Problem in der Reflexionsphase im Unterricht

  • Liebe Kollegen und Kolleginnen,


    ich habe in meinem Unterricht folgendes Problem:


    Meine Schüler kommen von der Erarbeitungsphase in die Reflexionsphase und sollen ihr erworbenes Wissen wiedergeben. Die reine Reproduktion klappt soweit gut. Aber ich schaffe es nicht, die SuS zu einer tiefgründigen Antwort oder zu einem Transfer in der Reflexion anzuleiten. Besonders die schwachen SuS verliere ich in dieser Phase. Somit bleibt mein Unterricht immer hinter dem gesetzten Lernziel und zu oberflächlich. Wie kann ich die Erarbeitungsphase und die Reflexionsphase methodisch und didaktisch gestalten, damit dieses Problem nicht mehr vorkommt? :traenen:

  • das kann dir so pauschal keiner sagen. transfer kann man üben, aber insgesamt ist die transferfähigkeit massiv an das kognitive potential des kindes gekoppelt. bei weniger begabten kindern investierst du besser in anwendung, anwendung und nochmal anwendung, aka üben, üben, üben (anforderungsbereich II), anstatt sie mit transfer, den sie nicht packen, zu frustrieren.


    grundsätzlich klappt transfer am besten, wenn das kind das wissen wirklich verstanden hat, also nicht nur auswendig gelernt. letzteres scheint bei dir zu passieren, wenn die reproduktion klappt, aber dann nichts mehr kommt. übst du viel im unterricht (als eigene phase, wenn's geht)? sprich, nutzt du den anforderungsbereich II wirklich intensiv und immer wieder? arbeitest du wirklich in den erarbeitungsphasen so, dass das vorwissen der kinder aktiviert wird und sie das neue wissen "ko-konstruieren", nicht nur nachplappern?


    immer gut, gerade für schwache schüler, aber eigentlich für alle: verpack die dinge in geschichten, mach sie sozial erfahrbar, personalisiere (abstraktes personal erlebbar/erfahrbar machen), situiere, mach ein spiel draus...

  • So ohne weitere Infos ist das wirklich schwer zu beantworten. Wie alt sind die Schüler? Und, ganz wichtig, uUm welches Fach geht es denn? Eine echte Meinungsbildung z.B. in Politik zu erreichen ist m.E. deutlich schwerer, als fachliches Verständnis in (bspw) Physik. Entsprechend ist in Politik auch die Reflexion deutlich anspruchsvoller und methodisch ganz anders aufzuziehen.


    Gruß,
    DpB

  • Es geht um meine Biologiestunden und um eine 5. Klasse.


    Die Schüler sind soweit recht fit und besuchen eine Realschule.


    Ich achte im Unterricht auf einen Alltagsbezug und arbeite die Inhalte schülernah und handlungsorientiert auf. Tortzdem finde ich es recht schwer tiefgehende Reflexionsgespräche zu führen.

  • was genau klappt denn nicht? es ist fast unmöglich, dir mehr als die sehr allgemeinen tipps zu geben, die oben stehen, wenn du so im vagen bleibst. nenn doch mal ein paar konkrete stunden und beispiele (was sagten die kinder/was hätten sie sagen sollen)?!

  • Ich hatte Beispielweise eine Stationsarbeit zum Thema Getränke. Aus diesem Material sollten die SuS Tipps für ein richtiges Trinkverhalten entwicklen und diese begründen. Die Tipps an sich konnten sie schnell reproduzieren. Doch gelang es ihnen nicht die Texte tiefgründig genug zu lesen (obwohl sie kurz und übersichtlich gestaltet waren), um zügig ihre Aussagen begründen zu können...


    Ich dachte mir, dass vllt die Fragen in den Stationen gezielter zum Text und kleinschrittiger zum Text gestellt werden müssten...

  • In einer anderen Stunde sollten sie die Strukturen und Funktionen der Verdauung des Rindes wiedergeben und die Funktion des Verdauungsabschnitts erklären. Dass klappte soweit gut. Allderdings harkte es dabei, den Vorgang des Wiederkäuens, das Vorhanden sein der verschiedenen Mägen und die Länge des Darms in einen Zusammenhang zu bringen. Es sollte mit dem Vorwissen der vorangegangenen Stunde herauskommen, dass das Rind das schwerverdauliche Gras mit Hilfe der Besonderheiten seines Verdauungssystems verdauen kann.

  • Aber ich schaffe es nicht, die SuS zu einer tiefgründigen Antwort oder zu einem Transfer in der Reflexion anzuleiten.

    Die Schüler sind nicht imstande, eine tiefgründige Antwort oder einen Transfer zu leisten. :P


    Nichts für ungut. Ich habe auch immer den Eindruck gehabt, dass man in der Lehrerbildung letztlich immer nach Schülerleistung bewertet wird. Wenn du zwei, drei aufgeweckte Schüler mehr in der Klasse hättest, ständest du als viel besserer Lehrer da.


