Inklusion LE/GE: Wie arbeitet ihr?

  • Naja, wenn ich bedenke, wie viele Schüler an meiner Schule erfolgreich die gymnasiale Oberstufe durchlaufen, die von der Grundschule keine Gymnasialempfehlung hatten (sogar Schüler mit HA-Empfehlung!), und umgekehrt manchem Schüler mit Gymnasialempfehlung auf halbem Wege die Kraft ausgeht, dann frage ich mich, wie das genau gehen soll mit der Passgenauigkeit.


    Wir nehmen 40% Kinder mit Gymnasialempfehlung auf. 65-70% eines Jahrgangs macht bei uns Abitur. Ich denke, ich darf daraus schließen, dass wir mit unserer Art des Gemeinsamen Lernens nicht allzu viel falsch machen.

    und wie kommt das? Einmal, weil ihr sicher ein durchdachtes, von Wollen geprägtes und sicher auch unterstütztes System aufgebaut habt, das wohl funktioniert und von allen getragen wird und zweitens, weil Kinder sich zwischen 10 und 18 vielfach nicht linear entwickeln und deshalb jegliche Prognose in Klasse 4 nur ein Ratemal mit ... ist. Was sind diese Empfehlungen überflüssig ... Das ist meine ehrliche Meinung. Wie oft hab ich in unserer sechsjährigen Grundschule erlebt, dass Kinder sich unerwartet anders entwickeln und zeigen, auch nach dem Wechsel hören wir von Lebenswegen, über die man manchmal stsunt und manchmal auch erschrickt ... So ist das im Leben. Wer will das denn vorher wissen können?! Es heißt Empfehlung, aber es verbaut auch manchem die Zukunft oder stiehlt ihm zumindest Lebens- und Lernzeit.
    man muss halt einfach am Kind und der momentanen Situation bleiben, das ist die einzige Passgenauigkeit, die möglich ist. Hoch flexibel und sicher intensiv aber auf jeden Fall lohnend.

  • @'Jazzy


    Huhu....


    Ich selbst bin vor 2,5 Jahren an der Schule- nach dem Ref- gestartet...Damals in Klasse 5, das ist nun eine 7.Klasse. Praktika etc beginnen bei uns in Kl 8 und da bin ich ja noch nicht.... ;)
    Aber ich habe schon mal gehört dass eine Potentialanalyse gemacht wurde, es gibt wie gesagt die Berufsberater die da auch irgendwie drin rumwerkeln. Ein Berufsvorbereitungskonzept für Regelschüler gibt es sicher.
    Aber wie gesagt, ich unterrichte die "Großen" noch nicht... Hab dann u wann die leidvolle Aufgabe bei Ihnen vertreten zu müssen.


    LG

  • Ich möchte mal den Förderschwerpunkt em-so/ese in den Raum werfen.


    Wie geht ihr rein notentechnisch damit um, wenn ein Grundschüler aufgrund seines Förderstatus nicht die Leistung abrufen kann, die er abrufen könnte? Ich komme an dem Punkt der Argumentation nicht weiter. Einige Eltern sagen bei uns nämlich, dass Kollegen das Verhalten und nicht die Leistung auf dem Notenzeugnis bewerten. Ich habe dann als Klassenleitung versucht zu erklären, dass em-soz Kinder zielgleich unterrichtet werden und dass sie die Kollegen dennoch die besondere Situation berücksichtigen. Doch wenn Max Leistung verweigert, ich habe weiß, dass er es theoretisch kann, dann sind mir doch notentechnisch trotzdem die Hände gebunden und ich muss die Leistungsverweigerung eintragen. Klar bekommt dieser bestimmte Schüler später nochmal die Möglichkeit, aber auch die wird dann selten genutzt.


    Wie handhabt ihr diesen Spagat?

