Problem mal andersherum... Referendar in meinem Unterricht

  • Hallo


    Ich bin Lehrer in Hessen und habe seit dem letzten Sommer einen Referendar in Physik zugeteilt bekommen. Ich hatte schon zweimal einen Referendar bzw Referendarin und da lief alles glatt. Bei ihm gab es aber von Anfang an Probleme. Wenn man ihm Tipps gibt werden diese nicht ansatzweise umgesetzt. Dies führt sogar so weit, dass er nach einem halben Jahr Ausbildungsunterricht nicht mal ansatzweise den Dreischritt beherrscht. Er hält endlose Monologe, ich weise ihn nach jeder Stunde darauf hin, dass er sich im Unterricht zurücknehmen soll, aber er redet immer weiter. Die Schüler finden es sehr langweilig - ich ehrlich gesagt auch. Methoden wendet er gar nicht an, wenn man es eine Methode nennen kann ist es die stille Einzelarbeit. Aber sonst ist es methodentechnisch NICHTS. Alle drei Besuche hat er schon völlig versemmelt, weil zb die Zeitplanung nicht aufgegangen ist, weil die Lernaufgabe falsch gestellt war oder weil er schwere fachliche Fehler gemacht hat. Dazu ist er auch relativ pampig, besserwisserisch und arrogant, weiss alles besser und macht auch sonst keine Anstalten, sich kooperativ mit dem Kollegium zu geben. Er meinte am Anfang auch in der Hospitationsphase, als ich etwas erklärt habe, nach vorne zu kommen, mich zu unterbrechen und zu sagen "Das stimmt so nicht was der Herr ... gesagt hat. Es ist soundso". Entwürfe sehe ich erst IN der Lehrprobe, auch kommt er nicht zu den Sprechterminen.


    Mein Problem: ich muss bis kommenden Freitag an sein Seminar den Beurteilungsbeitrag für das erste Halbjahr schicken. Zu welchem Notenbereich ich tendiere, dürfte nicht schwer zu erraten sein. Mein Problem ist: Sein Vater ist ebenfalls Lehrer unserer Schule. Er bildet ihn natürlich nicht aus, gibt aber eindeutige Kommentare ab wie: "Na, wie macht sich der Junge? Du schreibst ihm doch ein ordentliches Gutachten - so unter Kollegen"



    Wie soll ich mich da Verhalten. Wenn ich die Note gebe, die er verdient hat er ein gewaltiges Problem. Ich dann allerdings auch - mit seinem Vater.

    • Offizieller Beitrag

    der Vater sollte eigentlich nicht dein Problem sein.
    So wie du es beschreibst, wird dieser Referendar niemals durch eine Prüfung kommen. Und das scheint auch gut so :ohh:
    Will dann der Papa jeden angehen, der seinen Sohnemann beurteilt hat?


    Als erstes würde ich den Papa ruhig, aber bestimmt in seine Schranken weisen und jegliches Nachfragen unterbinden.


    Dann würde ich den Referendar beurteilen, wie du es für angemessen hältst.
    Besvhweren soll sich dann der junge Mann selbst; seine Fehler hast du ja sicher dokumentiert, so wie seine anderen Beurteiler. Das ist dann seine Sache, damit umzugehen, nicht die von Papa :sauer:

  • Mit den Akos habe ich s hin gesprochen, er sieht das auch grenzwertig. Sollte der Vater es nicht lassen würde ich zum Lehrerrat gehen. Mit dem Ako hatte ich an ein 6 Augen Gespräch gedacht. Was meint ihr?

  • Ich sehe mehrere Möglichkeiten - die zwei einfachsten scheinen mir folgende zu sein:
    1. Wie die Kollegen schon gesagt haben - den Vater bitten, sich zurückzuhalten.
    2. Warum es nicht direkt sagen, wenn der Papa es denn so genau wissen möchte. Ein charmantes "Du , ganz unter uns, dein Sohn ist extrem schwach. Was haste denn da Schreckliches großgezogen? und auch noch renitent? Hätte ich von dir nicht gedacht...."
    Wenn er es so sehr wissen will..... Natürlich ohne Zeugen, logo.


    Ich glaube nicht, dass er noch mal nachfragt.

