Lehramt Gymnasium

  • Hallo Peter,


    beim Wort "Brennpunktschule" hat wahrscheinlich jeder Bauchschmerzen. Ich musste - wie gesagt - auch sehr kämpfen, unter Anderem um eine Versetzung in meinen Heimatkreis, wo es auch eher ruhiger zugeht. Mit Hilfe der Personalrätin hatte ich dies damals auch vor Ablauf der 5 Jahre und geben den erbitterten Widerstand des zuständigen Dezernenten geschafft.
    Ein Tipp noch: Was mir im Umgang mit schwierigen Schülern immer geholfen hat, waren Kollegen, mit denen ich gut reden und zusammenarbeiten konnte. Meines Erachtens sollte man als Lehrer niemals zum Einzelkämpfer werden. Dieses "Wir-sitzen-alle-in-einem-Boot"-Gefühl ist enorm wichtig.
    Aber ich stimme dir in deinem Optimismus, an einem Gymnasium nicht auf die schlimmsten Knalltüten zu treffen, zu. Auch die Eltern dürften erreichbarer sein. Wenn du dir eine gute Portion Schlagfertigkeit zulegst (auch das kann man lernen), kann doch gar nichts mehr schief gehen. :victory:

  • Dennoch frage ich mich, ob ich mit dieser Einstellung der Richtige für den Schulalltag bin.

    Man wächst da auch rein. Ich kenne etliche, die nach dem Gym-Ref keine Stelle bekommen haben und erstmal an der Hauptschule untergekommen sind. Viele von denen wollten da gar nicht mehr weg. Die Arbeitsbelastung (vor allem Vorbereitungen und Korrekturen) ist auch eine andere, von vielen (Typfrage!) als angenehmer empfundene als am Gymnasium.


    Übrigens: Wenn Du räumlich flexibel bist und nicht den Anspruch hast, dass auf der anderen Seite der Wohnungstür Deine Lieblingskneipe ist, gibt es in jedem Bundesland Ecken, die wunderschön sind und hohe Lebensqualität bieten, und wo trotzdem keiner hin will (Bayerischer Wald, Eifel, Hunsrück, Schwäbische Alb etc.). Meist sind dort auch die Preise moderat. Das Landgymnasium mit homogener und harmloser Schüler- und Elternklientel ist allerdings trotzdem eine aussterbende Art.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Ehrlich: Nein.

    Ehrlich: Doch.


    Ich hätte absolut keine Lust an einer Brennpunktschule zu arbeiten und ich würde es auch einfach nicht machen. Ich halte mich ansonsten aber für eine recht gute Lehrerin, die dem Alltag an ihrer Schule sehr gut gewachsen ist. Meine Schüler und Kollegen sehen das ähnlich. Doch ... ich finde, man darf das auch als Lehrer so sagen, dass man absolut keine Lust hat, in bestimmten Bereichen zu arbeiten. Wir schicken hier in der Schweiz unsere Bewerbung sowieso direkt an die Schule und in Deutschland hat man immerhin noch die Möglichkeit, eine Versetzung zu beantragen, wenn man irgendwo gelandet ist, wo es einem absolut nicht passt. Ich finde das vollkommen legitim, diese Möglichkeit dann auch in Anspruch zu nehmen.

  • Ich hätte absolut keine Lust an einer Brennpunktschule zu arbeiten und ich würde es auch einfach nicht machen.

    Das ist ja was anderes, er hat aber gesagt, dass er generell nicht glaubt der richtige zu sein und meint, dass seine Nerven das nicht mitmachen. Das klingt für mich schon etwas anders.



    Btw: In Deutschland kann man sich in den meisten Bundesländern auch direkt an Schulen bewerben. In NRW ist das z.B. gängig.

  • Ich denke ich traue mir den Lehrerjob zu, aber nach meiner Selbsteinschätzung bin ich der falsche Mann für eine Brennpunktschule. Ich glaube nicht, dass ich die Nerven dazu hätte und meine Freude am Schulalltag aufrecht erhalten könnte.