  • ich sehe da keinen spagat. es wurde gelegenheit zur leistungserbringung gegeben, das kind hat die leistung nicht erbracht. die note bewertet die leistung bzw. deren fehlen. sollen die eltern doch einen vorschlag machen, wie das kind zur leistung ermutigt werden kann.


    leistung heißt ja nicht nur, dass ich intelligent genug bin, das problem zu lösen, sondern auch die nötige disziplin, frustrationstoelranz, ausdauer, fleiß usw. mitbringe. all dies versuchen eltern und schule zu fördern, soweit wie möglich. letztlich bräuchten solche kinder einen nachteilausgleich insofern, als dass ihre - behinderungsbedingt, oder wie man es nennen möchte - mangelnden sekundärtugenden nicht bewertet werden. problem ist nur, dass man ohne ein minimum an frusttoleranz, fleiß, ordnung usw. eben wenig zu stande bringt, was bewertbar wäre, wenn man nicht "atmen" und "stehen" als leistung bewerten will.


    für mein dafürhalten wäre es hier sinnvoll, normal zu bewerten, aber dem kind durch ganz viel wertschätzung und erziehung zu helfen, so gut es eben nur geht, die fehlenden sekundärtugenden zu entwickeln. ich bin sicher, das macht ihr schon. die eltern täten imo gut daran, euch darin zu unterstützen, anstatt immer neue extraveranstaltungen für ihr kind zu fordern. am erfolgversprechsten sind doch immer hohe erwartungen kombiniert mit viel wärme und liebe, wenn es um leistungsmotivation geht...

  • In einem speziellen Fall ist es leider so, dass die Krankheit (dazu kommt noch ADHS) als Begründung für alles genommen wird und es extrem schwierig ist, da irgendwie zu argumentieren, weil die Eltern sich immer wieder darauf berufen. Da kann man machen was man will, selbst die Argumentation der Eltern nehmen und sagen "und genau deshalb XYZ" - das interessiert die nicht.

  • Ich würde man die Alternative FS Lernen ansprechen. Dann gibts aber keinen Regelschulabschluss.
    Danach werden die Eltern alles daran setzen, dass ihr Kind in der Schule mitarbeitet. Garantiert.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Habe den Vergleich im Gespräch aufgemacht. Wir sind so verblieben, dass wir eintragen, wenn etwas an Mitschriften fehlt, weil die Eltern meinen, wenn das Kind das dann zu hause nacharbeiten muss, wird es das ganz schnell lernen in der Schule mitzuarbeiten. Dadurch wird ihm doch aber die Pflicht genommen in der Stunde mitzumachen. Aber vielleicht müssen die Eltern selbst erleben, dass das nicht funktioniert.

  • Nächste Frage: Was sagt ihr nicht verhaltensauffälligen Kindern, wenn ein ES Kind diese unfair behandelt und gleichzeitig den Fehler auch später nicht einsieht? Wie sollen die Kinder in der Situation reagieren? "Weggehen, ignorieren, sagen: STOPP" klappt bei einem ES Schüler nicht. Dem ist das egal/der kann nicht anders. Ich sehe da derzeit immer mehr eine Abwärtsspirale für diesen Schüler, denn er selbst äußert schon, dass er ständig dafür bestraft wird, dass er so ist, wie er ist. Egal, ob wir ihm immer wieder sagen, dass es nicht um sein Ich sondern um sein Verhalten geht. Klar, ist ja auch für manchen Erwachsenen schwierig zu verstehen.

  • Naja, das Verhalten kann man ja nicht einfach hinnehmen. Wenn er das in dem Alter (Dein Nick ist ja "Primarlehrer, also nehme ich an, dass das Kind unter 10 Jahre alt ist.) so formuliert, dann hört er das zu Hause. Da würde ich schleunigst mit den Eltern reden.
    Auch mit einer Diagnose kann das Verhalten nicht ohne Konsequenzen bleiben. Er muss es ja irgendwann einmal lernen, oder soll er, wenn er erwachsen ist, unter der Brücke enden?

