Wahl der 2. Fremdsprache bei zweisprachig aufgewachsenen Kindern

  • In meiner 5. Klasse kam heute die Diskussion unter den kleinen Halbfranzosen auf: In der 6 Französisch wählen oder Latein? Papa sagt X, Mama sagt Y.
    Was sind eure Erfahrungen in diesem Fall bzw. was würdet ihr diesen Kindern raten? Ich hätte Sorge, dass sie sich evtl. langweilen oder aber nicht erkennen, dass sie sich im Schriftlichen doch auch schon in der Anfangsphase 'reinhängen' müssen, da die meisten ja die Sprache nur mündlich gelernt haben.

    • Offizieller Beitrag

    ich bin ziemlich sicher, dass wir das Thema schon mal hatten (cubanita? oder etwas anderes...?)
    Aber gut, hier noch mal meine Meinung:


    Es hängt von sovielen Faktoren ab, dass es schwierig ist, eine pauschale Antwort zu geben.
    1. Wie gut ist der jeweilige Schüler? Wäre eine kleine Pause für ihn ganz gut? also dass er in einem Fach seine Ruhe hat? Ist er sprachbegabt und er könnte also seine "Muttersprache" später nachholen?
    2. Ist es eine Großstadt? Gibt es regelmäßigen, schriftlichen Zugang zur Muttersprache? Vielleicht sogar Kurse für Muttersprachler? Die Instituts Francais haben in der Regel spezielle Angebote, die ganz sinnvoll sind.
    3. Wie gut wird Französisch WIRKLICH gesprochen? Sorry, aber es gibt Muttersprachler und Muttersprachler.
    4. Wie standfest ist der Französischlehrer? Wird er auch sagen "sorry, das ist falsch, auch wenn du behauptest, das sei richtig"?


    Ich habe zur Zeit in meinem Oberstufenkurs eine "Halbmuttersprachlerin", sie schreibt schlechter als meine MittelstufenschülerInnen. Sie hat NIE gelernt zu lernen, weil ihr die Franz-Lehrer der Mittelstufe immer ne 1 gegeben haben, weil sie es ja konnte. (und sie selbst sicher dachten, sie können es nicht so gut).
    Sie hat im Prinzip in mir das erste Mal jemanden gefunden, der ihr gesagt hat, dass es so nicht geht und also hagelt es schriftliche Defizite seit anderthalb Jahre. Mündlich bin ich wieder leicht feige, muss ihr aber auch ständig ihre Defizite nachweisen, weil sie eben deutsche Grammatik auf französische Wörter anwendet, falsche Artikel und falsche Wörter verwendet und dabei keine Probleme sieht, sie wird schliesslich zuhause verstanden bzw. so spricht nunmal die Mama...


    Bei meinem Kind wäre es mir zu doof, wenn es sich im normalen Unterricht langweilen würde. Vorausgesetzt, ich habe ein durchschnittlich intelligentes Kind, das Sprachen mag, aber man muss es nicht übertreiben -> Franz 2. FS, und ich gucke mal, dass es regelmäßig (weiter wie vorher) Bücher au Französisch liest.
    Vorausgesetzt, mein Kind ist überdurchschnittlich intelligent, besonders sprachbegabt: Kind darf entscheiden, ich würde Latein bevorzugen und wenn mein Kind eh so toll ist, kann es eh schon sehr gut Französisch und wir arbeiten regelmäßig weiter an der Schrift.
    Wenn mein Kind unterdurchschnittlich schlau ist bzw. Sprachen echt doof findet: Kind darf aussuchen, wobei Französisch der einfachere Weg sein könnte, mit dem Risiko "hihi, du bist Franzose und nicht mal das kriegst du hin" und das möchte ich erst recht einem Kind ersparen.


    Schwierige Entscheidung.

  • Ich hatte schon oft (Halb-)Muttersprachler im Unterricht; zuletzt im F-LK. Grundsätzlich waren Grammatik/Rechtschreibung i.d.R. höchstens gut, nie sehr gut. Häufiges Phänomen: Phonetische Orthographie (gerade bei binationalen Paaren in deutscher Umgebung).


    "Natürliches" Sprachenlernen ist eben etwas anderes als Schulisches, zumal wenn es nicht durch muttersprachlichen Unterricht i.e.S. flankiert ist. Der Fremdsprachenunterricht, v. a. in der 6, ist dann am Anfang gewiss eine Unterforderung, die man irgendwie auffangen müsste (Kind als Lern-Pate, differenzierendes Material, ggf. eine Lektüre). Längerfristig – spätestens – in der 8 pendelt sich das dann aber wieder ein.

  • Hallo,


    ich würde zu Französisch raten. Es ist doch immer toll, wenn ein Kind in einer Sache mal so richtig glänzen kann.


    In meiner inklusiven Klasse ist ein lernbehinderter Junge, der gerne als WP-Fach in der 6. Klasse Französisch wählen wollte. Alle wollten ihn mit aller Macht davon abbringen bzw. ihm die Teilnahme sogar verweigern. Nach einem intensiven Gespräch mit seiner Mutter, die mir erzählte, dass sie zahlreiche Französisch sprechende Verwandte hätten, setzte ich durch, dass der Schüler in den Französisch-Kurs kam.
    Das Resultat war, dass er - wenn er benotet werden würde - eine 1 bekäme.


    Vielleicht passt dieses Beispiel nicht auf deine Situation. Aber es zeigt, wie gut es manchmal ist, Kinder in einem Bereich zu fördern, in dem es schon Vorerfahrungen/Talente gibt.


    Liebe Grüße.

  • Ich hatte schon oft (Halb-)Muttersprachler im Unterricht; zuletzt im F-LK. Grundsätzlich waren Grammatik/Rechtschreibung i.d.R. höchstens gut, nie sehr gut. Häufiges Phänomen: Phonetische Orthographie (gerade bei binationalen Paaren in deutscher Umgebung).

    Leichtes OT: Und dann reagieren sie mit Unverständnis, weil sie ja als (Halb-)Muttersprachler doch in jedem Fall 15 Punkte bekommen MÜSSEN.
    on topic: Man sollte den Schülern deshalb von Anfang an - altersgerecht - vermitteln, dass das kein Selbstläufer wird, um nicht irgendwann in die groteske Situation zu kommen, dass der Muttersprachler zu große Lücken aufkommen lässt.

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