    Er schreibt eindeutig, dass er keinen Nerv hätte, an einer Brennpunktschule zu arbeiten. Den muss er auch nicht haben und kann trotzdem ein guter Lehrer werden. Wenn er in NRW die Möglichkeit hat, sich direkt an einer Schule zu bewerben, kann er es ja selbst steuern, wo er unterkommt.

  • Ich meine damit nicht, dass ich nervlich labil bin, aber sehe es nicht als meine Lebensaufgabe in einer Schule mit hohem Migrationsanteil an vorderster Front zu kämpfen. Und mit dieser Einsicht würde ich wohl an einer Brennpunktschule kaputt gehen. Ich habe einmal zwei Tage in Offenbach einen Lehrer begleiten dürfen und war ehrlich gesagt schockiert. So etwas kenne ich aus meiner eigenen Schulzeit und aus meinem Praktikum in BW nicht. Hier hat man gemerkt, dass man zu den Kindern einen Draht aufbauen kann und dass auch vernünftige Denkansätze der Schüler zurückkommen, auf die man stolz sein kann. In diesem Umfeld denke ich, blickt man gerne auf seine Tätigkeit als Lehrer zurück und ist motiviert guten Unterricht zu machen. (wobei ich jetzt nicht rosarot klingen möchte. Natürlich gab es hier ebenso frustrierend Momente, aber eben auch Licht am Horizont und es war noch nicht alles verloren :D). In Offenbach hätte ich es im Leben nicht geglaubt, dass ich an einem Gymnasium bin, wenn man es mir nicht schwarz auf weiß versichert hätte. Zustände... Ohne Worte

  • aber sehe es nicht als meine Lebensaufgabe in einer Schule mit hohem Migrationsanteil an vorderster Front zu kämpfen

    Bitte nicht schon wieder das mit dem hohen Migrationsanteil. Wir haben bei uns am Gym Klassen, da findet sich kein einziger schweizer Name auf der Klassenliste. Nenn es meinetwegen gescheiterte Integration oder bildungsferne Elternhäuser aber ein hoher Migrationsanteil allein macht ganz sicher noch keine schwierige Schülerschaft. Sorry ... nimm es nicht persönlich aber ich bekomme allmählich eine Allergie gegen diese Ausdrucksweise.

  • Vielleicht mißverstehe ich dich, Peter222 und tue dir da unrecht, aber ich habe mein Lesen deiner Posts den Eindruck den Eindruck, dass du nur eingeschränkt bereit bist, dich auf deine mögliche zukünftige Schülerschaft einzulassen.
    Das ist aber mit eine der Grundvoraussetzung für erfolgreichen Unterricht und um ein guter Lehrer zu werden.
    Du kannst dir deine Schülerschaft später nur bedingt aussuchen und wirst dafür bezahlt, dass du sie im Rahmen der Möglichkeitengen bestmöglichst und vorurteilsfrei unterrichtest und förderst. Du wirst an jeder Schule auf Schüler treffen, die mehr oder weniger deinem Schülerideal entsprechen. Wenn du da schon von vorne herein Schüler ablehnst, dann kannst du den Anforderungen an unseren Beruf nicht gerecht werden, egal an welcher Schule und Schulform du bist.

  • Nein, Die Kritik ist schon in Ordnung. Vllt habe ich mich auch etwas falsch ausgedrückt.
    Natürlich ist es mein Ziel die nächste Generation zu bilden und dazu meinen Teil beizutragen. Ich möchte auch keine bestimmte Scülerschaft ablehnen, sondern viel eher dazu beitragen, dass ein gutes Miteinander funktioniert.

  • Wollte mich nochmal bei euch bedanken. Der Umgangston hier ist wirklich sehr freundlich. Ich werde das Ganze jetzt erst einmal auf mich wirken lassen und lasse dann den Bauch entscheiden. Natürlich gibt es ein paar Punkte, die gegen das Lehrersein sprechen, aber die gibt es im Maschinenbau auch. Es wäre wohl illusorisch zu glauben, dass es in irgendeinem Bereich keine Negativpunkte gibt.


    Liebe Grüße und gute Nacht :)

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