geschlechtshomogener Unterricht

  • Meine Lieben


    mich würde einfach nur so mal eure Erfahrung mit geschlechtshomogenen Lerngruppen interessieren. Ich weiss, dass es da ne Menge Literatur dazu gibt, ich kann persönlich aber immer mehr mit "echten Lehrermeinungen" zu einem Thema anfangen.


    Ich schildere euch kurz die Situation, die mich diese Frage stellen lässt:


    Ich hab mit meinen Zweitklässlern (= 11. Schuljahr) dieses Semester Halbklassenpraktikum. D. h. - wie der Name schon sagt - die Klasse wird in zwei Hälften geteilt und dann kommt die eine Hälfte alle 2 Wochen für eine Doppellektion in die Chemie während die andere Hälfte jeweils in einem anderen Fach (Biologie, Physik oder Informatik) Praktikum macht. Ich habe alle Klassen selbst wählen lassen, wie sie die Halbklassen einteilen wollen. Irgendwie ergab es sich so, dass alle Klassen bei mir zuerst gewählt haben und mein jeweiliger Halbklassenunterrichts-Partner dann die Einteilung übernommen hat. Zwei Klassen haben sich je in eine Männer- und eine Frauen-Halbklasse geteilt und nun bin ich gespannt, wie es wird.


    Es gibt an meiner Schule unterschiedliche Meinungen dazu, insbesondere die weiblichen Informatik-Kolleginnen wollen keine reinen Männer-Gruppen im Unterricht haben. In einer Kombination habe ich nun auch den Fall, dass die Bio-Kollegin nicht allzu erfreut darüber ist, dass die Klasse sich in Männer und Frauen aufgeteilt hat. Dazu muss ich allerdings sagen, dass die Kollegin letztes Jahr schon ziemliche Disziplinprobleme mit der Klasse - insbesondere mit den Jungs - hatte, ich aber überhaupt nicht. Deshalb stelle ich mir nun die Frage, ob eine reine Männergruppe wirklich schlechter arbeitet, weil die Jungs faul oder keine Ahnung was sind, oder ob es nicht vielmehr auf die spezielle Kombination Lehrer-Lerngruppe ankommt?


    Würde mich über ein paar Erfahrungsberichte sehr freuen. :)

  • Ich habe bisher einige Male reine Jungengruppen in Hauswirtschaft gehabt: Einmal weil eine Klasse so wenige Mädchen hatte und die alle in der anderen Gruppe waren und dann mehrere Jahre am Boys Day. Ich fand's super! Die Jungs haben viel besser gearbeitet, weil da keine Mädchen waren, vor denen sie sich pubertätsbedingt zeigen mussten. Die Jungs fanden es auch besser als mit Mädchen, weil sie endlich auch mal in der Küche arbeiten konnten, weil ihnen laut ihrer Aussage die Mädchen sonst immer die Arbeit wegnehmen, "weil sie ja Jungs" sind. Also ich kann es nur empfehlen. :)

  • Ich habe dazu zwei (sehr unterschiedliche) Perspektiven:


    Als Lehrkraft:
    Eine Klasse (Alter: ca. 14-15 Jahre), in der ich mal für zwei Jahre unterichtete, hatte (aufgrund verschiedenster Variablen) zu Beginn zwei Mädchen, ansonsten Jungen. Dann verliess ein Mädchen (aufgrund von Umzug) die Klasse. In der Folge dachte ich immer wieder, dass es wohl hilfreicher gewesen wäre, wenn die Klasse komplett nur aus Jungen bestanden hätte (ja, ja, die Hormone, ..., da muss man sich halt "produzieren").


    Als Schülerin:
    Mein Informatikunterricht war (durch die Schule mit Absicht so eingerichtet) geschlechtshomogen - was ich als sehr unangenehm empfand. Im Unterricht der Jungen wurden Lehrbücher / Handbücher ausgegeben. Bei den Mädchen nicht. Im Unterricht wurden sehr gute Noten vergeben, weil Jungen in der Lage waren, ohne unterrichtliche Unterweisung aus den Handbüchern heraus Neues selbstständig umzusetzen (wie wäre das im Mädchenkurs möglich gewesen ohne Handbücher?). Der Zugang zum Aufbwahrungsort besagter zusätzlicher Materialien stand dem Jungenkurs offen - aber für die Mädchen bestand ja kein Grund, dort ein- und auszugehen... Im Mädchenkurs wurde ein Semester lang die Verwendung von Textbausteinen in Word geübt (angehende Sekretärinnen?), ...