  • Also, ich bin selber noch keine Referendarin, aber bald in der Situation. Ich als jung und wahrscheinlich auch noch ziemlich naiv ^^ sehe es folgendermaßen: Der junge Mann denkt er kann sich alles leisten, weil Papi Lehrer an seiner Ausbildungsschule ist. Er scheint vor Arroganz nur so zu sprudeln und in der Hospitationsphase nach vorne zu gehen und dich zu unterbrechen/verbessern ist das Allerletzte ... sorry so was macht man nicht. Er scheint keinerlei Respekt zu haben. Wenn er anderer Meinung ist dann kann nach dem Unterricht auch mal nett fragen, sowas geht garnicht. Ich erinnere mich noch ziemlich gut an mein Praktikum in Sozialwissenschaften. Der Fachlehrer war mir bekannt - ich habe bei ihm mein Abi gemacht. Dann sagte er mir, wenn ich die Schüler etwas frage muss ich ein bisschen Geduld haben und warten bis sich mehrere Schüler melden, die erste Stunde hat dadurch quasi nur mit 2 Schülern stattgefunden. In der zweiten Stunde hat das dann schon viel besser geklappt und ich ahbe diese Kritik einfach mal angenommen, weil er doch die Erfahrung hat. Und es hat geklappt. Und das kooperative lernen wird uns Studis/Refis doch in den Schoß gelegt ... seit dem ersten Semester ^^. Ich sehe das zwar so manches Mal kritisch aber ich gebe zur Zeit Förderunterricht in einer Realschule und das klappt super. Auch wenn ich es nicht jedes Mal mache ;). Es kommt immer auf das Thema an ^-^.
    Was die Beurteilung angeht ... naja ehrlich sein. Es ist ja wie es ist. Du kannst an seinem miserabelen, arroganten Verhalten ja ohnehin nichts ändern.

    • Offizieller Beitrag

    oh weh, das sollte zur schrägen Referendarsgeschichte mit papakollegen -
    kann bitte einer der Mods das ummodeln?


    tut mir leid!

    Kein Problem, ich hab es verschoben :)

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • Mit der Zuweisung des Referendars an die Schule, an der sein Vater arbeitet, waren multiple Interessenkonflikte vorprogrammiert.


    Wenn die Geschichte an meiner Schule passiert wäre, hätte ich alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit der junge Mann an eine andere Schule kommt. Schule ist schließlich kein Familienbetrieb. Es soll mir keiner erzählen, dass ein Schulleiter hier keinen Einfluss nehmen kann.


    Ansonsten: Korrekte Beurteilung schreiben.

  • Zitat

    Er meinte am Anfang auch in der Hospitationsphase, als ich etwas erklärt habe, nach vorne zu kommen, mich zu unterbrechen und zu sagen "Das stimmt so nicht was der Herr ... gesagt hat. Es ist soundso".

    Ach Du meine Güte! Ohne Worte!


    Nunja, auch wenn der Herr Papa Dein Kollege ist, solltest Du da ehrlich beurteilen. Es hat keiner was davon, wenn der Gute mit einer Note, die nicht seinen Leistungen entspricht, ins Examen geht.

  • Und den Vater mal ganz spontan zum Hospitieren einladen? Wenn möglich den AKO auch gleich mit, dann hat man eine Basis für ein 8-Augen-Gespräch.
    Entweder es läuft so wie bisher, dann sieht es vielleicht auch der Vater ein und führt mal ein Gespräch mit dem Kerlchen oder aber es läuft gut, dann kann man ihm sagen, dass er genau da weitermachen soll, damit das nächste Gutachten deutlich besser wird.
    Die Situation mit dem Vater im Kollegium ist natürlich Mist, aber ich denke, mit einem Gutachten, das nicht der Wahrheit entspricht, tust du niemandem einen Gefallen, außer, dass du für den Moment Ruhe vor dem Vater hast. Der Referendar wird so erst recht nicht einsehen, dass da was nicht richtig läuft.
    Ich weiß ja nicht, ob so etwas möglich ist, aber kann man auch als Mentor zurück treten?

  • Und den Vater mal ganz spontan zum Hospitieren einladen?

    Das war auch mein Gedanke.


    Wenn die Story tatsächlich stimmen sollte, dann frage ich mich, warum du ein halbes Jahr gewartet hast, bevor du dich an jemanden wendest?
    Das ist so absurd und verfahren, dass ich schleunigst die Verantwortung abgeben würde und der Schulleitung mitteilen, dass sie sich bitte mal selbst ein Bild machen soll.