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Naja, das Verhalten kann man ja nicht einfach hinnehmen. Wenn er das in dem Alter (Dein Nick ist ja "Primarlehrer, also nehme ich an, dass das Kind unter 10 Jahre alt ist.) so formuliert, dann hört er das zu Hause. Da würde ich schleunigst mit den Eltern reden.
    Auch mit einer Diagnose kann das Verhalten nicht ohne Konsequenzen bleiben. Er muss es ja irgendwann einmal lernen, oder soll er, wenn er erwachsen ist, unter der Brücke enden?

    Ach, wenn mir Eltern ständig sagen: "Was soll ich mit den Einträgen/Gesprächen mit Ihnen anfangen? Es hilft ja meinem Kind nicht", dann sucht man nach Wegen, um mit dem Kind zu arbeiten ohne die Eltern zwingend zu involvieren. Die Eltern an sich verstehen oft nicht, dass auch "gelabelte" Kinder sich an die Regeln zu halten haben.


    Heute ist wohl auch für mich ein sich-im-Kreis-drehen Tag.


    PS Grundschule bis Klasse 6!

  • Die Eltern sind ja meist ebenfalls sehr gebeutelt und gestresst durch das Verhalten ihres Kindes. Sie gehen in Elterngespräche immer mit dem Gefühl, mit Argwohn, Vorwürfen und Schuldzuweisungen traktiert zu werden. So legen sie sich einen immer dickeren, wehrhafteren Panzer an und wappnen sich innerlich gegen diese Vorwürfe.
    Nichts ist schlimmer für diese Eltern, als ergebnislos aus einem solchen, höchst unangenehmen Gespräch gehen zu müssen.


    Nimm die Eltern als Experten für ihr Kind ernst. Sie kennen es am besten. Frag sie, wie sie mit dem Fehlverhalten ihres Kindes umgehen. Sie können ja auch nicht alles durchgehen lassen, sonst gehen irgendwann alle Familienmitglieder vor die Hunde.


    Vereinbart ein gemeinsames Vorgehen. Legt z.B. gemeinsam eine Regel des Monats fest: Das Kind ist derzeit sehr aggressiv - dann ist die Regel des Monats "Wir lösen Konflikte gewaltfrei." Sollte das Kind dagegen verstoßen, gibt es eine Mitteilung an die Eltern, die dann ihrerseits aktiv werden und eine Konsequenz verhängen oder umgekehrt eine gewaltfreie Woche mit einem Ausflug am Wochenende belohnen. Das alles geht natürlich nur, wenn Du weißt, dass Du Dich auf die Eltern verlassen kannst.


    Egal wie - das Kind muss wissen, was es darf und was nicht, dass alle Regeln überall gelten und dass es Schule und Elternhaus nicht gegeneinander ausspielen kann.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.


  • Nimm die Eltern als Experten für ihr Kind ernst. Sie kennen es am besten. Frag sie, wie sie mit dem Fehlverhalten ihres Kindes umgehen. Sie können ja auch nicht alles durchgehen lassen, sonst gehen irgendwann alle Familienmitglieder vor die Hunde.


    Das Problem ist meistens - zumindest erlebe ich es in vielen Fällen so -, dass die Eltern der Meinung sind, zu Hause laufe alles super.


    Vielleicht mag das in Einzelfällen sogar zutreffen (wenn das Kind Einzelkind ist und zu Hause am PC spielt, gibt es sicher auch wenig Kontakt zu Gleichaltrigen und wenig Konfliktpotential), aber vermutlich ist das meistens eine natürliche Abwehrhaltung der Eltern.


    Es ist nicht einfach, da das Vertrauen zu gewinnen und den Eltern klar zu machen, dass ja eigentlich alle das Beste für das Kind wollen, aber dass das Kind sich eben auch in der Schule an Regeln halten muss, trotz ES.

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