Ich habe eine Frage. Wir sehen uns ja zunehmend mit heterogenen Klassen konfrontiert - gerade in der ersten Klasse kommen die SuS ja mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen.
Die Lehrerin meiner Tochter geht so vor: Neue Buchstaben werden im Unterricht erarbeitet, aber auch sehr selbstständig, anhand der Cornelsen-Materialien "Die Tobis".
Sie lässt den SuS viele Freiheiten, daher hängen viele Kinder zur Zeit 7-8 Buchstaben hinter dem aktuell erarbeiteten her, dafür sind andere mit den Tobi-Büchern komplett durch. Und das lässt mich grübeln.
Ist das sinnvoll? Ich kenne Binnendifferenzierung anders - ich arbeite auch mit Schulbüchern, variiere aber mit Arbeitsblättern (steigender Schwierigkeitsgrad und Komplexität der Aufgaben) - im Buch lasse ich niemanden vorarbeiten. Ein neues Thema wird zusammen mit der Klasse bearbeitet - sind manche schneller und manche langsamer, muss ich zusehen, dass sie nicht über-/ unterfordert sind. Aber ich hole alle da ab, wo sie sind und starte dann erst gemeinsam mit allen mit dem nächsten Thema.
Gestern auf einem Elternabend wurde den Eltern gesagt, dass manche Kinder hinterherhinken und in den Ferien nacharbeiten sollen, dafür andere aber schon mit den Tobi-Büchern "durch" sind. Und da war dann Schweigen im Walde. Meine Tochter ist beim aktuell behandelten Buchstaben, daher hatte das keine Wirkung auf mich, aber ich befürchte, dass die Eltern, deren Kinder so hinterherhinken, nun negative Gedanken (mein Kind ist faul, dumm) haben und vielleicht Druck auf ihr Kind ausüben... Vergleich wie "Andere Kinder haben das ganze Buch schon durch" könnten angestellt werden - ich befürchte negative Folgen für Selbstwert und Selbstbild der Kinder. Andersherum sind die Eltern, deren Kinder schon fertig sind, sehr stolz und halten ihr Kind für schlau, fleißig etc. Auch hier könnten Vergleich fallen wie "Toll hast du das gemacht, viele andere Kinder sind noch nicht mal bei dem Buchstaben, der gerade im Unterricht dran ist".
Diese beiden Extreme sind nicht gut - beide Schülergruppen können Misserfolgsängste entwickeln. Eigentlich sollte der Referenzpunkt für Können doch immer die eigene Entwicklung/ Leistung sein. DAS ist doch individuelle Förderung!
Wie seht/ handhabt ihr das?