    Sorry, jetzt werde ich unprofessionell:
    Wichtig ist meiner Meinung nach, dass der Unterricht in den jeweils gleichgeschlechtlichen Gruppen identisch abläuft. Das mag ab und zu inhaltlich variieren, weil unterschiedliche Fragen gestellt werden, weil das Leistungsniveau unterschiedlich ist. Aber die "Lern-Angebote" sollten an alle SuS identisch sein... und genau dann sehe ich keine Probleme mit geschlechtshomogenen Gruppen...

  • Die Jungs fanden es auch besser als mit Mädchen, weil sie endlich auch mal in der Küche arbeiten konnten, weil ihnen laut ihrer Aussage die Mädchen sonst immer die Arbeit wegnehmen, "weil sie ja Jungs" sind.

    Finde es spannend auch mal von anderen zu lesen, dass sich die Jungs hin und wieder von den überambitionierten Mädchen genervt fühlen. Ich denke mir oft, dass wir heutzutage fast schon zu viel auf die Mädchen Rücksicht nehmen und die Jungs nicht einfach mal Jungs sein lassen. Grundsätzlich bin ich ein absoluter Befürworter des koedukativen Unterrichts, finde aber, dass man die Geschlechtertrennung auf Wunsch der Klasse in bestimmten Fällen auch einfach mal zulassen kann.

  • Wir machen das seit Jahren in Jahrgang 8 in den Naturwissenschaften. Epochalunterricht, nach Geschlechtern getrennt und in halber Klassenstärke.
    Unsere Erfahrungen sind dabei sehr gut. Wir haben keine Probleme mehr mit Geschlechterstereotypen. Die Stimmung in der Klasse ist entspannter und konzentrierter.
    Beide Gruppen sind deutlich besser. Die Beteiligung der Schüler ist höher und ausgeglichener verteilt.
    Thematisch schaffe ich in dem halben Jahr genauso viel, wie mit der kompletten Klasse in einem ganzen Schuljahr.

  • Ich habe damit ausschliesslich positive Erfahrungen gemacht und halte geschlechtshomogenen Unterricht gegenüber der Koedukation für deutlich überlegen. Der Unterricht lässt sich eindeutig besser gestalten und kann geschlechtsspezifisch richtig zugeschnitten werden. Die Bereitschaft zur Mitarbeit ist grösser, die Konzentration höher, die Leistungen sind besser, die Arbeitsatmosphäre angenehmer.

  • ...und kann geschlechtsspezifisch richtig zugeschnitten werden.

    Wie schneidet man denn das z.B. Ohmsche Gesetz geschlechterspezifisch zu?

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Das Bügeleisen thematisieren?

    Oh bitte ... ich bin in den meisten Fällen auch nicht Claudius Meinung, aber man muss nun wirklich nicht bei allem, was er schreibt, direkt zynisch werden.


    Man sollte schon zur Kenntnis nehmen, dass Mädchen sich in der Regel für etwas andere Themen interessieren, als die Jungs. Wobei wir es in beiden Fällen natürlich mit einer Verteilungsfunktion mit einer gewissen Standardabweichung zu tun haben, so viel ist auch klar.


    In der Oberstufe erlebe ich die Interessensunterschiede zwischen Jungs und Mädchen jedoch nicht mehr allzu ausgeprägt. Ich nehme viel eher wahr, dass die Arbeits- und Denkweise sich sehr deutlich unterscheidet und dem kann man natürlich schon entgegenkommen. Bei den Jungs muss ich häufig helfen sinnvoll zu strukturieren und Dinge wirklich bis zum Ende durchzudenken, den Mädchen fällt es häufig schwer zu filtern, d. h. sie lernen gerne mal jeden Kleinkarm einfach auswendig ohne zu überlegen, ob das überhaupt wichtig ist.


    Die ersten zwei Wochen Praktikum liefen mit der Gruppeneinteilung sehr gut und ich hoffe einfach, dass das auch so bleibt. Ich bin trotzdem nicht grundsätzlich dafür, Mädchen und Jungs zu trennen, weil das einfach nicht das "wahre Leben" ist. Mädchen und Jungs müssen lernen, miteinander zurecht zu kommen.

  • Man sollte schon zur Kenntnis nehmen, dass Mädchen sich in der Regel für etwas andere Themen interessieren, als die Jungs.

    Es geht einmal um die Themenwahl und einmal um die Methodenwahl. Da lässt sich die Unterrichtsgestaltung sehr gut geschlechtsspezifisch zuschneiden.

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