicht klar, anhand welcher Kriterien ich jetzt beurteilt werde. Leider hat sich diese Intransparenz durch die gesamte Ausbildung gezogen. Auf konkrete Nachfragen während der Nachbesprechungen der insgesamt 14 Unterrichtsbesuche wurde meistens nur ausweichend geantwortet. Statt konkreter Aussagen wurden irgendwelche Kärtchen hin- und hergeschoben. Ich fand das wenig zielführend. Irgendwann wurde es mir aber zu bunt und ich habe dem Fachleiter gesagt, dass ich diese Art der Nachbesprechung für kein geeignetes Instrument für mich halte, auf "Positivrunden" verzichten möchte und stattdessen um konkrete Kritik bitte. Der Fachleiter meinte nur, dass das halt so laufe und er bei der bewährten Methodik bleiben möchte. Sowas nenne ich mal gelebte Binnendifferenzierung. Ich bin richtig motiviert in die Ausbildung reingegangen und kopfschüttelnd-unmotiviert wieder rausgekommen.

  • ...
    ja, ich habe Stress, nicht nur mit einer Person und mit Nettigkeit ist da nicht viel zu machen. Ich bin - auch wenn es hier nicht so rüberkommt - ein sehr netter Geselle. Aber ich habe halt meinen Kopf, der lässt sich nicht einfach so abschrauben und durch eine Regentonne ersetzen, nur weil das Gegenüber sich dann nicht mehr bedroht fühlen würde...

    :lach: hihi, ach was ich finde weder, dass du unnett rüberkommst, noch sollst du irgendwas an dir ersetzen. Auch ging es nicht darum, freundlicher zu sein. Es geht darum aus einer emotionalen Depressionsschleife zu kommen: du suchst Sachlichkeit? Dann finde sie. So geheimnisvoll ist weder die Bewertungspraxis von Fachleitern, noch musst du in der Phase des Refs deinen Dickschädel durchsetzen. Halt dich halt einfach mal an das, was man dir sagt, auch wenn du es momentan nicht ideal findest. Soooooo riesig sind die Unterschiede der Unterrichtspraxis nun auch wieder nicht, dass man sich nicht mal für eine Prüfung an etwas halten könnte, was einem nicht so liegt.
    Oder sollst du Kinder schlagen? Dich an Reichsbürgerlehrpläne halten? dann müsste man andere Schritte einleiten.

  • In dem Beitrag ist ja viel drin, das stimmt/stimmen mag, aber eines möchte ich doch explizit nochmal anmerken:

    Kinder, es gibt Alleinerziehende, die Vollzeit arbeiten, es gibt Arbeit am Fließband, im Stahlguss, normale Azubis bekommen 400 Euro im Monat und müssen wochenlang denselben Handgriff üben. Heult doch bitte nicht so viel rum.

    "normale Azubis" sind bei einem "normalen" Lebenslauf irgendwo zwischen 16 und Anfang 20. Ich hätte mich in dem Alter sehr darüber gefreut, 400€ zu bekommen statt 650€ Studien- und Semestergebühren pro Semester zuzüglich benötigter Literatur zu zahlen. Was ich damit sagen möchte: Ich finde ich es schwierig, Referendare mit normalen Azubis zu vergleichen, da sie den ersten (hier: akademischen) Teil ihrer Ausbildung eben schon abgeschlossen haben und entsprechend in einem anderen Lebensabschnitt stehen. Auch könnte man argumentieren, dass sie mit dem erfolgreichen Abschluss des Studiums ein Anrecht auf eine höhere Besoldung während des Referendariats erworben haben als jemand, der für gewöhnlich eben noch keinerlei Vorwissen/ berufsbezogene Vorbildung mitbringt.
    Und zum letzten Satz: Nur weil es anderen auch schlecht oder noch schlechter geht, bedeutet es nicht, auf Missstände nicht aufmerksam machen zu dürfen.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

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