    Es ist ja auch so mit Referendaren: die Mentoren werden indirekt ein klitzekleines bisschen mit verantwortlich dafür gemacht, wie der Referendar so drauf ist. Wenn er eine beschissene Prüfung hinlegt, wird der Vater nicht nur verärgert über das "unkollegiale Gutachten" sein, sondern von dir wissen wollen, warum du nicht früher mit Sorgen auf ihn zugekommen bist, er hätte dich ja mehrmals angesprochen. Und ob du vielleicht sogar nicht in der Lage warst, den jungen Mann ordentlich anzuleiten?


  • Wenn er eine beschissene Prüfung hinlegt, wird der Vater nicht nur verärgert über das "unkollegiale Gutachten" sein, sondern von dir wissen wollen, warum du nicht früher mit Sorgen auf ihn zugekommen bist, er hätte dich ja mehrmals angesprochen. Und ob du vielleicht sogar nicht in der Lage warst, den jungen Mann ordentlich anzuleiten?

    Ich würde einen Teufel tun und meinem Kollegen über die Leistung des Referendars Auskunft geben, erst recht, wenn er der Vater ist. Das ist meiner Meinung nach erst einmal etwas, was den Ref selbst, AKO/ABBA, das Seminar und die SL etwas angeht. Alle anderen haben meiner Meinung nach kein Recht, etwas darüber zu erfahren.


    Trotzdem hast Du natürlich Recht: Schlechte Noten werden auch den betreuenden Personen angelastet. Ich habe auch mal eine Betreuung niedergelegt, als ich gemerkt habe, dass wir völlig verschiedene Meinungen über guten Unterricht hatten. Ich habe manchmal in den Nachbesprechungen da gesessen und mich geschämt, weil der UB und Entwurf grobe Mängel hatte. Ich hatte einiges angemerkt, es wurde aber nicht berücksichtig oder kam erst am Abend des UBs. Auch mein Kollege hat gerade jetzt noch seine Aufgabe hingeschmissen, da der Ref nicht bereit war, ein Fitzelchen Arbeit in seinen Unterricht zu stecken. Da ist es mMn oft besser, es übernimmt jemand anderes die Betreuung.

  • Ich würde einen Teufel tun und meinem Kollegen über die Leistung des Referendars Auskunft geben,

    Absolut richtig!


    Ich meinte auch: an die Schulleitung wenden. Der komische Vater hat sich da überhaupt nicht einzumischen. Wie unprofessionell ist das denn?

  • Haben denn noch keine Gespräche mit der AKO und SL stattgefunden?


    Ich hatte einmal eine sehr spezielle Referendarin. Sehr schnell suchte ich das Gespräch in alle Richtungen, einfach zur eigenen Absicherung, um einen anderen Blickwinkel zu erlangen. Letztendlich hat meine SL genauer hingeschaut und die Dame hat nach 3 Monaten das Ref geschmissen.

  • Ich meinte auch: an die Schulleitung wenden. Der komische Vater hat sich da überhaupt nicht einzumischen. Wie unprofessionell ist das denn?

    Sehe ich auch so! Wie kann man nur so wenig Abstand halten? Gerade WEIL es der Sohn ist, muss er sich von Ausbildungslehrern etc fern halten, wenn es um das Thema geht.

  • Ich sehe es ähnlich wie Sissymaus. Er ist ein erwachsener Mensch und kein Kind mehr. Den Vater geht es rein juristisch nichts an wie sien Sohn sich schlägt - das kann er ihm ja gerne zu Hause beim Abendessen erzählen. In der Schule ist der Vater "nur" ein Kollege und bevor es heißt du gibst Infos über den Ausbildungsstand an Kollegen weiter o.ä. würde ich dem Herren Vater ganz klar sagen: Du bist in diesem Fall Kollege. Akzeptiere, dass ich dir diese Auskünft nicht geben kann. Wende dich doch direkt an deinen Sohn, sollte ja nicht schwer sein. Gleiches gilt für das Gutachten. Punkt.


    Jemandem ein Gefälligkeitsgutachten schreiben ist unprofessionell und hilft dem Sohn letzt KEIN Stück weiter. Bleib stark und mach deinen Job.

Werbung