    Such dir halt für Prüfungslektionen bloss eine gute Klasse. Dann denken alle, die Schüler seien wegen dir so gut :D

  • problem 1 klingt nach schwierigkeiten beim sinnentnehmenden lesen, weniger nach einem transfer-problem. da muss lesekompetenz geübt werden/müssen von dir aufgaben so gestellt werden, dass sie nicht lesefähigkeiten testen, sondern das verständnis des kindes für bio verbessern.


    problem 2 ließe sich eventuell bessern, wenn man einen derartigen transfer immer wieder übt - viech x hat den und den magen, weil... es dann speise z besser verarbeiten kann, vogel p hat diesen schnabel, weil er damit körner w besser fressen kann, kuh hat magen soundso, weil sie damit das schwer verdauliche gras besser verwerten kann. das ist ja in bio eine grundargumentationsfigur, oder? von wegen evolution und so. "erfindet zu zweit ein tier, das tolle eigenschaften hat und die umwelt, an die es angepasst ist, gleich noch mit dazu" wäre dann ein längeres transfer-projekt, um das so richtig festzuklopfen. oder so ;).


    die kinder können noch nicht wie biologen denken. mach ihnen oft vor, wie das geht ("lautes denken"), anstatt ihnen die antwort zu nennen/zu hoffen, dass sie irgendwie von alleine drauf kommen.

  • Typischer Fall für z.B. Differenzierung, also Hilfen für schwächere Schüler. Alternativ auch z.B. Murmelphasen einbauen, d.h. wenn du z.B. irgendein Urteil verlangst, haben sie bei der Murmelphase mit dem Partner die Möglichkeit, da ein Ergebnis zu entwickeln.

  • Mir hat es gerade im Ref. immer geholfen, wenn ich mir im Vorfeld genau überlegt habe, welche Transferleistung ich von den Schülern erwarte. Das habe ich auch für mich noch einmal klar notiert und mir dann entsprechende Fragestellungen und Hinweise aufgeschrieben, mit deren Hilfe ich die Schüler dahin bringen wollte. Den Zettel hatte ich dann immer dabei und konnte in Reflexionsphasen falls nötig drauf gucken und weitergehende Impulse liefern, die mir spontan vielleicht nicht eingefallen wären.

  • gerade im ref versteht es sich doch von selber, dass man anfangs die überleitungen, die einstiegsphase und die vertiefenden abschnitte ausformuliert auf dem zettel hat? war bei uns ein standard.

  • Bitte bei den Fünftklässlern auch bedenken, dass sie noch sehr bildhaft denken. Abstrakt denken können zu diesem Zeitpunkt nur die wenigsten.
    Beim Beispiel Rindermagen kenne ich jetzt die genaue Aufgabenstellung nicht, halte aus den genannten Daten den Anspruch aber für recht hoch. Ich würde die Kinder in kleinen Schritten dorthin leiten. Zuerst auf die sicher schon besprochene Verdauung beim Menschen hinweisen. Von dort sollten sie wissen, was Ballaststoffe sind und dass für uns eben pflanzliche Nahrung Ballaststoffe sind. Dies noch einmal für alle wiederholen lassen, weil mindestens die Hälfte das schon wieder vergessen hat. Klarmachen, dass diese Nahrung schwer verdaulich ist. Jetzt hat das Rind aber nichts anderes außer Pflanzen/Gras zu fressen. Also nur schwer verdauliche Nahrung. Welche Anpassungen können wir bei seinem Verdauungssystem finden?
    Häufig ist den Kindern bei Transferfragen auch nicht klar, dass sie ihr Wissen hier übertragen bzw. logisch denken sollen. Viele raten dann einfach herum im Sinne von "Vielleicht... ?" Hier muss man ihnen recht deutlich machen, was von ihnen erwartet wird. Z.B. dass sie nun ihr Vorwissen anwenden müssen.
    Gestern bin ich mit meiner sechsten Klasse fast verzweifelt, als sie den Kreislauf der Fische mit dem des Menschen vergleichen sollten. Den hatte ich ein Jahr zuvor bei ihnen unterrichtet. Es scheiterte daran, dass viele diesen nicht mehr wussten. Unterteilung in Lungen- und Körperkreislauf, Unterteilung des Herzens in zwei Hälften, Begriffbedeutung Arterien und Venen (Grundwissen) - das war bei den allermeisten nicht mehr da, und daher konnten sie mit der Schemazeichnung zum Blutkreislauf des Karpfens nicht mehr viel anfangen. "Gasaustausch in der Lunge bzw. in den Kiemen... was bedeutet der Begriff Gasaustausch denn?" Hatten wir auch in der 5. eingeführt und jetzt noch in der 6. bei vielen anderen Beispielen wiederholt. Es meldeten sich zig Schüler, die mir erzählten, dass der Gasaustausch in den Lungenbläschen stattfindet (war nicht gefragt, das hatten wir ja eben schon geklärt), aber kaum einer konnte sagen, was damit gemeint ist (Sauerstoffaufnahme und Abgabe von Kohlenstoffdioxid). Jetzt stelle ich mir gerade vor, wie es abgelaufen wäre, wenn die Schüler sich dies alles selbst erarbeiten hätten sollen und ich ihnen nur die entsprechenden Materialien zur Verfügung gestellt hätte.
    Andetes Beispiel (nicht von mir): Lehrer bespricht Jagdverhalten der Katze, Schleichjäger, Krallenmechanismus etc. Seine Erwartung, dass die Schüler dies nun bei der Fragestellung "Wie ernährt sich die Katze?" wiedergeben. Antwort der Schüler: "Von Mäusen."


    Sarek

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